16
Am 24.06.2009 entschied der BGH darüber, welchen Schaden ein Handelsvertreter zu leisten habe, der bei einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit erwischt wird. Es ging um den so genannten „entgangenen Gewinn“. In diesem Fall hat ein Versicherungsvertreter Kundenlisten benutzt, um fremde Versicherungen zu vermitteln. Darin ist ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot zu sehen. Dies löst einen Anspruch auf Schadenersatz aus.
In diesem Fall hatte das Unternehmen eine Vertragsstrafe vertraglich vorgesehen. Mit dieser Vertragsstrafe ist das Unternehmen jedoch in allen Instanzen gescheitert, auch vor dem BGH. Schließlich verstoße dies gegen § 340 Abs. 2 BGB und ist wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners auch im Verhältnis unter Kaufleuten unwirksam.
Dann nahm die Versicherung eine eigene Schadenrechnung vor. Man hatte den entgangenen Gewinn mit etwa 34.000,00 € errechnet.
Nun sagt der BGH, dass das Gericht gemäß § 287 ZPO die Höhe des Schadens schätzen darf. Selbst wenn der Vortrag der Versicherung Lücken oder Unklarheiten enthält, darf eine Klage deshalb nicht abgewiesen werden. Es genügt, wenn der Schadenvortrag grob nachvollziehbar ist.
Mithin hat der BGH die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben und an dieses zurückverwiesen.
13
Dass unerlaubte Telefonwerbung seit Anfang August erheblich unter Strafe gestellt ist, geisterte vor kurzem durch die Presse. Sogar die Bildzeitung soll darüber berichtet haben.
Bis zu 50.000,00 € Geldbuße werden jetzt fällig, wenn ohne vorheriges, ausdrückliches Einverständnis des Verbrauchers Werbeanrufe getätigt werden oder die Rufnummer unterdrückt wird.
Weil alle darüber schrieben, haben wir uns bisher einen Eintrag erspart.
Dennoch tauchten bei einigen Handelsvertretern konkrete Fragen auf, so dass wir das Gesetz noch einmal kurz zusammenfassen möchten:
1.
Vorher nicht genehmigte Werbeanrufe werden mit einer Geldbuße bis 50.000,00 € geahndet.
2.
Anrufer dürfen ihre Rufnummer nicht mehr unterdrücken (Geldbuße bis 10.000,00 €).
3.
Verträge, die am Telefon abgeschlossen werden, können widerrufen werden.
4.
Wird über das Widerrufsrecht telefonisch oder im Internet nicht aufgeklärt, kann zur vollständigen Bezahlung widerrufen werden. Dies gilt auch dann, wenn das Unternehmen bereits mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen hat.
Nun kam die Frage auf, wie es denn sei, wenn man aufgrund einer Empfehlung einen Kunden anrufen würde?
Die Frage ist – zum Leidwesen der Handelsvertreter – leicht zu beantworten:
Solange nicht die Einwilligung des Angerufenen selbst vorliegt, darf nicht angerufen werden. Die Genehmigung kann grundsätzlich nicht von einem Dritten erteilt werden.
11
09
Vor einigen Tagen geisterte der unrühmliche Fall durch die Presse, in dem einer Kassierin wegen 1,30€ gekündigt wurde und dies nunmehr vom Bundesarbeitsgericht (BAG) neu aufgerollt würde.
Wegen einer Unterschlagung eines Pfandbons im Wert von 1,30 € sollte eine zuvor 30 jahre lang beschäftigte Berliner Kassiererin gekündigt werden – ohne Abmahnung und fristlos. Die Kündigung beruhte allein auf dem Verdacht, die Kassierin habe die Tat begangen.
Das Arbeitsgericht Berlin und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatten damals die Kündigungsschutzklage der Kassiererin abgewiesen. Das LAG wollte eine Revision beim BAG nicht zulassen.
Falsch, so das Bundesarbeitsgericht, das die Nichtzulassungsbeschwerde nunmehr positiv beschieden hat, die Revision wird doch zugelassen!
Es geht dem BAG jedoch nicht, wie man meinen könnte, um die Frage, ob die Kündigung als solche rechtmäßig ist. Es geht nur darum, dass das LAG die Kassiererin evtl. „abstrafen“ wollte und ihr vorwarf, sich während des Prozesses in Widersprüche verstrickt zu haben, statt den Vorwurf einzuräumen.
Das LAG führte seinerzeit u.a. aus: “…dabei war zu berücksichtigen, dass die Klägerin bei der Beklagten als Kassiererin beschäftigt ist. Von einer Kassiererin wird eine absolute Zuverlässigkeit und Korrektheit im Umgang mit der Kasse, bei den Buchungen, mit dem Geld, Leergutbons oder sonstiger Bons erwartet…. Im Prozess hat sie den maßgeblichen Sachvortrag der Beklagten zu dem Fund der Pfandbons wiederholt bestritten hat, bis dieser nach einer ausführlichen Beweisaufnahme nicht mehr zu bestreiten war. ”
Das BAG hatte sich am 28.07.09 mit dem Fall zu befassen und musste sich damit auseinandersetzen, ob das Verhalten der Kassiererin während des Prozesses in die Entscheidung mit einfließen dürfe. Nur dies, nicht die Kündigung als solches, sah das BAG für problematisch an.
Das BAG sieht hier also ausschließlich Probleme mit der Wertung des LAG Berlin-Brandenburg im Hinblick auf das Verhalten der Kassiererin nach der Kündigung, also im Kündigungsschutzprozess.
Das BAG wird sich in Zukunft damit auseinandersetzen, ob das Leugnen und Bestreiten der Kassiererin bei der Interessenabwägung im Rahmen der Kündigungsschutzklage hätte berücksichtigt werden dürfen.
Ob das der Kassiererin weiterhilft, ist äußerst fraglich. Auch wenn das BAG die Begründung der Entscheidung des LAG aufhebt, bleibt die Kündigung wohl wirksam.
Was sagte Pyrrhus von Epirus nach seinem Sieg über die Römer in der Schlacht bei Asculum (Süditalien) 279 v. Chr. so schön:
„Noch so ein Sieg, und wir sind verloren!“
07
Auch die gute alte OVB, die Großmutter vieler Strukkibuden, hat jetzt ein lustiges Skandälchen: dem vor zwei Wochen fristlos gefeurten Ex-OVB-Chef Michael Frahnert werden Bilanz-Tricksereien nachgesagt. Das ist ja man bei Finanzvertrieben was ganz was Neues …
Und weiter: Der gute Mann soll mit seinem Sohnemann ein Konkurrenzunternehmen im Sinn gehabt haben – so, wie es Ex-OVBler Maschmeyer vorgemacht hatte. Oder ähnlich DVAG-Pohl. Oder Mayflower-Termühlen. Hach, es scheint keine Ehre mehr unter Finanzberatern zu geben …
Aber sicher wird sich das alles als Anhäufungen von Missverständnissen herausstellen. Außerdem sind das im Wirtschaftsleben eher lässliche Sünden. Unverzeihlich hingegen ist die peinliche Performance im obigen Video. Da hätte ich sofort den gesamten Vorstand gefeuert.
06
Beim AWD sitzen interessante Herrschaften rum. Zum Bespiel Utz Claassen, der für EnBW Energie verkauft hat, oder so. Der Mann hat Stress mit seinem vormaligen Arbeitgeber, weil er den Hals nicht voll genug bekommen kann. Recht so, er ist ja schließlich ein Finanzberater, in gewisser Weise jedenfalls. Da hat man nichts zu verschenken. Und auf 398.000 Euronen fürs Nichtstun bis zum Rentenalter zu verzichten, das täte doch niemand von uns, oder?
Diesen Posten hatte man unter Hinweis auf „unbekannte andere Einnahmen Claassens“ gestoppt. Einnahmen zum Beispiel vom AWD oder Cerberus. Das seien aber halt nur so „Beratungshonorare“, also nicht richtig Geld halt.
Der Utz war übrigens Boss vom EnBW, mit dem er gerade in einem Buch „Wir Geisterfahrer“ abrechnet. Was wirft der Utz seinen Mitmenschen vor? Darauf muss man erstmal kommen: „Gier“.
02
Wenn ein Betrieb oder Teile eines Betriebes verkauft werden, gehen die Arbeitsverträge auf den neuen Inhaber über. So ist es grundsätzlich in §613a BGB geregelt.
Voraussetzung ist, dass der Übergang dem Arbeitnehmer ordnungsgemäß (mit allen notwendigen Informationen) angezeigt wird. Dann hat der Arbeitnehmer einen Monat Zeit, um dem Wechsel zu widerprechen. Das Bundesarbeitsgericht hatte bereits im Jahre 2008 entschieden, dass der Arbeitnehmer über die konkrete Identität des neuen Arbeitgebers informiert werden muss.
In einer aktuellen Entscheidung vom 23.7.09 hatte das BAG diese strengen Regeln grundsätzlich bestätigt (Az. 8 AZR 357/08). Dennoch ging hier der Kläger (Arbeitnehmer) leer aus, da ihm vorgehalten wurde, er hätte durch einen Aufhebungsvertrag das neue Arbeitsverhältnis akzeptiert.
Wir sind nun gespannt, inwiefern sich diese Entscheidung auf die Handelsvertreterverhältnisse übertragen lässt. Wir berichteten bereits darüber, dass angeblich (wir wissen es nicht) die AachenMünchener ihren ganzen Außenvertrieb an die DVAG Allfinanz verkauft hätte.
Zur Zeit läuft ein Musterprozess, in dem diese Frage nach einem wirksamen Übergang geklärt wird.