September 2009

Ampelcheck statt Anlageschreck

Im Versicherungsjournal lasen wir am 10.09.2009, dass nun auch noch der Deutsche Gewerkschaftsbund an Ilse Aigner herangetreten ist, um einen Ampelcheck zur Kennzeichnung von Risiken bei Finanzprodukten zu verlangen.

Die Gewerkschaft möchte auch einen Finanz-TÜV einführen. Dies soll der DGB-Bundesvorstandsvorsitzende Claus Matecki gesagt haben.

Auf der Internet-Seite des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist zu lesen, dass der DGB sämtliche gewerkschaftlichen Aktivitäten koordinieren möchte. Laut Satzung will der DGB die gemeinsamen Interessen der Gewerkschaften vertreten, im Übrigen die Interessen des Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Die Frage, warum sich Gewerkschaften mit Themen dieser Art beschäftigen, konnte mir der Blick in die Satzung nicht beantworten.

Wer sich nicht alles zum Thema Ampelcheck äußert. Wir haben es auch schon getan. Und, wie ich finde, viel treffender als alle anderen…

Versicherungsjournal über Versuche, die Verbraucherzentralen einzuschüchtern

Das Versicherungsjournal fasst in einem lesenswerten Beitrag die jüngsten Streitfälle zwischen Versicherungswirtschaft und Verbraucherzentralen zusammen. Auch der „Versicherungshai“ bleibt auf Sendung!

Verhandlungstermin Bundesgerichtshof 15. September 2009

Karlsruhe Akte. XI ZR 121/08

Die Klägerin beteiligte sich nach entsprechender Beratung der beklagten Bank mit einem Anlagebetrag in Höhe von 25.000 € an einem Medienfonds.

Dieser entwickelte sich nicht wie erhofft. Die Klägerin meint, die Beklagte habe Beratungspflichten verletzt. Sie macht verschiedene Beratungsfehler geltend. Unter anderem beruft sie sich darauf, sie sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Beklagte für die Vermittlung von Anlegern Provisionen in Höhe von 8,25% bis 8,72% des Nominalkapitals aus den Anlagegeldern erhalten habe. Zudem sei sie nicht darüber unterrichtet worden, dass das nach dem Prospekt an einen Dritten zu zahlende Agio in Höhe von 5% als Rückvergütung (sog. „Kick-Back-Zahlung“) an die Beklagte ging.

Das Landgericht hatte am 9.8.2007 die auf Rückabwicklung ihrer Kapitalanlage gerichtete Schadensersatzklage abgewiesen. Das Berufungsgericht, das OLG, hatte die Berufung der Klägerin am 19.3.2008 zurückgewiesen. Dagegen wurde vor dem Bundesgerichtshof die Revision zugelassen. Am Mittwoch wird in Karlsruhe verhandelt..

LG Hannover – 8 O 277/06, OLG Celle – 3 U 218/07 (veröffentlicht WM 2008, 1270)

Ampelcheck wieder erlaubt

Das Landgericht Berlin hat die kürzlich erlassene einstweilige Verfügung gegen die Verbraucherzentrale Hamburg aufgehoben, mit der eine Bewertung von Versicherungsangeboten mit den Ampelfarben untersagt worden war.

In der Sache selbst wurde keine Entscheidung getroffen, vielmehr vermisste das Gericht nunmehr eine Klagebefugnis der debeka. Diese sei durch den Ampelcheck nicht unmittelbar betroffen. Damit steht äußerungsrechtlich durchaus noch in Streit, ob das Vorgehen der Verbraucherzentralen durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist. Auf die Reaktion der Versicherungswirtschaft darf man gespannt sein.

Wer die Qualität der „Beratung“ durch Finanzvertriebe darstellen möchte, für den haben wir hier einige Vorschläge:

Vorsicht, heiße Luft!

Versteckte Kosten.

Sie werden an der Nase herum geführt!

Mit Ihrem Vermögen geht es mindestens 10 % bergab.

An Ihrer Lebensversicherung verdient ausschließlich die Versicherungswirtschaft.

Wenn Sie Ihre Lebensversicherung kündigen, ist fast alles futsch.

Ihr Geld landet hier.

Wenn der Finanzberater kommt, am besten wegrennen!

Hier werden Sie durch Umdeckung mehrfach über den Tisch gezogen!

Ihr Geld geht an die Finanzvertriebe weg, die Schulden kommen!

Finanzberater werden von Freunden verlassen!

Sparsame Schotten würden nicht auf Finanzvertriebe hereinfallen!

Ihr Berater ist ein Rindvieh!

Sie werden Ihren „Berater“ nicht mehr los!

Kanzlei Behrens

Bilder: Wikimedia, cc

Sisel

Nicht nur schwachbrüstige Finanzverträge sind auf Multi Level Marketing angewiesen, auch anderes komisches Zeugs kann vom Verbraucher nicht alleine gekauft werden, sondern benötigt Vertriebshorden, die ausgenutzt werden wollen. Gegen so ein Schneeballsystem hat gerade das Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung bestätigt.

Heiteres zum Wochenanfang

Der Anwalt ist verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass nach § 81 VVG

der Versicherer nicht leisten muss, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich den

Versicherungsfall herbeiführt.

Existenzvernichtende Vertragsstrafen

In den früheren Verträgen zwischen einem Strukturvertrieb und seinen Beratern war pauschal eine Vertragsstrafe vereinbart.

Am 03.11.2006 bestätigte das Landesarbeitsgericht Hamm eine Entscheidung der ersten Instanz, wonach diese Vertragsstrafe aus den Gründen des Übermaßverbotes gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.

Auch wenn ein Berater Kaufmann ist im Sinne des § 13 BGB, so unterliegt die Prüfung des Beratervertrages der AGB-Kontrolle (§ 310 Abs. 1 BGB), so das Gericht. Für die Inhaltskontrolle ist zumindest § 307 BGB maßgebend. An diesen Grundsätzen muss die Vertragsstrafe gemessen werden.

Danach sind Vereinbarungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner gegen Treu und Glauben angemessen benachteiligen.

Soweit das Vertragsstrafeversprechen nicht nach der objektiven Schwere der Vertragspflichtverletzung und nach den Grad des Verschuldens differenziert, so dass selbst leichteste Fahrlässigkeit die Vertragsstrafe in voller Höhe auslöst, so ist dies unbillig, so das Landesarbeitsgericht Hamm.

Um weitere vernichtende Entscheidungen zu verhindern, wurden die Vertragsstraferegelungen im Jahr 2007 bei allen Beratern angepasst.

Die alte, unzulässige Vertragsstrafenregelung kommt jedoch jetzt wieder zur Anwendung, zwar nicht in den Beraterverträgen, sondern in den Aufhebungsverträgen. Dort wird der Vermögensberater verpflichtet, für einen langen Zeitraum keine Tätigkeit im Wettbewerb anzunehmen. Für den Fall eines Verstoßes wird eine Vertragsstrafe in Höhe von 50.000,00 € fällig.

Diese Regelung war kürzlich Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung in einer mündlichen Verhandlung. Das angerufene Gericht, ein Landgericht, wollte sich jedoch einer Prüfung von so genannten allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht annehmen, weil hierfür angeblich kein Platz wäre, zumal nach Ansicht des Gerichts der Vermögensberater Kaufmann wäre. Eine Entscheidung ist hier noch nicht ergangen.

Oberster Gerichtshof Österreichs sieht MLP-Berater als Angestellten

Auch in Österreich folgen die Gerichte nicht der MLP-Rechtsauffassung, deren Handelsvertreter seien freie Unternehmer.

Anwalt Arno Likar bezeichnet das Urteil als richtungsweisend: „Damit ist endgültig klar gestellt, dass selbstständige Berater als Dienstnehmer im Sinn des Angestelltengesetzes qualifiziert werden können.“

Quelle: Der Standard.at

Ausschlaggebend waren auch hier die für freie Unternehmer ungewöhnlichen Pflichten wie

Anwesenheitspflichten, Eintragung des Einlangens am und Entfernung vom Arbeitsplatz, Meldung von Außendiensttätigkeiten, Urlaubsbekanntgaben etc.

Quelle: News.at

Bei MLP sieht man das Urteil als einen „Einzelfall“.

MLP räumt durchschnittliche Verschuldung eines MLP-Beraters von € 12.320,– ein.

Im Streit um die Rückforderungen von Provisionsvorschüssen hat MLP nunmehr in einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Offenbach unstreitig gestellt, dass jeder Berater durchschnittlich mit € 12.230,– verschuldet ist.

Dieser Betrag lässt sich errechnen durch die von MLP an die Bafin gemeldeten, gesamten Vorschusszahlungen an Berater im Jahr 2005 dividiert durch die Anzahl der Berater.

Rechtsanwältin Heidrun Jakobs, Wiesbaden, die zahlreiche ehemalige MLP-Mitarbeiter vertritt, meint, dass MLP zu Beginn eines jeden Mitarbeiterverhältnisses verpflichtet gewesen wäre, die Consultant-Bewerber darüber aufzuklären, dass provisionsübersteigende Vorschüsse grundsätzlich in den ersten 3 Jahre des Mitarbeiterverhältnisses nur im Ausnahmefall zu verdienen sind und sich bereits nach 1 ½ Jahren der Unternehmenszugehörigkeit eine deutliche durchschnittliche Verschuldung der Consultants abzeichnet.

Daneben stellt sich oft heraus, dass die freien Handelsvertreter gar nicht so frei sind, wie MLP das zu Beginn der Mitarbeiterverhältnisse vermitteln will, sondern tatsächlich  erheblichen Rechenschaftspflichten unterliegen, was die zu produzierenden Verkaufszahlen anbetrifft. Ein sozialrechtlicher Schutz der Consultants ist dabei natürlich ausgeschlossen.

Windige Geschäftsmodelle dieser Art, bei dem der Unternehmer zu Lasten seiner Mitarbeiter profitiert haben ihre Ursache mitunter auch in der erfolgsabhängigen Vergütungsform der Provision. Das Provisionsmodell hat daher ausgedient und gehört gesetzlich verboten, meint Jakobs.

Rürup singt mal wieder das Lied seines Brötchengebers

Der sprechenden Handpuppe des AWD, dem Herrn Rürup, der den Finanzvertrieben während seiner Amtszeit als (natürlich nur seinem Gewissen verpflichteter) Politiker die Taschen voll gemacht hatte, eine streitbare vorläufige Gerichtsentscheidung zu kommentieren. Die Verbraucherzentralen hatten in ihrer Broschüren die Einteilung von Versicherungen in die drei Gruppen „Akzeptabel“, „Beschissen“ und „Betrug“ vorgenommen, welche höflichlicherweise nicht so bezeichnet, sondern durch die Farben einer Ampel dargestellt wurden.

„Ich halte die Ampel-Systematik für völlig untauglich“, sagte Rürup im Interview mit unserem Schwestermagazin Börse Online, das am Donnerstag erscheint. Altersvorsorge müsse auf individuelle Bedürfnisse zugeschnitten werden. „Was für einen verheirateten Facharbeiter ohne Kinder die richtige Lösung ist, kann für die allein erziehende Verkäuferin die falsche sein“, erklärte Rürup, der seit April als Chefökonom für den Finanzvertrieb AWD arbeitet.

Quelle: CAPITAL

Da mag er ja im extremen Einzelfall sogar recht haben. Aber „völlig untauglich“ ist der Ampel-Check wohl kaum. Für eine erste Orientierung scheint mir das schon sinnvoll zu sein. Anders gefragt: Gibt es denn ernsthaft Verbraucher, die ihre Vermögensvorsorge aufgrund einer Farbe planen? Für das „rot“ dürfte es schon gewisse Gründe geben, oder? Nein, die Verbraucher haben natürlich ungleich sinnvollere Ratgeber: Die unabhängigen Strukkis.

Parteien vor der Wahl

Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hatte ein Produktinformationsblatt zur Diskussion gestellt, mit der Anregung, es danach zu vervollständigen. Mittlerweile ist dies vervollständigt worden und wurde so als Muster im Internet angeboten.

Zuvor hatte Frau Aigner die wesentlichen Ziele im Rahmen eines – wie sie es selbst genannt hat – Thesenpapiers zusammengestellt. Frau Aigner möchte mehr Transparenz, eine bessere Beratung der Kunden. Insbesondere will sie, dass der Kunde erfährt, ob es sich um einen Honorarberater handelt oder jemanden, der vom Verkauf von Finanzprodukten profitiert.

Nun wird darüber gestritten, ob das Informationsblatt für die Geldanlagen die Kosten ausweisen soll, die der Berater für den Abschluss kassiert. Der zentrale Kreditausschuss (ein Verbandszusammenschluss der Volksbanken, Deutscher Banken, öffentlicher Banken, Deutscher Sparkasse und Deutsche Hypothekenbanken) soll sich dagegen zur Wehr gesetzt haben. Ebenso hatte sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. dagegen gewehrt.

Schaut man sich die Mitglieder an, allen voran die AachenMünchener, so weiß man, woher der Wind weht. AachenMünchener wird ausschließlich vertrieben von der Deutschen Vermögensberatung AG ( DVAG ). Dagegen soll der Bundesverband Finanz-Planer e.V. die Forderungen von Frau Aigner begrüßen.

Nun kurz vor der Bundestagswahl sah sich der AfW-Bundesverband-Finanzdienstleistung e.V. berufen, alle Parteien anzuschreiben und eine Stellungnahme zu verschiedenen Fragen zu erhalten. Die -mitunter sehr zahnlosen und wenig überraschenden- Antworten wurden nunmehr veröffentlicht.

Als neuestes Fördermitglied wurde beim AfW kürzlich die Generali Deutschland Sicherungs- Management GmbH begrüßt. Der Mutterkonzern wird bekanntlich von der DVAG vertrieben.