November 2013

Ein und dieselbe Gerichtsstandsvereinbarung mit unterschiedlichen Ergebissen

Da spricht man doch von der Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Gerade bei der Gerichtstandvereinbarung gibt es jedoch Überraschungen.

Der Vermögensberatervertrag der DVAG enthält z.B. die Regelung, dass Frankfurt für Rechtsstreitigkeiten zuständig ist. Eine solche Gerichtsstandvereinbarung (wie auch alle anderen) gilt übrigens immer nur dann, wenn beide Seiten Kaufleute sind. 

Kommt man über diesen Punkt hinweg, heißt das noch lange nicht, dass man in Frankfurt landet. In die Regelung könnte man schließlich noch hineininterpretieren, dass auch Frankfurt zuständig sein könnte.

Legt das Gericht dies so aus, kann sich der Kläger den Gerichtstand in kleinem Umfang aussuchen. Er kann an dem Wohnsitz des Klägers klagen oder eben in Frankfurt.

Bayerische Gerichte taten sich jüngst mit der Einheitlichkeit schwer. Teils verwies man nach Frankfurt, teils ließ man die Akten in Bayern.

Etwas mehr Zuverlässigkeit wäre wünschenswert. Man könnte die Reisen besser planen.

Einfirmenvertreter bei ASI?

Am 07.10.2013 hat das Landesarbeitsgericht Hamm darüber zu entscheiden, ob ein Handelsvertreter der ASI Wirtschaftsberatung AG aus Münster ein sogenannter Einfirmenvertreter ist.

 

Zuvor hatte das Arbeitsgericht Münster dies verneint. Dagegen wurde Beschwerde eingelegt.

 

Das Landesarbeitsgericht Hamm lies diese Frage jedoch offen.

 

Bei der Frage, ob das Arbeitsgericht für einen Rechtsstreit zuständig sei, komme es nicht nur darauf an, dass es sich bei dem Handelsvertreter um einen Einfirmenvertreter handelt, sondern auch darauf, dass er in den letzten 6 Monaten nicht mehr als 1.000,00 Euro monatlich im Schnitt bekommen hat.

 

Hier hatte der Handelsvertreter Vorschüsse erhalten.

 

Der Bundesgerichtshof hatte zwar entschieden, dass nur die Zahlungen zu berücksichtigen sind, wenn es sich um unbedingt entstandene Ansprüche handelt.

 

Das Landesarbeitsgericht meinte jedoch, dass Provisionsvorschüsse nicht bereits deshalb bei der Ermittlung der Einkommensgrenze außer Betracht bleiben haben, weil sie als Provisionsvorschuss bezeichnet werde. Vielmehr seien bei der Ermittlung der maßgeblichen Vergütungsgrenze alle geleisteten Zahlungen zu berücksichtigen, wenn und soweit diese nach den Regelungen des Handelsvertretervertrages nicht zurück zu zahlen sind.

 

Dies gilt auch für als Provisionsvorschüsse bezeichnete Zahlungen. Denn in diesem Fall steht aufgrund der vertraglichen Regelung von Anfang an fest, dass solche Provisionsvorschüsse nicht nur eine vorläufige Zahlung des Unternehmers sind, sondern auf Dauer im Vermögen des Einfirmenvertreters verbleiben und damit als unbedingte gezahlte Vergütung im Sinne des § 5 Abs. 3 ArbGG zu berücksichtigen sind.

 

Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Hamm vom 15.02.2013 Aktenzeichen 2 TA 118/13 

Streit um die Provisionsvorschüsse

07.11.2013, Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Halle.

 

Es geht um die Frage, ob Provisionsvorschüsse zurückgezahlt werden müssen.

 

Das Arbeitsgericht hatte zuvor entschieden, dass die Provisionen nicht zurückgezahlt werden müssten. Eine Provisionsklage, so wie sie hier vorlag, sei nicht einmal zulässig.

 

Dies sah das Landesarbeitsgericht jedoch anders.

 

Turbulent wurde es dann, als es um die Provisionsbedingungen ging. Der Vertrieb machte inzwischen von anderen Provisionsbedingungen gebraucht und behauptete diese als vertraglich vereinbart. Dies konnte jedoch widerlegt werden.

 

Die streitigen Verträge beliefen sich offensichtlich nicht in vollem Umfang auf den Änderungszeitraum, sodass es auf die Diskussionen, welche Provisionsbedingungen denn nun ausschlaggebend sind, nicht unbedingt ankommt.

So ist es mit den Rankings

Kürzlich lobhudelte der Fokus über manch Anwälte und überreichte dann auch gleichzeitig eine Bestenliste. Wie die zu Stande gekommen ist, ist mir nicht klar. Ich kenne keinen Anwaltskollegen, der zuvor hinsichtlich dieser Auswahl gefragt wurde.

Allerdings kenne ich Anwälte, die auf der Bestenliste stehen.

Zunächst dachte man ja: „Das ist ja ein toller uneigennütziger Service von Focus.“

Denkste!

Die Gewinner bekamen dann prompt nach der Veröffentlichung folgendes Angebot von Focus:

„Exklusives Angebot – Siegel

Herzlichen Glückwunsch! Sie zählen zu Deutschlands Top-Privatanwälten und haben es auf die FOCUS-SPEZIAL Anwaltsliste 2013 geschafft. Alle Privatanwälte, die den deutschlandweiten FOCUS-Vergleich erfolgreich bestanden haben, erhalten je nach Kategorie die Auszeichnung TOP Rechtsanwalt Fachbereich”.*

Unser Angebot für Sie: Nutzen Sie das FOCUS-Sieger* für Ihre Kommunikation, z. B. für den Einsatz auf Werbemitteln oder Geschäftspapieren, und kommunizieren Sie so Ihren Erfolg deutlich nach außen. Sie heben sich damit klar vom Wettbewerb ab und schaffen Vertrauen und Sicherheit.”

Das Focus-Siegel kostet jährlich nur 7.500 Euro (zzgl. MwSt.).

Ob sich die Wahrscheinlichkeit nach Zahlung der 7500 € zuzüglich Mehrwertsteuer erhöht, beim nächsten Mal wieder gewählt zu werden, verriet der Fokus in seinem Angebot nicht. Es darf jedoch darüber spekuliert werden.

Warnung

Es gibt doch tatsächlich einen Vertrieb, der seine Vorschüsse mit notariellen Schuldanerkenntnissen absichert.

Und es gibt tatsächlich den Fall, dass dieser Vertrieb vor Vertragsende und vor dem Ausspruch einer Kündigung die Zwangsvollstreckung daraus betreibt und die Existenz seiner Handelsvertreter erheblich bedroht.

Ich habe schon viel erlebt, aber dies schlägt dem berühmten Fass den Boden aus. Sollte die Zwangsvollstreckung nicht zurückgezogen werden, werde ich hier demnächst über erschütternde Einzelheiten zu berichten haben. Aber noch laufen Gespräche. 

Verstrickungen und mediale Exzesse

Selten hat man so viel über Ermittlungsverfahren gehört wie jetzt.

Dass gegen Uli Hoeneß Anklage wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in Millionenhöhe (3,2) erhoben wurde, pfeift inzwischen jeder Spatz von den Dächern.

Auch gegen den ehemaligen Bundespräsidenten Wulff wurde Anklage erhoben. Hier wird der Vorwurf der Vorteilsnahme von 700 € erhoben. Es soll einen Verhandlungsmarathon geben. Wolfgang Kubicki spricht von einem medialen Exzess.

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat dann auch gleich in einer Presseveröffentlichung die Anklagevertreter mit Lichtbildern gezeigt.

Von Show-Prozessen ist die Rede.

Am 5.11.2013 berichtete die Bild über eine Großrazzia beim „Finanzriesen“ Infinus AG. Ermittelt wird, ob es Unregelmäßigkeiten beim Handel mit Finanzprodukten gegeben hat.

Auch gegen den früheren Staatsminister Eckart von Klaeden wird ermittelt. Er arbeitet jetzt für Daimler-Benz. Schon während seiner Zeit soll es mehrfach Kontakte zwischen ihm und Daimler-Benz gegeben haben. Ermittelt wird, ob es eine Vorteilsnahme gegeben hat. Im Januar und Mai 2013 bekam Erkenntnis von drei EU Vorlagen zur Regulierung des Schadstoffausstoßes bei Neuwagen.

Erstmalig soll nun gegen einen ehemaligen Minister ermittelt werden „wegen eines Wechsels aus der Politik in die freie Wirtschaft“. So beschreibt es Edda Müller von Transparency International. Richtig muss es aber heißen, dass nicht der Wechsel Gegenstand eines Vorwurfs ist, sondern allenfalls eine Vorteilsnahme.

Zu enge Kontakte zur Wirtschaft und auch zur Finanzdienstleistung werden auch anderen Politikern vorgehalten. 

Wulff war (oder ist) mit Maschmeyer befreundet, dem Gründer des AWD (heute SwissLife Select), und Helmut Kohl ist mit Pohl befreundet, dem Gründer der DVAG.

Im Beirat und Aufsichtsrat der DVAG geben sich Helmut Kohl, Ex-Bundesminister Friedrich Bohl, Ex-Bundesminister Theo Waigel, Ex-Ministerpräsident Bernhard Vogel, Ex-Staatsminister Karl Starzacher, Ex-Bundeskanzler von Österreich Wolfgang Schüssel und Ex-Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main Petra Roth die Hand.

BGH: Auskunft muss bei Wettbewerbsverstoß erteilt werden, kann aber korrigiert werden

Noch ein interessantes BGH-Urteil vom 1.8.2013:

a) Soll eine Auskunft zur Vorbereitung vertraglicher Schadensersatzansprü-che aus einem Dauerschuldverhältnis dienen, so genügen für das Aus-kunftsverlangen der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung und die Wahrscheinlichkeit eines daraus resultierenden Schadens (An-schluss an BGH, Beschluss vom 11. Februar 2008 II ZR 277/06, BeckRS 2008, 04552 Rn. 7; Urteil vom 17. Juli 2002 – VIII ZR 64/01, NJW 2002, 3771). Sind diese Voraussetzungen bezüglich der Zuwiderhandlung ge-gen ein wirksam vereinbartes Konkurrenzverbot gegeben, kann der durch das Verbot Geschützte zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs regelmäßig Auskunft über den Umsatz verlangen, den der Vertragspartner

mit der verbotswidrigen Konkurrenztätigkeit erzielt hat, da dieser Umsatz einen relevanten Anhaltspunkt für den dem Geschützten entstandenen Schaden in Gestalt entgangenen Gewinns darstellen kann.

b) Bei der Auslegung von Prozesserklärungen ist der Grundsatz zu beach-ten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Eine Berichtigung einer Prozesshandlung ist nicht ausge-schlossen, wenn es sich um einen offensichtlichen Irrtum handelt (An-schluss an BGH, Beschluss vom 29. März 2011 – VIII ZB 25/10, NJW 2011, 1455 Rn. 9 sowie BGH, Beschluss vom 11. November 1993 – VII ZB 24/93, NJW-RR 1994, 568).

 

LG Dortmund