Dezember 2015

Wie erkläre ich heute den Strukturvertrieb

Nach Genuss mehrerer Gläser alkoholischer Getränke fällt es dem einen oder anderen in der Silvesterrunde schwer, seine berufliche Stellung zu beschreiben. Dabei haben es Angehörige des Strukturvertriebs mit der plastischen Beschreibung ihrer Tätigkeit einfach.

Man muss nur alle Gläser auf der Party einsammeln und etwas ordnen. Von Kommentaren, warum das Glas oben immer voll ist und das ein oder andere Glas unten nichts abbekommt, sollte man sich nicht ablenken lassen.

Gutes 2016

Ich wünsche allen Lesern einen guten Rutsch und ein erfolgreiches, gesundes und glückliches Jahr 2016 !!!

Bei Anerkenntnis kein Buchauszug

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied am 04.12.2015, dass einem Handelsvertreter, der früher für die DVAG tätig war, keine weiteren Provisionsansprüche zustehen, weil dieser ein Schuldanerkenntnis abgegeben hatte.

Der Handelsvertreter sollte Provisionsvorschüsse zurückzahlen. Dageben wehrte er sich im Rahmen einer Widerklage. Er wollte einen Buchauszug erhalten, weil er meinte, noch Provisionen zu bekommen.

Dagegen sprach jedoch nach Auffassung des Gerichtes eine Ratenzahlungsvereinbarung als selbständiges Schuldanerkenntnis. Dies schließe die weitere Geltendmachung von Einzelpositionen aus. Auch meinte das Gericht, dass weitere Dynamikerhöhungen nur dann gezahlt werden müssten, wenn eine entsprechende Betreuung durchgeführt wurde. Ohne Betreuungen gibt es nach Ende des Vertrages keinen Anspruch auf Provisionen bei Summenerhöhungen. Dies stehe so im Vermögensberatervertrag. Im Übrigen wies das Gericht darauf hin, dass es einen Aufhebungsvertrag gab, in dem der ausscheidende Vermögensberater zwar noch alle austehenden Abschlussprovisionen erhalte, jedoch sonstige Provisionsansprüche ausgeschlossen hatte.

Also vorsicht bei Aufhebungsverträgen und Anerkenntnissen.

Frohe Weihnachten

Die Betreiber dieses Blogs wünschen allen Lesern, den treuen und weniger treuen, ein paar schöne, stille und geruhsame Weihnachtstage.

Gedanken zu Frau Wallenstein

Frau Wallenstein hatte, wie ich gestern berichtete, in einem offenen Brief in der IHD geäußert. Sie war viele Jahre für die Deutsche Vermögensberatung tätig, ist nunmehr schwer erkrankt und hatte fristlos gekündigt. In ihrem Brief übt sie Kritik an den Arbeitsbedingungen und dem Verhalten ihrer Vorgesetzten.

Ist die Geschichte von Frau Wallenstein eine Ausnahme?

Dazu möchte ich nachfolgend ein paar Anregungen und Gedanken machen, die sich jedoch ausdrücklich nicht an den „Arbeitgeber“ von Frau Wallenstein gerichtet sind, sondern allgemein auf das System Strukturvertrieb und Finanzdienstleistung. Ich betreue einige Berater und Handelsvertreter, die über ähnliche Erfahrungen berichtet haben.

Vorweggestellt: Handelsvertreter sind selbständige Unternehmer. Sie werden nach Leistung bezahlt. Fällt die Leistung weg, ist auch das Einkommen davon betroffen.

Es stellt sich allgemein die Frage, ob Handelsvertreter tatsächlich wirtschaftlich genügend abgesichert, noch dazu in einer „harten“ Branche, dem Finanzvertrieb und den Eigenarten des Strukturvertriebs. Handelsvertreter, die für all die vielen Finanzvertriebe unterwegs sind, beraten und verkaufen Produkte, die auch der Absicherung der Kunden dienen. Viele von ihnen sind nicht einmal selbst genügend abgesichert.

Dabei birgt die Tätigkeit des selbständigen Finanz- oder Vermögensberaters erhebliche Risiken, die auch mit einer Erkrankung verbunden sein können. Vielleicht führt ein harter Existenzkampf auch unmittelbar zu manch einer Erkrankung. Psychische Erkrankungen  sind nicht selten, z.B. der sog. Burnout. Nicht nur der  Finanz- oder Vermögensberater, sondern jeder „Vertriebler“, kann davon betroffen sein. Viele können dann in eine bedrohliche Spirale geraten.

Krankheitsfördernd für den seelischen Burnout sind häufig wirtschaftliche Probleme. Auch wenn jahrelang die Umsätze fließen, genügt nur ein kleiner Anlass, eine kurzzeitige Erkrankung z.B., um dieses Gefüge auszuhebeln. Plötzlich ist das Einkommen nicht mehr da (Bestandsprovisionen gibt es zuweilen kaum), Kosten können nicht mehr gezahlt werden. Zu der Erkrankung selbst kommen dann viele andere Sorgen bis hin zu familiären Problemen. Es beginnt eine bedrohliche Spirale, aus der man bereits jetzt allein nicht wieder herauskommt.

Die Berufskollegen können oft nur wenig helfen. Wenn dann noch entsprechende Gerüchte entstehen, z.B. dass die Krankheit nur vorgeschoben ist, um schon heimlich anderswo zu arbeiten, entsteht aus einem bis dahin harmonischen Kollegenverhältnis oft Neid, Missgunst bis hin zu persönlichen Feindseligkeiten. Weitere Baustellen entstehen. Manch erkrankter Mitarbeiter eines Strukturvertriebs kann davon ein „Liedchen“ singen. Gerade in Strukturvertrieben, in denen innerhalb einer Struktur der eine Handelsvertreter von dem anderen abhängig ist, sind solche Entwicklungen manchmal zu sehen. Schließlich wirkt sich das Ausscheiden eines Kollegen unmittelbar auf das eigene Einkommen aus. „Man nimmt Teil am wirtschaftlichen Erfolg seiner Partner“, heißt es in einem Werbefilm eines Strukturvertriebs.

In Strukturen, in denen „offen“ kommuniziert wird, entsteht diese auf Missverständnissen beruhende Entwicklungen übrigens zumeist nicht.

Schlimmstenfalls kann ein solches Gerücht dazu führen, dass man dem ausscheidenden Berater nachspioniert, ihm Fallen stellt und ihn vor Kunden herabwürdigt. Sogar Prügeleien soll es schon gegeben haben. Manchmal geschieht ein Nachspionieren auch zu Recht, um einem unlauteren Kollegen das Handwerk zu legen. Bei einem erkrankten Berater führt dies aber zu weiteren Problemen.

Erkrankungen eines im Strukturvertrieb tätigen Handelsvertreters haben zuweilen erhebliche finanzielle, soziale und familiäre Folgen.

Vielleicht sollte sich jeder im Finanzvertrieb tätige Handelsvertreter über die Feiertage die Frage stellen, wie hoch sein eigenes Risiko ist, in diese Spirale zu geraten. Einige der Betroffenen haben mir berichtet, dass sie nie selbst in Erwägung gezogen hätten, dass ihnen selbst so etwas passiert.

Wie lange kann ich ohne Einkommen durchhalten? Wie hoch ist mein Einkommen, wenn ich selbst nicht mehr vermittle? Wie werde ich von der Familie im Krankheitsfall aufgefangen? Wie ist die Kommunikation in der Struktur und wie groß die Wahrscheinlichkeit, dass mir die „lieben“ Kollegen dann in den Rücken fallen?

Vielleicht bieten die Feiertage ein bisschen Raum für Gedanken über für die eigene Situation.

IHD gewinnt neue Mitglieder

Die IHD, die Unabhängige Interessenvertretung der Handelsvertreter der DVAG e.V., gewinnt immer mehr Mitglieder.

Einige kommen auf der Website der IHD zu Wort. Hier meldete sich auch Gabriele Wallenstein zu Wort. Diese schrieb über ihre Erfahrungen als Vermögensberaterin und über ihre schwere Erkrankung. Augeninfarkt, Krebs. Dann kündigte sie fristlos. Die fristlose Kündigung wurde von der DVAG als ordentliche Kündigung angesehen mit einer Frist zum 30.06.2018.

Die IHD erhielt eine Unterlassungserklärung. Die DVAG war teilweise mit dem Inhalt des offenen Briefes von Frau Wallenstein nicht einverstanden und verlangte, dass einige Passagen verschwinden. Die IHD kam diesem Ansinnen nach.

Provision zurück, Buchauszug seit 2008

Am 18.11.2015 hatte das Amtsgericht Eggenfelden einen Vermögensberater zur Rückzahlung von Provisionsvorschüssen verurteilt, gleichzeitig aber auch den Vertrieb zur Erteilung eines Buchauszuges über sämtliche von dem Vermögensberater eingereichten Geschäfte seit dem 01.08.2008.

Hintergrund war, dass der Vertrieb, hier die DVAG, Provisionsvorschüsse eingeklagte hatte, weil Verträge ins Storno gegangen waren.

Widerklagend begehrte der ehemalige Vermögensberater einen Buchauszug, weil er meinte, ihm seien ab 2008 zu wenig Provisionen ausgezahlt worden.

Das Gericht hielt die Provisionsabrechnungen für nachvollziehbar. Der Beklagte wäre im Rahmen der Beweislastumkehr verpflichtet gewesen, nachzuweisen, dass die Abrechnungen falsch wären. Dies habe er nicht hinreichend getan.

Auch seien die Stornobekämpfungsmaßnahmen ordnungsgemäß gewesen. Dazu gab es eine Beweisaufnahme.

Gleichfalls hat der Beklagte jedoch Anspruch auf einen Buchauszug. Die Klägerseite hatte zwar Verjährungseinrede erhoben. Da sich jedoch die Haftungszeit auf eine Dauer von bis zu fünf Jahren belaufe, so dass überhaupt erst nach Ablauf der Haftungszeit der endgültige Provisionsanspruch festgestellt werden kann, war der Anspruch auf den Buchauszug nicht verjährt. Erst nach Ablauf der Haftungszeit könne die Verjährungsfrist zu laufen beginnen.

Die erteilten Provisionsabrechnungen würden in Übrigen einen Buchauszug nicht ersetzen. Dabei nahm das Gericht Bezug auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes Urteil vom 20.09.2006 (in NJW/Rückruf  2007, 246).

Da der Vermögensberater nun seine Provisionsansprüche direkt errechnen muss, wird das Verfahren um diese Berechnung fortgeführt, wenn er den Buchauszug erhalten hat.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

DVAG mit neuer Softwarepauschale

Die Softwaregebühren sind immer wieder eine Thema vieler Rechtstreitigkeiten. Hier im BLOG wurde des Öfteren darüber berichtet. Die DVAG wird ab 01.01.2016 die Softwarenutzungspauschale anders aufbauen. Jetzt soll es ein Lizenzmodell geben. Nutzer des Onlinesystems können sich ab Februar für eine Pämiumlizenz oder eine Basislizenz entscheiden.

Die Prämienlizenz beinhaltet alle bisher aus dem Onlinesystem bekannten Anwendungen, sowie das Vermögensberater-Intranet und so weiter. Es soll denn auch bald den elektronischen Antrag geben.

Die um Umfang stark reduzierte Basislizenz wird kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

Ob ein Vermögensberater in der Lage ist, mit der Basislizenz seine täglichen Arbeiten zu verrichten, kann nicht beurteilt werden.

Und wieder einmal steht die Verjährung vor der Tür

Am Ende des Jahres droht wie immer die Verjährung von Ansprüchen.

Es gibt eine dreijährige Verjährungsfrist. Dies bedeutet, dass Ansprüche, die im Jahre 2012 entstanden sind, Ende des Jahres 2015 verjähren können.

Um eine drohende Verjährung aufzuhalten, gibt es eigentlich nur ein sicheres Mittel: man muss rechtzeitig klagen oder rechtzeitig einen Mahnbescheid einlegen.

Ein Mahnbescheid genügt allerdings nur dann, wenn man einen Anspruch darauf hat, einen Geldbetrag ausgezahlt zu bekommen.

Wiederholt werde ich gefragt, ob man auch die Softwarepauschale per Mahnbescheid geltend machen kann. Dies könnte problematisch sein. Wenn zwischen einen Vertrieb und dem Handelsvertreter ein sogenanntes Kontokorrent vereinbart wurde, hat der Handelsvertreter keinen direkten Zahlungsanspruch, sondern zunächst einen Anspruch darauf, dass die Softwarepauschale dem Provisionskonto gutgeschrieben wird.

Mit einem Mahnbescheid kann man dies nicht beantragen.

Dann müsste Klage eingereicht werden bis zum 31.12. muss dann allerdings auch nur die Klage beim Gericht eingegangen sein. Die Gerichtskosten müssen bis dahin nicht gezahlt sein. Nach Einreichen der Klage erhält der Kläger dann eine Gerichtskostenrechnung. Die Verjährung wird nur dann verhindert, wenn nach Erhalt der Gerichtskostenrechnung unverzüglich die Gerichtskosten eingezahlt werden.

Dies ist dann unbedingt zu beachten.

Makler als Vermögensberater

Ich werde immer wieder gefragt, über welche Zulassungen ein Vermögensberater der DVAG verfügen muss und ob es möglich ist, auch mit Maklerzulassung Vermögensberater zu sein.

Vielleicht hilft ein Blick in den Vertrag:  Der Vermögensberatervertrag (Überarbeitung aus dem Jahre 2007) sieht vor, dass der Vermögensberater „dementsprechend“ sein Gewerbe angemeldet hat und in Besitz der öffentlich-rechtlichen Erlaubnis gemäß § 34c GewO für die Vermittlung von Anteilsscheinen einer Kapitalanlagegesellschaft verfügt.

§ 34 c GewO wurde inzwischen gesetzlich überarbeitet.

Der vertragliche Wortlaut „Vermittlung von Anteilsscheinen einer Kapitalanlagegesellschaft“ aus dem Vermögensberatervertrag entsprach dem früheren § 34c GewO, der alten Fassung des Gesetzes. Dort in Ziffer 2 stand, dass man über diese Zulassung für den „Abschluss von Verträgen über den Erwerb von Anteilsscheinen einer Kapitalanlagengesellschaft“ verfügen muss. Die alte Fassung galt bis zum 01.01.2013. Ziffer 2 wurde dann ersatzlos gestrichen.

Seitdem steht in § 34f GewO in Abs. 1, dass der Vermittler von Anteilsscheinen einer Kapitalanlagengesellschaft usw., Anteilen an geschlossenen Fonds, sonstigen Vermögensanlagen der Erlaubnis der Behörde bedarf.

Mittlerweile ist in § 34d GewO geregelt, dass sowohl der Versicherungsvertreter als auch der Versicherungsmakler ein sogenannter Versicherungsvermittler ist und die Zulassung gemäß § 34d benötigt. Makler und Versicherungsvertreter wird hier also gewissermaßen in einen Topf geworfen.

Insofern bin ich der Auffassung, dass grundsätzlich auch ein Makler ein Vermögensberater sein könnte.

Im Ausland wohnen, in Deutschland verklagt

Ein ehemaliger Vermögensberater zog ins Ausland. Die DVAG meint, er müsse Provisionsvorschüsse zurückzahlen und verklagte ihn – in Frankfurt.

Im Vermögenberatervertrag ist nämlich eine Gerichtsstandvereinbarung enthalten, wonach in Frankfurt geklagt werden kann.

Normalerweise wird am Wohnsitz des Beklagten geklagt.

Voraussetzung für eine wirksame Gerichtsstandvereinbarung ist grob, dass beide Vertragspartner im Zeitpunkt der Vereinbarung Kaufleute sind oder einen Geschäftsbetrieb führen wie ein Kaufmann. Indiz dafür ist ein entsprechend großer Umsatz, ein Büro, viele Kunden, Angestellte u.s.w..

In der Gerichtsakte tauchte eine Bestätigung auf, wonach der Vermögensberater bei Abschluss des Vertrages noch bei der Sparkasse war – als Azubi. Ohne dem Gericht vorgreifen zu wollen, dürfte ein Azubi kaum einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb unterhalten können…

Nun winkt das Kantonsgericht.