Einheitiche Rechtsprechung – im Großen und Ganzen

Manchmal kann man die Situation vor Gericht nur mit gewisser Ironie verarbeiten. Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung war schon des öfteren ein Thema hier in dem Handelsvertreter-Blog, bzw. eher die Uneinheitlichkeit.

Es ist aus anwaltlicher Sicht schier unerträglich, wenn ein Gericht in vergleichbaren Angelegenheiten mal so, und mal so entscheidet. Leider kommt dies wiederholt vor.

Gerade in Fragen, was das Verhältnis zwischen Vermögensberater und der DVAG betrifft, liegen dem Landgericht Frankfurt am Main viele ähnliche Klagen auf dem Tisch. Dabei geht es oft und wiederholend um die Frage, ob einem Vermögensberater ein Buchauszug zusteht, über welchen Zeitraum, ob Softwarepauschale zurückgezahlt werden müssen und so weiter. Im Prinzip ist es, bis auf wenige Abweichungen im Sachverhalt, immer das Gleiche.

Die Vertriebe bedienen sich spezialisierter Anwälte, die Handelsvertreter oft auch. Beide Seiten kennen sich also gut aus.

Nicht spezialisiert sind jedoch die Richter. Es kommt zwar im „Großen und Ganzen“ zu der Tendenz einer einheitlichen Rechtsprechung, jedoch auch zu sonderbaren Abweichungen.

In vielen Fällen, in denen die DVAG erstinstanzlich zur Erteilung eines Buchauszuges verurteilt wurde, hatte sie Berufung eingelegt. Im Prinzip ist es ja auch hier immer das Gleiche. Hier laufen etwa fünf gleichartige Verfahren vor dem Oberlandesgericht.

Wirtschaftlich werden die Verfahren beim Gericht nicht behandelt. Schließlich hat sich jedes Mal ein neuer Richter einarbeiten dürfen. Am letzten Freitag habe ich den fünften neuen Richter kennenlernen dürfen. So hat sich jeder Richter neu auf den Sachverhalt einarbeiten dürfen. In der freien Wirtschaft wäre dies wohl undenkbar gewesen.

Im Ergebnis gaben zwar alle Richter des Oberlandesgerichtes den Vermögensberatern im Prinzip Recht, dass ihnen ein Buchauszug zustehe. Dies wurde jedoch – trotz gleichartiger Verfahren – immer wieder anderes begründet und immer wieder mit anderen Schwerpunkten bewertet.

Den Vogel abgeschossen hatte dann das Oberlandesgericht am Freitag. Während es sich bei der Frage des Buchauszuges um 11.00 Uhr sehr materiell mit den Anforderungen an einen Buchauszug auseinandersetzte, (obgleich das Gericht gar nicht vorbereitet erschien), meinte es dann um 13.00 Uhr, die Berufung der DVAG müsste ja bereits unzulässig sein, weil der Beschwerdewert nicht erreicht sei. Ein Buchauszug könne ja schließlich nicht so viel Arbeit machen, so dass der erforderliche Streitwert für eine Berufung von 600€ nicht erreicht sein dürfte.

Fünf Richter in fünf Wochen, fünf verschiedene Ansätze, von Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einem wirtschaftlich arbeitenden Oberlandesgericht kann da wohl keine Rede sein. Den Vermögensberatern kann dies egal sein, solange sie ihr Recht bekommen. Aus anwaltlicher Sicht stößt dies auf Bedenken, demjenigen, der die Rechnung zu bezahlen hat, würde es auch nicht passen dürfen.