Damoklesschwert Fristen

Alles läuft wunderbar. Der Anwalt hat gute Einfälle, findet Vorschriften, die den Fall wie geschmiert lösen könnten. Und das das: Frist versäumt. Alle guten Ideen raffen mit einem Schlag dahin, wenn der Anwalt Fristen versäumt. Der Anwalt wird vom Damoklesschwert Frist erschlagen.

Man schielt ja gern mal zum Nachbarn, wenn es um die Organisation des Büros geht, um den Umgang mit Fristen z.B.. Und da gab es doch gestern eine Meldung, die Anlass gab, darüber nachzudenken.

Rechtsanwalt Michael-Hubertus von Sprenger sagte im Böhmermann-Erdogan-Prozess in Hamburg wohl, ihm sei zu wenig Zeit geblieben, das Klageerzwingungsverfahren gegen Böhmermann zu beantragen.

Hoppla. § 37 Landesmediengesetz Rheinland Pfalz (wozu das ZDF mit Sitz in Mainz gehört) sieht eine 6-monatige Verjährung der Strafverfolgung vor. Und nach Ablauf dieser Frist ist Schluss mit der Strafverfolgung.

Hat denn der – laut Wikipedia entweder 1940 oder 1941 geborene – Anwaltskollege hier gar eine Frist versäumt? Scheiterte der Anwalt, der laut Süddeutscher bis in die letzte Instanz gehen wollte, wegen einer Frist bereits im strafrechtlichen Vorverfahren?

Genaues weiß man nicht. Über versäumte Fristen kann nur spekuliert werden. Möglicherweise hat dieses aber gar keinen Einfluss auf das Endergebnis, wenn Böhmermann eh freigesprochen worden wäre.

Mich freut, dass das Strafverfahren mit dem Ergebnis der Einstellung zu Ende ist. Mich freut (aber nur in diesem Fall) auch, wenn dies nicht ausschließlich auf die Behörden zurückzuführen ist, und die besagte Frist eine Rolle gespielt hat. Übrigens, mal nebenbei bemerkt, dürfte § 37 Landesmediengesetz Rheinland Pfalz vielen Anwälten bis gestern völlig unbekannt gewesen sein.

Nun bleibt nur noch die zivilrechtliche Strafverfolgung, dem auf Unterlassen des Schmähgedichts gerichteter bürgerrechtlicher Anspruch.