14 Vermögenssparpläne sind keine Schlechtberatung

In einem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main stritt ein Ehepaar mit der DVAG und einem ihrer Vermögensberater. Sie klagten auf Schadensersatz wegen falscher Beratung bzw. Ansprüchen aus einem Vergleich/Schuldanerkenntnis.

Das Ehepaar hatte eine Vielzahl von Vermögenssparplänen abgeschlossen. Dieser Umstand allein stellte für das gericht keine Schlechtberatung dar.

Der Sachverhalt konnte wie folgt ermittelt werden:

Der Vermögensberater vermittelte dem Ehepaar diverse Versicherungsverträge und empfahl darüber hinaus, die Eröffnung eines Anlagedepots bei der Deutschen Bank. Der Antrag zur Eröffnung eines solchen wurde am 10.09.2005 unterzeichnet.

In der Folgezeit von 2005 bis 2012 wurden insgesamt 14 solcher Anträge auf Eröffnung eines sogenannten Vermögenssparplans (Anlagedepots) bei der Deutschen Bank unterzeichnet.

Im November 2013 waren nach einem Schreiben der Deutschen Bank alle Zahlungen ausgesetzt worden. Der Ehemann kündigte im Februar 2014 bei der Deutschen Bank „den bestehenden monatlichen Vermögenssparplan“.

Zuvor hatten sich die Eheleute und der Vermögensberater zu einem Gespräch getroffen, in welchem das Ehepaar die Ausgabeaufschläge zu den Vermögenssparplänen offenlegte. Diese beliefen sich auf etwa 12.000,-€. In einem weiteren Gespräch schlugen die Eheleute dem Berater vor, die Sache bei einer Zahlung von 30.000,-€ auf sich beruhen zu lassen. Kurz danach übersandte der Anwalt der Eheleute, welcher bei den Gesprächen anwesend war, dem Vermögensberater eine Vereinbarung, in welcher sich der Vermögensberater verpflichten sollte an das Ehepaar 30.000,-€, sowie die Anwaltskosten zu zahlen. Unterschrieben hat er diese nicht.

Auch weitere Aufforderungen zur Zahlung eines vermeintlich vereinbarten Betrages wurden von ihm ignoriert. Daher erhoben die Eheleute Klage auf Schadensersatz.

Die Eheleute erklärten, sie hätten ein enges Vertrauensverhältnis zu ihrem Vermögensberater aufgebaut. Dieser habe entgegen ausdrücklicher Absprachen, immer dann neue Vermögenssparpläne abgeschlossen, wenn sie nur die Erhöhung der Raten gewünscht hätten. Darüber hätte er sie nicht informiert und blanko ausgefüllte Anträge verwendet.
Daher hätten sie nun eine Differenz zwischen Einzahlung und Auszahlung in Höhe von etwa 15.000,-€. Mindestens in Höhe von 25.000,-€ seien Ausgabeaufschläge angefallen, die der Vermögensberater als Provision erhalten hätte.

Außerdem hätte er in den Gesprächen eingeräumt „Mist gebaut“ zu haben und vorgeschlagen, eine Summe von 15.000,-€ zu zahlen, weil in dieser Höhe dem Ehepaar Ausgabeaufschläge gezahlt worden sein. Daraufhin erklärten sie, dass sie einen höheren Betrag verlangten. Er habe telefonisch zu dem Anwalt der Eheleute gesagt, er sei mit einer Zahlung in Höhe von 30.000,-€ einverstanden.

Der Vermögensberater hingegen schilderte den Sachverhalt etwas anders. Der Ehemann hätte regelmäßig die Anlageausrichtig an den aktuellen Markt anpassen wollen. Sie hätten eine Erhöhung der gesamten Sparleistung gewünscht, nicht der einzelnen Sparraten. Sie hätten ein breites Portfolio besitzen wollen. Alle Anlagen seien, auch bezüglich etwaiger Risiken, mit den Eheleuten besprochen gewesen, Blankoanträge hätte es nicht gegeben, da die Anträge immer am PC ausgefüllt werden müssten. Jedenfalls wären die Eheleute über jeden Vertragsinhalt von der Deutschen Bank mit einem Hinweis auf das Widerrufsrecht informiert worden.

Das Gericht wies die Forderungen des Paares ab:

1.

Zunächst entschied das Gericht, dass eine Haftung des Vermögensberaters schon daran scheitere, dass zwischen ihm  und dem Ehepaar kein Beratervertrag bestanden hatte. Vielmehr sei ein solcher mit der DVAG zustande gekommen. Dieser wäre eventuelles Verschulden des Vermögensberaters über §278 BGB zuzurechnen. Eine schuldhafte Pflichtverletzung sah das Gericht jedoch nicht.

Eine Aufklärungspflichtverletzung nahm das Gericht auch nicht deshalb an, weil der Vermögensberater die Eheleute nicht über seine Provisionen aufgeklärt habe. Eine Verpflichtung zu einer ungefragten Aufklärung bestehe zwischen Anleger und Anlageberater nicht, wenn der Anleger die Provision nicht direkt an den Berater zahlt und die „Kosten, aus welchen die Vertriebsprovision erbracht wird, offen gelegt werden“. Es läge regelmäßig auf der Hand dass ein Anlageberater Vertriebsprovisionen erhält.

Eine Haftung gegen den Vermögensberater wegen der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens oder wegen eines eigenen wirtschaftlichen Interesses (§§311 Abs. 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1) wurde ebenfalls nicht angenommen. Für die Inanspruchnahme besonderen Vertrauens könne privater Kontakt nicht ausreichen, für das eigene wirtschaftliche Interesse genüge die Aussicht auf eine Provision nicht.

Für die Aussage, dass der Vermögensberater entgegen ihres Willens Verträge abgeschlossen habe, seien die Eheleute beweispflichtig. Einer solchen Pflicht wären sie beweisfällig geblieben.

Zudem wären die Ansprüche, die bis Ende des Jahres 2011 entstanden waren, verjährt. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Verjährungsfrist zu laufen begonnen, da sich das Ehepaar spätestens dann in grob fahrlässiger Unkenntnis von den Ansprüchen befunden hätte. Sie waren zu diesem Zeitpunkt durch die Deutsche Bank offengelegt worden. Ausweislich der Anträge der Deutschen Bank sei erkennbar gewesen, dass sie ein Kundenentgelt zu zahlen hätten. Sollten sie diese Anträge nicht gelesen haben, so sei dies grob fahrlässig.

Dass die Anträge blanko unterschrieben worden waren, wie behauptet, konnte nicht bewiesen werden. Unabhängig davon, wäre auch dann erkennbar gewesen, dass eventuell Kundenentgelte anfallen könnten.

Die Klageschrift erreichte die Beklagten, DVAG und Vermögensberater, erst am 11.03.2015, sodass die Verjährung durch diese nicht gehemmt werden konnte.

2.

Ansprüche aus einem Vergleich oder einem Schuldanerkenntnis wies das Gericht ebenfalls zurück.

Gegen die DVAG schieden solche Ansprüche schon von Beginn an aus, da diese nicht an etwaigen Vergleichsverhandlungen oder einem Schuldanerkenntnis beteiligt war.

Doch nach Ansicht des Gerichts war es auch auf Seiten des Vermögensberaters nicht zu einem Schuldanerkenntnis gekommen.

Für ein konstitutives Schuldanerkenntnis gem. §781 BGB fehle es schon an der Schriftform.

Für ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis sei erforderlich, dass die Parteien ein „bestehendes Schuldverhältnis dem Streit oder der Ungewissheit entziehen und es insoweit endgültig festlegen wollen“. Da dies nicht ausdrücklich erklärt worden wäre, wäre der Sachverhalt eng auszulegen. Eine Erklärung im Rahmen von Vergleichsverhandlungen, wie sie hier getätigt wurde, reicht für die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses nach Ansicht des Gerichts nicht aus.

Das Gericht war zwar überzeugt davon, dass der Vermögensberater ein Angebot über die Zahlung der 15.000,-€ abgegeben hatte, jedoch sei nicht zu erkennen, dass er sich auch bei Scheitern der Verhandlungen über die einvernehmliche Lösung an dieses Angebot binden wollte.

Auch ein Vergleich sei nicht anzunehmen. Das Vergleichsangebot über 15.000,-€ seitens des Vermögensberaters hatten die Eheleute abgelehnt. Das Angebot in der Besprechung über 30.000,-€ hatte der Vermögensberater nicht angenommen, jedenfalls konnte dies nicht eindeutig bewiesen werden. Er hatte sich zwar vermeintlich damit einverstanden erklärt, es ist jedoch laut Ansicht des Gerichts (und auch nach der Aussage des Vermögensberaters) davon auszugehen, dass er das Angebot nicht annehmen wollte, bevor er nicht genau wusste, in welcher Höhe Anwaltskosten hinzukommen. Mangels einer eindeutigen Annahmeerklärung scheitere damit auch der Vergleichsabschluss.

Das Urteil wurde in der zweiten Instanz bestätigt.