Ausgleichsanspruch für Handelsvertreter von Bausparkassen nach den Grundsätzen

Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs (§ 89 b HGB) im

Finanzdienstleistungsbereich

Da das HGB keine Bestimmung über die konkrete Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs enthält, haben der Verband der Privaten Bausparkassen e. V., 53129 Bonn und der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK), 53115 Bonn,

in dem Bemühen um gegenseitige Verständigung und ausgehend von vorwiegend wirtschaftlichen Erwägungen die nachfolgenden Grundsätze erarbeitet, um die Höhe des nach Auffassung der beteiligten Kreise angemessenen Ausgleichs global zu errechnen.

Sie empfehlen ihren Mitgliedern, Ausgleichsansprüche auf dieser Grundlage abzuwickeln.

  1. Ausgleichsanspruch
  2. Bemessungsgrundlage

Ausgangswert für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs ist die durchschnittliche Jahresprovision der letzten vier Jahre aus dem Finanzdienstleistungsgeschäft abzüglich etwa vereinbarter Verwaltungsprovisionen und abzüglich etwa nicht verdienter Einarbeitungsprovisionen bzw. Garantieprovisionen – bei kürzerer Tätigkeit der Durchschnitt aus diesem Zeitraum.

Als Verwaltungsprovision gelten Vergütungen, die Vertreter für das Neugeschäft von Vermittlern erhalten, die dem Vertreter organisatorisch nicht zugeordnet sind oder zu deren Vermittlungen er akquisitorisch nicht beiträgt.

 

  1. Ausgleichspflichtiges Folgegeschäft

Um überaus schwierige und zeitraubende Ermittlungen zu vermeiden, wird der Anteil des ausgleichspflichtigen Folgegeschäfts mit einem Mittelsatz von 10 % des Ausgleichswertes nach Ziffer I. 1. pauschal festgelegt.

Das Verfahren gilt auch für Teilvertragsbeendigungen (Bezirks- oder Bestandsverkleinerungen), wobei die spätere Berücksichtigung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung unberührt bleibt.

 

  1. Multiplikatoren

Um den Gesichtspunkt der Billigkeit (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB) Rechnung zu tragen, ist der nach Ziffer I. errechnete Ausgleichswert entsprechend der Dauer der hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit des Vertreters für das Bausparunternehmen nach folgender Staffel zu multiplizieren:

Tätigkeitsdauer Multiplikator

ab 1 Jahr           0,20

ab 2 Jahren       0,40

ab 3 Jahren       0,70

ab 4 Jahren       1,00

ab 5 Jahren       1,30

ab 6 Jahren       1,60

ab 7 Jahren       1,90

ab 8 Jahren       2,20

ab 9 Jahren       2,50

ab 10 Jahren     3,00

ab 12 Jahren     4,00

 

III. Treuebonus

Ab einer Dauer des hauptberuflichen Handelsvertreterverhältnisses von 15 Jahren erhält der Vertreter bei seinem Ausscheiden neben dem Ausgleichsanspruch einen Treuebonus. Dieser beträgt 10,125 % der gemäß Ziffer I. 1 ermittelten Bemessungsgrundlage und verdoppelt sich auf 20,25 % ab einem hauptberuflichen Handelsvertreterverhältnis von 19 Jahren bei derselben Bausparkasse.

 

  1. Anspruchsberechtigte Erben

Beim Tod des Vertreters steht der Ausgleichsanspruch und ein eventueller Treuebonus den berechtigten Erben zu.

  1. Fälligkeit

Der sich aus diesen Grundsätzen ergebende Ausgleichsanspruch und ein eventueller Treuebonus wird innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsbeendigung, frühestens zwei Monate nach Geltendmachung, fällig.

  1. Berücksichtigung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung

Da nach der bestehenden Rechtslage ein Ausgleichsanspruch aus Billigkeitsgründen (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB) insoweit nicht entsteht, wie der Vertreter Leistungen aus einer durch Beiträge des Bausparunternehmens aufgebauten Alters- und Hinterbliebenenversorgung erhalten oder zu erwarten hat, ist vom Gesamtbetrag des nach Ziffer I. und Ziffer II. errechneten Ausgleichsanspruchs zuzüglich eines eventuell nach Ziffer III. errechneten Treuebonus bei einer Rentenversicherung der kapitalisierte Barwert der Rente des Anspruchsberechtigten und bei einer Kapitalversorgung deren Kapitalwert abzuziehen.

VII. Gutachterstelle

Sind in einem Einzelfall bei einem Bausparunternehmen oder einem Vertreter besondere Umstände gegeben, die nach Auffassung eines der Betroffenen eine andere Regelung zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs oder Treuebonus gerechtfertigt erscheinen lassen, so kann jede der Parteien zur Herbeiführung einer der Umstände des Einzelfalls gerecht werdenden Regelung die Gutachterstelle, die aus Vertretern des Verbandes der Privaten Bausparkassen und des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute paritätisch zusammengesetzt ist, in Anspruch nehmen.

Die Gutachterstelle wird nur tätig, wenn beide Parteien ihrer Inanspruchnahme zustimmen. Ihr Votum muss einstimmig erfolgen.

Der BVK verpflichtet sich, während der Geltungsdauer dieser Grundsätze Forderungen seiner Mitglieder gegen eine private Bausparkasse, die über diese Grundsätze hinausgehen oder die sich gegen diese Grundsätze richten, nicht mit aktivem Rechtsschutz und Kostenbeteiligung zu unterstützen.

VIII. Ausspannung von Finanzdienstleistungsverträgen

 Da bei der Befriedigung des Ausgleichsanspruchs und eines eventuellen Treuebonus davon ausgegangen wird, dass der wirtschaftliche Vorteil des ausgeglichenen Geschäftes der Bausparkasse verbleibt, wird vorausgesetzt, dass der Vertreter keine Bemühungen anstellt oder unterstützt, die zu einer Schmälerung dieses Geschäftes führen, für das er einen Ausgleich erhalten hat.

  1. Geltungsdauer

 Diese Grundsätze treten am 1.10.1996 in Kraft. Sie gelten für alle ab diesem Tage entstehenden Ansprüche sowie für schwebende, noch nicht endgültig abgeschlossene Fälle. Diese Grundsätze können durch jeden der beteiligten Verbände mit Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr zum Schluss eines Kalenderjahres durch eingeschriebenen Brief an den anderen Verband gekündigt werden. Die erstmalige Kündigung ist jedoch nicht vor Ablauf von zwei Jahren seit Inkrafttreten der Grundsätze möglich.