Allgemein

Was darf die AVAD ?

Die AVAD, die Auskunftsstelle über Versicherungs- / Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler in Deutschland e.V., führt teilweise Eintragungen, mit dem der Vermittler nicht einverstanden ist.

Am 06.05.2009 entschied das hanseatische Oberlandesgericht, dass die AVAD eine Verdachtsmeldung zu unterlassen hat.

Hier ging es um die Frage, ob der Verdacht der Urkundenfälschung in der Auskunft über einen Vermittler eingetragen werden darf. Das hanseatische OLG entschied unter dem Aktenzeichen 5 U 155/08, dass dies nicht erlaubt sei.

Ebenso hatte das Landgericht München I übrigens in einem einstweiligen Verfügungsverfahren am 19.07.2011 entschieden. Dort ging es um die Frage, ob eine außerordentliche Kündigung sowie angeblich offene Provisionen eingetragen werden dürfen. Ob Rechtsmittel eingelegt wurden, ist nicht bekannt.

Das Oberlandesgericht Hamburg hatte 09.09.2011 unter dem Aktenzeichen 11 U 46/09 einem Versicherungsvertreter ebenfalls Recht gegeben. Hier ging es um die Frage, ob eine Strukturgesellschaft den Handelsvertretervertrag mit einer Auslauffrist gekündigt hatte, dem Vertreter den Zugang zum Intranet sperrte und dem AVAD mitteilte, dass in Folge außerordentliche Kündigung wegen eines Wettbewerbverstoßes des Vertreters der Vertrag beendet sei. Der Vertreter wies die Kündigung als unberechtigt zurück und kündigte ebenso. Neben vielen Erklärungen wies das Gericht darauf hin, dass allein der Entzug des Zugangs zum aktuellen Intranet und damit die Vereitelung weiterer Vermittlungs- und Betreuungstätigkeiten einer außerordentlichen Kündigung des Handelsvertreters gemäß § 89a HGB rechtfertigen würde. Der Versicherungsvertreter konnte so Schadensersatz gegen die Gesellschaft beanspruchen. Er hat auch einen Anspruch auf Löschung der bei dem AVAD hier zugespeicherten Daten und auf Richtigstellung durch Mitteilung des wahren Kündigungsgrundes. Das Gericht meinte, eine AVAD-Mitteilung schädige dem Vertreter ähnlich wie eine Presseveröffentlichung in einem Branchenblatt.

In dem letzten Fall ging es um Ansprüche gegen das Versicherungsunternehmen direkt, nicht jedoch um Ansprüche gegen den AVAD.

In einem weiteren Urteil durch das Oberlandesgericht Köln vom 08.12.2006 unter dem Aktenzeichen 19 U 96/06 wurde ein Versicherer verurteilt, seine Mitteilung an die AVAD, der mit dem Kläger bestehende Vertrag sei wegen fristloser Kündigung und wegen Verstoßes gegen das Provisionsabgabeverbot beendet worden, zu widerrufen.

Jeder Vermittler sollte die Inhalte seiner Eintragungen bei der AVAD überprüfen, um möglicherweise seine Ansprüche waren zu können. Ist man mit einer Eintragung nicht einverstanden und widerspricht dieser, könnte man u.U. einen Sperrvermerkt erreichen.

Tinder in der Struktur

Versicherungswirtschaft.heute schreibt am 30.1.24, dass Strukturvertriebler Tinder nutzen würden, um Kunden zu aqirieren.

In der Überschrift heißt es süffisant Porno=Storno.

Die Information soll wohl von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung stammen, die dann auch den von einem Mitarbeiter von Tecis berichten soll.

Der Wert der Bucheinsicht

Es war lange Zeit umstritten, wie der Wert einer Bucheinsicht zu bemessen ist.

Der Wert eines Buchauszuges bzw. einer Bucheinsicht interessiert nicht nur den Juristen, sondern auch die Partei in einem Zivilverfahren, in dem um den Buchauszug gestritten wird.

Gemäß § 87 c Abs. 2 HGB hat ein Handelsvertreter Anspruch auf einen Buchauszug. Liegen bestimmte Voraussetzungen vor, hat er sogar gemäß Abs. 4 einen Anspruch auf Einsicht in die Geschäftsbücher oder sonstigen Urkunden (Bucheinsicht).

Gemäß § 511 ZPO ist eine Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil nur möglich, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt. Mit diesem Argument wurde teilweise eine Berufung nicht einmal zugelassen, wenn ein erstinstanzliches Gericht über den Buchauszug ein Urteil gefällt hat.

Es lässt sich leicht damit argumentieren, dass der Aufwand für die Erstellung eines Buchauszuges bzw. einer Bucheinsicht gering ist. Auf Knopfdruck lässt sich der Buchauszug per EDV schnell erstellen, sodass die Kosten für die Erstellung eines Buchauszuges unter 600 € liegen dürfte.

Andere Gerichte stellten auf den wirtschaftlichen Wert ab, den ein Buchauszug bzw. die Bucheinsicht verkörpert. Erhofft sich beispielsweise die klagende Partei, die einen Buchauszug begehrt, davon Provisionen in Höhe von 5000 €, so wäre der Wert auch daran zu bemessen.

Selbst das Oberlandesgericht in Frankfurt war sich nicht einig, welche Rechtsauffassung (Aufwand oder wirtschaftlicher Wert) man denn folgen wollte.

Der Bundesgerichtshof fällte mit Beschluss vom 20. November 2023 unter dem Aktenzeichen VII ZR 6/23 eine Grundsatzentscheidung, die die bisherigen Entscheidungen des BGH bestätigt.

Danach richtet sich der Wert der Bucheinsicht nach dem Aufwand hinsichtlich Zeit und Kosten, der für ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Bucheinsicht anfällt.

Dieser Aufwand, um eine Bucheinsicht zu ermöglichen, ist in der Regel größer als die bloße Erteilung des Buchauszuges.

Der BGH stellte darauf ab, dass der Unternehmer neben dem Zugang zu den Unterlagen und zur EDV auch einen Ansprechpartner für die Dauer der Bucheinsicht zur Verfügung stellen muss. Nach diesen Maßstäben würde der Aufwand für die Gewährung der Bucheinsicht kostenmäßig einen Betrag von 600 € übersteigen.

Das Verfahren musste deshalb zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Zurückhaltung der Rückstellung nicht erlaubt

Am 09.09.2005 entschied das Oberlandesgericht Köln unter dem Aktenzeichen 19 U 174/04, dass eine Klausel, die es einem Vertrieb gestattete, eine Stornoreserve auch über ein bestehendes Provisionshaftungsvolumen aus ein zubereiten, unwirksam ist.

In der Regel zahlen Versicherer und Vertriebe Provisionen als Vorschuss aus. Dabei werden 80-90% der zu erwartenden Provisionen regelmäßig bevorschusst. Die Höhe der Vorschüsse kann natürlich variieren.

Gemäß § 92 Abs. 4 HGB hat ein Versicherungsvertreter Anspruch auf Provisionen (§ 87a Abs. 1), sobald der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet. Bei Lebensversicherungsverträgen sind dies oftmals fünf Jahre, die ein Versicherungsnehmer durchweg die Beiträge bezahlen muss, damit die Provisionen für die Vermittlung einer Lebensversicherung verdient ist.

Ein Großteil dieser zu erwartenden Provisionen wird demnach als Vorschuss ausgezahlt, der Rest auf einem Rückstellungskonto hinterlegt.

Einige Vertriebe behalten sich vor, diesen hinterlegten Betrag zurückhalten zu dürfen. Bei der Entscheidung des OLG Köln ging es um eine Klausel, die ein solches Zurückbehaltungsrecht vorsah, solange ein bestehendes Provisionshaftungsvolumen angeblich noch vorhanden sei.

Das Oberlandesgericht argumentierte, dass im Falle der Wirksamkeit einer solchen Klausel es dem Vertrieb gestattet wäre, über sein Sicherungsinteresse hinaus eine Stornoreserve einzubehalten.

BGH stärkt Kündigungsfreiheit der Handelsvertreter

Am 19.01.2023 entschied der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen VII ZR 787/21, dass die Kündigungsfreiheit eines Handelsvertreters auch mittelbar beschränkt werden kann.

Außerdem entschied der Bundesgerichtshof, dass dann eine vereinbarte Vorschusszahlung auf zu erwartende Provisionen nicht zurückgefordert werden können.

In diesem Fall war der Handelsvertreter im Vertrieb eines Möbelherstellers tätig. Der Handelsvertreter erhielt wie üblich Provisionsvorschüsse.

Irgendwann ergab sich ein Saldo zu Lasten des Handelsvertreters in Höhe von mehr als 8.000€.

Über diesen Betrag schlossen die Parteien dann ein Darlehen, sodass das Provisionskonto mit dem jeweiligen Minusin Form eines Darlehens wieder ausgeglichen wurde.

In dem Darlehensvertrag wurde vereinbart, das im Falle der Beendigung des Handelsvertretervertrages die Restschuld des Darlehens in einer Summe sofort fällig wird.

Anschließend wurden weiterhin Provisionsvorauszahlungen geleistet. Das Provisionskonto rutschte dann mit mehr als 54.000 € ins Minus.

Das Handelsvertreterverhältnis soll dann einvernehmlich aufgelöst worden sein.

Die Vereinbarung, dass das Darlehen zurückgezahlt werden muss, verstößt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs gegen § 89a Abs. 1 Satz 2 HGB und ist deshalb gemäß § 134 BGB unwirksam. Es stellt eine unwirksame mittelbare Kündigungserschwernis dar.

Nach § 89a Abs. 1 Satz 1 HGB ist ein Handelsvertretervertrag von jedem Teil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündbar. Dieses Recht darf gemäß § 89a Abs. 1 Satz 2 HGB weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. Diese zwingende gesetzliche Regelung stellt eine Schutzvorschrift zu Gunsten des im allgemeinen wirtschaftlich schwächeren Handelsvertreters dar, die verhindern soll, dass der schwächere Vertragsteil einseitig in seiner Entscheidungsfreiheit zur Vertragsbeendigung beschnitten wird. Eine Beschränkung der Kündigungsfreiheit kann dabei nicht nur unmittelbar erfolgen, sondern auch bei mittelbaren Erschwernissen in Form von finanziellen oder sonstigen Nachteilen vorliegen. Eine solche Erschwernis ist anzunehmen, wenn an die Kündigung des Handelsvertretervertrages wesentlich die Vertragsbeendigung erschwerenden Nachteile geknüpft werden, wie etwa die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe. Gleiches gilt für Vertragsklauseln, die eine sofortige Rückzahlung langfristiger Vorschusszahlungen bei einer Kündigung des Handelsvertreters vorsehen.

Unter welchen Voraussetzungen die an die Vertragsbedingung vertraglich geknüpften Nachteile von solchem Gewicht sind, dass eine unzulässige, mittelbare Beschränkung des Kündigungsrechts des Handelsvertreters vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalles (BGH-Urteil vom 05.11.2015 – Az.: VII ZR59/14).

Ihre Beantwortung hängt insbesondere von der Höhe der gegebenenfalls zurückzuerstattenden Zahlungen und dem Zeitraum, für den sie zu erstatten sind, ab.

Nach Ansicht des BGH können auch mittelbare Folgen einer Kündigung oder Vertragsbeendigung vom Verbot des § 89a Abs. 1 Satz 2 HGB erfasst werden. Eine solche mittelbare Kündigungserschwernis kann auch vorliegen, wenn aufgrund der Gestaltung des Vertrages die Vertragsbeendigung für den Handelsvertreter mit erheblichen Nachteilen verknüpft ist, dieser in der Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Frage, ob er das Vertragsverhältnis auflöst, einschränken können. Solche mittelbaren Auswirkungen der Vertragsgestaltung sind stets am Maßstab des § 89a Abs. 1 Satz 2 HGB zu prüfen und könne nicht unter Hinweis darauf, es handele sich um einen bloßen Reflex, von vornerein von dieser Prüfung ausgenommen werden.

Die Aufstockung des Darlehens um die Provisionsvorschüsse stellt sich mittelbare Kündigungserschwernis dar.

Die durch § 134 BGB angeordnete Nichtigkeit des gegen ein gesetzliches Verbot verstoßendes Rechtsgeschäft betrifft im vorliegenden Fall nur die Vereinbarung, dass erstinstanzlich Beendigung des Handelsvertretervertrages ein Unterverdienst vom Handelsvertreter auszugleichen ist. Der Vertrag im Übrigen bleibt dagegen wirksam und bildet den Rechtsgrund für die erfolgten monatlichen Zahlungen, die den Beklagten verbleiben.

Das Jahr 2024

Der Handelsvertreterblog wünscht allen Lesern ein erfolgreiches und gesundes neues Jahr!

Die Bürokratie hält uns auch 2024 auf Trab.

Bevor es also vergessen wird:

Der selbstregistrierte Versicherungsvermittler zählt zu den Verpflichteten gemäß §2 Abs. 1 GwG. Damit ist er dazu verpflichtet, sich spätestens zum 01.01.2024 bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen elektronisch zu registrieren. Die Registrierung findet über das elektronische Meldeportal „goAML“ statt.

Eine Registrierung war bislang nur dann notwendig, wenn ein Sachverhalt übermittelt werden sollte, der mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung im Zusammenhang stehen könnte. Nunmehr muss sich jeder selbstregistrierte Vermittler verdachtsunabhängig dort registrieren.

Buchauszug bricht Datenschutz

Jeder Handelsvertreter hat einen Anspruch auf einen Buchauszug. Unternehmen und Vertriebe versuchen oft diesen zu untergraben. Teilweise wird dies damit begründet, dass Provisionsabrechnungen den Buchauszug ersetzen sollen, teilweise wird der Buchauszug nur unvollständig übersandt. Ganz neu ist die Idee, dass die Übersendung eines Buchauszuges mit dem Datenschutz nicht in Einklang stehe.

Der Datenschutz kann den Anspruch auf den Buchauszug nicht untergraben dürfe (OLG München vom 31.7.2019, Az.: 7 U 4012/17). 

Das OLG hat folgende Kernpunkte entschieden:

  • Das Interesse des Unternehmers an der Wahrung von Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnissen ist im Rahmen des § 87c Abs. 2 HGB irrelevant, da deren Schutz durch § 90 HGB geregelt ist. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz) 
  • Die DSGVO ist grundsätzlich auf alle erteilten Buchauszüge und auch auf alle nach § 87c Abs. 2 HGB zukünftig noch vorzunehmenden Datenverarbeitungen anwendbar, jedoch ist die mit der Erteilung eines Buchauszuges verbundene Datenübermittlung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 DSGVO erlaubt.

Das Handelsblatt berichtet über die OVB

In einem aktuellen Podcast berichtet Frau Lena Jesberg vom Handelsblatt über die OVB.

Ein Fehler ist schnell gefunden: Rechtsanwalt Kai Behrens ist kein Fachanwalt, sondern ein Spezialist im Handelsvertreterrecht. Einen Fachanwaltstitel gibt es speziell im Handelsvertreterrecht nämlich nicht.

Hier ist der Podcast zu finden.

Handelsvertreter von Deutscher Bank als Arbeitnehmer eingestuft

Mit Urteil vom 8. März 2021 unter dem Aktenzeichen S 18 BA 93/17 hatte das Sozialgericht Frankfurt einen Handelsvertreter der Deutschen Bank als Arbeitnehmer eingestuft.

Die Deutsche Bank beschäftigt Finanzberater, die laut Vertrag als Handelsvertreter gemäß § 84 HGB tätig sind. Sie leben ausschließlich von Provisionen.

Das Sozialgericht Frankfurt hatte darüber zu entscheiden, ob Kriterien erfüllt sind, diesen einen Mitarbeiter, um den es in diesem Verfahren ging, als Arbeitnehmer einzustufen.

Entscheidend war, inwieweit dieser Mitarbeiter in der Struktur der Deutschen Bank eingebunden war, unter dem Regionalleiter, einem Gebietsleiter den Leitern der Finanzagenturen bis hin zu dem selbstständigen Finanzberater. Das Gericht meinte, dass innerhalb dieser Hierarchie eine Weisungsgebundenheit gegeben sei, die die Arbeitnehmereigenschaft begründe.

Das Gericht stellte dazu fest, dass sich die Finanzberater einen eigenen Standort außerhalb der Finanzagentur hätten genehmigen lassen müssen, inklusive der Ausstattung und der Ausgestaltung der Räumlichkeiten. Mit einer solchen Vorgabe seien Mitarbeiter weisungsgebunden und Arbeitnehmer. „Vorgaben des Regionalleiters werden sodann durch den jeweiligen Gebietsleiter an seine Agenturleiter weitergegeben, die dies dann wiederum in ihren Agenturen an die dort angesiedelten Vermittler wie den Beigeladenen zu 1) weitergeben“, heißt es in der Entscheidung.

Sollte sich diese Entscheidung bestätigen, wäre die Deutsche Bank für diesen Mitarbeiter zur Zahlung von Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungen beitragspflichtig.

Die Deutsche Bank hatte damals gegen dieses Urteil Berufung angekündigt, die offensichtlich vor dem Landessozialgericht Hessen dem Aktenzeichen L 8 BA 36/21 läuft und wohl bisher noch nicht entschieden wurde.

Deutsche Rentenversicherung will 50.000 €

Die Deutsche Rentenversicherung schlägt zu. Wieder einmal wurde ein Betroffener Adressat eines existenzgefährdenden Bescheides.

Ein Selbständiger war fast 30 Jahre lang für einen Vertrieb tätig. Dann erhielt er eine betriebliche Überprüfung, bei der er sich eigentlich gar nichts Besonderes dachte. Er beantwortete sämtliche Fragen und füllte alles aus, was man erwartete.

Es folgte ein Bescheid der Deutschen Rentenversicherung, in dem man ihm mitteilte, er sei ein arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und als solcher verpflichtet, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen.

Deshalb wolle man von ihm innerhalb kurzer Zeit eine Zahlung von etwa 45.000 € haben. Nach einer Antwort und Bitte um Begründung und Zahlungsaufstellung kam die deutsche Rennversicherung dem auch nach. Bis dahin erhöhte sich der Zahlungsbetrag wegen der Säumniszuschläge schon auf fast 50.000 €.

Monatliche wollte man um die 300 € bekommen und dies für einen Zeitraum rückliegend von 5 Jahren. 5 Jahre, so erklärte die deutsche Rennversicherung, sei die Verjährungsfrist. Beiträge, die vor dieser Zeit fällig wurde, könnten nicht mehr verlangt werden.

In dem Bescheid wurde geteilt, dass der Betroffene auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber gearbeitet hätte. Es half dem Betroffenen auch zunächst nichts, als er sagte, er habe doch 2 Auftraggeber. Die Deutsche Rentenversicherung hatte diese beiden Auftraggeber als einen angesehen, weil beide eng zusammenarbeiten würden.

Der Bescheid der Deutschen Rennversicherung richtet sich nach § 2 Satz 1 Nummer 9 SGB VI.

Dort heißt es:

Versicherungspflichtig sind selbständig tätige

1.

Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,

2.

Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,

3.

Hebammen und Entbindungspfleger,

4.

Seelotsen der Reviere im Sinne des Gesetzes über das Seelotswesen,

5.

Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,

6.

Hausgewerbetreibende,

7.

Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeuges gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen,

8.

Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 der Handwerksordnung sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 der Handwerksordnung außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt,

9.

Personen, die

a)

im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und

b)

auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.

Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten

1.

auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,

2.

nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,

3.

für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

Die Deutsche Rentenversicherung wies auch darauf hin, dass der Betroffene nicht scheinselbstständig sei, er aber als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger gemäß § 2 Satz 1 Nummer 9 SGB VI eingestuft werde.

Dies war wenig tröstlich, denn bei Vorliegen der Scheinselbstständigkeit müssten auch Beiträge an die Deutsche Rentenversicherung geleistet werden. Dieser Bescheid würde aber an das Unternehmen gerichtet werden, die den Scheinselbständigen beschäftigt hat. Damit stände der Betroffene wesentlich besser.

In dem hier geschilderten Fall des arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen muss das Unternehmen, das den arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen beschäftigt, nicht zahlen.

Bei Streitigkeiten über die entsprechenden Bescheide ist das Sozialgericht zuständig. Verfahren können hier mitunter ein paar Jahre dauern. Wenn bis dahin nicht gezahlt wurde, fallen erhebliche Säumniszuschläge an, wenn der Prozess verloren geht.

Es empfiehlt sich daher, wenn man einen Rechtsstreit führen will, zunächst  “ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ zu zahlen.

Wer hier Unsicherheiten hat, sollte rechtzeitig eine sogenannte Statusfeststellung durchführen.

Man kann sich auch teilweise von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Absatz 1a SGB VI befreien lassen.

Dies gilt danach insbesondere für Personen

für einen Zeitraum von 3 Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nummer 9 erfüllt

oder

nach Veränderung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbstständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nummer 9 versicherungspflichtig werden.

Einmalige Abschlussprovisionen können bei Ausgleichsanspruch berücksichtigt werden

§ 89 b HGB regelt den Ausgleichsanspruch für Handelsvertreter. Früher war dort explizit aufgezählt, dass es einen Ausgleichsanspruch nur gibt, wenn der Handelsvertreter nach Vertragsende Provisionsverluste hat.

Diese Regelung wurde gestrichen, jedoch von einigen Gerichten über das Hintertürchen Billigkeit wider eingeführt. Billig (und gerecht) wäre es nicht, wenn es einen Ausgleich gäbe, wenn der Handelsvertrter nur eine einmalige Provision erhalten hat, die er nach Vertragsende nicht mehr bekommen würde.

Der EuGH hatte sich am 23.3.23 unter dem Az. C- 574/21 mit dieser Frage beschäftigt. Es ging um einen Handyverkäufer von O2, der einen Ausgleich wollte und Einmalprovisionen bezog. Im Ergebnis meinte der EuGH, dass Einmalprovisionen berücksichtigt werden, soweit diese pauschal jeden neuen Vertrag vergüten sollen.

Der EuGH dazu:

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 86/653 dahin auszulegen ist, dass die Zahlung von Einmalprovisionen dazu führt, dass von der Berechnung des Ausgleichs nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 86/653 die Provisionen ausgeschlossen werden, die dem Handelsvertreter aus Geschäften entgehen, die der Unternehmer nach Beendigung des Handelsvertretervertrags mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter vor dieser Beendigung für den Unternehmer geworben hat, oder mit Kunden, mit denen der Handelsvertreter vor dieser Beendigung die Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert hat, abschließt.

…………

In der mündlichen Verhandlung hat O2 Czech Republic jedoch darauf hingewiesen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Einmalprovisionen pauschalen Vergütungen für jeden neuen Vertrag entsprächen, der auf Vermittlung des Klägers des Ausgangsverfahrens mit neuen oder vorhandenen Kunden abgeschlossen worden sei.

…………

Falls dem so ist – was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist –, könnte durch den vom Kläger des Ausgangsverfahrens gewonnenen oder erweiterten Kundenstock ein Mehrwert in Form von neuen Geschäften entstanden sein, die einen Provisionsanspruch begründet hätten, wenn der Handelsvertretervertrag nicht beendet worden wäre.

……………………

Nach alledem ist ………. dahin auszulegen, dass die Zahlung von Einmalprovisionen nicht dazu führt, dass von der Berechnung des Ausgleichs nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 86/653 die Provisionen ausgeschlossen werden, die dem Handelsvertreter aus Geschäften entgehen, die der Unternehmer nach Beendigung des Handelsvertretervertrags mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter vor dieser Beendigung für den Unternehmer geworben hat, oder mit Kunden, mit denen der Handelsvertreter vor dieser Beendigung die Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert hat, abschließt, wenn diese Provisionen pauschalen Vergütungen für jeden neuen Vertrag entsprechen, der auf Vermittlung des Handelsvertreters mit diesen neuen Kunden oder mit vorhandenen Kunden des Unternehmers abgeschlossen wird.