Landgericht Frankfurt

Manipulation Provisionsmodell

In einem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main stritt ein Handelsvertreter über eine vom Unternehmen ausgesprochene fristlose Kündigung.

Diese wurde vom Gericht für unwirksam erklärt.

Das Gericht prüfte hier nicht, ob ein wichtiger Grund – die Voraussetzung für eine fristlose Kündigung – vorlag, sondern ließ schon formelle Verstöße ausreichen.

Das Unternehmen hatte vorliegend eine fristlose Kündigung wegen angeblicher Manipulation des Provisionsmodells ausgesprochen. Der Handelsvertreter wurde von einem Kollegen angeschwärzt.

Zwar könnte ein solches Verhalten einen wichtigen Grund im Sinne eines erheblichen Vertrauensbruchs darstellen, darauf käme es hier jedoch gar nicht an, da das Unternehmen den Handelsvertreter jedenfalls zu dem Sachverhalt hätte befragen müssen. Etwas anderes könnte sich ergeben, wenn der Sachverhalt feststehen würde. Hier beruhten die Informationen jedoch, wie bereits erwähnt, nur auf Schilderungen eines Außenstehenden, sodass es sich lediglich um einen Verdacht handele.

Eine Anhörung hätte so ausgestaltet sein müssen, dass der Betroffene sich auf den Vorwurf vorbereiten könne und seine Äußerung dazu überdenken kann. Eine hastige Konfrontation im Sinne von „Was sagen Sie dazu?“ sei nicht ausreichend.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass gem. § 626 Abs. 2 BGB die Kündigung aus wichtigem Grund innerhalb von zwei Wochen zu erfolgen hat. Dies gelte nämlich für die außerordentliche Kündigung eines Handelsvertreters gar nicht.

Vorliegend war es jedoch zu einer „überfallartigen Konfrontation“ gekommen. Dies ergab jedenfalls die Schilderung des Handelsvertreters von dem Gespräch, welches das Unternehmen als Anhörung bezeichnete.

Den Verlauf dessen hatte er in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht geschildert.

Das Unternehmen hatte lediglich bestritten. Das wollte das Gericht nicht mehr bewerten.

Die kurzfristige Eingabe eines Schriftsatzes bewertete das Gericht als grob nachlässig gemäß §296 Abs. 2 ZPO und ließ den Vortrag zu der „Anhörung“ unberücksichtigt und kam so zu dem Ergebnis, dass die Kündigung aus formellen Gründen unwirksam sei.

Diese Entscheidung ist sehr interessant. Sie wurde allerdings im Berufungsverfahren nicht bestätigt. Das Oberlandesgericht gab die Sache wieder an das Landgericht zurück, das den Sachverhalt neu bewerten musste und nachher doch zu einem anderen Ergebnis kam.

Provisionsabrechnung als Anerkenntnis

Dass das Schweigen eines Handelsvertreters, nachdem er eine Provisionsabrechnung bekommen hat, nicht als Zustimmung zu werten ist, hatte bereits der BGH mehrmals entschieden. Von dieser Rechtsprechnung ist er bis heute nicht abgewichen.

Das gilt auch, wenn die Fiktion der Zustimmung im Fall des Schweigens im Handelsvertretervertrag geregelt ist. Abweichend davon hatte das Landgericht Braunschweig im Jahre 2016 entschieden, dass zwar kein Anerkenntnis vorliege, aber die Berufung eines Handelsvertreters darauf, dass die vertragliche Regelung unwirksam wäre, treuwidrig sei. Dieses Urteil von 2016 wurde – in Einklang mit der BGH-Rechtsprechung – vom Oberlandesgericht Brainschweig am 6.7.2020 wieder aufgehoben (nähere Beschreibung des Urteils folgt). Auch in Braunschweig hat der Handelsvertreter also keine Nachteile, wenn er nach Erhalt der Provisionsabrechnung schweigt.

Leider kommt es vor, dass ein Unternehmen Provisionen abrechnet, diese aber nicht auszahlt. Die Provisionsabrechnung muss sich das Unternehmen jedoch als eigenes Anerkenntnis gegen sich gelten lassen. Der Handelsvertreter muss dann im Einzelfall nicht beweisen, dass er Verträge vermittelt hat und kann sich auf die Abrechnug berufen.

Dabei kann er auf die Rechtsprechung des BGH mit Urteil vom 07.02.1990 unter dem Az IV ZR 314/88 setzen, welches ein Anerkenntnis erkannt hat: „Die Provisionsabrechnung enthält die Mitteilung des Unternehmers, in welcher Höhe einem Handelsvertreter nach der Auffassung seines Prinzipals ein Provisionsanspruch zusteht und wie sich dieser Provisionsanspruch zusammensetzt und errechnet; sie hat den Charakter eines abstrakten Schuldanerkenntnisses (Baumbach/Duden/Hopt, HGB 28. Aufl. § 87c Anm. 1 A).“

So entschied am 13.06.2006 entschied auch das Landgericht Frankfurt am Main unter dem Az 3-5 O 17/06, und am 13.09.2017 auch das Oberlandesgericht Karlsruhe unter dem Aktenzeichen 15 U 7/17 .

Oberlandesgericht Frankfurt zum Verhältnis zwischen Verdachtskündigung und Tatkündigung

Einem Vermögensberater, der bereits eine sehr hohe Stufe der Strukturhierarchie der DVAG erreicht hatte, wurde u.a. der Konsum von Drogen zum Vorwurf gemacht. Daraufhin hatte die DVAG den Vertrag fristlos gekündigt.

Die Hintergründe sind streitig. Streitig ist auch, ob es zuvor ein ordnungsgemäßes Anhörungsgespräch gegeben hat.

Nachdem die fristlose Kündigung ausgesprochen wurde, wurde gemäß dem Inhalt eines Darlehensvertrages die Rückzahlung aus diesem Darlehensverhältnis fällig. Dies wurde nun eingeklagt. In diesem Zusammenhang musste nunmehr das Landgericht prüfen, ob die fristlose Kündigung wirksam sei. Der Vermögensberater hatte mit Gegenansprüchen aufgerechnet, da er der Ansicht war, die Kündigung sei unwirksam und ihm ständen Schadensersatzansprüche zu.

Das Landgericht Frankfurt hatte der Zahlungsklage stattgegeben. Die fristlose Kündigung sei danach wirksam.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte in anschließenden Berufungsverfahren am 23.06.2014 in einem Vorbehalts- Grund- und Teilurteil festgestellt, dass die Kündigung dagegen nicht wirksam sei.

Nachdem eine Reihe von Zeugen befragt wurde, führte das Gericht dazu aus:

„Die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung ist weder als Verdachtskündigung noch als Tatkündigung, noch aufgrund eines nachgeschobenen Kündigungsgrundes wirksam.

Die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung ist als Verdachtskündigung unwirksam. Denn die Anhörung des Beklagten durch die Klägerin vor dem Aufbruch der fristlosen Kündigung des mit ihm bestehenden Handelsvertretervertrages genügt teilweise – bezüglich bestimmter Verdachtsmomente – nicht den Anforderungen an eine solche nach den Umständen des Einzelfalls erforderliche Anhörung als Voraussetzung für eine wirksame Verdachtskündigung. Teilweise waren die Verdachtsgründe nicht so schwerwiegend, dass dem Kündigungsberechtigten die Fortführung des Vertragsverhältnisses, ohne dass eine vorherige Abmahnung erfolgt wäre, nicht zugemutet werden konnte.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Verdachtskündigung bei Arbeitsverhältnissen, welche auf die Verdachtskündigung von Handelsvertreterverhältnissen übertragbar ist (Oberlandesgericht Bamberg Urteil vom 14.07.1997 – 4 U 195/96) und welche der Senat auch für Handelsvertreterverhältnisse folgt, kam der Verdacht, der Vertragspartner habe eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilden.

Der Verdacht muss objektiv durch Tatsachen begründet sein. Bloß auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Vermutungen reiche nicht aus, auf die subjektive Wertung des Kündigungsberechtigten kommt es nicht an. Diese objektiv begründeten Tagsachen müssen so geschaffen sein, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Vertragspartner zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können. Der Verdacht muss darüber hinaus dringend sein, d. h. es muss eine große Wahrscheinlich dafür bestehen, dass der zu Kündigender die Pflichtverletzung begangen hat. Die Verdachtsmomente und die Verfehlungen der zu kündigende verdächtigt ist, müssen so schwerwiegend sein, dass dem Kündigungsberechtigten die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (vgl. zuständige Rechtsprechung des BAG Urteil vom 29.11.2007, 2 AZR 724/06).

Voraussetzung der Wirksamkeit einer Verdachtskündigung ist, dass der Kündigungsberechtigte alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen hat, insbesondere dem zu Kündigenden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.

Ergeben sich im Rahmen der Ermittlungen neue belastende Erkenntnisse, ist der Kündigende auch hier zuzuhören; nur dann sind Anerkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin nicht bewiesen, dass den Beklagten in Rahmen der Anhörung nach den Umständen des Einzelfalles ausreichend Gelegenheit geboten wurde, zu den gegen ihn bestehende Verdachtsmomente Stellung zu nehmen.

Dass der Beklagte bei der Anhörung eingeräumt habe, in der Vergangenheit Drogen genommen zu habe, vermag eine außerordentliche Verdachtskündigung nicht zu begründen. Die Kündigung der Klägerin hat auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer sogenannten Tatkündigung das Rechtsverhältnis beendet. Die Klägerin hat teils nicht bewiesen, dass der Beklagte die ihm vorgeworfenen Handlungen begangen hat, welche einen hinreichenden Grund für eine außerordentliche Kündigung abgeben könnte. Teils sind die von der Klägerin erhobenen Vorwürfe nicht geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung – zumal unvorheriger Abmahnung – abzugeben. Es ist vom Gericht zu prüfen, ob die Pflichtwidrigkeit tatsächlich besteht, also die den Verdacht begründenen Pflichtwidrigkeiten eine Tatkündigung rechtfertigen (vgl. Urteil vom BAG vom 23.06.2009 – 2 AZR 474/07).

Bei der Tatkündigung ist die Anhörung keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Maßgeblich für die Rechtfertigung einer Tatkündigung ist allein, ob im Kündigungszeitpunkt objektiv Tatsachen vorlagen, die dazu führen, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses – im Falle der außerordentlichen Kündigung: bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – unzumutbar ist (Bundesgerichtshof Urteil vom 23.06.2009 Aktenzeichen 2 AZR 474/07). Nach der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme lässt sich mit der für die Überzeugung des Senats nach § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit, die Vorwürfe nicht feststellen.“

Das Gericht hatte sich intensiv mit der Frage der Glaubhaftigkeit der Aussagen und Glaubwürdigkeit der Zeugen auseinandergesetzt.

Der Rechtsstreit ist nunmehr wegen der grundsätzlichen Frage der Hintergründe der Verdachtskündigung und der Tatkündigung an den Bundesgerichtshof abgegeben worden.

Urteil Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 23.06.2014.

Doppelt rechtshängig

Im Jahre 2019 entschied das Landgericht Frankfurt, dass einem Vermögensberater Provisionsrückforderungen nicht zustehen. Die Begründung überrascht.

Ein ehemaliger Vermögensberater der Deutschen Vermögensberatung DVAG monierte, dass in seiner Provisionsabrechnung Provisionen abgezogen wurden, nachdem es zu Vertragsstornierungen kam. Der Vermögensberatervertrag war zu diesem Zeitpunkt längst zu Ende.

Der Berater wollte nunmehr wissen, ob sich denn die DVAG genügend um die Stornobekämpfung gekümmert hatte. Deshalb beantragte er die Erteilung eines Buchauszuges, den er auch bekam. Im Rahmen des Buchauszuges gab die DVAG Auskunft darüber, welche Stornobekämpfungsmaßnahmen im Einzelnen im Hinblick auf § 87 a), Abs. 3, Satz 2 BGB getroffen wurden. Sollten diese Stornobekämpfungsmaßnahmen nicht genügen, würde schließlich nach dieser Norm der Provisionsanspruch erhalten bleiben.

Anschließend erstellte der Berater eine Tabelle über all die Fälle, von denen er meinte, dass hier eine Stornobekämpfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Diesen Betrag machte er dann vor Gericht geltend.

Allerdings war der Berater zuvor in einem anderen Verfahren an dem Gericht seines Wohnsitzes zur Rückzahlung von Provisionsvorschüssen verklagt worden. Dort wurde er auch entsprechend verurteilt. Nunmehr meinte die DVAG in dem Frankfurter Verfahren, es bestünde sog. doppelte Rechtshängigkeit und die Klage sei unzulässig. Schließlich sei ja schon über die Provisionen gerichtlich entschieden worden. Dieser Auffassung schloss sich das Landgericht Frankfurt an und wies die Klage gegen die DVAG auf Zahlung von – zuvor stornierten – Provisionen ab. Das Landgericht Frankfurt sah hier einen Fall der doppelten Rechtshängigkeit. Das damalige Urteil des Amtsgerichts habe sog. materielle Rechtskraftwirkung im Sinne von § 322 Abs. 1 ZPO. Der Rechtsstreit sei mit umgekehrten Parteirollen bereits entschieden worden. Die Klage sei deshalb unzulässig.

Gegen diese Entscheidung wurde Berufung eingelegt.

Bei PIM Gold kracht es

Sonst schlendert hier allenfalls mal ein Dorfpolizist über den Marktplatz. Jetzt hat Heusenstamm möglicherweise einen richtigen Finanzskandal. Jedenfalls hat man es schon zur großen Polizeirazzia gebracht. Mittwoch Nachmittag gab es die polizeiliche Durchsuchung bei PIM Gold und die Festnahme von Mesut P., der im Netzwerk PIM eine große Rolle spielt.

PIM ist ein Firmengeflecht, das Goldgeschäfte im ganz großen Stil abwickelt. Dazu gehört die PIM Gold- und Scheideanstalt (früher), die PGD Premium Gold Deutschland und die Merlin Gold. Der Jahresumsatz soll bei 100 Millionen Euro liegen. Über ein 8-stufiges Vertriebssystem werden hohe Provisionen bezahlt.

Das Landgericht Frankfurt verbot Pim am 15.11.2018 übrigens, sich Scheideanstalt zu nennen, mit der logischen Begründung, die PIM GmbH sei gar keine Scheidenanstalt.

Nun geht es um die Frage, ob gewerbsmäßiger Betrug begangen wurde. Die Staatsanwaltschaft soll schon seit über einem Jahr ermitteln. Schon 2017 soll ein früherer Mitarbeiter des Goldhändlers behauptet haben, es seien über 1,5 Tonnen Kundengold verschwunden.

PIM Gold wies diese Vorwürfe stets von sich und sah sich als Opfer einer „Schmutzkampagne“. Man soll noch vor zwei Monaten sicher gewesen sein, die Vorwürfe würden bald im Sande verlaufen und das Verfahren eingestellt werden.

In der Bild sagt der Darmstädter Oberstaatsanwalt Robert Hartmann: „Wir ermitteln wegen des Verdachts des Betruges. Eine Heusenstammer Firma soll Kunden Gold, das sie gar nicht besaß, als Sicherheit für ihre Anlagen benannt haben.“

Das Landgericht Frankfurt durfte gerade die Akte S&K ein für alle mal schließen. Der BGH hat die Revisionen von S und von K abgewiesen. Möglicherweise bekommt das Landgericht bald Ähnliches wieder auf den Tisch.

Verlust der Zulassung reicht für fristlose Kündigung nicht

Im April 2017 hatte das Landgericht Frankfurt am Main über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung zu entscheiden, die die DVAG einem Vermögensberater ausgesprochen hatte.

Zum Zeitpunkt der Kündigung war der Vermögensberater viele Jahre für die DVAG tätig. Er erhielt einen Eintrag in das Schuldnerverzeichnis aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Die Zulassung wurde entzogen. Die DVAG bat schriftlich um Klärung der Situation. Dann erfolgte nach einigem Schriftwechsel die fristlose Kündigung.

Das Landgericht Frankfurt am Main sah diese fristlose Kündigung nicht als begründet an.

Ein Kündigungsgrund im Sinne des § 89 a HGB liege nur dann vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung bis zur vereinbarten Vertragsbeendigung oder bis zum Ablauf der Frist zur ordentlichen Kündigung nicht zugemutet werden kann. Dafür sei nach Ansicht des Gerichtes eine Abmahnung erforderlich. Dies resultiere aus der gegenseitigen Treueverpflichtung und aus der Tatsache, dass die fristlose Kündigung nur ultima ratio der Beendigung des Vertragsverhältnisses ist.

Gerade bei langjährigen Vertragsverhältnissen ist eine Abmahnung erforderlich. Nur dann, wenn die Vertragsverletzung so schwerwiegend ist, dass sie das Vertrauensverhältnis nicht wieder herstellen kann, ist die Abmahung entbehrlich.

An einer solchen Abmahnung hatte es hier nach Ansicht des Gerichtes gefehlt. Die geführte Korrespondenz reiche dazu nicht.

Dem Vermögensberater wurde nicht vor Augen gehalten, dass ein weiteres Andauern der wirtschaftlichen Lage und die fehlende Beantragung der Gewerbeerlaubnis zu einer Kündigung führen würden. In Anbetracht der langjährigen Vertragsbeziehung war eine Abmahnung nicht entbehrlich. Zwar stelle der Wegfall der Erlaubnis gemäß § 34 F Abs. 4 GewO zwar einen erheblichen Vertragsverstoß dar. Wenn eine entsprechende Abmahnung erfolgt wäre, hätte diese jedoch beantragt werden können.

Von daher hätte, so das Gericht, der Vermögensberater von der DVAG zunächst freigestellt werden können, um Gelegenheit zu geben, wegen der finanziellen Probleme Regelungen zu schaffen. Die fristlose Kündigung war demnach unwirksam. Sie wurde in eine ordentliche Kündigung umgewandelt. Gegen dieses Urteil legte die DVAG Berufung ein. In der Berufungsverhandlung einigte man sich darauf, dass das Vertragsverhältnis mit gemäß einer fristgemäßen Kündigung endet und dass die DVAG entsprechende Provisionszahlungen bis dahin vornimmt.

Beide müssen leisten

Das Landgericht Frankfurt am Main hatte im September 2018 einen Vermögensberater zur Rückzahlung von Provisionsvorschüssen verurteilt.

Dieser verlangte zunächst im Wege der Klage, dass so genannte Softwarepauschalen, die zuvor vom Provisionskonto abgezogen wurden, wieder gutgeschrieben werden.

Gleichzeitig verlangte die DVAG im Rahmen einer Wiederklage Provisionsvorschüsse zurück.

Im Ergebnis bekamen beide Recht. Obwohl die DVAG insgesamt 6.400,00 € verlangte, mussten nur 3.000,00 € etwa erstattet werden.

Zu Gunsten der DVAG hatte das Gericht festgestellt, dass der Anspruch auf Rückzahlung der Provisionen  nachvollziehbar in ihrer Abrechnung dargestellt wurde. Die Haftungszeiten seien angegeben worden und insgesamt habe der Berater den Abrechungsmodalitäten nicht entgegentreten können. Auch zu den Stornoabwehrmaßnahmen hatte der Vertrieb genügend vorgetragen. Die entsprechenden Nachbearbeitungsanforderungen wurden erfüllt. Die einzelnen stornierten Verträge konnten aufgezählt werden. Teilweise erfolgten die Stonrierungen sogar noch während der Vertragslaufzeit des Beraters.

Das Landgericht meinte auch, dass es genügen würde, wenn das Unternehmen den Versicherungsnehmer zur Erfüllung seiner Vertragspflicht ernsthaft  und nachdrücklich auffordert. Der Umfang und die Art und Weise der erforderlichen Machbearbeitung hänge vom Einzelfall ab, wobei der Unternehmer für jeden Einzelfall die Gründe der Vertragsbeendigung, den Zeitpunkt und die Art der Mahnung sowie die Unterrichtung des Versicherungsvertreters über die Stornogefahr bzw. die von dem Unternehmen durchgeführten Maßnahmen darzulegen hat. Diesen Anforderungen hat der Vortrag des Vertriebes entsprochen. Zu jedem einzelnen Kunden wurde der Vertragsverlauf exakt beschrieben. In Abzug zu bringen war die zu Unrecht einbehaltene Softwarepauschale. Diese wurde von dem Vertrieb auf dem Diskontkonto gutgeschrieben.

DVAG muss Buchauszug leisten

Am 23.02.2018 wurde die DVAG verurteilt, einen Buchauszug für einen Vermögensberater zu erteilen, für von ihm eingereichte Geschäfte ab dem 01.12.2012, der folgende Angaben enthalten muss:

– Name des Versicherungsnehmers und/oder Vertragspartner

sowie Geburtsdatum

Police- und/oder Versicherungsscheinnummer

Art und Inhalt des Vertrages (Sparte, Tarifart, Prämie oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen

Jahresprämien

Vertrags- und/oder Versicherungsbeginn

– bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertra-

ges

-bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie

-Im Falle von Stornierung: Datum der Stornierung, Grund der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen

 

Bei dieser Entscheidung handelt es sich um ein Teilurteil zur Vorbereitung weitergehender Zahlungsansprüche.

Beantragt war im Buchauszug ab dem 01.01.2008.

Problematisch war, dass eine Provisionspfändung vorliegen soll. Da das Gericht nicht ausschließen konnte, dass die Provisionsansprüche die Pfändung übersteigen, und somit die Möglichkeit von Provisionszahlungen besteht, wurde die Auskunft entsprechend ausgeurteilt.

Das Gericht hatte sich mithin um den Inhalt und die Verjährung eines Buchauszuges zu beschäftigen. Es kam zu dem Ergebnis, dass dem Handelsvertreter ein Buchauszug gemäß § 87 c Abs. 2 HGB zustehe, damit er Klarheit über seine Provisionsansprüche gewinne und die Provisionsabrechnungen nachprüfen kann.

Im vorliegenden Fall ist der Anspruch auch nicht durch Erfüllung erloschen. Provisionsabrechnungen können einen Buchauszug nur ersetzen, wenn sie sich lückenlos über den gesamten Vertragszeitraum erstrecken und alle für einen Buchauszug notwendigen Angaben enthalten. Diesen Anforderungen entsprach der Buchauszug allerdings nicht. Im Übrigen wäre es nach Ansicht des Gerichtes auch unzumutbar, den Kläger darauf zu verweisen, eine Vielzahl von Provisionsabrechnungen zu überprüfen.

Im Übrigen können Provisionsabrechnungen nur dann den Buchauszug ersetzen, wenn es sich um eine überschaubare Zahl von Geschäftsvorfällen handelt. Unter Verweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes München mit Urteil vom 19.12.2012, 7 U 465/12, hatte das Gericht dies für diesen Fall nicht erkannt.

Das Gericht ging jedoch davon aus, dass Ansprüche vor 2012 verjährt sind.

Bei dieser Prüfung nahm das Landgericht Bezug auf die neue Entscheidung des Bundesgerichtshofes mit Urteil vom 03.08.2017, Aktenzeichen VII ZR 32/17. Das Gericht meinte, dass eine abschließende Abrechnung auch dann vorliegt, wenn der Unternehmer mitteilt, dass im Abrechnungszeitraum keine Provisionsforderungen zu Gunsten des Handelsvertreters entstanden sind (Bundesgerichtshof mit Urteil vom 03.08.2017). Der Kläger habe sich nicht darauf berufen können, die Abrechnungen seien so lange nicht abzuschließen, so lange die vermittelten Verträge einer Stornohaftungszeit überlägen. Schließlich weiß der Kläger auch, welche Beträge die DVAG als Stornoreserve einbehalten hat (Oberlandesgericht München, Urteil vom 21.12.2017, Aktenzeichen 23 U 1488/17).

Das Gericht war der Auffassung, dass deshalb für die Entstehung des Anspruches auf Erteilung eines Buchauszuges auf die vertraglich geschuldeten monatlichen Abrechnungen abzustellen ist, in die sämtliche der Gesellschaft vorliegenden Daten des vermittelten Geschäftes einfließen. Mithin soll nach Ansicht des Gerichtes die dreijährige Verjährungsfrist für bis zum 31.12.2012 erteilten Abrechnungen in diesem Zeitpunkt begonnen haben. Alles andere soll verjährt sein.

Obgleich diese Entscheidung in sich in einigen Punkten nicht nachvollziehbar ist und inhaltliche Fehler enthält, ist sie doch bemerkenswert. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht.

Unzulässige fristlose Kündigung durch DVAG führt zu Schadenersatz

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main verurteilte am 03.11.2016 in einem Berufungsverfahren die DVAG an einen ehemaligen Handelsvertreter eine sechsstellige Summe als entgangenen Gewinn nach einer fristlosen Kündigung zu zahlen.

Die DVAG hatte den Handelsvertreter, welcher Direktionsleiter war und sowohl selber warb, als auch andere Vermögensberater betreute, im März 2009 aus persönlichen Gründen fristlos gekündigt.

Dieser hatte die ihm gemachten Vorwürfe bestritten und seinerseits selbst im darauffolgenden April gekündigt.

Daraufhin hatte er Schadensersatzansprüche wegen entgangener Provisionen geltend gemacht und wollte diese mit einer noch bestehenden Darlehensforderung der DVAG aufrechnen.

Der Vermögensberater verlangte seinen Schadensersatz für drei Jahre, die im Falle einer ordentlichen Kündigung die Kündigungsfrist gewesen wären.

Die Berechnung stellte er so auf, dass er die vergangenen drei Jahre 2006-2008 als Vergleich heranzog und die Provisionen einschließlich Folgeprovisionen, Zusatzleistungen und Stornoreserve addierte und aus der Gesamtsumme aller drei Jahre einen monatlichen Mittelwert bildete.

Im Anschluss zog er den Verdienst, den er bei seiner neuen Tätigkeit, welche zwei Monate nach der Kündigung begann, erzielte, ab.

Das Oberlandesgericht gab dem Vermögensberater Recht. Seine Klage sei begründet, da die Schadensersatzforderung die Darlehensrückforderung übersteige.

Die fristlose Kündigung der DVAG aus persönlichen Gründen hielt das Oberlandesgericht für unberechtigt. Diese hätte den Handelsvertreter zur eigenen Kündigung bewegt und dadurch seien ihm die Einnahmen entgangen, die er bis zum nächstmöglichen Termin einer ordentlichen Kündigung (Ende 2012) gehabt hätte.

Der Schadensberechnung stimmte das Oberlandesgericht zu.

Die Berechnung aufgrund der Vergleichswerte der vergangenen drei Jahre könne als Indikator für die Verlustschätzung herangezogen werden.

Gemäß §252 S. 2 BGB, welchen der Vermögensberater zur Beweiserleichterung heranziehen kann, gilt der Gewinn als entgangen, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge erwartet werden konnte.

Dementsprechend erscheint es laut dem Oberlandesgericht sinnvoll die Ergebnisse aus den Vorjahren des schädigenden Ereignisses heranzuziehen. Es läge nahe, dass vergleichbare Einnahmen auch in der Folgezeit erzielt worden wären.

Dem stehe auch nicht der Einwand der DVAG entgegen, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge einer ordentlichen Kündigung die Einnahmen des Vermögensberater langsam abgenommen hätten, weil sich die zu seinem Bereich gehörenden Vermögensberater von ihm abgewendet hätten. Eine solche Vermutung kann nicht aufrechterhalten werden.

Für alle Vermögensberater der Struktur des Klägers hätte bis zum Ende der Vertragslaufzeit die Pflicht zu loyalem Verhalten bestanden. Auch im Eigeninteresse der anderen Vermögensberater hätte es sich gelohnt weiterhin gute Umsätze zu erzielen, um eventuell die Chance eines Aufstiegs innerhalb der Struktur wahrzunehmen. Auch diesbezüglich wäre es nur von Vorteil die aufgebaute Organisation aufrechtzuerhalten.

Auch der Einwand, dass die Einnahmen des Vermögensberaters generell eine rückläufige Tendenz gehabt hätten wurde vom Oberlandesgericht entkräftet. Die DVAG hatte hierzu Zahlen vorgetragen aus denen sich ergab, dass der Vermögensberater im dritten Jahr des herangezogenen Zeitraums einen niedrigeren Gewinn erzielt hatte als im zweiten. Da jedoch im zweiten Jahr dieses Zeitraums die erzielte Summe wiederum höher war als im ersten, kam das Oberlandesgericht zu der Überzeugung, dass es sich um branchenübliche Schwankungen handelte. Es handelte sich um einen Rückgang bzw. einen Anstieg von 3-5%. Dieser sei kein Indiz für eine generell rückläufige Tendenz.

Bezüglich bestimmter Sonderleistungen, in Form von Boni, stellte das Oberlandesgericht fest, dass solche Leistungen, die nachweislich im Zeitraum nach der Kündigung eingestellt wurden nicht berücksichtigt werden können. Nur Boni die auch tatsächlich im Folgezeitraum an andere Vermögensberater bei bestimmten Ergebnissen ausgezahlt wurden, könnten, sofern sie nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge auch für den in Rede stehenden Vermögensberater in Betracht gekommen wären, mitberechnet werden.

Im Hinblick auf Tankgutscheine, Bonushefte und ähnliches führte das Gericht aus, dass solche nicht in der Berechnung berücksichtigt werden könnten. Zum einen sei teilweise nicht zu erkennen, wie diese Sonderleistungen angerechnet werden sollen, außerdem seien sie so geringwertig, dass eine Berücksichtigung nicht notwendig sei.

Der Einwand der DVAG, die Stornoreserve dürfe bei der Berechnung des Vermögensberaters nicht mit berücksichtigt werden, weil diese Provisionen noch nicht endgültig verdient seien, hatte keinen Erfolg. Weil die Betrachtung der letzten drei Jahre erkennen ließe, dass sich die Stornoreserve nicht wesentlich verändert hat, kann diese ebenfalls mit einbezogen werden. Es sei davon auszugehen, dass die verdienten Provisionen „im Wesentlichen auch den Einnahmen … entsprochen haben“.

Dass die Stornoreserve während des Verfahrens langsam zur Neige ging, erklärte das Gericht für normal.

Da es sich nicht um eine ordentliche Kündigung handelte, war der Kläger nicht an das vertragliche Wettbewerbsverbot gebunden. Es lag somit nah, dass er einige seiner Kunden mitnahm bzw. die Verträge umdeckte und somit die Stornoreserve schrumpfte. Ohne die fristlose Kündigung wäre dies nicht geschehen, dann wäre der Vermögensberater nämlich an das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gebunden gewesen und hätte sich im eigenen Interesse darum bemüht, Stornierungen während der restlichen Vertragslaufzeit zu minimieren, da diese auch seinen Verdienst geschmälert hätten.

Zudem hat der Vermögensberater sich den Verdienst bei seiner neuen Tätigkeit anrechnen lassen. Beruht die Verminderung der Stornoreserve darauf, dass Kunden zu der neuen Tätigkeit des Vermögensberaters abwandern, so hat die DVAG laut dem Oberlandesgericht letztlich keinen Nachteil.

Soweit sich die Klage auch auf die Folgeprovisionen bezog, wurde diese abgewiesen. Das Grundurteil auf den Schadensersatz für entgangene Provisionen beziehe sich eben nicht auf solche, sondern nur auf die entgangenen Provisionen für „Neuabschlüsse und entgangene sonstige Zahlungen“. Die Folgeprovisionen seien vielmehr dem Ausgleichsanspruch zuzuordnen und müssten über diesen geltend gemacht werden.

Der Abzug der in der neuen Tätigkeit erzielten Gewinne sei angemessen.

Zudem müssten ersparte Aufwendungen abgezogen werden.

Diese waren vorliegend insbesondere dadurch entstanden, dass der Vermögensberater bei seiner im wesentlich gleichen neuen Tätigkeit geringere Kosten für die Büromiete hatte. Diese werden ebenfalls von der Klageforderung abgezogen.

Soweit der Vermögensberater auch Kosten für einen Umzug geltend machen wollte, wurde dies vom Oberlandesgericht abgewiesen. Umzugskosten seien kein Kündigungsschaden, da sie auch entstanden wären, wenn der Vermögensberater selbst ordentlich gekündigt hätte.

Zusammengefasst berechnet sich der entgangene Gewinn wie folgt:

–        Provisionseinnahmen mit Sonderleistungen (genauer s.o.) und Stornoreserve ohne Folgeprovisionen der letzten drei Jahre addiert

–        geteilt durch 36 (fiktives Monatseinkommen)

–        abzüglich des Verdienstes der neuen Tätigkeit (nur in den Monaten im Rahmen der ordentlichen Kündigungsfrist, in denen diese tatsächlich schon bestand)

–        multipliziert mit der Anzahl der Monate im Rahmen der ordentlichen Kündigungsfrist, in denen der Gewinn entgangen ist

= Entgangener Gewinn

LG Frankfurt: Doppelte Auskunft

Teilurteil des Landgerichts Frankfurt vom 25.07.2017

 In dem Rechtsstreit zwischen der DVAG und einem Handelsvertreter, dessen Vermögensberatervertrag noch immer besteht, ging es um folgenden Sachverhalt:

Der Handelsvertreter war an einen Kunden der DVAG herangetreten und hatte diesen überzeugt, einen über die DVAG bei der AachenMünchener abgeschlossenen Versicherungsvertrag zu kündigen und einen neuen bei der Allianz Versicherung abzuschließen.

Bezüglich dieser Handlung begehrte die DVAG Schadensersatz von dem Handelsvertreter.

Der Handelsvertreter seinerseits warf der DVAG vor, die Provisionen falsch abgerechnet zu haben und Verträge, die er vermittelt hatte, auf andere Berater übertragen zu haben, sodass er keinen Zugriff mehr auf die Vertragsdaten über das firmeninterne Netz hatte.

Daher begehrte er zunächst einen Buchauszug, um dann fehlerhafte Provisionen berechnen zu können.

 

Das Landgericht entschied:

Die DVAG muss einen Buchauszug mit folgenden Daten erteilen:

– Name des Versicherungsnehmers

– Versicherungsscheinnummer

– Art und Inhalt des Versicherungsvertrags (Sparte, Tarifart, Prämien oder provisionsrelevante

Sondervereinbarungen)

– Jahresprämie

– Versicherungsbeginn

– bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers

und Laufzeit des Vertrages

– bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der

Versicherungsprämie, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie

– im Falle von Stornierungen: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen

Bestandserhaltungsmaßnahmen

 

Der Kläger hingegen muss Auskunft darüber erteilen:

– welche Versicherungsprodukte, Kapitalanlagen und Finanzierungen, die nicht über die DVAG

vermittelt wurden, er selbst oder durch Dritte seit November 2013 vermittelt oder zu vermitteln

versucht hat, und dabei Auskunft zu geben über das jeweils vermittelte Produkt, die für die

Provisionsberechnung relevanten Daten, wie Versicherungssumme, Jahresbeitrag, Versicherungsart

und Name des Versicherungsunternehmens bzw. Kapitalanlageunternehmens;

– welche Kunden der Beklagten er seit dem November 2013 dazu bewegt hat, Versicherungsverträge,

die über die DVAG abgeschlossen worden waren, zu kündigen oder dies versucht hat.

 

Zu den Gründen:

 

1.

Bezüglich des begehrten Buchauszugs des Handelsvertreters stellt das Landgericht einen Anspruch aus § 87c Abs. 2 HGB fest.

Dieser Anspruch sei auch nicht schon deshalb erfüllt, weil der Handelsvertreter während des Vertragsverhältnisses durch das Online-System der DVAG Zugriff auf Vertragsdaten hatte.

Das Landgericht beruft sich hier auf den Bundesgerichtshof, der schon entschieden hatte, dass diese Art von Datenzugriff lediglich einen aktuellen Datenstand und keinen Gesamtüberblick darstellt.

Auch der Verweis der DVAG, der Handelsvertreter hätte die Daten selbst fixieren können, genügt nicht den Anforderungen an einen Buchauszug.

Zudem sei das Erstellen des Buchauszuges Sache des Prinzipals, nicht des Handelsvertreters selbst. Der Handelsvertreter habe einen Anspruch auf dauerhafte Überlassung eines von dem Unternehmer zusammengestellten Buchauszugs. Die jederzeit einschränkbare Abrufbarkeit steht dem nicht entgegen.

Es wäre Sache der DVAG die Daten abzuspeichern oder auszudrucken.

Der Anspruch sei auch nicht deshalb zu versagen, weil der Handelsvertreter durch die Einreichung des ihm bekannten Versicherungsantrages schon alle begehrten Informationen kannte.

Anders als beispielsweise bei einem Tankstellenbetreiber, komme es auf die weitere Entwicklung der Geschäftsbeziehung zu dem Kunden für den Provisionsanspruch des Handelsvertreters an. Dementsprechend habe er ein berechtigtes Interesse an den Informationen des Buchauszugs.

Auch das Argument der DVAG, der Handelsvertreter habe schon alle relevanten Daten in den Abrechnungen erhalten, wurde vom Landgericht entkräftet.

Der Buchauszug diene gerade der Überprüfung der Abrechnungen, sodass diese allein gar nicht ausreichen könnten.

Die Abrechnungen und der Buchauszug sind nicht identisch. Der Buchauszug enthält weitreichendere Informationen und ist deshalb nicht schon durch die Provisionsabrechnungen erfüllt.

In den Regelungen unter IV des Vermögensberatervertrages zwischen der DVAG und dem Handelsvertreter heißt es unter anderem, dass der Handelsvertreter die Provisionsabrechnungen unverzüglich zu prüfen hat und, dass Einigkeit darüber besteht, dass die Abrechnungen alle der Gesellschaft vorliegenden Informationen enthalten und dadurch einen permanenten Buchauszug darstellen.

Nach § 87c Abs. 5 HGB kann der Anspruch des Handelsvertreters auf den Buchauszug nämlich weder beschränkt noch ausgeschlossen werden. Die Vereinbarungen unter IV sind daher unwirksam.

Nr. IV des Vermögensberatervertrages enthält zudem eine Beanstandungsfrist. Doch auch diese kann gemäß § 305c Abs. 2 BGB nicht zur Folge haben, dass eine Beanstandung bei Versäumung dieser Frist ausgeschlossen wäre.

Sofern die DVAG mitteilte, auch ihr lägen die begehrten Daten nicht vor, konnte die Gesellschaft dies nicht beweisen. Daher konnte dieser Einwand vor dem Gericht nicht durchdringen.

Laut dem Landgericht würde ein Anspruch auf den Buchauszug nur dann ausscheiden, wenn sicher festgestellt werden könne, dass keine Provisionsansprüche mehr bestehen.

Da es für den Beginn der Verjährungsfrist gem. §195 BGB nach § 199 Abs. 5 BGB jedoch auf die positive Kenntnis des Anspruchsberechtigten ankommt, kann hier nicht die regelmäßige Verjährungsfrist von zwei Jahren herangezogen werden, sondern die 10-jährige Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 4 BGB.

Der Anspruch auf den Buchauszug verjährt jedoch nach der regelmäßigen Verjährung gem. § 195 BGB. Insoweit kommt es für den Beginn der Verjährung nach Ansicht des Gerichts darauf an, wann der Handelsvertreter die Abrechnungen bekommen hat. Mit Ablauf des Jahres, indem die Abrechnungen erhalten wurden, beginnt die Verjährungsfrist.

Insofern entschied das Landgericht, dass zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage im Jahre 2015, der Buchauszugsanspruch für die Daten bis einschließlich November 2011 verjährt waren.

Es sei mangels entgegenstehender Beweise davon auszugehen, dass der Handelsvertreter die Abrechnungen immer jeweils im Folgemonat erhalten habe. Demnach hätte er bis zum Ende des Jahres 2011 die Abrechnungen bis einschließlich November 2011 erhalten haben müssen. Die Verjährungsfrist für diese Ansprüche begänne dann mit Beginn des Jahres 2012 zu laufen und wäre mit Ablauf des Jahres 2014 verjährt.

Abschließend stellte das Gericht jedoch klar, dass es bei der Berechnung nur auf endgültige Abrechnungen ankommen könne.

Sollte der Kläger Abrechnungen über Vorschussprovisionen erhalten haben und diese wären später nochmals endgültig abgerechnet worden, so käme es auf den Zeitpunkt der abschließenden Abrechnung an. Nur die abschließende Abrechnung gem. § 87c Abs. 2 HGB könne den Beginn der Verjährungsfrist begründen.

Bezüglich der Frage, ob es sich bei den vom Handelsvertreter zugrunde gelegten Abrechnungen um Vorschussabrechnungen oder abschließende Abrechnungen handelte, wollte das Landgericht sich im Teilurteil noch nicht festlegen und verwies auf die Kammer.

2.

Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs der DVAG stellte das Landgericht fest, dass sich der Handelsvertreter einer Verletzung des Konkurrenzverbots des Vermögensberatervertrages schadensersatzpflichtig im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB gemacht habe.

Aus § 242 BGB lasse sich demnach hier ein Auskunftsanspruch der DVAG herleiten, damit sie den Schaden gem. § 287 ZPO einschätzen könne.

Lediglich der Antrag der DVAG auch Auskunft darüber zu erlangen, an wen, ohne vorherige Abwerbung von der DVAG, Konkurrenzverträge vermittelt wurden, lehnte das Landgericht ab.

Diese Tatsache sei für die Schadensberechnung nicht relevant.
Außerdem würde die Mitteilung das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Kunden verletzen.

Der Name könne nur dann relevant sein, wenn der Kunde zuvor von der DVAG abgeworben wurde.

Auch Versuche in diese Richtung seien für die DVAG von Bedeutung und müssten mitgeteilt werden, da es auch durch Zweifel, die durch einen Abwerbungsversuch entstanden sind, zu späteren Kündigungen und damit zu Schäden bei der DVAG kommen könnte.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Und immer wieder die Frage der Verjährung eines Buchauszuges

Das Landgericht Frankfurt beschäftigt sich immer wieder mit der Frage, wann der Anspruch auf einen Buchauszug verjährt sein könnte. Es kommt dabei zu unterchiedlichen Ergebnissen.

Das Landgericht verurteilte in einem nicht rechtskräftigem Teilurteil vom 28.02.2017 die DVAG an einen ihrer Handelsvertreter einen Buchauszug mit folgenden Angaben zu erteilen:

– Name des Versicherungsnehmers und/oder Vertragspartners

– Policen- und/oder Versicherungsscheinnummer

– zu Art und Inhalt des Vertrages die Sparte, die Tarifart, die Prämien und/oder provisionsrelevante

Sondervereinbarungen

– Vertrags- und/oder Versicherungsbeginn

– bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers

und Laufzeit des Vertrages

– bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der

Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie

– im Falle von Stornierung: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen

Bestandserhaltungsmaßnahmen

Das Landgericht begründete seine Entscheidung damit, dass dem Vermögensberater bis zum Tag seiner Kündigung der Anspruch auf einen Buchauszug gem. § 87c Abs. 2 HGB zusteht, um im Rahmen einer Stufenklage auf diesem aufbauend Provisionen geltend zu machen.

Als Versicherungsvertreter im Sinne der §§ 92, 84 HGB sei der Vermögensberater ein Handelsvertreter im Sinne des HGB. Somit stehe ihm ein Anspruch auf einen Buchauszug über alle Geschäfte zu, für die ihm nach § 87 HGB eine Provision zusteht.

Die erteilten Provisionsabrechnungen können für diesen Anspruch nicht ausreichen. Der Buchauszug dient unter anderem der Überprüfung der erteilten Abrechnungen.

Auch der ständig mögliche Zugriff auf das elektronische Informationssystem der DVAG wird dem Anspruch nicht gerecht. Der Anspruch könnte durch dieses nur ersetzt werden, wenn es einen ständigen Zugriff auf einen Gesamtüberblick über den geschuldeten Zeitraum darstelle. Dies sei für das Gericht nicht ersichtlich.

Den Inhalt des Buchauszugs stützt das Gericht darauf, dass dieser im Zeitpunkt seiner Aufstellung die für die Berechnung, die Höhe und die Fälligkeit der Provisionen relevanten Geschäftsabschlüsse vollumfänglich wiederspiegeln muss.

Die Angaben seien außerdem im Vermögensberatervertrag festgehalten und in den § 87 Abs. 2 und § 4 HGB normiert.

Die Angaben zu den Stornierungen seien gem. § 87a Abs. 3 HGB relevant.

Die Einrede der DVAG, der Anspruch sei verjährt konnte nicht durchgreifen.

Der Buchauszug ist laut Gericht der Hilfsanspruch zum Provisionsanspruch. Er kann somit nur verjähren, wenn auch die Provisionsansprüche verjährt sind.

Die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist gem. § 195 BGB für den Buchauszug beginne gemäß § 199 Abs.1 erst ab der Fälligkeit, diese mit Verlangen nach dem Buchauszug.

Da nicht ersichtlich war, dass der Vermögensberater bereits vor der gerichtlichen Geltendmachung nach dem Buchauszug verlangt hätte, begann die Frist somit erst ab der gerichtlichen Geltendmachung zu laufen.

Der Anspruch besteht laut dem Landgericht Frankfurt am Main nur bis zur Kündigung des Vermögensberatervertrages durch den Vermögensberater selbst. Nur bis dahin hätte er Geschäfte bei der DVAG einreichen können.

Die DVAG hatte darüber hinaus eine Einrede der Schikane gemäß §§ 242, 226 BGB geltend machen wollen. Sie behauptete, der Kläger wolle durch die Geltendmachung des Buchauszugs, die DVAG zu einer Konzession in einem Parallelverfahren drängen. Dies war für das Gericht jedoch nicht ersichtlich, da der Vermögensberater lediglich einen ihm zustehenden Anspruch geltend machte.