Vertragsstrafe

Existenzvernichtende Vertragsstrafen

In den früheren Verträgen zwischen einem Strukturvertrieb und seinen Beratern war pauschal eine Vertragsstrafe vereinbart.

Am 03.11.2006 bestätigte das Landesarbeitsgericht Hamm eine Entscheidung der ersten Instanz, wonach diese Vertragsstrafe aus den Gründen des Übermaßverbotes gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.

Auch wenn ein Berater Kaufmann ist im Sinne des § 13 BGB, so unterliegt die Prüfung des Beratervertrages der AGB-Kontrolle (§ 310 Abs. 1 BGB), so das Gericht. Für die Inhaltskontrolle ist zumindest § 307 BGB maßgebend. An diesen Grundsätzen muss die Vertragsstrafe gemessen werden.

Danach sind Vereinbarungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner gegen Treu und Glauben angemessen benachteiligen.

Soweit das Vertragsstrafeversprechen nicht nach der objektiven Schwere der Vertragspflichtverletzung und nach den Grad des Verschuldens differenziert, so dass selbst leichteste Fahrlässigkeit die Vertragsstrafe in voller Höhe auslöst, so ist dies unbillig, so das Landesarbeitsgericht Hamm.

Um weitere vernichtende Entscheidungen zu verhindern, wurden die Vertragsstraferegelungen im Jahr 2007 bei allen Beratern angepasst.

Die alte, unzulässige Vertragsstrafenregelung kommt jedoch jetzt wieder zur Anwendung, zwar nicht in den Beraterverträgen, sondern in den Aufhebungsverträgen. Dort wird der Vermögensberater verpflichtet, für einen langen Zeitraum keine Tätigkeit im Wettbewerb anzunehmen. Für den Fall eines Verstoßes wird eine Vertragsstrafe in Höhe von 50.000,00 € fällig.

Diese Regelung war kürzlich Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung in einer mündlichen Verhandlung. Das angerufene Gericht, ein Landgericht, wollte sich jedoch einer Prüfung von so genannten allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht annehmen, weil hierfür angeblich kein Platz wäre, zumal nach Ansicht des Gerichts der Vermögensberater Kaufmann wäre. Eine Entscheidung ist hier noch nicht ergangen.

BGH erklärt hohe Vertragsstrafen für unwirksam

Am 17.07.2008 entschied der BGH, dass zu hohe Vertragsstrafen unwirksam sind. Hier ging es um Strafen von 15.000 DM für den verkauf eines Wäremekissens. Der Handelsvertreter verkaufte davon 7.000 Stück und wurde verklagt.

Der BGH reduzierte die unwirksamen Regelungen auf das „zulässige“ Maß (im Gegensatz zu anderen Rechtsprechungen, die solche unzulässigen AGB kurzerhand ersatzlos strichen).

Das Urteil im einzelnen:

BGH, Urteil v. 17.07.2008, Az. I ZR 168/05,

1. Eine Zusammenfassung mehrerer oder aller Verstöße zu einer einzigen Zuwiderhandlung gegen ein Unterlassungsgebot nach den Grundsätzen der natürlichen Handlungseinheit oder einer Handlung im Rechtssinne scheidet aus, wenn die Parteien eine Vertragsstrafe für jedes einzelne verkaufte Produkt vereinbart haben.
2. Steht eine vereinbarte Vertragsstrafe in einem außerordentlichen Missverhältnis zur Bedeutung der Zuwiderhandlung, ist ihre Herabsetzung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB geboten, auch wenn eine Verringerung der Vertragsstrafe wegen unverhältnismäßiger Höhe nach § 343 BGB gemäß § 348 HGB ausgeschlossen ist. In diesem Fall ist die Vertragsstrafe nicht auf die nach § 343 BGB angemessene Höhe, sondern nur auf das Maß zu reduzieren, das ein Eingreifen des Gerichts nach § 242 BGB noch nicht rechtfertigen würde.

Die Parteien einigten sich in einem Vergleich, dass bei Zuwiderhandlung gegen die abgegebene Unterlassungserklärung für jedes angebotene, verkaufte bzw. verbreitete Produkt eine Vertragstrafe i. H. v. 15.000 DM verwirkt sei. Die Beklagte verkaufte jedoch gegen das Verbot 7.000 Wärmekissen bei einem Nettoumsatz von ca. 48.000 €. Die Klägerin machte daraufhin Vertragsstrafen in Millionenhöhe geltend.
Der BGH kam nach Auslegung des Vergleichs zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzung für die Vertragsstrafe gegeben sei. Jedoch sei in diesem Fall gemäß § 242 BGB die Grenze zum Missverhältnis bei 200.000 € erreicht. Einen Zahlungsanspruch über diesen Betrag hinaus habe die Klägerin nicht.