Nur bei Unabhängigkeit darf man sich Versicherungsberater nennen

Vermittler müssen darauf hinweisen, ob sie in Abhängigkeit oder unabhänig von Provisionen beraten.

Honorarberater arbeiten, ohne dass sie Provisionen von einem Versicherungsunternehmen erhalten. Anders ist es bei den Versicherungsvertretern, die im Auftrag einer Versicherung tätig sind und bei Versicherungsmaklern, die ebenso Provisionen von den Unternehmen bekommen.

Es gibt aktuelle Gerichtsentscheidungen, die sich damit beschäftigen, wann die Vermittler ihre Beratung als unabhängig darstellen dürfen. Dabei gilt der Grundsatz, dass derjenige, der Provisionen kassiert, nie als ganz unabhängig gilt.

Die Verbaucherzentrale hat sich mit zwei Versicherungsmaklern gestritten. Der eine Makler soll eine Versicherungsberatung ohne Vermittlung angeboten, obwohl sie keine Zulassung als Versicherungsberater haben. Das sei unzulässig, entschied das Landgericht Köln am 15.06.2023 unter dem Aktenzeichen 33O 15/23.

Vom Landgericht Bremen wurde der anderen Firma untersagt, sich online mit unabhängiger Beratung zu bewerben. Das Landgericht Bremen entschied darüber am 11.07.2023 unter dem Aktenzeichen 9 O 1081/22. Ein Versicherungsberater ist gemäß § 34d Abs. 2 Satz 2 GewO, wer ohne von einem Versicherungsunternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil zu erhalten oder in anderer Weise von ihm abhängig zu sein, den Auftraggeber … rechtlich berät, den Auftraggeber gegenüber dem Versicherungsunternehmen außergerichtlich vertritt oder für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt.

Ein Versicherungsberater darf sich seine Tätigkeit nur durch den Auftraggeber vergüten lassen.

Gemäß § 34d Abs. 3 GewO herrscht ein sogenanntes Trennungsprinzip. Eine Doppelzulassung ist nicht möglich.

Man kann also nicht gleichzeitig Versicherungsberater und Versicherungsvermittler sein.

Das Landgericht Köln sah auf der Internetseite der Beklagten einen Verstoß. Dementsprechend wurde die Firma zum Unterlassen verurteilt. Ob die Entscheidung rechtskräftig wurde, ist nicht bekannt.

Ebenso entschied das Landgericht Bremen auf Unterlassung. Auch sah es einen Verstoß gegen den unlauteren Wettbewerb. Bei den Angaben des Unternehmens würde es sich um unwahre Angaben handeln. Die Angaben seien bereits deshalb unwahr, weil auch unter Berücksichtigung des Gedankens aus § 94 WpHG Unabhängigkeit nach den Regelungen in § 34f Abs. 1 GewO und § 34h GewO eine Unabhängigkeit nur im Falle des Honoraranlagenberaters im Sinne von § 34h GewO angenommen werden kann und nur er sich als unabhängig bezeichnen kann.

Bei der Prüfung, ob eine Angabe über geschäftliche Verhältnisse geeignet ist, den Verkehr irrezuführen, kommt es nicht auf den objektiven Wortsinn und nicht darauf an, wie der Werbende selbst seine Aussage über die Ware oder gewerbliche Leistungen verstanden haben will. Entscheidend ist die Auffassung der Verkehrskreises, an den sich die Werbung richtet.

Maßstab ist der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegen bringt (BGH GRUR, 2020, 1.226). Das Gericht sah darin eine Verletzung.

Auch hier ist nicht bekannt, ob die Entscheidung rechtskräftig geworden ist.

Was darf die AVAD ?

Die AVAD, die Auskunftsstelle über Versicherungs- / Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler in Deutschland e.V., führt teilweise Eintragungen, mit dem der Vermittler nicht einverstanden ist.

Am 06.05.2009 entschied das hanseatische Oberlandesgericht, dass die AVAD eine Verdachtsmeldung zu unterlassen hat.

Hier ging es um die Frage, ob der Verdacht der Urkundenfälschung in der Auskunft über einen Vermittler eingetragen werden darf. Das hanseatische OLG entschied unter dem Aktenzeichen 5 U 155/08, dass dies nicht erlaubt sei.

Ebenso hatte das Landgericht München I übrigens in einem einstweiligen Verfügungsverfahren am 19.07.2011 entschieden. Dort ging es um die Frage, ob eine außerordentliche Kündigung sowie angeblich offene Provisionen eingetragen werden dürfen. Ob Rechtsmittel eingelegt wurden, ist nicht bekannt.

Das Oberlandesgericht Hamburg hatte 09.09.2011 unter dem Aktenzeichen 11 U 46/09 einem Versicherungsvertreter ebenfalls Recht gegeben. Hier ging es um die Frage, ob eine Strukturgesellschaft den Handelsvertretervertrag mit einer Auslauffrist gekündigt hatte, dem Vertreter den Zugang zum Intranet sperrte und dem AVAD mitteilte, dass in Folge außerordentliche Kündigung wegen eines Wettbewerbverstoßes des Vertreters der Vertrag beendet sei. Der Vertreter wies die Kündigung als unberechtigt zurück und kündigte ebenso. Neben vielen Erklärungen wies das Gericht darauf hin, dass allein der Entzug des Zugangs zum aktuellen Intranet und damit die Vereitelung weiterer Vermittlungs- und Betreuungstätigkeiten einer außerordentlichen Kündigung des Handelsvertreters gemäß § 89a HGB rechtfertigen würde. Der Versicherungsvertreter konnte so Schadensersatz gegen die Gesellschaft beanspruchen. Er hat auch einen Anspruch auf Löschung der bei dem AVAD hier zugespeicherten Daten und auf Richtigstellung durch Mitteilung des wahren Kündigungsgrundes. Das Gericht meinte, eine AVAD-Mitteilung schädige dem Vertreter ähnlich wie eine Presseveröffentlichung in einem Branchenblatt.

In dem letzten Fall ging es um Ansprüche gegen das Versicherungsunternehmen direkt, nicht jedoch um Ansprüche gegen den AVAD.

In einem weiteren Urteil durch das Oberlandesgericht Köln vom 08.12.2006 unter dem Aktenzeichen 19 U 96/06 wurde ein Versicherer verurteilt, seine Mitteilung an die AVAD, der mit dem Kläger bestehende Vertrag sei wegen fristloser Kündigung und wegen Verstoßes gegen das Provisionsabgabeverbot beendet worden, zu widerrufen.

Jeder Vermittler sollte die Inhalte seiner Eintragungen bei der AVAD überprüfen, um möglicherweise seine Ansprüche waren zu können. Ist man mit einer Eintragung nicht einverstanden und widerspricht dieser, könnte man u.U. einen Sperrvermerkt erreichen.

Tinder in der Struktur

Versicherungswirtschaft.heute schreibt am 30.1.24, dass Strukturvertriebler Tinder nutzen würden, um Kunden zu aqirieren.

In der Überschrift heißt es süffisant Porno=Storno.

Die Information soll wohl von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung stammen, die dann auch den von einem Mitarbeiter von Tecis berichten soll.

Der Wert der Bucheinsicht

Es war lange Zeit umstritten, wie der Wert einer Bucheinsicht zu bemessen ist.

Der Wert eines Buchauszuges bzw. einer Bucheinsicht interessiert nicht nur den Juristen, sondern auch die Partei in einem Zivilverfahren, in dem um den Buchauszug gestritten wird.

Gemäß § 87 c Abs. 2 HGB hat ein Handelsvertreter Anspruch auf einen Buchauszug. Liegen bestimmte Voraussetzungen vor, hat er sogar gemäß Abs. 4 einen Anspruch auf Einsicht in die Geschäftsbücher oder sonstigen Urkunden (Bucheinsicht).

Gemäß § 511 ZPO ist eine Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil nur möglich, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt. Mit diesem Argument wurde teilweise eine Berufung nicht einmal zugelassen, wenn ein erstinstanzliches Gericht über den Buchauszug ein Urteil gefällt hat.

Es lässt sich leicht damit argumentieren, dass der Aufwand für die Erstellung eines Buchauszuges bzw. einer Bucheinsicht gering ist. Auf Knopfdruck lässt sich der Buchauszug per EDV schnell erstellen, sodass die Kosten für die Erstellung eines Buchauszuges unter 600 € liegen dürfte.

Andere Gerichte stellten auf den wirtschaftlichen Wert ab, den ein Buchauszug bzw. die Bucheinsicht verkörpert. Erhofft sich beispielsweise die klagende Partei, die einen Buchauszug begehrt, davon Provisionen in Höhe von 5000 €, so wäre der Wert auch daran zu bemessen.

Selbst das Oberlandesgericht in Frankfurt war sich nicht einig, welche Rechtsauffassung (Aufwand oder wirtschaftlicher Wert) man denn folgen wollte.

Der Bundesgerichtshof fällte mit Beschluss vom 20. November 2023 unter dem Aktenzeichen VII ZR 6/23 eine Grundsatzentscheidung, die die bisherigen Entscheidungen des BGH bestätigt.

Danach richtet sich der Wert der Bucheinsicht nach dem Aufwand hinsichtlich Zeit und Kosten, der für ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Bucheinsicht anfällt.

Dieser Aufwand, um eine Bucheinsicht zu ermöglichen, ist in der Regel größer als die bloße Erteilung des Buchauszuges.

Der BGH stellte darauf ab, dass der Unternehmer neben dem Zugang zu den Unterlagen und zur EDV auch einen Ansprechpartner für die Dauer der Bucheinsicht zur Verfügung stellen muss. Nach diesen Maßstäben würde der Aufwand für die Gewährung der Bucheinsicht kostenmäßig einen Betrag von 600 € übersteigen.

Das Verfahren musste deshalb zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Zurückhaltung der Rückstellung nicht erlaubt

Am 09.09.2005 entschied das Oberlandesgericht Köln unter dem Aktenzeichen 19 U 174/04, dass eine Klausel, die es einem Vertrieb gestattete, eine Stornoreserve auch über ein bestehendes Provisionshaftungsvolumen aus ein zubereiten, unwirksam ist.

In der Regel zahlen Versicherer und Vertriebe Provisionen als Vorschuss aus. Dabei werden 80-90% der zu erwartenden Provisionen regelmäßig bevorschusst. Die Höhe der Vorschüsse kann natürlich variieren.

Gemäß § 92 Abs. 4 HGB hat ein Versicherungsvertreter Anspruch auf Provisionen (§ 87a Abs. 1), sobald der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet. Bei Lebensversicherungsverträgen sind dies oftmals fünf Jahre, die ein Versicherungsnehmer durchweg die Beiträge bezahlen muss, damit die Provisionen für die Vermittlung einer Lebensversicherung verdient ist.

Ein Großteil dieser zu erwartenden Provisionen wird demnach als Vorschuss ausgezahlt, der Rest auf einem Rückstellungskonto hinterlegt.

Einige Vertriebe behalten sich vor, diesen hinterlegten Betrag zurückhalten zu dürfen. Bei der Entscheidung des OLG Köln ging es um eine Klausel, die ein solches Zurückbehaltungsrecht vorsah, solange ein bestehendes Provisionshaftungsvolumen angeblich noch vorhanden sei.

Das Oberlandesgericht argumentierte, dass im Falle der Wirksamkeit einer solchen Klausel es dem Vertrieb gestattet wäre, über sein Sicherungsinteresse hinaus eine Stornoreserve einzubehalten.