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Die Sittenwidrigkeit mancher Klauseln zum Ausgleichsanspruch
Der Handelsvertreter hat eventuell einen Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB.
Dies gilt unter Umständen auch dann, wenn der Handelsvertreter einen Kundenbestand übernommen hat. Nicht unüblich ist, dass einige Vertriebler erst einmal den Kundenstamm kaufen soll, bevor man beginnen kann. Dieser Kaufpreis wird dann teilweise gestundet und soll am Ende mit dem Ausgleichsanspruch verrechnet werden. Diese Praxis stößt auf Bedenken.
Das Oberlandesgericht Celle hat sich mit Urteil vom 31.12.2001 – 11 U 90/21 über die Voraussetzungen und Folgen Gedanken gemacht. Das OLG hatte eine Einstandszahlung in Höhe von DM 200.000,– netto, die bis zur Beendigung gestundet worden ist, als sittenwidrig im Sinne des § 89b Abs. 4 HGB angesehen, weil der Höchstbetrag, die durchschnittliche Jahresprovision, in Höhe von DM 212.000,–, nur gering über der Einstandssumme lag (OLG Celle, Urteil vom 13.12.2001 – 11 U 90/01).
Die Höhe des Ausgleichsanspruchs ist in seiner Höhe durch die Regelung in § 89 b Abs. 2 HGB beschränkt. Er kann nicht im Voraus ausgeschlossen werden, §89 b Abs. 4 Satz 1 HGB. Die Regelung soll den Handelsvertreter vor der Gefahr schützen, sich aufgrund seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit von dem Unternehmen auf ihn benachteiligende Abreden einzulassen. Die Verhandlungsposition des Handelsvertreters unterliegt gegenüber der des Unternehmens in der Regel.
Auch eine Vereinbarung über die Zahlung einer Einstandssumme stellt einen solchen im Voraus vereinbarten Ausschluss dar, da dieser den Anspruch des Klägers erheblich vermindert. Aufgrund dessen ist eine Vereinbarung darüber zudem unzulässig.
Der Anspruch kann auch nicht mit dem Argument abgegolten werden, der Handelsvertreter übernehme einen Altkundenstamm und erzielt damit direkte erhebliche Umsätze. Denn auch für den Unternehmer ist es von Vorteil, wenn dieser seine Verträge weiter erfüllen kann.
Das OLG Celle hatte dieses mit Urteil von 31.12.2001 ausdrücklich bestätigt. Hier ging es um eine Einstandszahlung in Höhe von 200.000 DM, die der Handelsvertreter zahlen sollte.
Der BGH hatte Jahre zuvor noch entschieden, dass vereinbarte Einstandszahlungen generell zulässig sein können (BGH, Urteil vom 24.02.1983 – I ZR 14/81 – HVR Nr. 574).
Dabei käme es jedoch darauf an, ob die angemessene Gegenleistung angemessen ist.
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Am 17.02.2005 wies das Oberlandesgericht Naumburg eine Klage eines Strukturvertriebs ab. Der Vertrieb verlangte Schadenersatz, Unterlassung und Auskunft wegen behaupteter nachvertraglicher Wettbewerbsverletzungen eines Vermögensberaters – aus einem Aufhebungsvertrag.
Der Vertrieb war bereits in der ersten Instanz vor dem Landgericht Halle gescheitert. Teilweise war die Klage unzulässig und teilweise unbegründet.
Unzulässig war sie deshalb, weil die Klageanträge nicht hinreichend bestimmt waren. Bei einem Unterlassensantrag müsse die Verletzungshandlung, deren künftige Begehung verboten werden soll, so genau bezeichnet werden, dass sich der Beklagte erschöpfend verteidigen und die erforderliche Klarheit für die Zwangsvollstreckung geschaffen werden können. Dies sei vorliegend ohne namentliche Nennung der Partnergesellschaften der Klägerin nicht möglich.
Außerdem war die Klage unbegründet, da die im Aufhebungsvertrag der Parteien geschlossene nachvertragliche Wettbewerbsabrede gemäß § 138 BGB sittenwidrig und demzufolge unwirksam sei. Die Bewegungsfreiheit des Vermögensberaters sei in der Vermögensberatungsbranche unangemessen eingeschränkt.
Hintergrund war übrigens nicht die Prüfung eines Vermögensberatervertrages, sondern eines Aufhebungsvertrages. „Die Klausel in dem Aufhebungsvertrag verstößt nach Auffassung des Oberlandesgericht gegen §§ 138, 242 BGB. Vertragliche Wettbewerbsverbote müssen an Artikel 12 Abs. 1 GG gemessen werden. Es bestehen bereits Bedenken gegen die zeitliche Dauer des Wettbewerbsverbotes. Dies soll lebenslang gelten.“ (Übrigens finden wir das noch heute oft in den Aufhebungsverträgen wieder!).
„Dies stellt bereits allein eine unangemessene Beschränkung des Beklagten in seiner Berufsfreiheit dar.“
„Das Wettbewerbsverbot ist nicht zeitlich befristet, sondern auch sachlich und unbegrenzt, da es bundesweit alle Formen von Finanzdienstleistungen erfasst. Für die Sittenwidrigkeit des Wettbewerbsverbotes spricht weiter, dass der Beklagte gezwungen ist, sich immer wieder über die aktuellen Partnergesellschaften der Klägerin informieren zu müssen, da sich deren Bestand ändern kann.“
Der Vertrieb hatte eingewandt, dass der Beklagte aus vertraglichen Gründen nur das zu beachten habe, was er aus wettbewerbsrechtlichen Gründen eh zu beachten hatte. Dem folgt das Oberlandesgericht nicht. Schließlich gibt es keinen Anspruch auf den Fortbestand eines einmal begründeten Vertragsverhältnisses. Der Kundenkreis ist kein geschütztes Rechtsgut. Das Abwerben von Kunden gehört zum Wesen des Wettbewerbs. Auch kann sich der Vertrieb nicht auf die Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft berufen. Diese sind nämlich nicht bindend.
Auch aus § 90 HGB ergibt sich nicht, dass die Klausel wirksam ist. Schließlich würde danach ein vertrags- oder wettbewerbswidriges Verhalten nur dann nicht vorliegen, wenn ein ausgeschiedener Vertreter Kundenadressen verwertet, die in seinem Gedächtnis geblieben sind, oder sich solcher Anschriften von Kunden nutzbar macht, die keinen dauerhaften geschäftlichen Kontakt zu dem bisher vertretenen Unternehmen aufgenommen haben.

