Anwalt aus Münster mit krimineller Energie

Von Hamburg nach Münster und zurück: Diese Strecke hat ein münsterscher Rechtsanwalt regelmäßig

abgerechnet, wenn er einen Gerichtstermin in Münster hatte. Zu diesem Zwecke hatte er sich extra ein Büro in

Hamburg angemietet. Nur zum Schein, wie ihm die Staatsanwaltschaft vorwirft. Nun sitzt er in Haft.

Der münstersche Rechtsanwalt Ralf A. (52) passierte am vergangenen Mittwoch um

9.50 Uhr gerade die Anschlussstelle Bielefeld-Sennestadt auf der A2, da griff die Polizei

zu: Sie stoppte den Mann, nahm ihn fest, das Amtsgericht stellte einen Haftbefehl aus.

Seitdem sitzt der Strafverteidiger in U-Haft. Und nicht in seiner angeblichen Kanzlei an

der Hamburger Rothenbaumchaussee. Die Behörden befürchten „Verdunklungsgefahr“.

Der Vorwurf, laut Oberstaatsanwalt Heribert Beck: Der Münsteraner soll zum Schein

die Kanzlei in Hamburg eröffnet haben, um dann für jeden Gerichtstermin in Münster

hohe Fahrtkosten und lange Dienstausfälle zu berechnen. In Wirklichkeit sei er aber

immer von Münster aus zum Gericht gefahren, so Beck. Statt knapp zwei Kilometer

Fahrtstrecke gab er wohl fast 300 an – und kassierte entsprechend üppig.

Der Tatvorwurf lautet demnach auch auf „Betrug“. Er habe seine Kanzlei nur von

Münster nach Hamburg verlegt, um höhere Kosten geltend machen zu können,

vermutet Beck. In Hamburg gebe es nur ein Schild am Haus. Er selbst habe dort aber

nicht praktiziert, sondern in Münster. Er ist Mitglied einerr Gemeinschaftskanzlei in der

Innenstadt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm „gewerbsmäßigen Betrug“ vor, und das seit

Juli 2013. In Kreisen der münsterschen Anwälte sprach sich die Festnahme des Strafverteidiger

am Montag wie ein Lauffeuer herum. In Kollegenkreisen fiel A. vor allem durch seinen

Fuhrpark auf: Auf seinen Namen sind ein Jaguar, ein Mercedes-Flügeltürer und ein

Motorrad der Marke Harley Davidson zugelassen. Ein Kollege, der unerkannt bleiben

will, kann sich den harten Zugriff der Behörden nur so erklären: „Als Anwalt ist man ein

Organ der Rechtspflege. Man genießt besonderes Vertrauen. Doch er ist mit krimineller

Energie vorgegangen.“