Oberlandesgericht Frankfurt

Oberlandesgericht Frankfurt zum Verhältnis zwischen Verdachtskündigung und Tatkündigung

Einem Vermögensberater, der bereits eine sehr hohe Stufe der Strukturhierarchie der DVAG erreicht hatte, wurde u.a. der Konsum von Drogen zum Vorwurf gemacht. Daraufhin hatte die DVAG den Vertrag fristlos gekündigt.

Die Hintergründe sind streitig. Streitig ist auch, ob es zuvor ein ordnungsgemäßes Anhörungsgespräch gegeben hat.

Nachdem die fristlose Kündigung ausgesprochen wurde, wurde gemäß dem Inhalt eines Darlehensvertrages die Rückzahlung aus diesem Darlehensverhältnis fällig. Dies wurde nun eingeklagt. In diesem Zusammenhang musste nunmehr das Landgericht prüfen, ob die fristlose Kündigung wirksam sei. Der Vermögensberater hatte mit Gegenansprüchen aufgerechnet, da er der Ansicht war, die Kündigung sei unwirksam und ihm ständen Schadensersatzansprüche zu.

Das Landgericht Frankfurt hatte der Zahlungsklage stattgegeben. Die fristlose Kündigung sei danach wirksam.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte in anschließenden Berufungsverfahren am 23.06.2014 in einem Vorbehalts- Grund- und Teilurteil festgestellt, dass die Kündigung dagegen nicht wirksam sei.

Nachdem eine Reihe von Zeugen befragt wurde, führte das Gericht dazu aus:

„Die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung ist weder als Verdachtskündigung noch als Tatkündigung, noch aufgrund eines nachgeschobenen Kündigungsgrundes wirksam.

Die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung ist als Verdachtskündigung unwirksam. Denn die Anhörung des Beklagten durch die Klägerin vor dem Aufbruch der fristlosen Kündigung des mit ihm bestehenden Handelsvertretervertrages genügt teilweise – bezüglich bestimmter Verdachtsmomente – nicht den Anforderungen an eine solche nach den Umständen des Einzelfalls erforderliche Anhörung als Voraussetzung für eine wirksame Verdachtskündigung. Teilweise waren die Verdachtsgründe nicht so schwerwiegend, dass dem Kündigungsberechtigten die Fortführung des Vertragsverhältnisses, ohne dass eine vorherige Abmahnung erfolgt wäre, nicht zugemutet werden konnte.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Verdachtskündigung bei Arbeitsverhältnissen, welche auf die Verdachtskündigung von Handelsvertreterverhältnissen übertragbar ist (Oberlandesgericht Bamberg Urteil vom 14.07.1997 – 4 U 195/96) und welche der Senat auch für Handelsvertreterverhältnisse folgt, kam der Verdacht, der Vertragspartner habe eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilden.

Der Verdacht muss objektiv durch Tatsachen begründet sein. Bloß auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Vermutungen reiche nicht aus, auf die subjektive Wertung des Kündigungsberechtigten kommt es nicht an. Diese objektiv begründeten Tagsachen müssen so geschaffen sein, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Vertragspartner zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können. Der Verdacht muss darüber hinaus dringend sein, d. h. es muss eine große Wahrscheinlich dafür bestehen, dass der zu Kündigender die Pflichtverletzung begangen hat. Die Verdachtsmomente und die Verfehlungen der zu kündigende verdächtigt ist, müssen so schwerwiegend sein, dass dem Kündigungsberechtigten die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (vgl. zuständige Rechtsprechung des BAG Urteil vom 29.11.2007, 2 AZR 724/06).

Voraussetzung der Wirksamkeit einer Verdachtskündigung ist, dass der Kündigungsberechtigte alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhaltes unternommen hat, insbesondere dem zu Kündigenden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.

Ergeben sich im Rahmen der Ermittlungen neue belastende Erkenntnisse, ist der Kündigende auch hier zuzuhören; nur dann sind Anerkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin nicht bewiesen, dass den Beklagten in Rahmen der Anhörung nach den Umständen des Einzelfalles ausreichend Gelegenheit geboten wurde, zu den gegen ihn bestehende Verdachtsmomente Stellung zu nehmen.

Dass der Beklagte bei der Anhörung eingeräumt habe, in der Vergangenheit Drogen genommen zu habe, vermag eine außerordentliche Verdachtskündigung nicht zu begründen. Die Kündigung der Klägerin hat auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer sogenannten Tatkündigung das Rechtsverhältnis beendet. Die Klägerin hat teils nicht bewiesen, dass der Beklagte die ihm vorgeworfenen Handlungen begangen hat, welche einen hinreichenden Grund für eine außerordentliche Kündigung abgeben könnte. Teils sind die von der Klägerin erhobenen Vorwürfe nicht geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung – zumal unvorheriger Abmahnung – abzugeben. Es ist vom Gericht zu prüfen, ob die Pflichtwidrigkeit tatsächlich besteht, also die den Verdacht begründenen Pflichtwidrigkeiten eine Tatkündigung rechtfertigen (vgl. Urteil vom BAG vom 23.06.2009 – 2 AZR 474/07).

Bei der Tatkündigung ist die Anhörung keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Maßgeblich für die Rechtfertigung einer Tatkündigung ist allein, ob im Kündigungszeitpunkt objektiv Tatsachen vorlagen, die dazu führen, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses – im Falle der außerordentlichen Kündigung: bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – unzumutbar ist (Bundesgerichtshof Urteil vom 23.06.2009 Aktenzeichen 2 AZR 474/07). Nach der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme lässt sich mit der für die Überzeugung des Senats nach § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit, die Vorwürfe nicht feststellen.“

Das Gericht hatte sich intensiv mit der Frage der Glaubhaftigkeit der Aussagen und Glaubwürdigkeit der Zeugen auseinandergesetzt.

Der Rechtsstreit ist nunmehr wegen der grundsätzlichen Frage der Hintergründe der Verdachtskündigung und der Tatkündigung an den Bundesgerichtshof abgegeben worden.

Urteil Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 23.06.2014.

Auskunft beim Ausgleichsanspruch

Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte sich im März 2019 mit dem Ausgleichsanspruch eines Vertragshändlers beschäftigen müssen.

Verklagt wurde eine Generalimporteurin für Fahrzeuge der Marke1 für Deutschland. Mit der Klägerin schloss sie einen Händlervertrag Pkw sowie einen Servicevertrag über die Marke1. Dieser Vertrag wurde gekündigt.

Der Vertragshändler verlangte die Rücknahme von Ersatzteilen bzw. Zahlung und Auskunft. Da sich der Ausgleichsanspruch nach den Unternehmervorteilen berechne und diese dem Händler unbekannt sind und von dem Importeur errechnet werden könnten, wurde die eingeklagte Auskunft darauf gestützt. Der Deckungsbeitrag (Rohertrag) einer Importeurin ergibt durch Abzug des Einkaufspreises vom Verkaufspreis. In dieser Hinsicht bekam der Händler in beiden Instanzen Recht.

Er verlangte noch Belege. Diese wurden ihm allerdings in beiden Instanzen aberkannt.

Die Importeurin wurde von beiden Instanzen zur Zahlung Zug und Zug gegen Rücknahme der Ersatzteile verurteilt.

Das erstinstantliche Urteil wurde vom OLG also in vollem Umfang bestätigt.

Die Ersatzteile mussten zurückgenommen werden, weil der Importeur nachvertraglich zur Treue verpflichtet sein. Der daraus hergeleitete Rücknahmeanspruch beschränkt sich nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 20.07.2005, VIII ZR 121/04) auf Warenbestände, deren Abnahme und Lagerung durch den Eigenhändler im Interesse ordnungsmäßiger Vertragserfüllung geboten war. Der klagende Händler kann so die Folgen seiner vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Importeur, nicht auch das Risiko darüber hinausgehender eigener unternehmerischer Entscheidungen, auf diesen abwälzen.

Ob der Händler einen Auskunftsanspruch hat und ob ihm überhaupt Ausgleichsansprüche zustehen, war vom Gericht zunächst zu prüfen. Denn Ausgleichsansprüche stehen gem. § 89 b HGB nur Handelsvertretern zu. Ein solcher war der Vertragshändler nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist die auf Handelsvertreter zugeschnittene Bestimmung des § 89b HGB auf einen Vertragshändler entsprechend anzuwenden, wenn sich das Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Hersteller oder Lieferanten nicht in einer bloßen Käufer-Verkäufer-Beziehung erschöpft, sondern der Vertragshändler so in die Absatzorganisation des Herstellers oder Lieferanten eingegliedert ist, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hatte, und der Händler zum anderen verpflichtet ist, dem Hersteller oder Lieferanten seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass sich dieser bei Vertragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann (BGH, Urteil vom 06.10.2010 – VIII ZR 209/07 zum Kfz-Vertragshändler). Das OLG meinte, dass allein entscheidend sei, ob der Kfz-Vertragshändler wie ein Handelsvertreter in die Absatzorganisation des Herstellers eingegliedert ist und einen von ihm für den Hersteller neu geworbenen sowie an den Hersteller zu überlassenden Mehrfachkundenstamm aufbaue.

Dies sah das OLG als erfüllt an.

Maßstab für § 89b Abs. 1 Nr. 1 HGB sind die Unternehmervorteile. Diese sind nach der Neufassung des § 89b Abs. 1 HGB nicht mehr durch die Höhe der Provisionsverluste des Handelsvertreters beschränkt. Deshalb hat sich der Händler auch nicht damit abzufinden, dass er die Berechnung doch anhand der Verluste vornehmen könne, wie es die Beklagte behauptet hatte. So hatte das OLG Frankfurt auf ein Urteil des OLG Düsseldorf Bezug genommen, das einen Auskunftsanspruch abgelehnt hatte (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.01.2017 – 16 U 171/15).

Da die Klägerin über eine entsprechende Kenntnis der Unternehmensvorteile nicht verfügt, steht ihr der Auskunftsanspruch zu. Mit dieser profanen Begründung wurde der Auskunftsanspruch durch das OLG Frankfurt bestätigt.

Beim Einsichtnahmerecht in Belege entschied das OLG Frankfurt im Ergebnis anders als das OLG Düsseldorf. Zwar kann nach § 810 BGB und aus § 242 BGB ein Vorlageanspruch von Urkunden bestehen. Unter Abwägung der beiderseitigen schutzwürdigen Belange gebe es in Frankfurt ein berechtigtes Interesse an einer derartigen Urkundeneinsicht nicht. Der Anspruch setze nämlich voraus, dass die Einsicht zur Förderung, Einhaltung und Verteidigung seiner rechtlich geschützten Interessen benötigt wird. Das OLG Düsseldorf hatte das bejaht, weil bereits zuvor erteilte Auskünfte lückenhaft waren. Der Auskunftsverpflichtete war in Düsseldorf trotz entsprechender Hinweise zur Erteilung einer erschöpfenden Auskunft nicht bereit. Dies war allerdings in Frankfurt nicht der Fall, so dass das Einsichtnahmerecht vom OLG Frankfurt abgelehnt wurde.

Urteil des OLG Frankfurt vom 13.03.2019 Az 12 U 37/18

OLG Frankfurt: Ehemaliger Vermögensberater muss Provisionen nicht zurückzahlen

Mit Beschluss vom 17.08.2017 beabsichtigte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, eine Berufung der DVAG abzuweisen.

Die DVAG hat einen Betrag in Höhe von fast 30.000,00 € eingeklagt. Der Beklagte war als Vermögensberater etwa 35 Jahre für die DVAG tätig. Nachher geriet das Abrechnungssaldo ins Minus. Der ehemalige Vermögensberater sollte geleistete Provisionsvorschüsse zurückzahlen.

Klagegrund war die Provisionsabrechnung.

Bereits in der ersten Instanz vor dem Landgericht Frankfurt am Main hatte die DVAG verloren. Dagegen hatte sie Berufung eingelegt. Das Landgericht Frankfurt am Main kündigte an, die Berufung abweisen zu wollen.

Es führte aus, dass der Versicherungsvertreter Provisionsvorschüsse zurückzahlen müsse, wenn feststeht, dass der Kunde nicht leistet und dies vom Unternehmer nicht zu vertreten ist.

Die Klägerin vermochte es jedoch nicht, die Berechnung der Klageforderung lückenlos darzulegen. Wenn eine Versicherungsgesellschaft von ihrem Handelsvertreter gezahlte Provisionen zurückverlangt, weil Versicherungsverträge storniert worden sind, hat sie den sich aus jedem Stornierungsfall ergebenen Rückforderungsbetrag substantiiert und nachvollziehbar darzulegen. Dazu gehören auch die konkrete Darlegung des jeweils gezahlten Vorschusses und die Darlegung des jeweiligen Rückforderungstatbestandes. Nicht genügend ist, die Forderung lediglich der Höhe nach zu beziffern und jeweils einem vom Beklagten vermittelten Vertrag zuzuordnen. Dies ist in der Provisionsabrechnung geschehen.

Stattdessen ist Voraussetzung für die Rückforderung, die vorzeitige und wirksame Beendigung des Versicherungsvertrages. Außerdem setzt die Rückforderung von Vorschüssen voraus, dass der Versicherer der Pflicht genügt hat, alles zur Erhaltung des Vertrages mögliche zu tun. Dies ist darzulegen. Die Höhe jeder Stornoforderung ist nachvollziehbar vorzurechnen. Insofern nimmt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main Bezug auf eine Entscheidung des bekannten handelsvertreterfreundlichen Senates des Oberlandesgerichtes Hamm, dort mit Beschluss vom 12.03.2004, Aktenzeichen 35 W 2/04.

Jahresendgespräche und Dauerbetreuung überflüssig

Versicherungsmakler können sich zu Jahresbeginn zurücklehnen. Wen das schlechte Gewissen quält, einen Kunden am Ende des Jahres nicht genügend informiert zu haben, der kann sich jetzt getrost auf ein Urteil des Oberlandesgerichtes Hamburg berufen.

Das OLG Hamburg hat mit Urteil vom 27.09.2018 unter dem Az.: 1 U 2/18 entschieden: Es gibt für Versicherungsmakler keine Dauerbetreuungspflicht ( mit Ausnahme Fondspolicen) und auch keine Pflicht für ein Jahresendgespräch.

Ausgerechnet wegen einer abgeschlossenen Reisegepäckversicherung nahm man den Makler in Anspruch. Die Versicherungsnehmer wurden in ihrem Ferienhaus überfallen. Die Versicherung war auf eine bestimmte Versicherungssumme beschränkt. Uhren und Schmucksachen aller Art waren gar nicht versichert.

Die Unterversicherung warf man dem Makler vor. Wenn er den regelmäßig überprüft hätte, hätte ihm das auffallen müssen.

Dies empfand das OLG jedoch für überspannt und schloss sich im Ergebnis einer Entscheidung des OLG Frankfurt an. Das OLG Frankfurt urteilte bereits am 08.06.2016 unter dem Az 4 U 223/15, dass keine Haftung des Versicherungsmaklers für Unterversicherung durch nachträgliche Anschaffungen bestehe. Der BGH nahm seinerzeit eine Beschwerde gegen das Urteil des OLG Frankfurt nicht an.

OLG Frankfurt: 3,5 Tage à 8h erreichen die Berufungssumme nicht

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat am 1.11.2017 gezeigt, dass selbst Oberlandesgerichte zu unterschiedlicher Rechtsprechung neigen können. Ein Senat des OLG hatte im Beschlusswege eine Berufung der DVAG abgewiesen.

Die DVAG war erstinstanzlich verurteilt worden an einen ehemaligen Handelsvertreter einen Buchauszug zu erteilen. Die Berufung dagegen wurde abgewiesen, da sie den Anforderungen des §511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an den Beschwerdewert von mindestens 600€ nicht entsprach.

Das Gericht hatte klargestellt, dass es bei der Beschwerdewertberechnung für den Buchauszug „auf den Aufwand an Zeit und Kosten (…), den die Erfüllung des Anspruchs erfordert, nicht etwa auf den Wert des Auskunftsanspruchs“ ankommt.

Die DVAG hatte hier zunächst einen Stundensatz von 50,00 € und zwei Arbeitstage à 7,5h angesetzt. Als sie darauf hingewiesen wurde, dass der zugelassene Höchstsatz nach dem JVEG (§22) 21,00 € betrage und sie damit auf höchstens 315€ komme, setzte sie die benötigte Zeit kurzerhand auf vier Arbeitstage à 8h hoch.

Dies ließ das Gericht jedoch nicht gelten.

Dass die DVAG die Länge des Arbeitstages ohne Begründung änderte, sei unverständlich.

Außerdem war in einem Parallelverfahren, bei dem mehr als doppelt so viele Verträge zu berücksichtigen gewesen waren, eine niedrigere Stundenzahl für den Aufgabenpunkt „Erstellung, Konzept, Programmstruktur“ angesetzt worden. Hier erscheine es jedoch plausibler, dass eine niedrigere Stundenzahl zugrunde gelegt werden müsse.

Wurden in dem Parallelverfahren mit 4.120 Verträgen für diesen Punkt 1,0 Tage zugrunde gelegt, so müssten hier – mit nur etwa 1.500 Verträgen – maximal 0,75 Tage angesetzt werden.

Damit käme man zu 3,5 benötigten Tagen.

Der Ansatz von vier Arbeitstagen sei nicht plausibel begründet worden und ergebe im Vergleich zu dem Parallelverfahren auch keinen Sinn.

Dass ein höherer Stundensatz anzusetzen wäre, sei ebenfalls nicht ersichtlich. Dieser richte sich nach dem Höchstsatz für zu entschädigende Zeugen nach §22 JVEG.

Gleich, ob die Aufgabe durch die DVAG selbst oder durch eine Hilfsperson durchgeführt werde, sei jedenfalls kein höherer Stundensatz zu rechtfertigen.

Bei der Durchführung durch Hilfspersonen würde die DVAG lediglich eine „von ihr vorzunehmende Eigenleistung durch Dritte“ ersetzen. Warum dies teurer sein solle, war nach dem Gericht nicht erkenntlich.

Selbst wenn man also 3,5 Tage à 8h zugrunde lege, käme man mit einem Stundensatz von 21€ allenfalls auf einen Streitwert von 588€, sodass die Berufung gem. §511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht zulässig sei.

OLG Frankfurt: Bei Saldoanerkenntnis kein Buchauszug

In einem Berufungsurteil vom 11.02.2015 hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Berufung eines ehemaligen Vermögensberaters der DVAG, welcher einen Buchauszug gefordert hatte, zurückgewiesen.

Die DVAG und der Vermögensberater hatten einen Aufhebungsvertrag auf Wunsch des Vermögensberaters geschlossen, um das Vertragsverhältnis vorzeitig zu beenden.

Dieser Vertrag enthielt unter anderem die Formulierung „Herr … erhält alle noch ausstehenden Abschlussprovisionen. Sonstige Provisionsansprüche sind ausgeschlossen.“

Aus diesem Vertrag schloss das Gericht auf ein Saldoanerkenntnis des Vermögensberaters gem. §781 BGB. Die weitere Geltendmachung von Einzelpositionen sei ausgeschlossen. Demnach sei auch ein Buchauszug nicht erforderlich.

Dem Vermögensberater stünden nur noch alle Abschlussprovisionen für die von ihm vermittelten Geschäfte zu, nicht jedoch sogenannte Kundenbetreuungsprovisionen. Einer solchen Kundenbetreuungspflicht könne er aufgrund der Aufhebung des Vertrages gar nicht mehr nachkommen.

Das Gericht fasste unter die ausgeschlossenen Ansprüche auch die Provisionsansprüche von dynamisierten Versicherungen. Dass für diese keine Kundenbetreuung erforderlich sei, was der Handelsvertreter vortrug, träfe zwar zu, jedoch seien diese nach dem Wortlaut des Vermögensberatervertrages ausgeschlossen. Dieser enthielt nämlich unter anderem die Formulierung „alle etwaigen weiteren (…) Provisionen auch bei Summenerhöhungen“ setzen „eine nachhaltige Kundenbetreuung voraus.“ Die Formulierung hätte dem Vermögensberater nach Ansicht des Gerichts bekannt sein müssen und er hätte daraus schließen müssen, dass auch die dynamisierten Verträge mit inbegriffen seien.

Außerdem hätte der Handelsvertreter die monatlichen Abrechnungen der DVAG nie beanstandet, sodass er das Saldoanerkenntnis nicht in Abrede stellen kann. Eine Prüfpflicht für die Abrechnungen ergebe sich ebenfalls aus dem Vermögensberatervertrag.

Überdies wies das Gericht darauf hin, dass der ehemalige Vermögensberater selbst vorgetragen hatte, anteilsmäßig bereits 80-90% der Provisionen erhalten zu haben, sodass einem Schuldanerkenntnis bei noch ausstehenden Zahlungen von nur 10-20% der Provisionen keine rechtlichen Bedenken entgegenstünden.

Umso mehr müsse dies gelten, da ein gewisser Prozentsatz der Verträge grundsätzlich sowieso notleidend und dann storniert wird.

Somit hat der Aufhebungsvertrag nach Ansicht des Gerichts die Wirkung eines Schuldanerkenntnisses und der Vermögensberater kann keine Forderungen geltend machen.

OLG Frankfurt zur Verjährung und zum Umfang eines Buchauszuges

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte in einem Berufungsurteil am 16.8.2016 einer ehemaligen Vermögensberaterin der DVAG einen Buchauszug gemäß §87c Abs. 2 HGB zugesprochen.

Die Parteien hatten bereits vor dem Landgericht über Provisionsrückforderungen gestritten. Einerseits hatte die DVAG Provisionsvorschüsse aufgrund von Stornierungen zurückgefordert, andererseits hatte die Vermögensberaterin widerklagend einen Anspruch auf einen Buchauszug erhoben, um mit Hilfe von diesem etwaige weitere Ansprüche gegen die DVAG geltend machen zu können.

Die Parteien führten bis zum 31.01.2013 ein Vertragsverhältnis und beendeten dieses am 06.02.2013 mit einem Aufhebungsvertrag. In diesem Aufhebungsvertrag hatte die Vermögensberaterin ein Saldoanerkenntnis unterzeichnet. Bezüglich der Abschlussprovisionen, die bis zum Ende des Vertragsverhältnisses eingereicht, aber noch nicht abgerechnet waren und daher nicht in das Anerkenntnis fallen konnten, blieb ein Anspruch bestehen.

Das Oberlandesgericht entschied, dass die DVAG einen Buchauszug mit folgenden Informationen erteilen muss:

– Name des Versicherungsnehmers und/oder Vertragspartners

– Policen- und/oder Versicherungsscheinnummer

– zu Art und Inhalt des Vertrages die Sparte, die Tarifart, die Prämien und/oder provisionsrelevanter

Sondervereinbarungen

– Vertrags- und/oder Versicherungsbeginn

– bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers

und Laufzeit des Vertrages

Das Oberlandesgericht hatte im Vergleich zum Landgericht den Anspruch insoweit eingegrenzt, als dass der Buchauszug nicht, wie ursprünglich beantragt, alle Geschäfte, welche in den Vertragsjahren eingereicht worden waren enthalten.

Aus den Vorschriften der §§ 92, 87, 87a HGB ergebe sich nämlich, dass der Handelsvertreter nur einen Buchauszug über die Geschäfte verlangen könnte, für die ihm ein Provisionsanspruch gebührt.

Da die Vermögensberaterin jedoch in dem Aufhebungsvertrag ein Saldoanerkenntnis unterzeichnet hatte und ein Anspruch nur noch in Bezug auf bis dato nicht abgerechnete Abschlussprovisionen, nicht jedoch in Bezug auf Betreuungsprovisionen bestünde, müsse der Buchauszug insoweit eingeschränkt sein.

Zum einen müssten die abgerechneten und anerkannten Abrechnungen nicht berücksichtigt werden.

Zum anderen hatte die Vermögensberaterin zusätzliche Angaben zu dynamisierten Lebensversicherungen verlangt. Diese jedoch stellen Betreuungsprovisionen dar, nicht etwa Abschlussprovisionen, sodass diese Angaben im Buchauszug nicht enthalten sein müssten.

Der Buchauszug müsse auch nur Informationen über die Geschäfte enthalten, die bis zum 31.03.2013 eingereicht worden waren, in dem Anerkenntnis jedoch noch nicht enthalten waren.

Einwände bezüglich bereits abgerechneter Geschäfte, bei denen von der Vermögensberaterin eine falsche Abrechnung bzw. die Zugrundelegung falscher Promillesätze beanstandet wurden, konnten keinen Bestand haben, da diese Ansprüche durch das Saldoanerkenntnis erloschen waren.

Die DVAG hatte vorgetragen, die Vermögensberaterin könne sich aus ihren eigenen Unterlagen einen Buchauszug zusammenstellen. Dies lehnte das Gericht ab. Es bestünde keine Verpflichtung für die Vermögensberater ihnen übersandte Unterlagen chronologisch zu ordnen und aufzubewahren, um sich dann die für sich relevanten Informationen zur Nachprüfung von Abrechnungen und Ansprüchen selbst herauszusuchen.

Die übersandten Provisionsabrechnungen könnten einen Buchauszug nur dann ersetzen, wenn sie sich lückenlos über die gesamte Vertragslaufzeit erstreckten und zusätzlich alle Informationen enthielten, die für einen ordnungsgemäßen Buchauszug erforderlich seien.

Im vorliegenden Fall bewertete das Gericht die Abrechnungen hierfür als nicht ausreichend. Insbesondere fehlten Angaben zu stornierten Geschäften, die genaue Mitteilung der Stornogründe und die Beschreibung der ergriffenen Stornobekämpfungsmaßnahmen.

Informationen zu letzteren waren nur bei erfolgreicher Stornobekämpfung aufgeführt. Da für die Vermögensberater jedoch gerade im Fall des Misserfolges die Informationen zur Stornobekämpfung ausschlaggebend seien, könnten die Abrechnungen den Anforderungen hier nicht genüge tragen.

Auch eine Nachreichung der fehlenden Informationen käme nicht in Betracht, da der Buchauszug eine „geordnete Darstellung der provisionsrelevanten Tatsachen zu enthalten hat“.

Zweck des Buchauszuges sei es Sicherheit über Provisionsansprüche zu verschaffen und eine Nachprüfung zu ermöglichen. Nur bei einer solchen geordneten Darstellung, sei dies möglich.

Die DVAG hatte im Rahmen des Rechtsstreits zu einigen Stornierungsfällen vorgetragen und wollte dadurch den Buchauszug ersetzen. Auch dies ließ das Gericht nicht ausreichen. Die DVAG hatte hier nämlich nur zu den Fällen vorgetragen, die ihrer Meinung nach oberhalb der von ihr angenommen Bagatellgrenze (100,00 €) lägen. In diesem Fall kam es jedoch gerade auf die kleineren Fälle an.

Der Einwand, die DVAG sei aufgrund ihrer eigenen Bücher nicht in der Lage einen solchen Buchauszug zu erstellen, wurde ebenfalls abgewehrt. Der Unternehmer sei bei mehrstufigen Vertretungsverhältnissen als Hauptvertreter verpflichtet, sich erforderliche Unterlagen aller Geschäftspartner zu verschaffen.

Zudem wollte die DVAG eine Verjährung geltend machen. Das Gericht erklärte, dass zwar generell auch für einen Buchauszug die dreijährige Verjährungsfrist gem. §195 BGB gelte und diese mit Ablauf des Jahres beginne, in dem der Anspruch fällig geworden ist. Der Anspruch auf einen Buchauszug werde jedoch erst dann fällig, wenn er erstmalig verlangt wird. Somit kam eine Verjährung nicht in Betracht.

Eine von der DVAG behauptete Rechtsmissbräuchlichkeit seitens der Vermögensberaterin wurde ebenfalls verneint.

Eine Rechtsmissbräuchlichkeit sei nicht aufgrund der Tatsache anzunehmen, dass die Vermögensberaterin bisher keine Provisionsabrechnungen beanstandet hatte. In diesem Verhalten sei keine endgültige Einigung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer über die Provision und Abrechnung zu erkennen. Nur eine solche Einigung könne den Anspruch auf einen Buchauszug im Wege der Rechtsmissbräuchlichkeit ausschließen. Vorliegend hatten sich die Parteien lediglich auf ein Saldoanerkenntnis zu einem bestimmten Zeitpunkt geeinigt.

Unzulässige fristlose Kündigung durch DVAG führt zu Schadenersatz

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main verurteilte am 03.11.2016 in einem Berufungsverfahren die DVAG an einen ehemaligen Handelsvertreter eine sechsstellige Summe als entgangenen Gewinn nach einer fristlosen Kündigung zu zahlen.

Die DVAG hatte den Handelsvertreter, welcher Direktionsleiter war und sowohl selber warb, als auch andere Vermögensberater betreute, im März 2009 aus persönlichen Gründen fristlos gekündigt.

Dieser hatte die ihm gemachten Vorwürfe bestritten und seinerseits selbst im darauffolgenden April gekündigt.

Daraufhin hatte er Schadensersatzansprüche wegen entgangener Provisionen geltend gemacht und wollte diese mit einer noch bestehenden Darlehensforderung der DVAG aufrechnen.

Der Vermögensberater verlangte seinen Schadensersatz für drei Jahre, die im Falle einer ordentlichen Kündigung die Kündigungsfrist gewesen wären.

Die Berechnung stellte er so auf, dass er die vergangenen drei Jahre 2006-2008 als Vergleich heranzog und die Provisionen einschließlich Folgeprovisionen, Zusatzleistungen und Stornoreserve addierte und aus der Gesamtsumme aller drei Jahre einen monatlichen Mittelwert bildete.

Im Anschluss zog er den Verdienst, den er bei seiner neuen Tätigkeit, welche zwei Monate nach der Kündigung begann, erzielte, ab.

Das Oberlandesgericht gab dem Vermögensberater Recht. Seine Klage sei begründet, da die Schadensersatzforderung die Darlehensrückforderung übersteige.

Die fristlose Kündigung der DVAG aus persönlichen Gründen hielt das Oberlandesgericht für unberechtigt. Diese hätte den Handelsvertreter zur eigenen Kündigung bewegt und dadurch seien ihm die Einnahmen entgangen, die er bis zum nächstmöglichen Termin einer ordentlichen Kündigung (Ende 2012) gehabt hätte.

Der Schadensberechnung stimmte das Oberlandesgericht zu.

Die Berechnung aufgrund der Vergleichswerte der vergangenen drei Jahre könne als Indikator für die Verlustschätzung herangezogen werden.

Gemäß §252 S. 2 BGB, welchen der Vermögensberater zur Beweiserleichterung heranziehen kann, gilt der Gewinn als entgangen, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge erwartet werden konnte.

Dementsprechend erscheint es laut dem Oberlandesgericht sinnvoll die Ergebnisse aus den Vorjahren des schädigenden Ereignisses heranzuziehen. Es läge nahe, dass vergleichbare Einnahmen auch in der Folgezeit erzielt worden wären.

Dem stehe auch nicht der Einwand der DVAG entgegen, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge einer ordentlichen Kündigung die Einnahmen des Vermögensberater langsam abgenommen hätten, weil sich die zu seinem Bereich gehörenden Vermögensberater von ihm abgewendet hätten. Eine solche Vermutung kann nicht aufrechterhalten werden.

Für alle Vermögensberater der Struktur des Klägers hätte bis zum Ende der Vertragslaufzeit die Pflicht zu loyalem Verhalten bestanden. Auch im Eigeninteresse der anderen Vermögensberater hätte es sich gelohnt weiterhin gute Umsätze zu erzielen, um eventuell die Chance eines Aufstiegs innerhalb der Struktur wahrzunehmen. Auch diesbezüglich wäre es nur von Vorteil die aufgebaute Organisation aufrechtzuerhalten.

Auch der Einwand, dass die Einnahmen des Vermögensberaters generell eine rückläufige Tendenz gehabt hätten wurde vom Oberlandesgericht entkräftet. Die DVAG hatte hierzu Zahlen vorgetragen aus denen sich ergab, dass der Vermögensberater im dritten Jahr des herangezogenen Zeitraums einen niedrigeren Gewinn erzielt hatte als im zweiten. Da jedoch im zweiten Jahr dieses Zeitraums die erzielte Summe wiederum höher war als im ersten, kam das Oberlandesgericht zu der Überzeugung, dass es sich um branchenübliche Schwankungen handelte. Es handelte sich um einen Rückgang bzw. einen Anstieg von 3-5%. Dieser sei kein Indiz für eine generell rückläufige Tendenz.

Bezüglich bestimmter Sonderleistungen, in Form von Boni, stellte das Oberlandesgericht fest, dass solche Leistungen, die nachweislich im Zeitraum nach der Kündigung eingestellt wurden nicht berücksichtigt werden können. Nur Boni die auch tatsächlich im Folgezeitraum an andere Vermögensberater bei bestimmten Ergebnissen ausgezahlt wurden, könnten, sofern sie nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge auch für den in Rede stehenden Vermögensberater in Betracht gekommen wären, mitberechnet werden.

Im Hinblick auf Tankgutscheine, Bonushefte und ähnliches führte das Gericht aus, dass solche nicht in der Berechnung berücksichtigt werden könnten. Zum einen sei teilweise nicht zu erkennen, wie diese Sonderleistungen angerechnet werden sollen, außerdem seien sie so geringwertig, dass eine Berücksichtigung nicht notwendig sei.

Der Einwand der DVAG, die Stornoreserve dürfe bei der Berechnung des Vermögensberaters nicht mit berücksichtigt werden, weil diese Provisionen noch nicht endgültig verdient seien, hatte keinen Erfolg. Weil die Betrachtung der letzten drei Jahre erkennen ließe, dass sich die Stornoreserve nicht wesentlich verändert hat, kann diese ebenfalls mit einbezogen werden. Es sei davon auszugehen, dass die verdienten Provisionen „im Wesentlichen auch den Einnahmen … entsprochen haben“.

Dass die Stornoreserve während des Verfahrens langsam zur Neige ging, erklärte das Gericht für normal.

Da es sich nicht um eine ordentliche Kündigung handelte, war der Kläger nicht an das vertragliche Wettbewerbsverbot gebunden. Es lag somit nah, dass er einige seiner Kunden mitnahm bzw. die Verträge umdeckte und somit die Stornoreserve schrumpfte. Ohne die fristlose Kündigung wäre dies nicht geschehen, dann wäre der Vermögensberater nämlich an das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gebunden gewesen und hätte sich im eigenen Interesse darum bemüht, Stornierungen während der restlichen Vertragslaufzeit zu minimieren, da diese auch seinen Verdienst geschmälert hätten.

Zudem hat der Vermögensberater sich den Verdienst bei seiner neuen Tätigkeit anrechnen lassen. Beruht die Verminderung der Stornoreserve darauf, dass Kunden zu der neuen Tätigkeit des Vermögensberaters abwandern, so hat die DVAG laut dem Oberlandesgericht letztlich keinen Nachteil.

Soweit sich die Klage auch auf die Folgeprovisionen bezog, wurde diese abgewiesen. Das Grundurteil auf den Schadensersatz für entgangene Provisionen beziehe sich eben nicht auf solche, sondern nur auf die entgangenen Provisionen für „Neuabschlüsse und entgangene sonstige Zahlungen“. Die Folgeprovisionen seien vielmehr dem Ausgleichsanspruch zuzuordnen und müssten über diesen geltend gemacht werden.

Der Abzug der in der neuen Tätigkeit erzielten Gewinne sei angemessen.

Zudem müssten ersparte Aufwendungen abgezogen werden.

Diese waren vorliegend insbesondere dadurch entstanden, dass der Vermögensberater bei seiner im wesentlich gleichen neuen Tätigkeit geringere Kosten für die Büromiete hatte. Diese werden ebenfalls von der Klageforderung abgezogen.

Soweit der Vermögensberater auch Kosten für einen Umzug geltend machen wollte, wurde dies vom Oberlandesgericht abgewiesen. Umzugskosten seien kein Kündigungsschaden, da sie auch entstanden wären, wenn der Vermögensberater selbst ordentlich gekündigt hätte.

Zusammengefasst berechnet sich der entgangene Gewinn wie folgt:

–        Provisionseinnahmen mit Sonderleistungen (genauer s.o.) und Stornoreserve ohne Folgeprovisionen der letzten drei Jahre addiert

–        geteilt durch 36 (fiktives Monatseinkommen)

–        abzüglich des Verdienstes der neuen Tätigkeit (nur in den Monaten im Rahmen der ordentlichen Kündigungsfrist, in denen diese tatsächlich schon bestand)

–        multipliziert mit der Anzahl der Monate im Rahmen der ordentlichen Kündigungsfrist, in denen der Gewinn entgangen ist

= Entgangener Gewinn

Buchauszug abgewiesen

In einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main hatte das Gericht über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Eine in der Vergangenheit bei der DVAG angestellte Vermögensberaterin machte viereinhalb Jahr nach Vertragsbeendigung durch eigene fristlose Kündigung Ansprüche auf Provisionszahlung, Ansprüche auf Auszahlung des Guthabens aus dem Versorgungswerk und einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs geltend.

Im Handelsvertretervertrag war eine Kontokorrentabrede vereinbart. Diese beinhaltete, dass Gutschriften, Belastungen und Zahlungen in einem Kontokorrentkonto zusammengefasst werden würden.

Die Vermögensberaterin hatte den Anspruch auf Provisionszahlung auf eine Abrechnung gestützt, aus der sich ein Betrag für Provisionsrückstellung ergibt.

Gegenstand der oben erwähnten Kontokorrentabrede ist laut dem Oberlandesgericht jedoch, dass gerade kein Anspruch mehr auf die Einzelforderungen besteht, sondern lediglich der Gesamtsaldo gelte, um einen etwaigen Anspruch zu begründen.

Nach diese Abrede verlören Einzelansprüche ihre rechtliche Selbstständigkeit, sie werden zu Rechnungsposten. Der Betrag für die Provisionsrückstellung sei jedoch eben solch ein Einzelposten und könne daher nicht einzeln geltend gemacht werden. Im Gesamtsaldo ergebe ich im Übrigen für die Vermögensberaterin kein positiver Saldo.

Hätte die Vermögensberaterin Einwände gegen die Richtigkeit der in Rede stehenden Abrechnung gehabt, so hätten diese geltend gemacht werden müssen.

Eine Rüge gegen das Gericht gemäß §139 ZPO wegen eines fehlenden Hinweises auf diese Pflicht hatte keinen Erfolg. Dazu führte das Gericht aus, dass diese Rüge nur dann erhoben werden könnte, wenn ausreichend dargelegt werden würde, was genau auf einen entsprechenden Hinweis vorgetragen worden wäre. Dies sei hier nicht geschehen. Somit wurde der Anspruch abgewiesen.

Der hilfsweise Anspruch auf Auszahlung des Versorgungswerks wurde ebenfalls abgelehnt.

In den Bedingungen über das Versorgungswerk, welche die Vermögensberaterin auch vorgelegt hatte, wäre vereinbart, dass die Ansprüche zur Absicherung von Ansprüchen der DVAG auf Rückzahlung der von der Vermögensberaterin geleisteten Mittel zum Aufbau des Versorgungswerks und auch zur Absicherung des Versorgungszwecks, nämlich der Altersvorsorge, bis zum Erreichen des Alters von 60 Jahren abgetreten würden.

Dieses Alter hatte die Vermögensberaterin noch nicht erreicht.

Dem Einwand, der Sicherungszweck – die Absicherung der Ansprüche seitens der DVAG – sei mittlerweile weggefallen hielt das Gericht entgegen, dass eben nicht nur das der Zweck der Absicherung sei, sondern auch und vor allem die Altersversorgung. Diese könne nur gewährleistet werden, wenn die Vermögensberater, wie vereinbart erst mit Erreichen des 60. Lebensjahres die volle Verfügungsberechtigung über die Depots erhalten.

Zum Anspruch auf den Buchauszug führte das Gericht kurz aus, der Anspruch sei verjährt.

Die Verjährung von Informationsrechten gemäß §87c beginne spätestens mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Vertrag rechtlich endet. Dies war bei der Klägerin das Jahr 2006, sodass der Anspruch auf den Buchauszug laut dem Oberlandesgericht jedenfalls im Jahre 2010 gemäß der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist verjährt ist.

Anschlag auf die Rechtsprechung

Die Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung hat manchmal illustre Formen. Darüber wurde hier im Blog des öfteren berichtet.

Vielleicht hätte SPD-Chef Schulz manch Urteil als Anschlag auf die Rechtsprechung gewertet, wie es auch die Mandantschaft tat. Eine bloß uneinheitliche Rechtsprechung dazu zu zählen, ist aber sicher übertrieben.. Auch wenn die Mandantschaft bei einem aktuellen Urteil des OLG Frankfurt diese deutlichen Worte fand. Dabei ging es um die Verjährung des Buchauszuges, der den Gerichten immer wieder Probleme und Kopfzerbrechen bereitet.

Das Gesetz gibt darüber nicht viel her. Die Rechtsprechung verhält sich bedeckt bis widersprüchig.

Ein oftmals formelhaft gewählter Buchauszug findet in der Rechtsprechung immer wieder Anklang. In dieser Form wurde dieser auch vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main und von anderen Oberlandesgerichten abgesegnet. Sogar der Bundesgerichtshof hatte sich mit dieser Form anfreunden können. Hier im Handelsvertreter-BLOG wurde er oft zitiert.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat nun einen solchen Buchauszug zurückgewiesen. Eine ehemalige Vermögensberaterin hatte in der ersten Instanz noch Erfolg, in der zweiten nicht mehr. Sie wünschte einen Buchauszug für den Zeitraum 2006 bis 2012, aus dem sich systematisch und geordnet die von der Klägerin vermittelten Geschäfte ergeben. Sie schied im Jahre 2006 aus. Die Klage wurde im Jahre 2010 erhoben. Zu spät käme dann die Klage auf den Buchauszug, zumal die dreijährige Verjährungsfrist, bezogen auf das Vertragsende, vorbei seien. Dass die Verträge oft eine Haftungszeit von sechs Jahren haben, und Provisionen erst im Jahre 2011 verdient sein könnten, wollte das Gericht nicht gelten lassen.

Der Buchauszug und das Alter des Versicherungsnehmers

Dass dem einen oder anderen Richter das Thema Handelsvertreterrecht Unbehagen bereitet, wurde hier im Blog bereits erwähnt. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in einem Urteil vom 23.02.2017 dieses Unbehagen zum Ausdruck gebracht – durch eine abermals fehlerhafte Entscheidung . Das geschah trotz entsprechender Hinweise in der mündlichen Verhandlung. Es geht um einen Buchauszug,, der in dieser Form, in der er geltend gemacht wurden, von vielen Gerichten abgesegnet wurde.  Auch der Bundesgerichtshof beanstandete diese Form des Buchauszugs nicht.

Ein ehemaliger Vermögensberater hatte diesen Buchauszug gegenüber der DVAG geltend gemacht. Erstinstanzlich wurde er in dem vollen Umfang entsprochen. Das Oberlandesgericht hatte diesen Buchauszug jedoch nunmehr etwas gekürzt, zeitlich und auch vom Inhalt her. Das Gericht kam nach inhaltlicher Würdigung zu dem Ergebnis, dass der Handelsvertreter nicht das Geburtsdatum des Versicherungsnehmers erfahren dürfe und eine zusätzliche Angabe über die Jahresprämie stände ihm auch nicht zu. Schließlich bekomme er durch den Buchauszug bereits Auskünfte über die vereinbarte Prämie. Darüber hinaus die Angabe über die Jahresprämie zu verlangen, wäre unnötig, weil diese ja selbst ausgerechnet werden könnte. An dieser Stelle lag das Gericht noch richtig.

Die Angabe des Geburtsdatums des Kunden zu dessen Identifizierung ist regelmäßig nicht erforderlich, so führte das OLG in seiner Begründung aus. Dabei verwies das OLG Frankfurt auf ein weiteres Urteil des OLG Frankfurt vom 18.09.2012 unter dem Aktenzeichen 5 U 101/09.

An dieser Stelle irrt das Gericht jedoch. Das Geburtsdatum dient nicht der Identifizierung des Versicherungsnehmers. In der Tabelle der Grundprovisionen des Vermögensberatervertrages in der Form von 2007 ist unter den Hinweisen zur Tabelle unter Ziffer 6 geregelt: „Als Bewertungssumme geht die der Hauptversicherung zugrunde liegende Summe der Bruttojahresbeiträge (Prämie x Zahlweise x Beitragszahlungsdauer bzw. Aufschubzeit bei Rentenversicherungen). Es werden maximal die Beiträge der ersten 35 Jahre berücksichtigt, begrenzt auf die Veränderung des 75. Lebensjahres der versicherten Person.“ Dass deshalb das Geburtsdatum für die Berechnung von Provisionen maßgeblich ist, hatte der Richter bei Abfassung des Urteils offensichtlich übersehen.