DVAG

Keine Bestandsprovisionen bei der DVAG?

Fondsprofessionell berichtete, dass die DVAG keine Bestandsprovisionen zahlen würde, weder im Investment noch im Altersvorsorgegeschäft. Die Vermögensberater würden nur am Abschluss oder bei Beitragserhöhungen verdienen. Alle Bestandsprovisionen würden bei der DVAG verbleiben.

Ist dies eigentlich so richtig? Vielleicht ist es eine Frage der Definition. Richtig ist, dass ein Vermögensberater eine Abschlussprovision als Gegenleistung für seine Vermittlungstätigkeit erhält. (Ziff V des Vermögenseratervertrages). Einzelheiten regelt die Tabelle der Grundprovisionen.

Im Bereich der Sachversicherungen finden wir z.B. die Haftpflichtversicherungen. Daneben ist ein Provisionssatz von 15 % zu sehen und daneben die Ziffern 8 und 30.

Unter den Hinweisen zur Tabelle werden diese Ziffern erläutert. Dort heißt es unter Ziff 8 im 2. Satz, dass die Folgeprovision ratierlich entsteht und mit Beginn des 2. Versicherungsjahres.

Folglich gibt es bei der DVAG regelmäßig diese Folgeprovisionen für jeden dort genannten vermittelten Versicherungsvertrag, wenn der Vertrag fortgeführt wird. Je größer der Bestand ist, desto höher sind diese Provisionen insgesamt.

Bestandsprovisionen sind nach Focus Online eine übliche Form der Vergütung beim Vertrieb von Versicherungen und Investmentfonds. Den Vermittlern wird ein Anreiz gegeben, ihre Produkte nicht nur zu verkaufen, sondern auch im Bestand zu halten und zu betreuen.

Je nach Auslegung dürften die Folgeprovisonen dieser Definition entsprechen.

Im Krankenversicherungsgeschäft ist eine ähnliche Regelung nicht zu finden. Hier gibt es nur eine einmalige Provisionszahlung. Hier können evtl. freiwillige Leistungen einen Vermögensberater mit einem hohen Krankenversicherungsbestand unterstützen. Aber auf diese gibt es keinen Rechtsanspruch.

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Die Mär vom Berufsvervot

Beharrlich hält sich die Mär vom angeblichen Berufsverbot. Viele Vertriebspartnerverträge sollen ein solches Berufsverbot enthalten. Die Gerüchteküche lässt auch das Berufsverbot immer wieder aufleben.

Viele haben kein Verständnis dafür, dass sie als Handelsvertreter eventuell dem Verbot anderer Tätigkeiten unterliegen. Man sei doch eigentlich als Handelsvertreter frei und nicht eingeschränkt.

Diese Vorstellung hält sich wacker in der Vertriebsbranche, ist aber weitgehend falsch.

Eine erhebliche berufliche Einschränkung ergibt sich für den Handelsvertreter bereits aus dem Gesetz. Gemäß § 86 Abs. 1 HGB ist der Handelsvertreter verpflichtet, die Interessen des Unternehmens mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen. Dazu zählt insbesondere die Verpflichtung, nicht in Konkurrenz/ Wettbewerb zu seinem Unternehmer zu treten.

Wer zum Beispiel Staubsauger für die Firma Vorwerk verkaufen soll, darf während der Zeit des Handelsvertreterverhältnisses keine anderen Staubsauger verkaufen.

Dieses Prinzip gilt auch in der Finanzdienstleistungsbranche. Wer Produkte einer bestimmten Versicherungsgesellschaft verkaufen soll, darf keine anderen Produkte anderer Versicherungsgesellschaften verkaufen. Dieses Verbot ergibt sich bereits aus dem Gesetz. Von Berufsverbot zu sprechen ist daher sicher verfehlt.

Viele Vertriebspartnerverträge, zum Beispiel auch der Vermögensberatervertrag der DVAG, haben dies entsprechend ausformuliert. Doch auch dort ist eine Tätigkeit, soweit diese mit § 86 Abs. 1 HGB in Einklang zu bringen ist, nicht gänzlich ausgeschlossen.

Wenn der Handelsvertretervertrag rechtlich sein Ende gefunden hat, gilt § 86 Abs. 1 HGB nicht mehr und der Mitarbeiter ist grundsätzlich in jeglicher Berufswahl nicht mehr beschränkt.

Das gesetzliche Wettbewerbsverbot gilt dann nicht mehr.

Aufpassen muss jedoch der Handelsvertreter, der in seinem Vertriebspartnervertrag ein Wettbewerbsverbot innehat, das über den Handelsvertretervertrag hinausgeht, mithin nachvertraglich gilt.

Für den Fall des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gilt § 90 a HGB. Ein solches Wettbewerbsverbot darf für längstens 2 Jahre geschlossen werden und bedarf zu seiner Wirksamkeit einer besonderen Form.

Hier sollte in besonderem Maße aufgefasst werden, denn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot stellt sehr wohl oft eine erhebliche berufliche Einschränkung dar. Die Rechtsprechung hat im Übrigen bereits einige nachvertragliche Wettbewerbsverbot für unwirksam erklärt.

Sollte jemand Zweifel haben, ob ein vorgelegtes vertragliches Dokument eine solche Einschränkung beinhaltet, so ist jedenfalls rechtlicher Rat zu empfehlen.

Direktionsleiter der DVAG kein Arbeitnehmer

Ein früherer Direktionsleiter der Deutschen Vermögensberatung klagt vor dem Arbeitsgericht und erfuhr nunmehr, dass dieses gar nicht nicht zuständig sei.

Über diesen Vorfall berichtet Fondsprofessionell.de am 18.04.2024.

Ein langjähriger Vermittler der Deutschen Vermögensberatung schaffte es dort bis zur höchsten Stufe und wurde Direktionsleiter. Beschäftigt ist er im Rahmen des Vermögensberatervertrages als Handelsvertreter.

Dennoch meinte er, das Arbeitsgericht sei zuständig, weil es sich hier um einen Fall der Scheinselbstständigkeit handeln würde.

Indiz dafür soll gewesen sein, dass die DVAG ihre Vermögensberaterverhör als Mitarbeiter bezeichnet hatte und heutzutage nicht mehr. Außerdem soll ein Vermögensberater nicht frei in der Wahl der Produkte gewesen sein und auch nicht hätte für andere Auftraggeber tätig werden dürfen.

Eine Klage vor dem Arbeitsgericht ist für eine klagende Partei insofern eine prozessuale Erleichterung, als sie hier – im Gegensatz zu einer Klage vor dem Amts- oder Landgericht – keinen Gerichtskostenvorschuss leisten muss. Im Falle einer Einigung würden gar keine Gerichtskosten entstehen. Außerdem müsste man im Fall einer Niederlage vor dem Arbeitsgericht nicht die gegnerischen Rechtsanwaltskosten erstatten.

Außerdem hätte es von tragender Bedeutung sein können, wenn ein Vermögensberater als Arbeitnehmer eingestuft worden wäre.

Der ehemalige Direktionsleiter müsste allerdings bereits über das Arbeitsgericht Frankfurt erfahren, dass sich dies nicht für zuständig hielt. Gegen einen entsprechenden Beschluss legte er Beschwerde ein. Sodann kam es vor dem Landesarbeitsgericht Frankfurt am 17.04.2024 zu einer mündlichen Verhandlung darüber, ob das Arbeitsgericht zuständig sei.

Das Landesarbeitsgericht soll wohl in dieser Verhandlung seine Prüfung darauf fokussiert haben, ob eine Zuständigkeit gemäß § 5 Abs. 3 ArbGG vorliegt. Darauf, ob der Direktionsleiter scheinselbstständig oder gar Arbeitnehmer gewesen sein soll, hatte das Landesarbeitsgericht in der mündlichen Verhandlung nicht mehr abgestellt.

Für das Landesarbeitsgericht Frankfurt ging es darum, ob gemäß Vermögensberatervertrag die Tätigkeit für ein anderes Unternehmen vollständig ausgeschlossen war.

Dabei schloss sich das Landesarbeitsgericht wohl einer Auffassung des BGH an. Der BGH entschied am 18.07.2013 unter dem Aktenzeichen VII ZB 27/12 das Streitigkeiten zwischen Vermögensberater und DVAG zu ordentlichen Gerichten gehören. Ein Vermögensberater, der eine anderweitige Tätigkeit anstrebe, müsse spätestens 21 Tage zuvor dies der DVAG anzeigen und entsprechende Unterlagen über diese Tätigkeit vornehmen. Eine konkrete Regelung ergibt sich aus dem Vermögensberatervertrag.

Der Handelsvertreterblog hatte darüber ausführlich berichtet.

Eine schriftliche Entscheidung soll noch nicht vorliegen. Das Landesarbeitsgericht Frankfurt hatte jedoch schon eine Tendenz angedeutet.

Risse im Narrativ der DVAG?

Am 15.02.2024 kommentierte Bernd Mikosch von dem Magazin Fondsprofessionell, dass ein wichtiges Narrativ der DVAG Risse bekommen hätte. Zuvor erinnerte er daran, dass die DVAG von der Bürgerbewegung Finanzwende im Rahmen eines 22-seitigen Dossiers und auch von dem Satiriker Jan Böhmermann in seiner Sendung ZDF Magazin Royale Kritik eingefangen hätte.

Mit dem wichtigen Narrativ wurde an ein zentrales Versprechen an die Vermögensberater erinnert, welches angeblich gebrochen worden sein soll.

Ebenfalls am 15.02.2024 berichtet Fondsprofessionell darüber, dass die DVAG ihr eigenes Karrieresystem torperdiere.  Einzelne Vermittler wurden mit Sonderprovisionen und weiteren Begünstigungen bedacht, die ihnen eigentlich gar noch zugestanden hätten, heißt es im Artikel.

Dabei soll der Grundsatz, dass jeder Vermögensberater und jede Vermögensberaterin die gleichen Chancen und Perspektiven hätten, verletzt worden sein.

Inhaltlich geht es um eine sogenannte ED-Provision. Der Direktionsleiter stellt die höchste Stufe im Struktursystem der DVAG dar. Soweit der darunter eingeordnete Regionaldirektionsleiter RD I entsprechende Voraussetzungen erfüllt, steigt er zum Direktionsleiter auf.

Die Folge ist, dass sich dadurch eine völlig neue Struktur bildet und der Direktionsleiter der ursprünglichen Struktur die Einnahmen aus der ehemaligen Unterstruktur verlieren könnte.

Aus diesem Grunde soll eine sogenannte ED-Provision, abgekürzt ED 1, erschaffenwoden sein.

Innerhalb der Direktionsleitungen gibt es laut Bericht dann noch verschiedene Karrierestufen, die mit der ED 1 beginnen. Mit der ED 7 soll man dann ganz oben angekommen sein.

Fondsprofessionell meint, dass ein Direktionsleiter angeblich einer ED-Stufe entsprochen hätte, ohne jedoch das Kriterium der „direkt nachgewachsenen Direktionen“ zu erfüllen, das der Vermögensberatervertrag als Voraussetzung vorsieht.

Anmerkung:

Möglicherweise verstößt die DVAG dabei allenfalls gegen eigene interne Absichten. Ein vertraglicher Bruch oder gar ein Anspruch eines davon nicht betroffenen Vermögensberaters dürfte es nicht geben.

Im Arbeitsrecht gibt es den sogenannten arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, der den Arbeitgeber zur prinzipiellen Gleichbehandlung der beschäftigten Arbeitnehmer verpflichtet. Er verbietet eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sowie eine Differenzierung zwischen Arbeitnehmer einer bestimmten Ordnung ohne sachlichen Grund.

Einen solchen allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz und entsprechend sich daraus ergebene Ansprüche gibt es im Handelsvertreterrecht jedoch nicht.

Wann ein ausgeschiedener Vermittler keine Besuchsaufträge bekommen darf

Wenn ein vermittelter Versicherungsvertrag storniert wird, müssen zu weilen Provisionsvorschüsse zurückgezahlt werden.

Gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB entfällt die Rückzahlungspflicht jedoch, wenn das Unternehmen die Stornierung zu vertreten hat. Das Unternehmen ist demnach zur Stornobekämpfung/Nachbearbeitung verpflichtet.

Der Bundesgerichtshof entschied immer wieder, dass diese Nachbearbeitung so stattfinden kann, dass das Versicherungsunternehmen dem ausgeschiedenen Versicherungsvertreter Stornogefahrmitteilungen übersenden kann. Man spricht dann auch oft von Besuchsaufträgen. In diesen Besuchsaufträgen muss darüber informiert werden, dass ein Versicherungsvertrag notleidend ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich das Unternehmen aussuchen, ob es die Stornobekämpfung im eigenen Hause durch einen Bestandsnachfolger vornehmen lässt, oder aber der Besuchsauftrag an den ausgeschiedenen Vertreter schicken kann.

Die Strukturvertriebe gehen dabei nicht einheitlich vor. Die Deutsche Vermögensberatung DVAG zum Beispiel lässt die Stornobekämpfung im eigenen Hause durch den Bestandsnachfolger vornehmen, wenn ein Vermögensberater ausgeschieden ist. Die OVB und auch MLP senden die Besuchsaufträge an den ausgeschiedenen Mitarbeiter.

Gegenstand der Besuchsaufträge sollten dann die konkreten Daten über den Versicherungsvertrag, der Grund der Stornobekämpfung und natürlich auch die entsprechenden Daten des Versicherungsnehmers bis hin zu den Kontaktdaten enthalten.

An dieser Stelle wird es problematisch.

Verfügt der ausgeschiedene Handelsvertreter über keine Erlaubnis gemäß § 34d GewO mehr, so darf er den Kunden in Hinblick auf eine drohende Stornierung nicht beraten!

Es besteht hier ein absolutes Tätigkeitsverbot!

Dies ist in den bisherigen Entscheidungen des BGH völlig unberücksichtigt geblieben.

Bedenklich ist auch, ob eine solche Mitteilung mit der Datenschutzgrundverordnung in Einklang steht.

DVAG zum Provisionsverbot

Laut Unternehmensbericht der DVAG aus dem Jahre 2022 verzeichnete man einen Umsatz von mehr als 2,2 Milliarden Euro und hat rund 8 Millionen Kunden.

Über 18.000 Vermögensberater sollen tätig sein. Außerdem gibt es mehr als 5.200 Direktionen und Geschäftsstellen.

Im Beirat der DVAG sind viele Personen aufgezählt, die ihren ursprünglichen Dienst bereits nicht mehr ausüben. Dort sind Bundesminister, Staatsminister, eine Oberbürgermeisterin, ein Bundeskanzler, ein Bundestagsvizepräsident und eine Bundesministerin, mit „a.D.“, genannt.

Mitglied des Beirates ist auch Herr Markus Ferber, Mitglied des europäischen Parlaments. Er vertritt dort die CSU. Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 02.05.2023 soll er sich gegen ein Provisionsverbot für Finanzprodukte ausgesprochen haben.

Er meint in einem Interview unter www.profil.bayern, dass bei einem Provisionsverbot viele Kleinanleger anderen Informationskanälen als die einer Anlageberatung zuwenden könnten.

Versicherungswirtschaft-heute schrieb am 21.08.2023, dass sich die Deutsche Finanzlobby erfolgreich gegen das von der EU-Kommission geplante Provisionsverbot für Anlagenberater durchgesetzt habe und verweist auf einen Artikel in der Spiegel, wonach eine Nebentätigkeit Interessenskonflikte aufwerfen könnte.

Am 15.02.2024 hatte sich der Bundesverband Deutscher Vermögensberater e.V. in einer Stellungsnahme an den Bundestag gewandt und sich u.a. gegen das Provsionsverbot ausgesprochen. Dort bezeichnet man sich als mitgliederstärkster deutscher Verband für Vermittler der Finanzbranche, der die Interessen von derzeit gut 15.000 Mitgliedern und Mitgliedsunternehmen mit insgesamt annähernd 40.000 Vermögensberaterinnen und Vermögensberatern vertreten soll. Woher die 40.000 Vermögensberater kommen sollen, steht da leider nicht.

Als Partner des BDV bzw. Fördermitglieder werden übrigens Global-Finanz aus Bonn und Telis-Finanz aus Regensburg angegeben.

Ausgleichsanspruch auch für die Struktur

Auch wer im Strukturvertrieb überwiegend betreuende Tätigkeiten ausgeführt hat, kann einen Anspruch auf den Ausgleich gem. § 89 b HGB haben. Der Ausgleichsanspruch ist u.U. auch für die auf- und ausgebaute Struktur zu zahlen.

Ein Handelsvertreter kann zur Erledigung seiner Vermittlungsaufgaben Untervertreter beauftragen. Im Sprachgebrauch gibt es echte Untervertreter, die mit dem Handelsvertreter in einem direkten Vertragsverhältnis stehen und unechte Untervertreter, die nur in einem Vertragsverhältnis mit dem Unternehmer stehen. Im typischen Strukturvertrieb, z.B. bei der DVAG, handelt es sich um unechte Untervertreter. Mitarbeiter in der Struktur binden sich vertraglich, ebenso wie der Handelsvertreter mit der Leitungsfunktion, mit dem Unternehmen.

Der Bundesgerichtshof urteilte in einem Urteil am 23.11.2011 unter dem Aktenzeichen VIII ZR 203/10, dass einem ehemaligen Vermögensberater der DVAG grundsätzlich ein Ausgleich auch für den Aufbau seiner Struktur zustehen kann.

Auf Seite 13 der Entscheidung heißt es:

Die soeben aufgezeigte Problematik der Aufteilung in vermittelnde unter verwaltende Vergütungsanteile stellt sich auch im Bereich der sogenannten Superprovisionen, durch die der Aufbau einer Vertriebsorganisation durch beispielsweise Einstellung, Einarbeitung und Betreuung von Untervertretung honoriert wird. Auch diese Superprovisionen können ausgleichspflichtig sein, soweit die Tätigkeit des Generalvertreters, Bezirksstellenleiters oder -wie hier- Generaldirektionsleiters Voraussetzung für das Arbeiten der ihm unterstellten Vertreter und daher mit ursächlich für die von diesen vermittelten Ausschlüssen ist …

Eine solche Mitursächlichkeit setzt -entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts- nicht zwingend voraus, dass der Generalvertreter die ihm unterstellten Vertreter auch tatsächlich betreut. Vielmehr kann je nach den Umständen des Einzelfalles schon die Mitursächlichkeit der Einstellung und Einarbeitung der Untervertreter ausreichen.

Etwas differenzierter sah es einmal eine Entscheidung des Oberlandesgericht München mit Urteil vom 10.07.2009 unter dem Aktenzeichen 7 U 4522/08. Wenn man nach den sogenannten Grundsätzen Leben abrechnet, soll es nach dieser Entscheidung keinen Ausgleichsanspruch für von unechten Untervertretern vermittelten Lebensversicherungsverträge geben. Gegenstand dieser Entscheidung war ein Auskunftsanspruch, um den Ausgleichsanspruch zu berechnen. Das Oberlandesgericht München argumentierte, dass sich diese Einschränkung nur aus den sogenannten Grundsätzen ergibt. Bei einer anderen Berechnung würde es danach aber wohl keine Einschränkung geben.

Viele Vertriebe wenden ein, dass eine Provision nicht ausgleichsfähig wäre, weil diese als Entgelt für eine Leistung, nämlich der Verwaltung von Verträgen, gezahlt würde. In der Entscheidung des Oberlandesgericht München wurde auch darüber diskutiert, wann es sich um sogenannten Verwaltungsprovisionen handeln könnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 01.06.2005 (VIII ZR 335/04, RN 31), trifft die Darlegungs- und Beweislast dann den Unternehmer für eine Verwaltungsprovision, wenn nach der vertraglichen Provisionsregelung die Zweckbestimmung der zu zahlenden Provision nicht zweifelsfrei festzustellen ist.

Fristlose Kündigung unwirksam

Am 10.11.2014 entschied das Landgericht Stralsund klageabweisend über eine Kündigung und Schadenersatzforderung der Deutschen Vermögensberatung AG DVAG gegen einen entlassenen Handelsvertreter.

Der beklagte Handelsvertreter, der mehrere Jahre für die klagende Deutschen Vermögensberatung AG DVAG tätig war, wurde aufgrund einer vermeintlichen Konkurrenztätigkeit fristlos gekündigt. Die Klägerin forderte den Beklagten klageweise auf, die durch die fristlose Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses erwachsenen Schäden zu ersetzen. Dieses Begehren wurde durch das Gericht abgelehnt. Das Gericht erklärte die klägerseitig ausgesprochene fristlose Kündigung des Beklagten für unwirksam. Grundsätzlich ist eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 89 a Abs. 1 HGB wegen Konkurrenztätigkeiten möglich. Der Kündigungsberechtigte ist jedoch gemäß § 314 Abs. 3 BGB verpflichtet, die Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntniserlangung des Kündigungsgrunds zu erklären. Hierfür wird in der Rechtsprechung allgemein ein Zeitraum von weniger als 2 Monaten angesehen. Diese Frist wurde von der Klägerin überschritten, die sich auf vermeintliche Konkurrenztätigkeiten stützt, die zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung bereits mindestens 18 Monate zurückliegen. Die mithin unwirksame fristlose Kündigung ist gemäß § 140 BGB als ordentliche Kündigung zum nächsten Termin umzudeuten, da aus dem Schriftverkehr der Klägerin und Beklagten der Wunsch einer Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses deutlich hervorgeht und der Beklagte weiterhin von einer Beendigung mit ordnungsgemäßer Kündigungsfrist ausging. Die Schadensersatzklage wurde somit abgewiesen. Die Klägerin wurde im Rahmen einer Widerklage verurteilt, dem Beklagten eine Softwarepauschale über 1.000,00 € zurückzuzahlen.

Gegen dieses Urteil wurde Berufung eingelegt. Anschließend gab das Oberlandesgericht die Angelegenheit wieder zurück an das Landgericht, das dann erneut über die Anträge zu entscheiden hatte. Am 25.8.2022 wurde per Versäumnisurteil die Schadensersatzklage abgewiesen, und die Klägerin zur Zahlung eines Betrags von 1000 € und zur Erteilung eines Buchauszugs verurteilt.

Generali muss Buchauszug erteilen

Die Generali muss einen Buchauszug über einen Zeitraum von 8 Jahren erteilen. Dies ist der Tenor einer aktuellen Entscheidung des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 30.9.2022.

Der Kläger war lange Jahre bei der Generali als Angestellter im Außendienst tätig. Nach dem Ende des Arbeitsvertrages entstand auf der Geschäftspartnerabrechnung ein Minus. Dies sollte der ehemalige Mitarbeiter ausgleichen.

Daraufhin verlangte der Kläger einen Buchauszug über den Zeitraum von 8 Jahren, der folgende Bestandteile enthalten sollte:

Name des Versicherungsnehmers und/oder Vertragspartners sowie Geburtsdatum

Police- und/oder Versicherungsschein Nummer

Art und Inhalt des Vertrages

Jahresprämien

Vertrags- und/oder Versicherungsbeginn

bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages

Anschließend wurde dieser Antrag ergänzt um die Auskunft „Im Fall der Stornierung: Datum, Grund der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen“.

Die Generali erteilte einen Buchauszug, der jedoch die ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen nicht berücksichtigt hatte. Sie wandte ein, sie habe ja bereits erfüllt. Dies wurde vom Arbeitsgericht auch entsprechend gewertet.

Letztendlich wurde die Generali im Rahmen des Buchauszuges verurteilt, im Fall der Stornierung weitere Angaben zum Datum und Grund der Stornierung und zur Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen Auskunft zu erteilen.

Gemäß § 87 a Abs. 3 Satz 2 HGB ist ein Unternehmen einem Handelsvertreter gegenüber zur Durchführung von Bestandserhaltungsmaßnahmen verpflichtet. Diese Vorschrift gilt gemäß § 65 HGB auch für Mitarbeiter im Außendienst, wenn sie Provisionen erhalten. Kommt das Unternehmen seinen Pflichten zur Stornobekämpfung nicht nach, bleibt gemäß § 87 a Abs. 3 Satz 2 HGB der Provisionsanspruch erhalten.

Das Arbeitsgericht führt aus:“ Nach der Entscheidung des BGH vom 31.3.2001, Aktenzeichen VIII ZR 149/99, muss der Buchauszug nach § 87 c Abs. 2 HGB die zum Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung, Höhe und Fälligkeit der Provisionen des Handelsvertreters relevanten geschäftlichen Verhältnisse in klarer und übersichtlicher Weise vollständig widerspiegeln, soweit sie sich den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen. Nur dann kann der Zweck erfüllt werden, dem Handelsvertreter über seine Provisionsansprüche Klarheit zu verschaffen und ihm eine Nachprüfung der vom Unternehmen erteilten oder noch zu erteilenden Provisionsabrechnungen zu ermöglichen. Im Stornofall ist der Versicherungsvertreter auf die Information Datum der Stornierung, Stornogrund und ergriffenen Erhaltungsmaßnahmen angewiesen. Die seitens der Beklagten vorgelegte Anlage … Erfüllt diese strengen Voraussetzungen an einen Buchauszug nicht. Die Beklagte schuldet dem Kläger eine klare und übersichtliche Darstellung der begehrten Informationen. Eine Übersendung eines Anlagekonvoluts genügt dem nicht. Ein solches führt auch nicht zur teilweisen Erfüllung des Buchauszuges mit der Folge, dass lediglich ein Anspruch aus § 87 c Abs. 3 HGB auf Auskunft besteht. Der seitens des Klägers begehrte Buchauszug ist im Hinblick auf die Bestandteile „Datum der Stornierung“, „Grund der Stornierung“ und „Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen „nicht erfüllt.“

Die Beklagte wandte noch den Einwand der Verjährung ein. Das Gericht meinte, dass gemäß der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung die Provisionen noch nicht verdient seien und deshalb auch keine Verjährung vorliege.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Entscheidung hat deshalb Bedeutung, weil die Generali bekanntlich ihren eigenen Außendienst aufgab und diesen seit dem Jahre 2018 von der Deutschen Vermögensberatung fortführen ließ. Er stellt sich also die Frage, inwieweit der neue Außendienst, der den Bestand übernommen hat, eine Stornobekämpfungen durchgeführt hat.

Allerlei aus der Welt der Strukturvertriebe

Äußerst lesenswert ist eine aktuelle Analyse in versicherungswirtschaft-heute.de . Man hat sich dort sehr intensiv um Wesen und Unterschiede der großen Strukturvertriebe wie DVAG und OVB gekümmert, um neue und alte Vertriebe und um solche, die kein Strukturvertrieb sein wollen.

Es geht um Umsätze, Motivation und Incentives, um die Platzhirsche am Markt und auch um neue Vertriebe wie die Königswege GmbH.

Zu lesen ist das alles hier.

Buchauszug als Holschuld nachhaltig?

Jeder Handelsvertreter hat gemäß § 87 c Abs. 2 HGB einen Anspruch auf einen Buchauszug. Der Buchauszug dient der Kontrolle, ob die Provisionsabrechnungen in Ordnung sind. Da er sich auf sämtliche vermittelten Geschäfte bezieht, ist er zumeist sehr umfangreich.

Gerade in Zeiten, in denen sehr viel über Nachhaltigkeit und Umweltschutz gesprochen wird, könnte man auf den Gedanken kommen, dass der Buchauszug per Stick oder per E-Mail übersendet wird. Leider liegt dieser nachhaltige Gedanke fern der vertrieblichen Realität.

Gemäß § 87 c Abs. 2 HGB kann der Buchauszug “ verlangt“ werden. Dort steht erst mal nichts von Zusendung. Das BGB unterscheidet grundsätzlich zwischen Hol-, Schick- und Bringschuld. Gemäß § 269 BGB hat die Leistung an den Ort zu erfolgen, an welchen der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte, wenn nichts anderes bestimmt ist. Dies ist die sogenannte Holschuld. Wenn im Handelsvertretervertrag eine entsprechende Regelung nicht vorhanden ist, ist der Buchauszug nach diesem Verständnis abzuholen.

So entschied auch das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Beschluss vom 45. März 2008 unter dem Aktenzeichen I-16 W 77/07.

Die wenigsten Vertriebe senden den Buchauszug zu. In der Regel lässt man den Buchauszug sogar vorher noch einmal ausdrucken, sodass die Abholung nur in Papierform möglich ist.

In dieser Form stellen beispielsweise die großen Vertriebe DVAG, MLP und OVB die Buchauszüge zur Abholung bereit. Zu beachten ist, dass der Handelsvertreter zumeist persönlich den Buchauszug abholen muss. Die OVB begründet dies zum Beispiel mit dem Datenschutz.

Die Ergo dagegen hatte den Buchauszug sogar übersandt. Der Handelsvertreter musste also nicht weit reisen, um den Buchauszug abzuholen. Im Zeitalter des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit wäre es wünschenswert, wenn der ein oder andere Vertrieb seine Strategie überdeckt.