Cleverer Berater

Ein Mandant hat 3.000,- Euro über und fragt einen Berater nach einer guten Geldanlage. Ein Jahr später müssen der Mandant und seine Lebensgefährtin Privatinsolvenz anmelden sowie die bezahlte Eigentumswohnung verlassen.

Wie kann so etwas passieren?

Der Berater (V) hatte dem Mandanten (M) einen tollen Vorschlag unterbreitet, wie er kurzfristig einen Gewinn zwischen 3.500,- und 8.000,- Euro erwirtschaften könne. Ein anderer Kunde von ihm, der Baunternehmer B, suche gerade für ein im Bau befindliches Einfamilienhaus einen neuen Partner, weil ihm der bisherige Bauherr gerade abgesprungen sei. Wenn M „pro Forma“ als neuer Bauherr einspringe, würde V dem M entsprechende Kredite besorgen. Gemeinsam würden M, B und V den Gewinn aus dem Verkauf des fertigen Hauses teilen, für jeden seien bis zu 8.000,- Euro drin. Kein Risiko!

Über Nacht wurde M also zum „Bauherren“, B sollte weiter bauen und V alles organisieren. V, der  unter dem Namen eines großen Finanzvertriebs firmierte und damit Seriosität ausstrahlte, verschwieg jedoch, dass er neben dem gemeinsamen Gewinninteresse an dem Geschäft noch weitaus mehr Schnitte zu machen gedachte. Für die Kredite (ca. 180.000,- Euro), die er „für den Bauherren“ bei zwei Banken aushandelte, nahm er diskret Provisionen, von denen M nichts erfuhr. Auch B wurde mit 3.000,- Euro Provision zur Kasse gebeten, da V ihm den M als neuen Bauherren vermittelt hatte. Nachdem die Banken das Geld bewilligt hatten, ließ V Baumaterial im Wert von 16.000,- Euro auf Kosten des M auch auf die Baustelle eines anderen Kunden liefern, der gerade einen Liquiditätsengpass hatte. („Vertrau mir, M, ich mache das Geschäft schon seit Jahren!“). Da V schon mal dabei war, landeten zwei Lieferungen auch an der privaten Baustelle des V.

Doch die Probleme gingen für M erst richtig los, als Zulieferer bei ihm unbezahlte Rechnungen einforderten. V hatte nämlich dem M verschwiegen, dass B’s Bau GmbH so gut wie pleite war, was M noch immer nicht realisierte. „Um das Projekt nicht zu gefährden“ warf M dem schlechten Geld noch gutes hinterher, in dem er bei seiner Verwandtschaft sammeln ging. Das Haus war zu dem von V dargestellten Preis allerdings unverkäuflich, schon deshalb, weil es noch nicht an einer Straße lag und die erforderlichen Erschließungskosten nicht eingerechnet waren.

Die Banken zogen die Notbremse. M verlor seine Eigentumswohnung und ging in die Insolvenz. Ebenso seine mitbürgende Lebensgefährtin, die überhaupt keinen Überblick über die gesamten Geschäfte des M gehabt hatte. Das schlüsselfertige Haus wurde samt Grundstück für gerade einmal 100.000,- Euro versteigert.

Der Berater hat gut an dem Geschäft verdient. Auch B hatte zumindest anfangs an der Kooperation profitiert, denn M war schon der vierte Bauherr, den V dem klammen B vermittelte. Strafrechtlich ist es äußerst schwierig, Betrug und Untreue nachzuweisen.

Der Finanzvertrieb des V – ein ziemlich großer – sah nicht den geringsten Anlass, die Zusammenarbeit mit seinem Handelsvertreter aufzukündigen oder sich zu der Angelegenheit auch nur zu äußern.