Die gesetzlichen Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs

Nach § 89 b des Handelsgesetzbuches (HGB) kann der Vertreter von dem Unternehmer nach Beendi­gung des Vertragsverhältnisses einen angemesse­nen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

1. der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter ge­worben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und

2. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichti­gung aller Umstände, Insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht

Diesen Anspruch hat nur der hauptberufliche Vertre­ter, und zwar gleichgültig, ob er Einfirmen-vertreter oder Mehrfachvertreter ist, ob er seine Tätigkeit als Einzelkaufmann oder als Gesellschaft ausübt. Auf einen Vertreter Im Nebenberuf ist § 89 b HGB nicht anzuwenden, ebenfalls nicht auf Versicherungsmak­ler.

Ob ein Vertreter nur als Vertreter Im Nebenberuf tätig ist, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung (§ 92 b Abs. 3 HGB). Ein für das Unternehmen A hauptberuflich tätiger Vertreter übt auch gegenüber den Unternehmen B, C usw. eine hauptberufliche Tätigkeit aus, und zwar auch dann, wenn er für diese Unternehmen nur in geringem Umfang Ver­träge vermittelt.

Wichtig Ist, dass sich ein Unternehmen auf die Ne­benberuflichkeit des Vertreters nur berufen kann, wenn es den Vertreter ausdrücklich als Vertreter im Nebenberuf mit der Vermittlung von Verträgen be­traut hat (§ 92 b Abs. 2 HGB).

Der Ausgleichsanspruch besteht nicht, wenn der Vertreter das Vertragsverhältnis kündigt, ohne dass ein Verhalten des Unternehmens hierzu einen be­gründeten Anlass gegeben hat Das gleiche gilt, wenn das Unternehmen den Vertretungsvertrag gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Vertre­ters vorlag (§ 89 b Abs. 3 HGB).

Der Vertreter darf also nicht von sich aus den Ver­tretungsvertrag kündigen, wenn er nicht den Aus­gleichsanspruch verlieren will, es sei denn, das Unternehmen hätte ihm einen begründeten Anlass zur Kündigung gegeben. Ob ein solcher begründe­ter Anlass vorliegt, richtet sich nach den Umstanden des Einzelfalles. Letztlich werden nur die Gerichte darüber entscheiden können, wenn, was wohl die Regel sein dürfte, die Auffassungen des Vertreters und des Unternehmens auseinandergehen. Jedes Verbandsmitglied sollte den Rat des BVK einholen, bevor es sich zu einer Kündigung aus begründetem Anlass entschließt, da dieser Schritt zu erheblichen rechtlichen und finanziellen Nachteilen führen kann.

Unschädlich Ist eine Beendigung des Vertragsver­hältnisses im gegenseitigen Einvernehmen, Bietet ein Vertreter seiner Gesellschaft eine derartige Beendigung an, so sollte er gleichzeitig darauf hinweisen, dass er natürlich die Zahlung eines Aus­gleichs voraussetzt.

Eine Eigenkündigung des Vertreters löst auch dann den Ausgleichsanspruch aus, wenn er seinen Ver­tretungsvertrag aus Alters- oder Gesundheitsgrün­den kündigt. Insbesondere bei Gesundheitsgründen empfiehlt sich der Hinweis, dass die Kündigung nur unter der Bedingung, dass auch der Ausgleichsan­spruch gezahlt wird, wirksam sein soll. Denn dar­über, ob die Gesundheitsgründe ausreichend sind, kann es durchaus unterschiedliche Auffassungen geben.

Oftmals enthalten Vertreterverträge die Klausel, dass das Vertragsverhältnis automatisch beendet wird, wenn der Vertreter das 65. Lebensjahr vollen­det. Auch diese Beendigung löst den Ausgleichsan­spruch aus.

Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, wird auch beim Tode des Versicherungsvertreters ein Ausgleichsanspruch begründet. Nach den „Grundsätzen“ steht dieser Ausgleichsanspruch grundsätzlich nur seiner Witwe und seinen Ver­wandten in gerader Linie, in Härtefällen auch seinen sonstigen Erben zu. Diese Bestimmung wird dahin interpretiert, dass gegenüber „sonstigen Erben“ der Ausgleichsanspruch in der Regel bei einer durch familiäre Bindungen begründeten wirtschaftlichen Abhängigkeit dieser Erben von dem verstorbenen Vertreter anerkannt werden soll. Üb er diese Bestimmung der „Grundsätze“ geht der BGH mit sei­nem Urteil vom 17.11.1983 (l ZR 139/81, KG) hin­aus, in dem er feststellte, dass der Ausgleichsan­spruch unbeschränkt vererblich ist.

Der Anspruch kann nicht im Voraus, d. h. z. B. im Vertretervertrag, ausgeschlossen werden. Während des Bestehens des Vertragsverhältnisses kann der Vertreter nicht auf ihn verzichten, wohl aber nach der Beendigung. Er Ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertretervertrages – bei Beendigung Im Todesfall also Innerhalb eines Jahres nach dem Tode – geltend zu machen. Diese Frist muss unbedingt eingehalten werden, da anderenfalls der Ausgleichsanspruch verwirkt ist! Die Geltendmachung braucht nicht gerichtlich zu erfolgen; es genügt durchaus ein eingeschriebener Brief an das Versicherungs- oder Bausparunternehmen. Der Anspruch braucht hierbei nicht der Höhe nach angegeben werden.

Das HGB sagt nichts über die Höhe des Ausgleichsanspruchs. § 89 b Abs. 2 In Verbindung mit Abs. 5 bestimmt lediglich, dass der Anspruch höchstens drei nach dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre der Tätigkeit (bei kürzerer Tätigkeit entspre­chend) berechnete Jahresprovisionen oder sonstige Jahresvergütungen beträgt. Hierbei sind sämtliche Vergütungen, die der Vertreter bezogen hat, also sowohl Abschluss- als auch Folgeprovisionen (Inkassoprovisionen, Bestandspflegeprovisionen, usw.), zu berücksichtigen.

Der Ausgleichsanspruch entsteht nach Beendigung des Vertragsverhältnisses. Das Gesetz sagt nicht ausdrücklich, wann der Anspruch fällig wird. Die Abrechnung über den Anspruch und die Zahlung haben aber unverzüglich, d. h. ohne schuldhafte Verzögerungen, zu erfolgen, wobei den Vertreter eine gewisse Mitwirkungspflicht treffen kann. Erfolgt die Zahlung nicht unverzüglich, so hat der Vertreter einen Zinsanspruch gegen das Versicherungsunternehmen.