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2025Form des Verzichts auf das Beratungsprotokoll
Gemäß § 61 VVG hat der Versicherungsvermittler den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder in der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrages nach § 62 zu dokumentieren.
Gemäß Abs. 2 kann der Versicherungsnehmer auf die Beratung oder die Dokumentation nach Abs. 1 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, der vom Versicherungsvermittler ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf die Möglichkeit des Versicherungsnehmers auswirken kann, gegen den Versicherungsvermittler einen Schadensersatzanspruch nach § 63 geltend zu machen.
Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinne des § 312 c BGB, so kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.
Das Gesetz unterscheidet also zwischen der Dokumentation und der Beratung. Auf beides kann bei Vorliegen der Voraussetzungen verzichtet werden.
Sehr umstritten ist, wie ein solcher Verzicht erklärt werden kann.
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat in einem Hinweisbeschluss vom 9.1.2025 unter dem Aktenzeichen 8U 1684/24 entschieden, dass zwar eine gesonderte schriftliche Erklärung erforderlich sei, diese jedoch nicht zwingend voraussetze, dass sie in einer vom Antragsformular körperlich losgelösten eigenen Urkunde erfolgt. Es sei ausreichend, wenn sich die Erklärung und die hierauf bezogene Unterschrift des Versicherungsnehmers deutlich vom übrigen Text des Antrages abhebt Absatz das OLG Nürnberg hatte über ein 45-minütiges Beratungsgespräch über eine formgebundene Rürup-Renten zu entscheiden und über eine Option im Antragsformular “Ich verzichte auf die Beratung“.
Dieser Beratungsverzicht wurde eigenhändig unterschrieben.
Laut dem OLG Nürnberg sei die Verzichtserklärung eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärungen, sodass eine sogenannte HGB-Kontrolle auch mit Blick auf § 307 Abs. 2 Ziffer 1 BGB nicht in Betracht kommt. Nach dieser Vorschrift wären Formularklauseln unwirksam, die mit dem wesentlichen Grundgedanken der verbraucherschützenden Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) unvereinbar wären. Dies wäre jedoch nur bei einem standardmäßigen Beratungs-, und Dokumentationsverzicht der Fall.
Möglicherweise käme auch eine Unwirksamkeit des Beratungsverzichts gemäß § 138 Abs. 1 BGB in Betracht, wenn im Einzelfall ein Ungleichgewicht zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer bestehen. Und dies deshalb sittenwidrig sei. Dafür wäre allerdings der Versicherungsnehmer darlegungs- und beweisbelastet.
Das Landgericht Osnabrück hatte im Juni 2024 ein Urteil gefällt und einen Beratungsverzicht für unwirksam erklärt.
Dieses hatte einen Verzicht gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nummer 2 BGB wegen einer unangemessenen Benachteiligung für unwirksam erklärt. Der Verzicht sei erkennbar auf einer vorformulierten Erklärung enthalten. Die Pflichten des Vermittlers, eine umfassende Betreuung und Beratung des Kunden durchzuführen, wurden hierdurch in einer den Vertragszweck gefährdenden Weise eingeschränkt. Das Gericht hatte vorher erklärt, dass der Versicherungsnehmer doch gar nicht wisse, was er unreschreibe.
Das Oberlandesgericht Oldenburg vertritt aktuell in Hinblick auf den Beratungsverzicht und den Dokumentationsverzicht eine gleichermaßen strenge Auffassung. Eine formularmäßige Beratungsverzicht sei ohnehin unwirksam. Ob auf eine formularmäßige Dokumentation verzichtet werden kann, sei streitig. Eine Erklärung in Textform in Hinblick auf einen Verzicht auf eine Beratung oder Dokumentation genügt nicht, wenn kein Fernabsatzgeschäft vorliegt. Hier war der Vertrag elektronisch geschlossen worden.
Also Vorsicht bei der Erklärung über den Verzicht einer Dokumentation oder einer Beratung per iPad oder Ähnlichem!