RA Kai Behrens

Buchauszug per Kurier

9 Kartons Buchauszüge bekam ich heute um 11 Uhr – direkt per Kurierdienst aus Frankfurt aus der Zentrale der DVAG.

Der Kurier wird sich gefreut haben, dass sich die Kanzlei in der ersten Etage befindet und nicht weiter oben. Er wird sich auch gefreut haben, dass es sich nur um zwei Jahre gehandelt haben, die hier mit dem Buchauszug übersandt wurden. Man mag sich anderes gar nicht vorstellen wollen.

Und er hat sich darüber gefreut, dass er nun Feierabend haben werde – wenn er wieder zurück ist. Das sei ihm auch gegönnt.

Ob ich mit dem Inhalt des Buchauszuges zufrieden bin, konnte ich ihm nicht versprechen. Reingeguckt habe ich noch nicht.

Landgericht Hanau: Vertragsstrafe unwirksam

Das Landgericht Hanau wies kürzlich eine Klage ab, in der es um die Ausurteilung einer Vertragsstrafe ging. Ein Vertrieb verlangte eine Vertragsstrafe von 15.000,00 €.

Im Rahmen eines Aufhebungsvertrages hatte sich der Berater verpflichtet, weder persönlich noch durch Einschaltung dritter Kunden, die mit Partnergesellschaften der … Verträge geschlossen haben, zur Kündigung und/oder Einschränkung bestehende Verträge zu bewegen.

Außerdem hatte er sich verpflichtet, für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die niedergelegten Unterlassungspflichten unter Verzicht auf den Einwand des Fortsetzungszusammenhanges eine Vertragsstrafe in Höhe von 15.000,00 € an die …. zu zahlen.

Das Gericht sah die Klage als unbegründet an.

Bei den fraglichen Bestimmungen handelte es sich um eine Vielzahl in Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen. Mithin handelte es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen.

Diese würden jedoch den Berater entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Das in der Klausel ausgesprochene Verbot, Kunden, die mit Partnergesellschaften der … Verträge geschlossen zu haben, zur Kündigung und/oder Einschränkung bestehende Verträge zu bewegen, gilt nach dem Wortlaut der Klausel ausnahmslos für sämtliche Verträge, unabhängig von der Vertragssparte, der verbliebenden Laufzeit des Vertrages und unabhängig von den Gründen für die Kündigung oder Einschränkung; nach der Klausel gibt es auch keine zeitliche Begrenzung für das Verbot. Dieses sachlich und zeitlich uneingeschränkte Verbot benachteiligt die für die Klägerin tätigen Vertragspartner, hier den Beklagten, unangemessen, denn der Rat an einen Kunden, einen bestehenden Vertrag zu kündigen oder beispielsweise beitragsfrei zu stellen, muss nicht auf unredlichen Motiven beruhen oder dem systematischen Umdecken eines Bestandes dienen. Es sind durchaus Fälle denkbar, in denen die vorzeitige Beendigung eines Versicherungsvertrages für den Versicherungsnehmer von Vorteil sein kann, beispielsweise wegen günstigerer Konditionen bei einem anderen Versicherer. Dem Beklagten wird mit der fraglichen Klausel aber auch in solchen Fällen ausnahmslos und ohne zeitliche Beschränkung verboten, seinen Kunden einen entsprechenden Rat zu erteilen. Darin liege eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten (vergleiche Oberlandesgericht Oldenburg Urteil vom 24.07.2012-Aktenzeichen 13 U 13/12), so das Gericht.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Landgericht Hechingen von 2005 oder früher war anders

Bereits im Jahre 2005 wurde ein Berater eines Strukturvertriebes durch das Landgericht Hechingen verurteilt es zu unterlassen, Kunden zur Kündigung oder Einschränkung bestehender Verträge zu bewegen, einen Betrag in Höhe von 5.000 € zu bezahlen, und dem Vertrieb Auskunft darüber zu erteilen, welche Kunden er zur Kündigung oder Einschränkung bestehende Verträge bewegt hat.

Weiterhin wurde er verurteilt, einen weiteren Betrag von 15.000 € zu zahlen.

Hintergrund ist, dass der Beklagte für die Klägerin als Handelsvertreter / Vermögensberater tätig war. Das Vertragsverhältnis endete mit Aufhebungsvertrag. In diesen wurde ein befristetes Wettbewerbsverbot, Unterlassungspflicht und eine Vertragsstrafe in Höhe von 50.000 € aufgenommen.

Das Gericht führte eine Beweisaufnahme durch und kam zu dem Ergebnis, dass der Berater mindestens einen Kunden zur Kündigung bestehender Verträge zu bewegen versucht hat.

Auch hatte das Gericht gegen die Regelungen im Aufhebungsvertrag keine Bedenken. Schließlich soll es vor Abschluss des Aufhebungsvertrages ausführliche Verhandlungen über den Vertragsinhalt gegeben haben.

Die Vertragsstrafe hatte der Berater zu zahlen. Da er gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen hat, war die Vertragsstrafe verwirkt.

Das Gericht setzte die Strafe jedoch herab.

50.000 € waren dem Gericht zu viel. Es hätte daher gemäß § 242 BGB eine Herabsetzung der Vertragsstrafe vorgenommen.

Bei einem anderen Verstoß hatte das Gericht eine Vertragsstrafe von 15.000 €, also im beantragten Umfang, ausgeurteilt. Hier hielt es die Vertragsstrafe für angemessen. Der Berater hatte einen Kunden zur Kündigung von mit einer Partnergesellschaft der Klägerin geschlossenen Verträgen veranlasst.

Urteil vom Landgericht Hechingen vom 15.07.2005 Aktenzeichen 5 O 138/04 KfH

OLG Stuttgart 2006

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte in einem älteren Urteil aus dem Jahre 2006 über eine Regelung in einem Aufhebungsvertrag zu entscheiden. Das OLG hatte die Regelung für wirksam gehalten.

Die Klägerin hatte nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses die Zahlung von Vertragsstrafen wegen Wettbewerbsverstößen in Höhe von 30.000 € verlangt. Außerdem stritt man sich um eine nachvertragliche Wettbewerbsabrede.

Die Wettbewerbsabrede war in diesem Fall zeitlich nicht begrenzt. Das OLG sah darin eine Überschreitung des Wettbewerbsverbotes in zeitlicher Hinsicht um das notwendige Maß.

Das Oberlandesgericht nahm eine geltungserhaltene Reduktion vor und reduzierte die Wettbewerbsabrede auf zwei Jahre.

„Anzunehmen ist, dass zwei Jahre nach Beendigung der Handelsvertretertätigkeit die Verbindungen zu früheren Mitarbeitern und Kunden sich so gelockert haben, dass der Beklagte wie jeder andere Wettbewerber behandelt werden kann, zumal die Klägerin gegen wettbewerbswidrige Abwerbungen früher durch § 1 UWG geschützt war und nunmehr durch § 4 Nr. 10 UWG geschützt ist.

Mithin war in diesem Fall das Wettbewerbsverbot zwei Jahre nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses ausgelaufen.

Erstinstanzlich sollte der Handelsvertreter eine Vertragsstrafe von 30.000 € zahlen. Dies scheiterte jedoch daran, dass nach einer Beweisaufnahme ein Wettbewerbsverstoß nicht nachweisbar war. Die Berufung hatte sich nicht gegen die Vertragsstrafenzahlung gewehrt.

88 Jahre alter Angeklagter vor dem Jugendrichter

Ich bekomme regelmäßig Mitteilungen über Eintragungen in juristischen Blogs. Dort schreiben Rechtsanwälte, ähnlich wie ich, regelmäßig über neue Gerichtsverfahren.

Obgleich mich Strafverfahren allenfalls am Rande interessieren, fand ich einen Bericht doch bemerkenswert.

Da hatte sich jemand wegen persönlichkeitsverletzender Berichterstattung gegen einen Bericht in der Bild.de gewehrt. Bild berichtete darüber, dass es ein Strafverfahren gegen einen angeblichen Teilnehmer an den Massaker in Oradour geben würde.

Erstaunlicherweise läuft dieses Strafverfahren vor der Jugendkammer, obgleich der Angeklagte 88 Jahre alt ist.

Hintergrund ist, dass am 10.06.1944 die Bevölkerung des kleinen Dörfchens Oradour in Frankreich durch ein deutsches Massaker fast völlig ausgelöscht wurde. Es gab 642 Opfer.

In der Pressemitteilung des Landgerichts Köln heißt es hinsichtlich der Anklageerhebung gegen den 88 jährigen Rentner, dass ihm ein gemeinschaftlicher Mord an 25 Menschen und Beihilfe zum Mord an mehren hundert Menschen zu Last gelegt wird.

Das die Strafverfolgung 70 Jahre auf sich hat warten lassen, ist kaum zu verstehen.

Staatsanwaltschaft gibt an, was im Infinus-Verfahren so alles sichergestellt wurde

Sicher ungewöhnlich: Die Infinus-Affaire hat zu einigen Haftbefehlen geführt.

Die Staatsanwaltschaft verrät, was man dort so alles sichergestellt hat.

Auch mal interessant. Auch einen Anwaltskollegen, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Dresden, soll es erwischt haben. Der sitzt angeblich seit 4.11.2013 auch gleich mit in Haft.

Vorschüsse müssen zurückgezahlt werden

Anfang Januar 2014 entschied das Amtsgericht Gifhorn, dass Provisionen, die die Deutsche Vermögensberatung vorschussweise ausgezahlt hatte, zurückverlangt werden können. Dazu das Amtsgericht:

„Das wortreiche, im Ergebnis jedoch pauschale Bestreiten der Nachvollziehbarkeit und Richtigkeit dieser Abrechnungen geht ins Leere. Den Beklagten hätte es oblegen, durch hinreichende Substantiierung seines Vortrags darlegen müssen, welche Rechnungsposten aus welchen Gründen unzutreffend in Anlass gebracht worden sind. Dass die Abrechnungen nicht nachvollziehbar sind, erschließt sich dem Gericht ebenfalls nicht, zumal der Beklagte selbst aufgrund seiner Tätigkeit mit den Abrechnungen hinreichend vertraut sein müsste.“

Rechtsmittel waren wegen des geringen Streitwertes nicht möglich.

Kleine Urteilsempfehlung

Da hat doch kürzlich das Oberlandesgericht Hamm entschieden, dass auch nach Vertragsende des Handelsvertreters diesem noch Provisionen zustehen.

Und zwar dafür, dass er Mitarbeiter während der Vertragslaufzeit angeworben hat, die nach Vertragsende noch weiter vermitteln. Diese Provisionen stehen (da die Vermittlung ja noch während des Vertrages stattfand) dem Handelsvertreter auch noch nach Vertragsende zu.

Der Handelsvertreter war Maklerbetreuer. Fraglich ist, inwieweit dies auf Strukturvertriebe umzusetzen ist, bei denen die Neuanwerbung von Mitarbeitern ja auch gefordert wird.

Kleine Geschäftsempfehlung

Ich habe es gesehen:

Es gibt für das Ipad einen App zum „Runterladen“, mit dem ein Vermittler sowohl sämtliche Kundendaten bearbeiten kann, von allen Versicherungen und Gesellschaften brandaktuelle Angaben zu Neuabschlüssen und sämtliche Daten abfragen kann, die entsprechenden Anträge gleich mit downloaden und zusätzlich den Kunden gleich auf dem Ipad unterschreiben lassen kann, so dass sofort der Antrag online der Gesellschaft übermittelt wird.

Dieses App ist wirklich das Einmaleins der Vermittlers und wohl in der Branche einmalig. Es ersetzt die komplette Akte und sämtliche schriftlichen Dinge. Beratungsprotokolle und all die kleinen Erforderlichkeiten inklusive.

Übrigens enthält dieses App keine Werbefilmchen (wie so manch andere Ipadspielereien) und unterscheidet sich daher doch von anderen simplen Softwareentwicklungen.

Fehlerquellen in der Justiz?

Das Schicksal von Harry Wörz kam heute als Spielfilm in der ARD.

Titel: „Unter Anklage: Der Fall Harry Wörz“. Wörz wurde wegen versuchten Totschlags vom LG Karlsruhe verurteilt und bekam erst nach 13 Jahren Justiztortur Recht und wurde freigesprochen.

Und jetzt wird bei Anne Will darüber diskutiert.

Ein ehemaliger Richter vom Landgericht Frankfurt behauptet doch steif und fest, dass Irrtümer doch nur Ausnahmen sind.

Wenn hier im Blog kleine gerichtliche Pannen vorgestellt werden, wie z.B. der „doppelte Rittberger“ vom 28.1., oder „wohl nur die Referendarsarbeit“ vom 15.1., soll hier keineswegs der Eindruck entstehen, die Justiz würde zu Fehlern neigen….

Dass die Referendarsarbeit aus dem gleichen Gerichtsort stammt wie das Fehlurteil von Wörz, hat nichts zu sagen. Bisher konnte ich mich über die Karlsruher Urteile freuen.

Wörz über sein Verfahren: „Der SWR war für einen Bericht über mich bei der Generalstaatsanwaltschaft. Denen hat die Generalstaatsanwältin gesagt: „Im Fall Wörz beeilen wir uns ganz besonders.“ Die Journalisten antworteten: „Das Wörz-Verfahren läuft jetzt seit 17 Jahren; wie lange dauert es eigentlich, wenn Sie sich nicht beeilen?“ Da hat sie nichts mehr gesagt.“

Hier geht zu den Filmwiederholungen: http://www.tvtoday.de/programm/?format=search&searchIn=titel&exactSearch=1&slotIndex=all&date=all&channel=all&genre=SP&search=Unter%20Anklage%3A%20Der%20Fall%20Harry%20W%C3%B6rz

Doppelter Rittberger

Manchmal gibt es gerichtliche Verfügungen, die niemand versteht. In einem Verfahren, in dem ich den Kläger bei Ansprüchen gegen die Ergo Versicherungs AG vertrete, wurde ich an die Beantwortung eines Schreibens erinnert, welches nicht ich, sondern die vorigen Prozessbevollmächtigten bekommen haben.

Dann fragte ich das Gericht, was es mit diesem Schreiben auf sich habe. Schließlich kannte ich das Schreiben nicht, an das ich erinnert wurde.

Daraufhin teilte das Gericht mit:

„Aufgrund eines gerichtsinternen Versehens wurden die früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers, welches das Rechtsmittel eingelegt hatten, weiterhin als Bevollmächtigte im EDV-System geführt, auch nachdem Sie sich als neuer Anwalt Ihres Mandanten gemeldet hatten. Bei dem gerichtlichen Schreiben vom 23.12.2013 handelt es sich im Übrigen um ein Schreiben, dass eigentlich an die Prozessbevollmächtigte der Beklagten gerichtet werden sollte, nachdem diese mit dem anliegenden Schriftsatz vom 11.12.2013 im vorliegenden Beschwerdeverfahren gemeldet hat. Auch hier ist vermutlich ein Fehler passiert, der mit dem weiteren Schreiben vom heutigen Tage an die Beklagtenseite korrigiert werden wird. Bei dem 23.10.2013 handelt es sich nicht um einen Schriftsatz, sondern um den Tag, an den Ihr Schriftsatz vom 14.10.2013 an die Bevollmächtigten der Beklagten übersandt worden ist. Ich bitte, das Versehen zu entschuldigen.“

In manch einem Verfahren ist offensichtlich der Wurm drin. Verstanden habe ich den Inhalt bis heute nicht.