Buchauszug trotz Aufhebungsvertrag und Saldoanerkenntnis

Am 05.02.2016 entschied das das Landgericht Frankfurt in einem Berufungsverfahren, dass ein Vertrieb, hier die DVAG, zur Erteilung eines Buchauszuges verurteilt wird, der folgende Angaben erhalten muss:

Name des Versicherungsnehmers

  1. Versicherungsscheinnummer
  2. Art und Inhalt des Versicherungsvertrages (Sparte, Tarifart, Prämien oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen)
  3. Jahresprämie
  4. Vertrags- und/oder Versicherungsbeginn
  5. Bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers und Laufzeit des Vertrages
  6. Bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie
  7. Im Fall von Stornierungen: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen.

Ansonsten wurde das erstinstanzliche Urteil aufgehoben.

Der Kläger war früher Vermögensberater bei der Beklagten. Das Vertragsverhältnis wurde einvernehmlich beendet. Dies war im Jahr 2011. Die Klage auf den Buchauszug und die Provisionen wurde im Jahr 2015 eingereicht. Die DVAG berief sich auf Verjährung und das Amtsgericht hatte im Hinblick auf die übliche 3-jährige Verjährungsfrist die Klage abgewiesen.

Das Landgericht meinte jedoch, die Beklagte sei verpflichtet, dem Kläger für die ihm ab dem Jahr 2008 eingereichten Geschäfte einen Buchauszug zu erteilen (§87 c) Abs. 2 HGB). Der Kläger hatte vorgetragen, dass der die volle Provision für die vermittelten Versicherungsverträge erst dann vollständig verdient hat, wenn die Versicherungsnehmer über einen Zeitraum von 5 Jahren die volle Versicherungsprämie bezahlt haben. Deshalb kann es sein, dass der Kläger für im Jahr 2008 vermittelte Geschäfte auch bereits im Jahr 2008 Anteile der Provision verdient hat und hierüber bereits damals einen Buchauszug hätte verlangen können. Nach Ansicht des Gerichts ändert dies aber nichts daran, dass die Provision endgültig erst 2013 verdient ist und sich für die Ermittlung des Provisionsanspruchs wesentliche Informationen damit teilweise auch erst dem Buchauszug aus diesem Jahr entnehmen lassen. Da die Provision aber nur einheitlich betrachtet werden kann, die Beklagte diese vor Ablauf der Haftungszeit zu dem teilweise auch auf dem Provisionskonto zurückbehält, kann der Buchauszug für das gesamte Geschäfte ebenfalls erst nach Ablauf der Haftungszeit verlangt werden, weil vorher die endgültige Höhe der Provision gar nicht feststellbar ist.

Das Gericht meinte auch, dass es nicht auf die Regelungen im Aufhebungsvertrag ankomme. Dort sei zwar ein Saldoanerkenntnis abgeschlossen worden, eine endgültige Einigung über die Höhe der dem Kläger zustehenden Provisionen sei jedoch in dem Aufhebungsvertrag nicht geschlossen worden. Deshalb müsse noch ein Buchauszug erteilt werden.

„Fußabtreter“ in der Höhle des Löwen

In der neuen TV-Show, die heute startet, sieht er sich als ideale Besetzung. Ab heute ist der mehr als umstrittene Carsten Maschmeyer als Jury-Mitglied in der TV-Show „In der Höhle der Löwen“ zu sehen.

Carsten Maschmeyer kam von der OVB und baute die AWD Holding AG auf. Seine Anteile verkaufte er Swiss Life. AWD heißt seit 2013 Swiss Life Select.

In einem Interview gegenüber der Welt gibt sich Maschmeyer fast reumütig. Er habe kein gutes Exit-Management betrieben, hätte sich Profis von außen holen sollen, er habe auch provoziert, für sein schlechtes Image sei auch die Finanzkrise verantwortlich und er werde als „Fußabtreter für die gesamte Branche“ benutzt. So liest man es in der Welt.

Vorzuwerfen habe er sich jedoch nichts. „Von 1300 Klagen, die Kunden gegen AWD anstrengten, habe sein Unternehmen 1300 Klagen gewonnen“, heißt es weiter.

Maschmeyer ist um Politur seines Ansehens bemüht. Dabei wärmt er alte Vorhaltungen auf. Warum berichtet er über „1300 von 1300 Klagen“, die gewonnen wurden? n-tv sprach damals von 34.000 Beteiligungen an „Dreiländer-Fonds“, die AWD  verkauft hat – Gesamtwert über eine Milliarde Euro und von dem Vorwurf systematischer Falschberatung. Zehntausende sollen cash-online zufolge falsch beraten worden sein.

„Mit den Urteilen des Landgerichts Braunschweig und  des Oberlandesgerichts Naumburg steigen die Chancen der geschädigten  Kapitalanleger, vom AWD ihr Geld zurückzuerhalten“, kommentiert  Rechtsanwalt Holm Hartwig von der Kanzlei PWB Rechtsanwälte vor Jahren zwei Entscheidungen in Verfahren gegen AWD um Falschberatung. Tatsächlich jedoch hatte der BGH im Juni 2015 Klagen von Anlegern wegen Verfristung abgewiesen. Die Kunden hatten vorprozessual ein zu pauschales Aufforderungsschreiben benutzt, so der BGH. Von dem Vorwurf der Falschberatung befreite der BGH nicht. Waren dies die 1300 Klagen, die Maschmeyer als Erfolg verbuchte?

Maschmeyer erwähnte nicht, dass der Verein für Konsumenteninformation (VKI) in Österreich gegen AWD  fünf Sammelklagen für 2500 Anleger mit einem Streitwert von rund 40 Millionen Euro einreichte. Mit dem inzwischen rechtskräftigem Urteil 5 R 229/11z vor dem Oberlandesgericht (OLG) Wien wurde AWD zum Schadenersatz verurteilt.

Check 24 verurteilt

Wie das Landgericht München I bereits angekündigt hat, wurde Check24 zur Nachbesserung verurteilt. Es hat danach gegen gesetzliche Mitteilungspflichten verstoßen.

Die Leitsätze der Entscheidung:
Ein als Versicherungsmakler im Internet tätiges Vergleichsportal genügt seiner nach § 11 VersVermV bestehenden Mitteilungspflicht nicht, wenn es dem potentiellen Versicherungsnehmer beim Besuch seiner Internetseite lediglich eine Abrufmöglichkeit zur Verfügung stellt. § 60 VVG enthält keine Verpflichtung, eine individuelle Empfehlung ausgerichtet nach den Bedürfnissen des potentiellen Versicherungsnehmers zu geben.
Die für sog. Direktversicherer geltende Ausnahmevorschrift des § 6 Abs. 6 VVG ist auf Fernabsatzverträge mit Versicherungsmaklern weder direkt noch analog anwendbar.

Hier das Urteil zum Nachlesen.

Aussitzen als Prinzip, Aussetzen als Prozesshandlung

Mitunter beschäftigen sich zwei oder mehrere Gerichte mit denselben Prozessparteien. Dies kann sogar soweit führen, dass beide Prozesse etwas miteinander zu tun haben. Schlimmstenfalls würde sich dann das Ergebnis des einen Prozesses auf den anderen auswirken.

Um so etwas zu verhindern, hat man die Möglichkeit der Widerklage geschaffen. Bei einer Widerklage ist es zweckmäßig, sämtliche Forderungen in einem einzigen Prozess abzuhandeln.

Es ist jedoch nicht vorgeschrieben, die Form der Widerklage zu wählen. Man kann auch ein neues Fass aufmachen, also eine neue Klage einreichen.

Das Amtsgericht Dresden hatte am 28.07.2016 darüber zu entscheiden, was aus einem später eingeklagten Anspruch, der Gegenstand eines neuen Verfahrens ist, werden soll.

Zunächst hatte die Deutsche Vermögensberatung DVAG die Erstattung eines Darlehens eingeklagt. Die Parteien hatten vereinbart, dass das Darlehen mit dem Provisionskonto verrechnen werden sollte. Dann, wenn das Provisionskonto eine entsprechende Verrechnung nicht mehr möglich macht, wäre der Restbetrag zu zahlen. Der Vermögensberater wandte ein, es sei falsch abgerechnet worden. Wäre richtig abgerechnet worden, wäre es nicht zu einem Minus gekommen. Dann wäre das Darlehen inzwischen ausgeglichen. Der Vermögensberater verwies insbesondere auf abgezogene Softwarepauschalen. Wären diese nicht abgezogen worden, würde sich das Provisionskonto nicht im Minus befinden und das Darlehen könnte damit ausgeglichen werden.

Während darüber noch gestritten wird, wurden in einem weiteren Verfahren Provisionen eingeklagt. Nunmehr hat das Amtsgericht Dresden gemäß §148 ZPO dieses Provisionsverfahren ausgesetzt.

Es argumentiert damit, dass die Parteien um Ansprüche aus einem Kontokorrentkonto streiten und die Klägerin die Zahlung des Endsaldos aus dem Kontokorrent zu einem bestimmten Zeitpunkt geltend macht. Gleichzeitig jedoch würden dieselben Parteien ebenfalls in einem anderen Rechtsstreit um Ansprüche streiten, die auf diesem Kontokorrentkonto gebucht wurden. Im Übrigen wurde nicht vorgetragen, inwieweit sich die in beiden Rechtsstreiten geltend gemachten Ansprüche abgrenzen ließen. Einem Kontokorrentverhältnis ist es gerade inhärent, dass sämtliche Buchungen aus der Vergangenheit auf den aktuellen Saldo des Kontokorrents unmittelbar Einfluss haben.

Streiten sich die Parteien in einem Rechtsstreit um einzelne Buchungen aus dem Kontokorrent…, so hat dies Einfluss auf den vorliegenden Rechtsstreit…, entschied das Gericht. Zusätzlich trug die Beklagte in beiden Rechtsstreitigkeiten nahezu identische Einwendungen betreffend dem Themenkomplex Frankfurter Schnellbriefe vor. Es ist nicht auszuschließen, so das Gericht, dass – die gegebenenfalls nach richterlichem Hinweis auf die Erforderlichkeit weiteren substantiierten Vortrags – auch diese Einwendungen in beiden Rechtsstreiten streitentscheidend werden.

Deshalb hatte das Gericht die Möglichkeit der Aussetzung gemäß §148 ZPO erkannt und zur Vermeidung einer anderen widersprechenden Entscheidung das eine Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des anderen Verfahrens ausgesetzt.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

In einem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt ging es in einer mündlichen Verhandlung kürzlich um eine sehr vergleichbare Frage. Dort meinte der Richter allerdings etwas unjuristisch, er sein kein Freund des Aussetzens, was auch immer er damit gemeint hatte. Vielleicht meinte er statt Aussetzen Aussitzen, was tatsächlich nicht wünschenswert wäre, wenn ein Gericht etwas aussitzen würde. Aussitzen als Prinzip  ist eine oft gewählte Parade in der Politik, die man Ex-Kanzler Kohl vorgehalten hat. Aussetzen im Sinne des Gesetzes soll jedoch etwas anderes sein.

Während die Staatsanwaltschaft ermittelt, wird der Unister-Kuchen aufgeteilt

Unister betreibt über 40 Internet-Portale. Eines davon heißt Kredit.de. Dort soll es zu einem effektiven Jahreszinssatz von 0,99 % im Rahmen einer Sofortzusage online oder telefonisch, eine Auszahlung innerhalb von zwei Tagen und einer schufaneutralen Kreditabfrage Kredite geben. Kredit.de bietet „Erste Hilfe bei Finanzengpässen“.

Thomas Wagner hat Kredit.de nicht in Anspruch genommen.  Er entschied sich für etwas Unseriöses.

Im Impressum von Kredit.de steht die Firma Geld.de GmbH, Barfußgässchen 11, 09109 Leipzig. Geld.de GmbH war Tochterunternehmen von Unister.

Ex-Unister Chef Thomas Wagner bevorzugte eine Kreditempfehlung von Finanzvermittler Wilfried Schwätter aus Unna. Deshalb flog Wagner nach Venedig, verlor dort durch ein betrügerisches Kreditgeschäft mehr als eine Million Euro und stürzte auf dem Rückflug nach Deutschland ab.

Nun wurde bekannt, dass Wilfried Schwätter aus Unna in Dresden in Untersuchungshaft sitzt.

Es besteht Fluchtgefahr. Fluchtgefahr wird ihm unterstellt, obgleich er die Reise nach Venedig gar nicht mit angetreten war – oder vielleicht deswegen? Ihm wird Beihilfe zum Betrug in einem besonders schweren Fall vorgeworfen.

Kausal soll sein Verhalten jedenfalls gewesen sein. Schließlich hatte er den Kontakt zwischen Thomas Wagner und dem betrügerischen Geschäftsmann in Venedig hergestellt. Ob er auch gewusst hat, dass der Kredit auf venezianische Weise scheitern musste, soll nun die Staatsanwaltschaft ermitteln.

Ein finanzielles Motiv soll auch vorhanden gewesen sein. Wilfried Schwätter durchlebte mit seiner Firma von 2012 bis 2014 ein Insolvenzverfahren.

Geld.de wurde übrigens im Mai 2016 an den Wiesbadener Finanzdienstleister JDC verkauft. JDC holte sich also schon ein großes Stück vom Kuchen Unister. JDC wirbt mit intelligenten Finanzvertriebslösungen. Vorstandsmitglied Dr. Sebastian Grabmaier ist zugleich Vorsitzender des Vorstandes von Jung, DMS & Cie AG und der Finum. Finanzhaus AG.