LG Mannheim: Ohne Karrenzentschädigung kein Wettbewerbsverbot

Am 04. Oktober 2013 hatte das Landgericht Mannheim über eine Klage eines Vertriebes zu entscheiden, die da aufgerichtet war, dass ein Vermögensberater es zu unterlassen habe, in einem bestimmten Zeitraum, Kunden zur Aufgabe, zur Einschränkung oder zur inhaltlichen Änderung von Verträgen zu veranlassen. Außerdem sollte er Auskunft darüber erteilen, bei welchen Kunden er dies schon getan hat.

Der Vertrieb berief sich auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot.

Das Gericht wies die Klage mit dem Hinweis ab, der Handelsvertreter dürfe seine Verpflichtungen verweigern. Er dürfe deshalb verweigern, weil der Unternehmer nach der Kündigung fortlaufend zu erkennen gibt, dass er zu keiner Zahlung bereit ist. Dabei schloss sich das Landgericht einem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28.11.1972 (VersR 73,857,858) an. Das Landgericht dazu im Einzelnen:

Das mehr als 8 DIN A 4 Seiten nebst Anlage umfassende Vertragswerk regelt zwar umfassend die Pflichten des Handelsvertreters, ebenso manche entbehrliche Kleinigkeit, schweigt aber zum Recht des Handelsvertreters auf Karenzentschädigung vollständig. Auch das Schreiben der Klägerin vom … weist den Beklagten einseitig auf seine Verpflichtung zur Unterlassung nach vertraglichem Wettbewerb hin…. Selbst im Prozess ist die Klägerin auf den Einwand fehlender Entschädigung schriftsätzlich mit keiner Silbe eingegangen… Dieses Gesamtverhalten kommt einer Zahlungsverweigerung zumindest nahe, beinhaltet auf keinen Fall ein Angebot der Klägerin. In Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Karlsruhe ist aber auch die Kammer der Ansicht, dass der Unternehmer spätestens nach der Kündigung des Handelsvertreterverhältnisses und vor oder bei Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses dem Handelsvertreter seine Zahlungsbereitschaft bezüglich der Entschädigung für die Unterlassung des Wettbewerbs mitteilen und – je nach den Umständen des Einzelfalles – entweder einen bestimmten Betrag anbieten oder den Handelsvertreter auffordern müsse, ihm seine Vorstellungen über die Höhe der Entschädigung mitzuteilen.

Nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14.10.2013 Aktenzeichen 24 O 43/13

Die Abrechnungsproblematik

Einige Vertriebe sind davon überzeugt, dass ihre Abrechnungen so gut sind, dass ein Buchauszug darin schon enthalten sind. Alles das, was ein Buchauszug verlange, könnte man aus den Abrechnungen ablesen.

Gestern besuchte mich ein Vermögensberater, der ganz überrascht war, dass die Provisionssätze in den Abrechnungen nicht ausgewiesen würden. Alles ist dort eben wohl nicht abzulesen.

EuGH zum Widerrufsrecht

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte dem Aktenzeichen C-209/12 Ende des letzten Jahres eine interessante Entscheidung gefällt.

Er hatte Lebens- und Rentenversicherungsverträge, die in den Jahren von 1994-2007 abgeschlossen wurden, in Hinblick auf das Kleingedruckte überprüft.

Das Widerrufsgesetz ist im Versicherungsvertragsgesetz verankert. Es stammt ursprünglich vom 30.05.1908. Eine Reform ist am 01.01.2008 in Kraft getreten. Die alte Rechtslage bis 31.12.2007 gilt teilweise noch für Altverträge.

Verbraucher können ohne Angabe von Gründen widerrufen: Bei Lebensversicherungen gilt dies bis 30 Tage nach Abschluss (§ 152 VVG) bei allen anderen Versicherungsverträgen mit einer Frist von 14 Tagen (§ 8 VVG). Die Widerrufsfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Versicherungsschein und eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht dem Versicherungsnehmer in Textform zugegangen sind.

Im Kleingedruckten vieler Versicherungen, auch der Allianz, war früher geregelt, dass das Rücktrittsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlöschen würde.

Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes lag folgender Fall zu Grunde:

Ein Versicherungsnehmer – namens Endress – schloss bei der Allianz eine Rentenversicherung mit Vertragsbeginn zum 01.12.1998. Die allgemeinen Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation erhielt er mit dem Versicherungsschein.

Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes wurde er nicht hinreichend über seine Rechte gemäß § 5 a VVG alter Fassung belehrt.

Ab Dezember 1998 war für fünf Jahre jährlich eine Versicherungsprämie zu zahlen. Rentenbeginn sollte der 01.12.2011 sein.

Zum 01.09.2007 wurde der Vertrag gekündigt und der knapp über dem Nominalwert der eingezahlten Prämien liegende Rückkaufswert ausgezahlt.

Am 31.03.2008 übte der Versicherungsnehmer das Widerrufsrecht gemäß § 5 a VVG aus. Er forderte die Rückzahlung der Prämien nebst Zinsen unter Verrechnung des Rückkaufswertes und verwies dabei auf eine Entscheidung des Landgerichts Stuttgart vom 13.07.2010 unter dem Aktenzeichen 22 O 587/09. Nach seiner Berechnung waren dies 22.272,56 €.

Das Landgericht Stuttgart und auch das Oberlandesgericht Stuttgart wiesen seine Klage jedoch ab. Sie verwiesen auf das erloschene Rücktrittsrecht.

Gemäß der allgemeinen Versicherungsbedingungen sollte nämlich der Rücktritt allenfalls bis ein Jahr nach Zahlung der Erstprämie möglich sein.

Der Bundesgerichtshof setzte mit Beschluss vom 28.03.2012 das Verfahren aus und legte dem Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob § 5 a VVG alter Fassung gegen Europarecht verstoße.

Das Berufungsgericht (OLG Stuttgart) hatte zuvor festgestellt, dass die Versicherung den Versicherungsnehmer nicht in drucktechnisch deutlicher Form über sein Widerspruchsrecht belehrt hatte.

Der Europäischen Gerichtshof hat nunmehr die Frage bejaht, dass § 5 a VVG alter Fassung gegen Europarecht verstoße. Das Verfahren wurde nunmehr an den Bundesgerichtshof zurückgegeben. In diesem Jahr ist zu erwarten, dass der Bundesgerichtshof über die Rechtsfolgen entscheide.

Übrigens: Mit Urteil vom 16.10.2013 hatte der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen IV. ZR 52/12 entschieden, dass zwar ein Widerruf auch dann noch möglich sei, wenn der Vertrag bereits gekündigt wurde, jedoch dann nicht mehr, wenn beiderseitig vollständige Leistungserbringung erbracht worden wäre.

Wir sagen nein

Wenn verlangt wird, dass ein Aufhebungsvertrag nur und ausschließlich im Büro des Dienstvorgesetzten unterschrieben wird, und nur zu einer bestimmten Uhrzeit, und ohne diesen vorher zu Gesicht zu bekommen oder geprüft zu haben, gibt es nur eine Antwort:

„Nein!“

Kunden, denen solche Verträge untergejubelt werden, sollten dies schließlich auch sagen.

Leider kommt es immer wieder vor, dass solch Spontan-Druck-Unterschriften verlangt werden. Vor kurzem verlangte dies ein …Leiter. Wenn Aufhebung, dann nur „ohne vorher zu lesen und zu prüfen“ hieß es.

Nach kurzer Rechtsberatung lautete dann die logische Antwort: „Nein! Dann kündigt doch.“

Was denn nun?

Es ist schon merkwürdig, wenn einem Vermögensberater, über deren fristlose Kündigung gerade gestritten wird, vorgehalten wird, er habe Kundendaten mitgenommen und für weitere Geschäfte genutzt.

Gleichzeitig kann von einem Kaufmann jedoch auch verlangt werden – und wurde auch verlangt – dass dieser doch seine kompletten „alten“ Unterlagen aufzubewahren habe im Sinne eines ordentlich geführten kaufmännischen Betriebes. Außerdem wurde darauf aufmerksam gemacht, dass doch aus alter Zeit so viele Infomationen vorlägen, so dass man alle Informationen hat, so dass man einen Buchauszug nun doch nicht mehr bräuchte. Und dass man ja noch nach Vertagsende Abrechnungen ethalten würde, aus denen sich doch alles ergibt – eben auch alle Kundendaten.

Nun denn.