Gemäß § 89 b HGB kann dem Handelsvertreter ein
Ausgleichsanspruch zustehen. Gemäß Abs. 3 Ziff. 2 ist dieser Anspruch
ausgeschlossen, wenn der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und
für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des
Handelsvertreters vorlag.
Diese Voraussetzung soll jedenfalls dann erfüllt sein, wenn
das Unternehmen eine wirksame und berechtigte fristlose Kündigung wegen
Vertragsverletzung ausgesprochen hat.
Was ist aber, wenn das Unternehmen eine solche fristlose
Kündigung nicht ausgesprochen hat, sie aber hätte aussprechen können, wenn sie
von ihren Rechten gewusst hätte?
Darüber hatte der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 16.02.2011 unter dem Aktenzeichen VIII ZR 226/07 zu entscheiden. Der Bundesgerichtshof wandte sich dazu an den Europäischen Gerichtshof, welcher mit Urteil vom 28.10.2010 unter Bezugnahme auf Artikel 18 a der Richtlinie 86/656/EWG des Rates vom 18.12.1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter wie folgt ausführte:
„Die Richtlinie lässt es nicht zu, dass ein selbständiger
Handelsvertreter seinen Ausgleichsanspruch verliert, wenn der Unternehmer ein
schuldhaftes Verhalten des Handelsvertreters feststellt, das nach dem Zugang
der ordentlichen Kündigung des Vertrages und vor Vertragsende stattgefunden hat
und dass eine fristlose Kündigung des Vertrages gerechtfertigt hätte“.
Kurzum: Nur dann, wenn zwischen dem schuldhaften Verhalten
des Handelsvertreters und der Kündigung ein unmittelbarer Ursachenzusammenhang
besteht, ist der Ausgleichsanspruch ausgeschlossen. man kann § 89 b Abs. 3 Nr.
2 HGB auch nicht analog anwenden, wenn der Tatbestand tatsächlich nicht in
vollem Umfang vom Gesetzt umfasst wird. Der Bundesgerichtshof hatte damit
grundsätzlich den Ausgleichsanspruch bejaht.
In diesem Fall hatte sich das Unternehmen darauf berufen,
dass einem Vertragshändler gekündigt wurde, und im Nachhinein festgestellt
wurde, dass sich dieser Zuschüsse verschafft hatte, die ihm vertraglich nicht
zugestanden hätten und dies zur fristlosen Kündigung berechtigt hätte, wenn es
dem Unternehmen vor Beendigung des Handelsvertrages bekannt geworden wäre.