§ 87a Abs. 3 Satz 2 HGB

Klageforderung so nicht nachvollziehbar

In einem Rechtsstreit eines ehemaligen Handelsvertreters der OVB mit seinem ehemaligen Vertrieb hatte das Landgericht Mainz kürzlich einen interessanten Beschluss erlassen.

Zur Frage der Zuständigkeit sagte das Gericht, dass in diesem Fall – trotz der Entscheidung des BGH vom 21.10.2015 unter dem Aktenzeichen VII ZB 8/15 – das Arbeitsgericht nicht zuständig sein dürfte, weil der Beklagte in diesem Fall gar nicht hauptberuflich für den Unternehmer tätig war.

Dies hieße im Klartext: Der Nebenberufler streitet sich vor dem Landgericht, der Hauptberufler vor dem Arbeitsgericht. Ob dies mal der Gedanke des Gesetzgebers war, soll dahingestellt bleiben.

Der Vertrieb fordert in dem Verfahren vor dem Landgericht Mainz Provisionsvorschüsse zurück.

Dazu das Gericht. „Die Klägerin ist darlegungs- und beweisbelastet für sämtliche Voraussetzungen der Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten. Sie muss also für jede einzelne Provisionsrückforderung die Voraussetzungen des § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB darlegen und beweisen (vgl. Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 20.05.2009 – 3 U 20/08), insbesondere auch, dass, wann und aus welchen von ihr nicht zu vertretenen Gründen die streitgegenständlichen Verträge gekündigt bzw. bereits die Erstprämien nicht gezahlt worden sind. Da es sich hierbei um Umstände außerhalb der eigenen Wahrnehmung des Beklagten handelt, kann dieser sich insofern in zulässiger Weise auf ein Bestreiten mit Nichtwissen beschränken. Die Vorlage in Übersicht gemäß Anlage … ist als Nachweis nicht ausreichend. Außerdem ist diese für das Gericht nicht nachvollziehbar. Insbesondere stimmen die dort genannten Haftungszeiten nicht mit denjenigen überein und es ist auch nicht ersichtlich, wie sich der Betrag der nicht verdienten Provision errechnet.“

LG Ulm: Provision zurück

Am 02.10.2014 entschied das Landgericht Ulm, dass ein Vermögensberater Provisionen, die er vorschussweise erhalten hatte, zurückzuzahlen hat. Der Beklagte war für die Klägerin, die DVAG, als Vermögensberater tätig.

In den Vertrag war zwischen den Parteien geregelt:  „Für die Vermittlung von Verträgen, bei denen Fristen (sogenannte Haftungszeiten) gemäß Ziffer II der Anlage A zu beachten sind, entstehen Provisionsansprüche gemäß die gesetzlichen Regelung des § 92 HGB erst dann, wenn der geworbene Kunde die nach den Provisionsbedingungen vorgesehene Anzahl von Beiträgen (Prämien) an den betreffenden Produktpartner entrichtet hat. Zahlungen  bzw. Gutschriften, die gleichwohl vor Entstehung des Anspruchs für vermitteltes Geschäft gewährt werden, erfolgen auf freiwilliger Basis und in der Erwartung, dass sich das jeweils vermittelte Geschäft als bestandskräftig erweist (die sogenannte Vorfinanzierung). Spätestens mit der Beendigung dieses Vertrages endet jede Vorfinanzierung und es gilt die gesetzliche Regelung. Mit das der Zahlung oder Gutschrift zugrunde liegende Geschäft vor Ablauf je nach Fristen aufgelöst, so erfolgt in der monatlichen Abrechnung eine Laufzeit anteiliger Rückbelastung.“

Den Beklagten wurden monatliche Provisionsabrechnungen erteilt, in denen jeder vermittelte Versicherungsvertrag unter Angabe des Versicherungsnehmers, der Versicherungssumme etc. aufgeführt ist. Das Gericht meinte, dass der Klägerin die geltend gemachten Rückzahlungsansprüche zustehen würden. Sie hätte schlüssig durch Vorlage der vorgeführten Provisionsabrechnung die Entwicklung des Provisionskontos betreffend den Beklagten substantiiert dargelegt. Im Übrigen habe die Klägerin auch schlüssig dargelegt, dass die zur Ermittlung der Provisionsrückbelastungen erforderlichen Parameter, der provisionsrelevante Grundbetrag des Vertrages, der Provisionssatz des Vermittlers für diesen Vertrag, die Provisionsgutschrift, die Haftungszeit, die Einstellung der Prämienzahlung und der nicht abgelaufene Haftungszeitraum darin enthalten sind. Dies sei anhand eines Beispiels erklärt worden.

„Die von den Beklagten gerügte grundsätzliche Fehlerhaftigkeit des Rechenwerks der Klägerin besteht danach nicht. Auch kann der Beklagte nicht damit gehört werden, die an ihn gezahlten Provisionen seien nicht richtig berechnet worden, dafür die Provisionsrückforderung, für den tatsächlich gezahlten Provisionen auszugehen ist. Der Klägerin könne ebenfalls nicht entgegen gehalten werden, sie habe die Anforderungen an die erforderliche Nachbearbeitung ins Storno gegangener Verträge nicht erfüllt. Gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit § 92 Abs. 2 HGB entfällt der Anspruch des Handels – bzw. Versicherungsvertreters auf Provision, im Falle der Nichtausführung des Geschäfts durch den Unternehmer, wenn insoweit die Nichtausführung auf Umstände beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Die Nichtausführung (Stornierung) des Vertrages ist schon dann von den Versicherungsunternehmen nicht zu vertreten, wenn es notleidende Verträge im gebotenen Umfang nachgearbeitet hat.“

Die Darlegung der Klägerin wird den Anforderungen gerecht, so führte das Gericht aus. Sie hat zunächst generell das System der Nachbearbeitung dargestellt, dass zunächst über die Partnerversicherung läuft. Dies ist grundsätzlich ausreichend, um den Versicherungsnehmer zur Erfüllung seiner Vertragspflicht ernsthaft und ausdrücklich anzuhalten. Es handele sich nicht um ein bloßes Mahnschreiben, sondern um Erinnerungs- Mahn- und Kündigungsverfahren, bei dem der Versicherungsnehmer, der mit fälligen Raten in Rückstand geraten ist, ein normiertes Erinnerungsschreiben erhalte. Geht trotz dieser Erinnerung keine Zahlung ein, werde nach weiteren 2 Monaten durch die EDV Anlage, also gegen Anfang des 5. Rückstandmonats, das normierte Mahn- und Kündigungsschreiben ausgedruckt und versandt. Im Übrigen habe es auch Besuchsaufträge gegeben, also eine weitere Nachbearbeitung konkret stattgefunden.

Landgericht Ulm vom 02.10.2014