§86a HGB

Jetzt gibt es keine Ausreden mehr

Wir erinnern uns: Am 4.5.2011 entschied der Bundesgerichtshof, dass der Unternehmer dem Handelsvertreter die Unterlagen kostenlos zur Verfügung stellen muss, auf die dieser zur Vermittlung oder zum Abschluss der gegen den Gegenstand des Handelsvertretervertrages bildenden Verträge angewiesen ist.

Der AWD musste Kosten für eine Software, die er einbehalten hatte, erstatten.

Dies gilt jedoch nicht für Werbegeschenke und „andere bloß nützliche oder der Büroausstattung zuzuordnenden Artikel“.

Auf den Tenor dieser Entscheidung angesprochen, haben viele Vertriebe erwidert, man müsse zunächst einmal die Begründung des BGH abwarten. Nun ist die Begründung da. Wir sind gespannt, wie die Reaktion der großen Vertriebe wie DVAG, AWD, OVB u.s.w. aussehen wird.

Hier ein Auszug aus der Begründung:

Thema Softwarepauschale

„Die gegenteilige Vergütungsvereinbarung ist gemäß § 86a Abs. 3 HGB unwirksam. Auch die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass es sich bei dem Softwarepaket jedenfalls bezüglich eines Teils der darin enthaltenen Softwarekomponenten um eine für die Tätigkeit des Klägers als ihres (unter-) Handelsvertreters unverzichtbare Unterlage handelt. Da die Beklagte die unverzichtbare Betriebssoftware den Kläger gemäß § 86 a Abs. 1 HGB kostenlos zur Verfügung zu stellen hatte, ist die für das A.- Businesspaket getroffene Vergütungsvereinbarung unwirksam. Entgegen der Auffassung der Revision kann die Vergütungsvereinbarung auch nicht teilweise aufrechterhalten werden.

Zwar bezieht sich der Nutzungsvertrag nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch auf Softwarekomponenten, die der vom Kläger grundsätzlich selbst zu finanzierenden allgemeinen Büroorganisation zugerechnet werden können. Dies führt aber entgegen der Auffassung der Revision nicht dazu, dass der Kläger zumindest einen Teil des Entgelts für die Nutzung des Softwarepakets schuldet. Denn Vertragsgegenstand war die Nutzung eines zum einen einheitlichen Preis angebotenen, auf die Bedürfnisse des Handelsvertreters abgestimmte Softwarepakets; dabei handelt es sich nach der Verkehrsauffassung um ein einheitliches Produkt.

Der BGH zu dem Stichwort Unterlagen:

„Schon der Wortlaut des § 86a Abs. 1 HGB („erforderliche“ Unterlagen) spricht dafür, dass der Handelsvertreter nur solche Unterlagen kostenlos beanspruchen kann, auf die er zur Vermittlung oder zum Abschluss der den Gegenstand des Handelsvertretervertrages bildenden Verträge angewiesen ist. Auch die in der Vorschrift aufgeführten Beispiele stützen eine solche Auslegung, denn es handelt sich jeweils um Unterlagen, die einen sehr engen Bezug zu dem vertriebenen Produkt haben und ohne die eine erfolgreiche Vermittlung schlechthin nicht möglich ist. Dies gilt insbesondere für Preislisten und Geschäftsbedingungen, ohne die der Handelsvertreter die Vermittlung oder den Abschluss eines Vertrages unter Einhaltung der vom Unternehmer vorgegebenen Konditionen nicht leisten kann.“

„Dies gilt zunächst für die der Büroausstattung des Klägers zuzuordnenden Unterlagen wie Briefpapier, Visitenkarten und Erhebungsbögen, auch wenn diese Artikel mit dem Logo der Beklagten versehen sind. Mit dem einheitlichen Logo mag ein Werbeeffekt für die Beklagte und ihr System der Finanzberatung verbunden sein, der in erster Linie der Beklagten, mittelbar aber auch dem Kläger zu Gute kommen dürfte. Das einheitliche Logo macht die Artikel aber entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung noch nicht zu „produktspezifischen Hilfsmitteln“ und nimmt ihnen auch nicht den Charakter als Büroausstattung (vgl. Evers, VW 2010, 137). Angesichts dessen rechtfertigt auch der Umstand, dass die Beklagte in ihren Geschäftsanweisungen großen Wert auf die Erhebung der zur Beurteilung der Vermögenssituation erforderlichen Daten legte, weil diese für eine von der Beklagten versprochene „Finanzoptimierung“ unerlässliche Grundlage war, keine andere Beurteilung.“

„Auch bei den Werbeartikeln („Give-aways“) und den Mandantenordnern, die der Kläger von der Beklagten bezogen hat, handelt es sich, anders als bei den in § 86a HGB genannten (produktbeschreibenden) Werbedrucksachen, nicht um für die Vermittlungstätigkeit notwendige Unterlagen. Derartige Aufmerksamkeiten dienen der allgemeinen Kundenpflege und sollen dazu beitragen, ein Klima zu schaffen und aufrechtzuerhalten, das Geschäftsabschlüsse erleichtert. Solche „Kundengeschenke“ gehören ähnlich wie Bewirtungskosten und Repräsentationsaufwand zum Geschäftsaufwand des Handelsvertreters.“

„Auch die Zeitschrift „F.“ dient der allgemeinen Kundenpflege und soll allgemein das Interesse der Kunden an den Beratungsleistungen der Beklagten und den Produkten der Partnergesellschaften wecken. Ein unmittelbarer Bezug zu den Produkten der Partnergesellschaften ist nicht vorhanden; die Kundenzeitschrift kann daher nicht mit einer Produktbroschüre verglichen werden, auf die der Handelsvertreter zur Vermittlung von Verträgen gegebenenfalls angewiesen ist.“

LG Hannover zu §86 a HGB

Am 03.03.2009 wurde ein Finanzdienstleister verurteilt, an einen ehemaligen Handelsvertreter 3.680,00 € nebst Zinsen zu zahlen.

Der Handelsvertreter meint, ihm ständen Zahlungen zu, weil ihm während des Vertragsverhältnisses monatlich 80,00 € einbehalten wurden als Entgelt für Softwarenutzung. Das Landgericht Hannover entschied dies sei gemäß § 86 a Abs. 1 HGB zu Unrecht geschehen.

Schließlich durfte das Unternehmen eine Vergütung für die Softwarenutzung nicht verlangen. Die Vereinbarung einer Nutzungsgebühr im Vertrag ist gemäß § 86 a HGB unwirksam. Schließlich handele es um spezifische Betriebssoftware. Unstreitig sind jedenfalls Einzelmodule für die Vermittlungstätigkeit unerlässlich und mussten von dem Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.

Der Handelsvertreter hatte sich gegen die einzelnen Abrechnungen nicht zur Wehr gesetzt. Dies wertet das Landgericht Hannover nicht als Anerkenntnis.

Werbegeschenke dagegen fallen nicht unter die von § 86 a HGB erfassten Unterlagen. Dies gilt auch für das interne Magazin, welches der Handelsvertreter zur Imagewerbung und Kundenbindung erwarb. Dies sind keine tätigkeitsnotwendigen Werbesachen (anders angeblich: OLG Köln, Urteil vom 30.11.2007, Aktenzeichen 19 U 84/07).

Auch die Büromaterialien, die der Handelsvertreter käuflich erworben hat, muss er im Ergebnis selbst tragen. Dann ändert sich auch nichts, wenn anstelle neutralem Briefpapiers solches mit dem Firmenlogo verwendet wird.

Auch die Kosten für schriftliches Verkaufstraining und Schulungen zur persönlichen Fortbildung dienten der persönlichen Weiterentwicklung des Handelsvertreters und der Förderung seiner Karriere. Die dafür erforderlichen Kosten muss der Unternehmer ebenfalls nicht tragen.

Schließlich wies das Landgericht auf die dreijährige Verjährungsfrist hin.

Gegen das Urteil wurden, wie man uns mitteilte, Rechtsmittel eingelegt. Es ist also nicht rechtskräftig.