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Ein Oberlandesgericht hatte gestern die Auffassung vertreten, dass einer fristlosen Kündigung eines Handelsvertreters eine Abmahnung vorauszugehen habe, wenn es sich um Störungen im Leistungsbereich handelt.
Ohne Abmahnung könne sonst eine Kündigung das Vertragsverhältnis nicht beenden, so das Gericht.
Unangenehm nur, wenn das „Weglassen der Abmahnung“ auf anwaltlichen Rat erfolgte.
Der Vorsitzende Richter schimpfte gerade darüber, dass man einen Vertrag mit einem Strukturvertrieb doch vorher besser durchlesen sollte. Als ich ihm entgegnete, dass der Ratschlag auf einen juristischen Berufskollegen (verfügt ebenfalls über die Qualifikation zum Richteramt) zurückzuführen ist, fiel auch dem Richter nichts mehr ein.
Während ich gestern hier noch schrieb und hinterfragte, ob anwaltlicher Rat immer notwendig wäre, bekam ich heute die Antwort eines geschätzten Anwaltskollegen, der meinte, man solle sich wegen der Knebelung in einigen Verträgen doch immer vor Kündigung anwaltlichen Rat einholen.
Ich werde ihm antworten: Wenn anwaltlicher Rat, dann richtiger!
Aber vielleicht liest er selbst diese Blogeintragung. Auf diesem Wege viele kollegiale Grüße!
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Entscheidung Oberlandesgericht Celle vom 05.11.2009 Aktenzeichen 11 U 117/09
Oberlandesgericht Celle weist eine fristlose Kündigung zurück, der keine wirksame Abmahnung vorausgegangen ist. Es argumentiert wie folgt:
Die Kündigung des Handelsvertreters hat das Handelsvertreterverhältnis nicht beendet, weil die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 89 a Abs. 1 HGB nicht vorliegen. Das ist nur dann der Fall, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Vertragsfortsetzung bis zur vereinbarten Vertragsbeendigung oder bis zum Ablauf der Frist zur ordentlichen Kündigung nicht zugemutet werden kann, weil es trotz der Beachtung des Gebotes der Vertragstreue im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalles Treu und Glauben sowie der Billigkeit widerspricht, den Kündigenden am Vertrag festzuhalten. Es muss ein objektiver Umstand vorliegen, welcher aus der Sicht des Kündigenden im Zeitpunkt der Kündigungserklärung die Notwendigkeit einer sofortigen Vertragsbeendigung begründet. Dieser Umstand wird in der Regel in einem Verhalten des Kündigungsempfängers, insbesondere in einer groben Verletzung vertraglicher Pflichten seinerseits liegen. Ob der geltend gemachte Grund im Einzelfall bei objektiver Würdigung eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann, bedarf einer umfassenden Würdigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, wie sie nochmals bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zu seiner frühstmöglichen vertragsmäßigen Beendigung anzustellen ist. Ergibt die mit einer Gesamtabwägung verbundene Prüfung, dass der geltend gemachte Anlass eine sofortige Vertragsauflösung objektiv nicht rechtfertigen kann, fehlt es an einem wichtigen Grund.
Vorliegend scheiterte die Kündigung an der fehlenden Abmahnung. Wichtig ist, dass die Abmahnung dem gesetzlichen Vertreter gegenüber erklärt wird. In einem Strukturvertrieb sind dies nicht die anderen, in der Struktur höherrangig angesiedelten Handelsvertreter !
Diese sind grundsätzlich keine Erfüllungsgehilfen eines Strukturvertriebes im Sinne des § 278 BGB.
Abmahnen muss man mithin gegenüber dem Unternehmen selbst bzw. an dessen Geschäftssitz. .
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Der Einwand, man habe bereits monatlich umfassende Abrechnungen erteilt und daraus ergebe sich alles, greift nach der Entscheidung nicht.
Die Abrechnungen sind als Ersatz für einen Buchauszug ungenügend. Diesem läßt sich eben nicht entnehmen, wann und aus welchem Grund ein von dem Vermögensberater vermittelter Vertrag rückgängig gemacht worden ist. Das Datum der Stornierung ist von Bedeutung, weil bei einer nach der Bezahlung der Prämie erfolgten Stornierung der nach § 92 Abs. 4 HGB unbedingt entstandene Provisionsanspruch nur noch unter engen Voraussetzungen entfallen kann. Der Grund der Stornierung ist ihm mitzuteilen, weil daraus ersichtlich ist, ob ein Vertretenmüssen des Unternehmers und damit ein Provisionsanspruch nach § 87 a Abs. 3 HGB überhaupt in Betracht kommt.