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Das Landgericht Frankfurt am Main hatte am 19.10.2012 die Klage eines Vertriebes abgewiesen. Dieser hatte vor Gericht beantragt, der Handelsvertreter möge es bis zu einem bestimmten Zeitpunkt unterlassen, für andere Unternehmen als die Klägerin im Finanzdienstleistungsbereich tätig zu sein und beantragte, dass festgestellt wurde, dass der Handelsvertreter Schadensersatz leisten müsste.
Der Beklagte machte geltend, er habe nach seiner ordentlichen Kündigung nur noch beschränkten Zugang zum Intranet System der Klägerin und außerdem seien ihm Provisionen nicht mehr ausgezahlt worden.
Außerdem habe die Klägerin zahlreiche Kunden des Beklagten telefonisch kontaktiert und mitteilen lassen, dass der Beklagte nicht mehr zuständig sei.
Nach Abmahnung kündigte der Handelsvertreter fristlos.
Das Gericht sah einen Grund für die fristlose Kündigung an. Einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung sah das Gericht jedoch noch nicht in der Heraufsetzung der Stornoreserve auf 100 %. Dies könne zwar einen Kündigungsgrund darstellen, da dies für die restliche Vertragslaufzeit eine Auszahlung eines Provisionsguthabens an den Beklagten ganz oder weitgehend verhindert hätte, sodass er aus seiner Tätigkeit während der folgenden 15 Monate keine Einkünfte hätte erzielen können, mit Ausnahme der Beträge, die nicht unter die Stornoreserve fallen. Da dieser Vorgang nach der Abmahnung des Beklagten vor Ausspruch der Kündigung korrigiert worden ist, kann die Kündigung hierauf nicht mehr gestützt werden, so das Gericht.
Einen Kündigungsgrund stellet aber die Einschränkung des Zugangs des Beklagten zu dem EDV-System der Klägerin dar, da dies einen derart erheblichen Eingriff in die selbstständige Ausübung der Handelsvertretertätigkeit des Beklagten darstellt, sodass für einer selbstständigen erfolgreichen Handelsvertretertätigkeit für die restliche Vertragslaufzeit nicht mehr ausgegangen werden kann.
Landgericht Frankfurt vom 19.10.2012
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Am 20.03.2013 entschied das Oberlandesgericht Stuttgart, dass eine außerordentliche fristlose Kündigung eines Handelsvertreters das Vertragsverhältnis beendet hat.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hob damit eine Entscheidung des Landgerichts Hechingen auf.
Neben der Wirksamkeit der Kündigung stritten die Parteien darum, ob eine Wettbewerbsabrede und eine im Vertrag enthaltene Vertragsstrafen Regelung wirksam sei.
Der fristlosen Kündigung ging voraus, dass der Strukturvertrieb (die Klägerin) den Zugang zum Internet eingeschränkt hatte.
Ihm wurde der Zugang zu seiner Kundendatei abgeschnitten. Er konnte auch keine auch keine Vertragsangebote mit Hilfe des EDV internen Netzes mehr erstellen und keine Neukunden seiner Kundendatei hinzufügen.
Die Klägerin hatte auch die Dienstemailadresse des Beklagten gesperrt.
Das Gericht erkannte darin eine wesentliche Vertragsverletzung.
Es führte aus, dass dies das Auftreten des Beklagten im Geschäftsverkehr nicht unerheblich erschwert hatte. Die Sperrung hat es dem Beklagten auch unmöglich gemacht, Storno gefährdete Kunden vor der Mitteilung der monatlichen Provisionsabrechnung zu kontaktieren.
Auf andere Gründe wurde das Gericht nicht mehr abstellen, weil diese Gründe bereits für eine fristlose Kündigung genügten.
Diesem voraus gingen mehrere Aufforderungen, und zwar mit E-Mail, mit weiterer Abmahnung und weiterer Aufforderung.
Der Strukturvertrieb wandte ein, dass hier bereits ein Wettbewerbs- bzw. Vertragsverstoß des Handelsvertreters vorlege. Sein Fahrzeug sei häufig vor dem Gebäude eines Kollegen gesehen worden, so trugen es die Anwälte des Strukturvertriebs vor.
Der Senat des Oberlandesgericht war hier der Auffassung, dass dies zwar schon den Anschein erwecken könnte, dass durch den Handelsvertreter ein Erfahrungsaustausch oder auch evtl. eine später angestrebte Zusammenarbeit angestrebt wird. Dieser Umstand genügt aber nicht, einer Vertragsuntreue des Beklagten zu belegen, so das Gericht.
Der Strukturvertrieb wies darauf hin, dass der Handelsvertreter doch einen Gastzugang im Netzwerk hätte haben können. Bedauerlicherweise, so das Oberlandesgericht, hatte selbst der Vorgesetzte des Beklagten von einem Gastzugang nichts gewusst und den Beklagten auf eine solche Möglichkeit nicht verweisen können.
Der Strukturvertrieb stellte zwar nach Abmahnung die Stornomitteilung wieder zur Verfügung. Dieser Umstand reiche aber nach Ansicht des Gerichts nicht aus, dass durch die Klägerin erschütterte Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien wieder herzustellen.
Ferner wies das Gericht darauf hin, dass die Weigerung des Beklagten, sich nicht auf einen mit einem Wettbewerbsverbot und erhöhte Vertragsstrafe verbundenen vorzeitigen Aufhebungsvertrag einzulassen, als rechtsmißbräuchlich eingestuft werden kann schließlich bestehe Vertragsfreiheit.
Bereits das Landgericht Hechingen hatte die Vertragsstrafen Regelung für unwirksam erklärt. Diesem hatte sich das Oberlandesgericht angeschlossen.
Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20.03.2013 Aktenzeichen: 3 U 177/12