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Nicht nur die DVAG verlangt mitunter – sozusagen als Gegenleistung für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages – ein Abschiedsschreiben. Die Kunden sollen allesamt angeschrieben werden und der neue Betreuer vorgestellt werden.
Was aber, wenn dieses Abschiedsschreiben einen anderen Wortlaut hat. Der BGH hatte darüber in einem Fall zu entscheiden und gesagt, wie man es nicht machen sollte:
Dazu im einzelnen Textauszüge aus dem Urteil BGH vom 22. 4. 2004 – I ZR 303/01 :
„Das vom Beklagten an die von ihm betreuten Mitglieder des Klägers versandte Schreiben zielte auf deren Abwerbung. Gegen die Sicht, es sei nur ein Abschiedsschreiben, spricht die Angabe der privaten Anschrift und der Telefonnummer des Beklagten zu 2. Es kommt hinzu, daß sich der Beklagte zu 2 in dem Schreiben für das „bisherige … Vertrauen“ bedankt. Diese Formulierung sollte es den Adressaten ersichtlich nahelegen zu erwägen, mit dem Beklagten zu 2 auch nach dessen Ausscheiden beim Kläger weiterhin vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Ein ernstlich gemeintes und als solches dann auch im Interesse des Klägers liegendes Verabschiedungsschreiben hätte zudem Angaben zu der die Adressaten insbesondere interessierenden Frage enthalten, wie und, falls dies schon feststand, durch wen deren weitere steuerliche Beratung beim Kläger erfolgen würde. Alles in allem genommen war das Schreiben vom 19. Dezember 1998 daher darauf ausgerichtet, die vom Beklagten zu 2 seinerzeit betreuten Mitglieder zu veranlassen, sich auch weiterhin von diesem beraten zu lassen und sich hinsichtlich eines Wechsels der Mitgliedschaft in einem Lohnsteuerhilfeverein an den Beklagten zu 2 zu wenden.
Der Beklagte zu 2 verhielt sich schon deshalb unlauter i. S. des § 1 UWG, weil er zu dem Zeitpunkt, zu dem er das Rundschreiben versandte , noch in einem Arbeitsverhältnis zum Kläger stand und sich daher diesem gegenüber loyal zu verhalten hatte (vgl. RG GRUR 1939, 728, 731; BAG AP Nr. 5 zu § 60 HGB = BB 1970, 1095; Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 1 UWG Rdn. 601; Großkomm. HGB/ Konzen/ Weber, 4. Aufl., § 60 Rdn. 17). Das galt zumal im Hinblick darauf, daß er als – teilweise langjähriger – steuerlicher Betreuer der Mitglieder des Klägers diesen gegenüber eine Vertrauensstellung innehatte und deshalb auch noch nach seinem Ausscheiden beim Kläger immerhin in einem gewissen Umfang auf dessen Interessen Rücksicht nehmen mußte (vgl. Großkomm. UWG/ Brandner/ Bergmann, § 1 Rdn. A 240). Die Wettbewerbswidrigkeit der Verhaltensweise des Beklagten zu 2 folgt zudem daraus, daß dieser das ihm vom Kläger anvertraute wertvolle Adressenmaterial zweckwidrig und zielgerichtet für sein Unternehmen, beim Kläger noch während des dort bestehenden Beschäftigungsverhältnisses eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern abzuwerben, zum Einsatz brachte.“
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Am 14.07.2009 entschied der BGH, dass Bankberater ausdrücklich auf die Risiken einer vermeintlich sicheren Geldanlage hinweisen müssen.
Der Verweis auf das Kleingedruckte in dem so genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen genüge nicht, wenn Kunden eine sichere Geldanlage wünschen.
Zwei Frauen hatten über ihre Bank bei der BFI-Bank aus Dresden Sparbriefe und Festgelder angelegt. Die BFI ging im Jahre 2003 pleite. Die BFI war dem Einlagensicherungs-Fond des Deutschen Bankenverbandes nicht angeschlossen. Die gesetzliche Einlagensicherung erstattete nur einen geringen Teil des Schadens.
In den Vorinstanzen waren die Klägerinnen gescheitert. Der BGH sagte, dass eine so genannter Beratervertrag zustande gekommen sei und die Banken haben möglicherweise ihre Pflicht daraus verletzt.
Das Verfahren wurde an das OLG Dresden zurückgegeben.
Die Entscheidung des BGH stärkt die Rechtsposition von Kleinanlegern. Der BGH hatte im Hinblick auf den Verkauf von Wertpapieren bereits die Rechte der Kunden erheblich gestärkt ( er entschied, dass über Ausgabeaufschläge und so genannte Kick-Back-Provisionen aufgeklärt werden muss).
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Schadensersatzansprüche wegen Beratungsverschuldens beim Erwerb von Wertpapieren verjähren nach § 37a WpHG in drei Jahren, nach § 823 BGB in drei Jahren ab Kenntnis.
Der Bundesgerichtshof hatte mehrfach darüber zu entschieden, von wann an die Verjährung beginnen sollte. Ab Erwerb der Papiere, ab Schadenseinschlag oder ab Kenntnis?
Der BGH hat mit Urteil vom 8. März 2005 (Az: XI ZR 170/04) entschieden, dass mit dem Erwerb der Papiere und nicht erst zum Zeitpunkt der späteren Kursverluste die Frist zu laufen beginnt. Dies richtete sich ausschließlich auf die Beurteilung gem. §37 a WpHG.
Schließlich sei Zweck der im Rahmen des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes eingeführten Verjährungsregelung sei, so der BGH, durch Verkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren dem Anlageberater eine zuverlässigere Einschätzung möglicher Haftungsansprüche zu ermöglichen und so seine Bereitschaft zu stärken, auch risikoreichere Papiere, insbesondere auch Titel junger innovativer Unternehmen, zu empfehlen.Und dann müsse die kurze Verjährungsfrist gelten.
Der BGH hat sich mit diesem Grundsatz jedoch schwer getan:
In einer Entscheidung Ende 2007 (Aktenzeichen V ZR 25/07) soll die Frist für die Verjährung erst dann beginnen, wenn der Anleger den Fehler entdeckt hat (also mit Kenntnis).
Jedenfalls hatte der BGH stets entschieden, dass es keine sog. Sekundärhaftung gibt. Dieser Begriff ist eine Erfindung aus dem Anwaltshaftungsrecht und besagt, dass Anwälte innerhalb der Haftungszeit den Mandanten über den Ablauf der Verjährung aufklären müssen. Tun sie das nicht, begehen sie abermals einen Beratungsfehler am Ende der Haftungszeit … und die Verjährung beginnt ab diesem Tag von neuem.
Bei der Beratung über Wertpapiere muss der Berater also nicht über eine mögliche drohende Verjährung hinweisen.
Übrigens: In § 199 BGB heißt es, dass die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger… Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen.
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Am 17.07.2008 entschied der BGH, dass zu hohe Vertragsstrafen unwirksam sind. Hier ging es um Strafen von 15.000 DM für den verkauf eines Wäremekissens. Der Handelsvertreter verkaufte davon 7.000 Stück und wurde verklagt.
Der BGH reduzierte die unwirksamen Regelungen auf das „zulässige“ Maß (im Gegensatz zu anderen Rechtsprechungen, die solche unzulässigen AGB kurzerhand ersatzlos strichen).
Das Urteil im einzelnen:
BGH, Urteil v. 17.07.2008, Az. I ZR 168/05,
1. Eine Zusammenfassung mehrerer oder aller Verstöße zu einer einzigen Zuwiderhandlung gegen ein Unterlassungsgebot nach den Grundsätzen der natürlichen Handlungseinheit oder einer Handlung im Rechtssinne scheidet aus, wenn die Parteien eine Vertragsstrafe für jedes einzelne verkaufte Produkt vereinbart haben.
2. Steht eine vereinbarte Vertragsstrafe in einem außerordentlichen Missverhältnis zur Bedeutung der Zuwiderhandlung, ist ihre Herabsetzung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB geboten, auch wenn eine Verringerung der Vertragsstrafe wegen unverhältnismäßiger Höhe nach § 343 BGB gemäß § 348 HGB ausgeschlossen ist. In diesem Fall ist die Vertragsstrafe nicht auf die nach § 343 BGB angemessene Höhe, sondern nur auf das Maß zu reduzieren, das ein Eingreifen des Gerichts nach § 242 BGB noch nicht rechtfertigen würde.
Die Parteien einigten sich in einem Vergleich, dass bei Zuwiderhandlung gegen die abgegebene Unterlassungserklärung für jedes angebotene, verkaufte bzw. verbreitete Produkt eine Vertragstrafe i. H. v. 15.000 DM verwirkt sei. Die Beklagte verkaufte jedoch gegen das Verbot 7.000 Wärmekissen bei einem Nettoumsatz von ca. 48.000 €. Die Klägerin machte daraufhin Vertragsstrafen in Millionenhöhe geltend.
Der BGH kam nach Auslegung des Vergleichs zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzung für die Vertragsstrafe gegeben sei. Jedoch sei in diesem Fall gemäß § 242 BGB die Grenze zum Missverhältnis bei 200.000 € erreicht. Einen Zahlungsanspruch über diesen Betrag hinaus habe die Klägerin nicht.
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BGH zum Buchauszug
Auf der Suche nach aktueller Rechtsprechnung hatten wir aktuelle Entscheidungen des Bundesgerichtshofes aktuell mit dem Stichwort „Handelsvertreter“ suchen zu lassen… und wurden fündig, wenn auch nur mit einer eher unbedeutenden Entscheidung.
Am 10.02.2009 durfte sich der BHG – am Rande – mit dem Thema Buchauszug beschäftigen. Es wurde dem BGH eine so genannte Anhörungsrüge vorgelegt. Jemand hatte behauptet, ihm sei in der Vorinstanz nicht richtig Gehör geschenkt worden.
Hintergrund war ein Streit um so genannte Buchauszüge. Der Handelsvertreter meinte, der Anspruch aus dem Buchauszug würde sich auch auf Daten aus der EDV-Anlage beziehen. Zuvor hatte der Handelsvertreter einen Buchauszug in Schriftform erhalten, als Anlage mit den von ihm selbst erstellten und ausgedruckten Belegen.
Der BGH betont noch einmal, dass sich der Anspruch auf den Buchauszug aus § 87 c Abs. 2 HGB ergibt und nach der Rechtsprechung des Senats, z.B. der vom 21.03.2001, der Buchauszug die geschäftlichen Vorgänge klar und übersichtlich darstellen muss. Alles Weitere hänge von Art und Umfang der im Einzelfall anzugebenden Tatsachen ab.
Der BGH hielt den Prozessbevollmächtigten des Handelsvertreters vor, sie hätten zur Begründung dieser Gehörsrüge einige Normen durcheinander gebracht und den Anspruch auf den Buchauszug mit dem Ausgleichsanspruch verwechselt. Der Anspruch auf den Buchauszug ergebe sich aus § 87 c HGB sowie aus Art. 12 Abs. 2 der Handelsvertreterrichtlinie (Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18.12.1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter).
Nach Art. 12 kann der Handelsvertreter verlangen, dass ihm alle Auskünfte, insbesondere ein Auszug aus den Büchern, gegeben werden, über die der Unternehmer verfügt und die der Handelsvertreter zur Nachprüfung des Betrages der ihm zustehenden Provisionen benötigt. Der BGH sieht darin nicht, dass sich aus Art. 12 für den Handelsvertreter mehr ergeben könnte als aus § 87 c HGB.
Deshalb sei der Handelsvertreter auch in den Erstinstanzen ordnungsgemäß gehört worden und ein Verfahrensfehler nicht zu erkennen.
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Wir hatten bereits ausführlich über die Frage der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte bei Rechtsstreitigkeiten mit Handelsvertretern berichtet. Das Arbeitsgericht ist zuständig, wenn der Handelsvertreter in den letzten sechs Monaten weniger als 1.000€ monatlich im Schnitt verdient hat und er ein Einfirmenvertreter ist.
Wann aber hat jemand etwas verdient? Sind das nur Zahlungen, die man auch bekommen hat oder sind das auch Zahlungen, die man „verdient“ hat, die aber mit Gegenforderungen verrechnet wurden.
Mit dieser Frage, die bisher in der Rechtsprechung völlig unterschiedlich beurteilt wurde, hatte sich der BGH auseinanderzusetzen.
Der Bundesgerichtshof entschied am 12.02.2008, dass für die Ermittlung der während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich bezogenen Vergütung alle unbedingt entstandenen Vergütungsansprüche des Handelsvertreters zu berücksichtigen sind, unabhängig davon, ob, auf welche Art und Weise und in welchem Umfang sie erfüllt sind.
Streitig war ein Fall, in dem der Handelsvertreter mehr als 1.000,00 € verdient hat, jedoch weniger als 1.000,00 € ausgezahlt bekommen hat, weil andere Positionen wie Telefonkosten, Büromiete usw. durch Verrechnung in Abzug gebracht wurden.
Die Gerichte haben sich lange darüber gestritten, ob nur darauf abgestellt werden soll, was ausgezahlt wurde, oder auch darauf, was zwar verdient, aber im Wege einer Verrechnung weggefallen ist.
Der BGH hat hier nun eine Klärung geschaffen und gesagt, dass es nicht auf die Auszahlung ankommt, sondern auch auf das, was möglicherweise verdient wurde, aber im Wege einer Verrechnung weggefallen ist.