Finanzdienstleister

Unwissenheit schützt vor Haftung nicht

Immer gern zitiert, aber dennoch falsch, ist die alte Weisheit „Dummheit schützt vor Strafe nicht“. Im Strafrecht hilft Dummheit und Unwissenheit sehr wohl. Schließlich ist für eine Bestrafung fast immer Vorsatz oder Fahrlässigkeit erforderlich. Im Strafrecht hilft Unwissenheit oft vor Strafe.

Andere Kriterien spielen beim Vertragsschluss und bei der Haftung eine Rolle. Der Bundesgerichtshof musste kürzlich über einen Fall entscheiden, in dem ein Berater gar nicht beraten wollte, aber er dennoch haften musste.

So ganz überraschend kommt die Entscheidung nicht:

Der BGH hält daran fest, dass es für Finanzdienstleister umfassende Informationspflichten gibt. Dies gelten auch dann, wenn ein Berater lediglich Tipps zur Vermögensanlage gibt, ohne direkt zu vermitteln. Der Bundesgerichtshof hatte am 21.11.2019 unter dem Aktenzeichen III ZR 254/18 darüber zu entscheiden, ob ein Berater auch dann haftet, wenn er eigentlich gar nicht beraten will.

Dieser Berater pflegte seinen Kunden, der nun klagt, schon seit 20 Jahren und vermittelt hauptsächlich Versicherungen. Der Kunde tritt Ende 2005 an den Berater heran mit dem Wunsch, eine Vorsorge für das Alter einzurichten. Ein passendes Produkt, welches eine kurze Laufzeit und eine hohe Rendite verspricht, konnte nicht gefunden werden. Deshalb riet der Berater dem Kunden, er solle sein Geld über einen Rechtsanwalt abschließen, mit einer kurzfristigen Kapitalanlage mit guten und individuell auszuhandelnden Festzinsen. Der Berater meinte, er habe auch selbst dort investiert.

Der Kunde folgt dem Ansinnen des Beraters. Bis zum Jahr 2014 überweist er insgesamt 200.000,00 €. Kurz nach der letzten Zahlung im Jahr 2014 stirbt der Rechtsanwalt. Es wird dann ein Insolvenzverfahren eröffnet. Den Schulden in Höhe von 8 Mio. Euro stehen nur 400.000,00 € Guthaben gegenüber. Der klagende Anleger machte erhebliche Verluste.

Nun macht er Schadensersatz gem. § 280 BGB gegen den Berater geltend. Schließlich soll dieser ihm die Anlage als absolut sicher, geeignet für seine Bedürfnisse, vertrauenswürdig und seriös empfohlen haben mit einer Rendite von 8%. Dem wird entgegnet, dass lediglich auf die Anlagemöglichkeit verwiesen wurde und doch nur eine Kontaktanbahnung zu dem Rechtsanwalt hergestellt werden sollte.

Vom Landgericht Verden ging es dann zum Oberlandesgericht Celle und von dort zum Bundesgerichtshof. Der Bundesgerichtshof schlug sich auf die Seite des Verbrauchers. Mit seinem Rat zu einer Vermögensanlage bei dem Rechtsanwalt sei zwischen dem Berater und dem Kunden ein Vertrag mit Haftungsfolgen zustande gekommen. Man hätte die Plausibilität der Anlage und die Bonität des Anbieters prüfen müssen. Dies sei nicht geschehen.

Man habe den Kunden auch nicht darüber informiert, dass man eben nichts geprüft habe. Dazu jedoch sei ein Berater nach Ansicht des Bundesgerichtshofs  verpflichtet. Die Erklärung des Beraters, auch er habe sein Geld dort angelegt, könne nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht so verstanden werden, dass es sich nur um eine rein private Angelegenheit handeln solle.

Die Erklärung des Beraters hat auch den erforderlichen Rechtsbindungswillen, der bei Abschluss eines Vertrages immer vorliegen muss. Es handele sich auch nicht um eine unverbindliche Empfehlung. Eine Entgeltvereinbarung ist ebenso wenig eine Voraussetzung für einen verbindlichen Vertrag. Unerheblich ist auch, wie lange das Gespräch gedauert hat. Die Kürze des Gesprächs sei allenfalls ein Indiz für die Qualität, jedoch nicht für das Zustandekommen eines Vertrages.

Kurzum sah der BGH den Berater in der Haftung, obgleich dieser sich eigentlich aus allem raus halten wollte.

Das vor dem Bundesgerichtshof angegriffene Urteil wurde aufgehoben und an das Oberlandesgericht Celle zurückverwiesen.

BGH: Handelsvertreter im Nebenberuf „genießen“ Kündigungsfrist von einem Monat

Viele Handelsvertreter lassen sich am Ende eines Vertragsverhältnisses in den Nebenberuf zurückfallen. Dies geschieht teilweise in Erwartung einer kürzeren Kündigungsfrist. Gem. § 92 b Abs. 1 HGB beträgt die Kündigungsfrist des Nebenberuflers grundsätzlich einen Monat. In einer Entscheidung  des BGH im Jahre 2013 ging es um eine Finanzdienstleisterin, die davon betroffen war. Vom Jargon her könnte es sich in einem vom BGH im Jahre 2013 zu beurteilenden Fall um einen Vertrag mit der OVB gehandelt haben.

Auch manch Vermögensberater der DVAG lässt sich, um die Auflösung des Vermögensberatervertrages bemühend, auf eine zunächst nebenberufliche Abstufung ein. Auch dort soll jedoch die „lange“ Kündigungsfrist aus dem Hauptberuf nicht entfallen. Die ursprünglichen Kündigungsfristen sollen auf den nebenberuflichen Berater übertragen werden.

Viele Vertriebe machen formularmäßig davon Gebrauch, die ursprünglich längeren Kündigungsfristen des Hauptberufs auf den Nebenberuf zu übertragen. Eine solche formularmäßige „lange“ Kündigungsfrist stand am 21.3.13 beim BGH auf dem Prüfstand. Der BGH erklärte die „lange“ Kündigungsfrist für nichtig und meinte, ein nebenberuflich tätiger Handelsvertreter unterliege einer einmonatigen Kündigungsfrist.

Außerdem entschied er, dass eine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe ebenso unwirksam ist.

Der BGH am 21.3.13:

a

Eine gegenüber einem Handelsvertreter im Nebenberuf verwendete Formularbestimmung, wonach eine Vertragskündigung nach einer Laufzeit von drei Jahren nur unter Einhaltung einer Frist von zwölf Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres zulässig ist, ist wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam.

b

Eine gegenüber einem Handelsvertreter verwendete Formularbestimmung, wonach der Handelsvertreter eine Vertragsstrafe unabhängig vom Verschulden verwirkt, ist unwirksam.