Honorar

BGH: Versicherungsvertreter rechtlich wie Makler, aber mit minderwertigen Leistungen

Ein neues und spannendes Urteil des BGH vom 12.12.2013 könnte einige grundsätzliche Fragen klären. Vieles bleibt danach jedoch offen.

Auch Versicherungsvertreter dürfen jetzt bei Abschluss einer Versicherung mit Nettopolice ein zusätzliches Honorar vereinbaren, jedoch weniger verlangen als ein Makler.

Was war geschehen:

Eine Versicherungsvertreterin, S.  Vertriebsmanagemant GmbH, hatte einer Kundin eine fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherung vermittelt. Dabei handelte es sich um eine Nettopolice. Die zu zahlenden Beiträge enthielten keine zusätzliche Vermittlerprovision. Man schloss daher eine gesonderte, vorgefertigte Vergütungsvereinbarung. Diese enthielt u.a. Informationen über den Status der Vermittlerin als eine Vertreterin für eine bestimmte Versicherungsgesellschaft. Die Kundin wurde informiert, dass auch bei vorzeitiger Kündigung eine vollständige Vergütung zu zahlen sei. Die Kundin zahlte zunächst, stellte aber  nach 13 Monatsraten weitere Zahlungen ein. Die Vertreterin klagte.

Das Amtsgericht wies die Klage ab, ebendo das Landgericht. Der BGH sag das anders.

Das Landgericht sah die Vereinbarung noch als unwirksam an. Der Grundgedanke der Schicksalteilung (der Provisionsanspruch müsse das Schicksal der Versicherung teilen) müsse sich auch hier auswirken.

Der BGH sah die Vereinbarung jedoch als wirksam an. Dass ein Versicherungsmakler eine Vergütung vereinbaren dürfe, sei schon lange gefestigte Rechtsprechung.

Es gebe zwar zwischen Makler und Vertreter große Unterschiede. Der Makler sei Interessensvertreter des Kunden und stehe folglich auf deren Seite.

Dazu der BGH in seinem Kernsatz:

„Im Unterschied dazu steht der Versicherungsvertreter im Lager des Versicherers, dessen Interessen er bei seiner Vermittlungstätigkeit im Auge zu behalten hat (vgl. § 86 Abs. 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 92 Abs. 2 HGB). Hieraus kann aber nicht geschlossen werden, dass ein Versicherungsvertreter aufgrund der gegenüber dem Versicherer bestehenden Loyalitätspflichten von vornherein nicht in der Lage ist, den Versicherungsnehmer – wie in der Vergütungsvereinbarung versprochen – in einer dessen Bedürfnissen und Interessen angemessen Rechnung tragen den Art und Weise zu beraten.

Einer derartigen Sichtweise steht schon entgegen, dass durch das vorliegend bereits einschlägige – Gesetz zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts vom 19. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3232) dem Versicherungsvermittler allgemein (also sowohl dem Versicherungsmakler als auch dem Versicherungsvertreter, vgl. § 42a Abs. 1 VVG a.F.; jetzt § 59 Abs. 1 VVG) umfassende Beratungs -und Dokumentationspflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer auferlegt worden sind (§§ 42c, 42d VV G a.F.; jetzt §§ 61, 62 VVG).

Diese Pflichten (auch) des Versicherungsvertreters sind derart zentral (vgl. Prölls/Martin/Dörner, VVG, 28. Aufl., § 61 Rn. 1), dass er bei Verletzung dieser Pflichten dem Versicherungsnehmer gegenüber persönlich zum Schadensersatz verpflichtet ist (§ 42e VVG a.F.; jetzt § 63 VVG). Angesichts dieser Normenlage wäre es wenig verständlich, wenn man es dem Versicherungsvertreter verwehren wollte, Beratungstätigkeiten – die in erheblichem Umfang schon gesetzlich vorgegeben sind – zum Gegenstand vertraglicher Entgeltvereinbarungen mit dem Versicherungsnehmer zu machen.

Denn die vertraglich nochmals bekräftigten Beratungspflichten des Versicherungsvertreters unterscheiden sich – soweit sie die Frage betreffen, ob die (wahrheitsgemäß dargestellten) Eigenschaften des angebotenen Produkts den Bedürfnissen und Interessen des Versicherungsnehmers entsprechen in ihrem Umfang und in ihrer Intensität nicht von den Pflichten des Versicherungsmaklers (BGH, Urteil vom 6. November 2013 – I ZR 10 4/13, BeckRS 2013, 20765 Rn. 21)“.

Der BGH meinte jedoch auch, dass der Wert der Beratungsleistung des Vertreters deutlich unterhalb unter dem des Maklers liegen müsse. Insofern seien die Leistungen doch nicht vergleichbar.

Die genaue Höhe wollte der BGH nicht vorgeben und verwies anschließend die Angelegenheit wieder zurück zum Amtsgericht.

Marco Habschick auf dem 16. Charta-Marktplatz

Am 04/05 Mai fand in Neuss der 16.te Charta-Marktplatz statt. Auf einer Podiumsdiskussion ging es dort um das „heiße Eisen“ Honorare statt Courtagen – eines der vielbeliebtesten Themen der Branche jüngster Zeit.

Interessantester Teilnehmer war dort Marco Habschick, Senior-Berater bei Evers § Jung GmbH in Hamburg. Er war Mitautor der Studie des Bundesverbraucherministeriums, die kurz vor Weihnachten 20096 erschien und eklatante Missstände in der Finanzdienstleistung offenbarte. Hier eine Zusammenfassung.

Im Versicherungsjournal vom 07.05.2010 war dann auch zu lesen, was Herr Habschick von dem 16. Charta- Marktplatz hielt. Er soll gesagt haben, dass es dort offensichtlich sehr viel um Back-Office-Fragen gehe, weniger jedoch um das Ringen um Beratungsqualität.

Er sagte auch, dass die Umsetzung europäischer Richtlinien bisher sehr viel Aufwand, aber wenig Ergebnis für die Beratungsqualität erbracht habe. Es gebe systematische Schwächen der Provisionsberatung. Die Honorarberatung bringe allerdings nur dann etwas, wenn sie zu besseren Finanzentscheidungen führe.

Dieser Auffassung möchte auch ich mich anschließen. Die Honorarberatung ist sicher kein Allheilmittel. Undurchsichtige Beratung auf Provisionsebene ist jedoch der Nährboden für Falsch- und Schlechtberatung.

Nur dann, wenn die nötige Transparenz geschaffen wird, damit der Verbraucher tatsächlich erfahren kann, wie viel Provisionen oder Honorare der Berater erhält, ist ein erster Schritt in Richtung ordentlicher Beratung getan.

Transparenz bedeutet, dem Kunden zu offenbaren, wie viel Provisionen tatsächlich fließen. Leider ist es immer noch die Regel, dass versteckte Provisonen fließen. Transparanz ist bei der Beratung auf Provisionsbasis bis heute nicht gegeben. Selbst große Unternehmen, mit denen wir zu tun haben, wollen Transparenz nicht gewährleisten.