Landesarbeitsgericht Hamm

Freistellung erlaubt?

Die Generali hat vielen Handelsvertretern, die nicht mit zur DVAG gewechselt sind, inzwischen die Kündigung ausgesprochen. Gleichzeitig wurden diese von der Arbeit freigestellt.

Wenn die Möglichkeit der Freistellung im Handelsvertretervertrag geregelt ist, ist eine Freistellung erlaubt. So sagt es der Bundesgerichtshof in seinen regelmäßigen Rechtsprechungen, zuletzt in einem Urteil vom 13.08.2015 unter dem Aktenzeichen VII ZR 90/14.

Die Entscheidung wurde hier im Blog ausführlich besprochen.

Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte sich einmal mit der Frage beschäftigen müssen, ob die Freistellung eines Arbeitnehmers, auch wenn es vertraglich grundsätzlich erlaubt ist, dennoch unzulässig sein könnte. In dem Verfahren ging es um einen bei der Fluggesellschaft Turkish Airlines beschäftigten Kläger, der seine Beschäftigung im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen wollte.

Das LAG Hamm entschied mit Urteil vom 03.02.2004 unter dem Aktenzeichen 19 Sa 120/04, dass eine Freistellung dann unzulässig ist, wenn die Ausübung des Freistellungsrechtes des Arbeitgebers nicht billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB entspreche. Das Gericht hat dabei das Ermessen für den Arbeitgeber großzügig angesetzt.

Nur dann, wenn entweder die Kündigung gerichtlich für unwirksam erklärt worden ist oder sie offensichtlich unwirksam ist oder die Freistellung billigem Ermessen gem §315 BGB widerspricht, wäre nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichtes Hamm die Freistellung unzulässig. Da das LAG dafür keine Anhaltspunkte sehen konnte, wies es die einstweilige Verfügung ab. Der dortige Kläger musste am Boden bleiben.

Das Landesarbeitsgericht Hamm erklärte die Freistellung sogar vor dem Hintergrund für zulässig, wenn man berücksichtigt, dass ein Arbeitnehmer einen grundsätzlichen Anspruch auf Beschäftigung hat.

Für einen Handelsvertreter gilt das nicht. Bei ihm gibt es im Gegensatz zu dem Arbeitnehmer keine grundsätzliche Beschäftigungspflicht.

Auch wenn der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 29.03.1995 unter dem Aktenzeichen VIII 102/94 die Freistellung als „letztlich nichts anderes“ als ein vorgezogenes Wettbewerbsverbot ansieht, dürfte die Freistellung wirksam sein.

Auch Angestellte haben einen evtl. Anspruch auf einen Buchauszug

Handelsvertreter haben einen Anspruch auf einen Buchauszug, und Angestellte, die Provisionen beziehen, auch.

Dies ergibt sich nicht nur aus § 87c Abs. 2, 65 HGB, sondern auch aus einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Hamm vom 14.3.2017 unter dem Az. 14 Sa 1397/16.

Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provision gebührt. Dies gilt entsprechend für Arbeitnehmer, die auf Provisionsbasis tätig sind. Voraussetzung ist die sogenannte Provisionsrelevanz, also die Möglichkeit, dass dem Vertreter aus dem Vertragsverhältnis ein Anspruch auf Provision, über welche der Unternehmer bzw. Arbeitgeber bereits abzurechnen hat, oder auf Schadensersatz wegen entgangener Provision zustehen kann.

In dem Fall des LAG Hamm hatte der Arbeitnehmer dennoch einen Buchauszug nicht enthalten. Er wollte diesen nämlich für den Ausgleichsanspruch, nicht für die Provisionen.

Zunächst machte sich das Gericht unnötigerweise viele Gedanken dazu, ob denn der Buchauszug überhaupt gewährt werden müsse, um einen Ausgleichsanspruch zu berechnen. Dies ist in der Rechtsprechung durchaus umstritten.

Aber darauf kam es hier vorliegend gar nicht an. Denn der klagende Arbeitnehmer brauchte gar keinen Buchauszug, um seinen Ausgleichsanspruch berechnen zu können.

Dass auch Arbeitnehmern grundsätzlich ein Buchauszug zusteht, dürfte viele freuen. Mit der entsprechenden Begründung hätte der Kläger hier den ja auch erhalten.

Insbesondere Arbeitnehmer, die ihren Arbeitgeber verlassen, sollten sich überlegen, ob sie nicht den Buchauszug als Sicherungs des „status quo“ anfordern.

Ein Arbeitnehmer, der für die Ergo tätig war, erhielt deshalb von dieser eine Abweisung, weil er mit dem Buchauszug zu spät käme. Dafür gibt es eine tarifvertragliche Frist von einem halben Jahr. Wer zu spät kommt, bekommt den Buchauszug nicht mehr.

Auch bei einem Wechsel sollte man darüber nachdenken, einen Buchauszug anzufordern. In diesem Zeitraum wechseln viele Arbeitnehmer, die zuvor für die Generali tätig waren, zur DVAG. Vielleicht wäre es hier wichtig, den status quo zum Zeitpunkt des Übergangs festzuhalten.

Einfirmenvertreter bei ASI?

Am 07.10.2013 hat das Landesarbeitsgericht Hamm darüber zu entscheiden, ob ein Handelsvertreter der ASI Wirtschaftsberatung AG aus Münster ein sogenannter Einfirmenvertreter ist.

 

Zuvor hatte das Arbeitsgericht Münster dies verneint. Dagegen wurde Beschwerde eingelegt.

 

Das Landesarbeitsgericht Hamm lies diese Frage jedoch offen.

 

Bei der Frage, ob das Arbeitsgericht für einen Rechtsstreit zuständig sei, komme es nicht nur darauf an, dass es sich bei dem Handelsvertreter um einen Einfirmenvertreter handelt, sondern auch darauf, dass er in den letzten 6 Monaten nicht mehr als 1.000,00 Euro monatlich im Schnitt bekommen hat.

 

Hier hatte der Handelsvertreter Vorschüsse erhalten.

 

Der Bundesgerichtshof hatte zwar entschieden, dass nur die Zahlungen zu berücksichtigen sind, wenn es sich um unbedingt entstandene Ansprüche handelt.

 

Das Landesarbeitsgericht meinte jedoch, dass Provisionsvorschüsse nicht bereits deshalb bei der Ermittlung der Einkommensgrenze außer Betracht bleiben haben, weil sie als Provisionsvorschuss bezeichnet werde. Vielmehr seien bei der Ermittlung der maßgeblichen Vergütungsgrenze alle geleisteten Zahlungen zu berücksichtigen, wenn und soweit diese nach den Regelungen des Handelsvertretervertrages nicht zurück zu zahlen sind.

 

Dies gilt auch für als Provisionsvorschüsse bezeichnete Zahlungen. Denn in diesem Fall steht aufgrund der vertraglichen Regelung von Anfang an fest, dass solche Provisionsvorschüsse nicht nur eine vorläufige Zahlung des Unternehmers sind, sondern auf Dauer im Vermögen des Einfirmenvertreters verbleiben und damit als unbedingte gezahlte Vergütung im Sinne des § 5 Abs. 3 ArbGG zu berücksichtigen sind.

 

Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Hamm vom 15.02.2013 Aktenzeichen 2 TA 118/13