Landesarbeitsgericht

Ausgang des Verfahrens BAG 5 AZR 638 u.639/08

Gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen wurde Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt ( Az.5 AZR 638 + 639/08) . Es wurde nicht rechtskräftig. Die Parteien einigten sich im Oktober 2009 im Rahmen eines Vergleichs.

Das Bundesarbeitsgericht hatte am 16.10.09 in einer vorläufigen Vorberatung die Rechtsauffassung vertreten, dass die Beklagten nicht in einem Arbeitsverhältnis zu der Klägerin (AWD) ständen. Sie waren nicht im Sinne des Arbeitsrechts weisungsgebunden und damit nicht von der Klägerin persönlich abhängig. Die wirtschaftliche Abhängigkeit führe nicht zu einem Arbeitsverhältnis, so das BAG.

Am 20.10.2009 schlossen die Parteien dann einen Vergleich, in dem noch einmal ausdrücklich festgestellt wurde, dass der Beklagte in keinem Arbeitsverhältnis zur  Klägerin stand. Die Kosten wurden gegeneinander aufgehoben (jeder zahlt seinen eigenen Anwalt selbst, die Gerichtskosten werden geteilt).

Klauseln für unwirksam erklärt

Am 13.02.2007 entschied das Landesarbeitsgericht München, dass eine Vertragsstrafenklausel eine unangemessene Benachteiligung darstellen kann und nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist.

Eine – unter Juristen so genannte geltungserhaltende – Reduktion komme nicht in Betracht.

Vorliegend ging es um Klauseln in einem Vermögensberatervertrag aus dem Jahre 2002. Dort war geregelt, dass Vermögensberater die Interessen der Gesellschaft zu wahren, wie es ihm durch § 86 Abs. 1 HGB aufgegeben ist. Deswegen hat er es neben jeder Konkurrenztätigkeit zu unterlassen, Vermögensberater oder andere Mitarbeiter der Gesellschaft abzuwerben oder Kunden der Gesellschaft auszuspannen oder dies alles auch nur zu versuchen (nachvertragliches Wettbewerbsverbot).

Der Vermögensberater verpflichtet sich, es für die Dauer von zwei Jahren nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zu unterlassen, Vermögensberater oder andere Mitarbeiter der Gesellschaft abzuwerben oder Kunden der Gesellschaft auszuspannen oder dies alles auch nur zu versuchen (nachvertragliches Wettbewerbsverbot).

Verstößt der Vermögensberater gegen die vorstehenden vertraglichen oder nachvertraglichen Wettbewerbsverbote, sollte für jeden Fall der Zuwiderhandlung an die Gesellschaft eine Vertragsstrafe in Höhe von 25.000,00 € je abgeworbener/ausgespannter Person und/oder je Versuchs zu zahlen.

Das Gericht sah diese Klausel als unwirksam an. Die Bestimmung sei nicht klar und verständlich.

Ferner verstoßen die Klauseln gegen das Transparenzgebot. Die einzuhaltenden Pflichten müssen umfassend unter Einschluss des Versuchs formuliert sein. Die Vertragsstrafe muss nicht nur die zu leistende Strafe sondern auch die sie auslösende Pflichtverletzung so klar bezeichnen, dass sich der Versprechende in seinem Verhalten darauf einstellen kann. Globale Strafversprechen sind unwirksam.

Ferner bleibt die Schwere des Verstoßes unberücksichtigt. Damit ist die festgelegte Leistungsbestimmung unbillig und nicht gerechtfertigt. Eine Vertragsstrafe für jeden Einzelfall eines Wettbewerbsverbotes in Höhe von rund 25 Monatsgehältern ist nicht mehr als angemessen anzusehen, sie enthält vielmehr eine unangemessene Übersicherung. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers ist ebenso nicht zu sehen.

Landesarbeitsgericht München vom 13.02.2007, Aktenzeichen 6 Sa 527/06

Gegen das Urteil wurde, wie man uns mitteilte, Rechtsmittel eingelegt.

Existenzvernichtende Vertragsstrafen

In den früheren Verträgen zwischen einem Strukturvertrieb und seinen Beratern war pauschal eine Vertragsstrafe vereinbart.

Am 03.11.2006 bestätigte das Landesarbeitsgericht Hamm eine Entscheidung der ersten Instanz, wonach diese Vertragsstrafe aus den Gründen des Übermaßverbotes gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.

Auch wenn ein Berater Kaufmann ist im Sinne des § 13 BGB, so unterliegt die Prüfung des Beratervertrages der AGB-Kontrolle (§ 310 Abs. 1 BGB), so das Gericht. Für die Inhaltskontrolle ist zumindest § 307 BGB maßgebend. An diesen Grundsätzen muss die Vertragsstrafe gemessen werden.

Danach sind Vereinbarungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner gegen Treu und Glauben angemessen benachteiligen.

Soweit das Vertragsstrafeversprechen nicht nach der objektiven Schwere der Vertragspflichtverletzung und nach den Grad des Verschuldens differenziert, so dass selbst leichteste Fahrlässigkeit die Vertragsstrafe in voller Höhe auslöst, so ist dies unbillig, so das Landesarbeitsgericht Hamm.

Um weitere vernichtende Entscheidungen zu verhindern, wurden die Vertragsstraferegelungen im Jahr 2007 bei allen Beratern angepasst.

Die alte, unzulässige Vertragsstrafenregelung kommt jedoch jetzt wieder zur Anwendung, zwar nicht in den Beraterverträgen, sondern in den Aufhebungsverträgen. Dort wird der Vermögensberater verpflichtet, für einen langen Zeitraum keine Tätigkeit im Wettbewerb anzunehmen. Für den Fall eines Verstoßes wird eine Vertragsstrafe in Höhe von 50.000,00 € fällig.

Diese Regelung war kürzlich Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung in einer mündlichen Verhandlung. Das angerufene Gericht, ein Landgericht, wollte sich jedoch einer Prüfung von so genannten allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht annehmen, weil hierfür angeblich kein Platz wäre, zumal nach Ansicht des Gerichts der Vermögensberater Kaufmann wäre. Eine Entscheidung ist hier noch nicht ergangen.

Kann man zu viel gezahlte Provisionen behalten?

Am 03.03.2009 entschied das Landesarbeitsgericht Hamm, dass unter bestimmten Umständen Provisionen, die als Vorschuss geleistet wurden, nicht zurück zu zahlen sind.
In diesem Fall hatte ein Versicherer dem Vermittler zugesichert, er würde für drei Jahre jeden Monat einen pauschalen Vorschuss auf die Provisionen in Höhe von 1.500,00 € zur Verfügung gestellt bekommen.
Dieses Darlehen sollte dann durch verdiente Provisionen zurückgeführt werden. Jedenfalls sollte das Darlehen zu 50 % im Fall des Ausscheidens von dem Vermittler zurückgezahlt werden.
Nun klagte, wie es kommen musste, der Versicherer nach Vertragsende die überzahlten Provisionen ein.
Das Gericht jedoch sieht in dem Verhalten des Versicherers einen Verstoß gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Sie hat den Beklagten nicht hinreichend bei seiner Vermittlungstätigkeit unterstützt und es ihm nicht ermöglicht, in ausreichendem Maße provisionspflichtige Geschäfte zu vermitteln.
Für uns Juristen war interessant, dass das Gericht keinen Verstoß gegen Bestimmungen hinsichtlich der allgemeinen Geschäftsbedingungen gesehen hatte. Schließlich ergebe sich die Rückführung zu viel gezahlter Provisionen aus § 812 BGB, und nicht aus irgendwelchen vertraglichen Klauseln.
Das Gericht ließ den Anspruch an § 242 scheitern mit der Begründung:
„Der Beklagte war im Wesentlichen darauf angewiesen, aus dem Absolventen- Potential Kunden für Finanzdienstleistungen, insbesondere Versicherungsverträge zu akquirieren. Dieses war unter den konkreten Bedingungen … nicht ausreichend, um den Vorschuss, den die Klägerin dem Beklagten gewährte, in Verdienen zu bringen…
Dieses Absolventen-Potential (1.087 potentielle Kunden) hatten sich 12 bis 15 Berater zu teilen… Unter Zugrundelegung der genannten Zahl der Berater, standen demnach 12 Berater, statistisch 544 tatsächlich ansprechbare Kunden, d.h. pro Berater 45 Kunden, gegenüber…. Für den so reduzierten Kreis ist weiter zu berücksichtigen, dass hieraus nicht jeder ein Kunde der Klägerin wird …“
Mit diesen Argumenten wurde die Klage in zweiter Instanz abgewiesen.
Die Klägerin, der Versicherer also, hatte übrigens in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht gewonnen.

Landesarbeitsgericht zum Thema Einfirmenvertreter

Wir hatten bereits mehrfach darüber berichtet, unter welchen Umständen der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet ist. Es muss sich dann um einen so genannten Ein-Firmen-Vertreter handeln, der in den letzten sechs Monaten des Vertragsverhältnisses nicht mehr als 1.000,00 € monatlich bezogen hat.
Über das Wort „bezogen“ gab es Streit, den der Bundesgerichtshof mit einem Beschluss vom 12.02.2008 ein Ende gesetzt haben wollte.
Der BGH hat darin die Auffassung vertreten, dass für die Ermittlung der Vergütung alle unbedingt entstandenen Vergütungsansprüche gemeint sein müssten (wegen des Wortes „bezogen“). Ein Vertrieb möchte nunmehr darin einen Vorteil für sich erkannt haben, in dem sie sich auf den Standpunkt stellt, dass die Provisionen schließlich alle zunächst als Vorschuss ausgezahlt wurden, und erst nach und nach ins Verdienen gekommen sind, also erst wesentlich später „bezogen“ wurden. Schließlich erfolgte die Auszahlung des Provisionsvorschusses nur unter der Bedingung, dass der vermittelte Vertrag tatsächlich eine bestimmte Zeitspanne überlebt.
Dann nämlich könnte ein Vermittler Provisionen auch im letzten halben Jahr vor dem Vertragsende „bezogen“ haben, obgleich er Provisionen in diesem Zeitraum nicht einmal ausgezahlt erhalten hat.
Das hessische Landesarbeitsgericht will sich mit einer Entscheidung am 24.11.2008, ausgefertigt am 30.12.2008, dieser strengen Auffassung des BGH nicht anschließen. Es verweist in dieser Entscheidung auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes insbesondere auf einen Beschluss vom 15.02.2005, der nach Auffassung des Landesarbeitsgerichtes der Entscheidung des BGH entgegensteht.
Das Landesarbeitsgericht hat demnach festgestellt, dass keine feste höchstrichterliche Rechtsprechung vorhanden ist. Es gibt daher keinen Anlass, von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes abzuweichen.
Das Landesarbeitsgericht stellt dazu fest, dass die Entscheidung des BGH mit der so genannten Stornoreserve nur bedingt etwas zu tun hat. Schließlich soll die Stornoreserve Ansprüche auf Rückzahlung für geleistete Provisionsvorschüsse sichern. Diese Funktion kann sie nur erfüllen, wenn es sich bei den Gutschriften um unbedingt entstandene Provisionsforderungen handelt!
Dann kommt das Landesarbeitsgericht schließlich zu dem Kern ihrer Aussage, in dem es sagt:
„Mit einer vom BGH angesprochenen Verrechnung sind bloße Gutschriften auf dem Stornoreservekonto nicht vergleichbar“.
Diese Entscheidung unterstreicht die ständige Auffassung der Arbeitsgerichte, dass Vermittler  wie Arbeitnehmer im Hinblick auf die gerichtliche Zuständigkeit behandelt werden müssen. Der Vermittler genießt damit auch weiterhin den Schutz der Arbeitsgerichte, sofern er in dem letzten halben Jahr vor Vertragsende weniger als 1.000,- € bekommen hat.