Landgericht Halle

LG Halle: Vorschüsse müssen zurückgezahlt werden

In einem Verfahren vor dem Landgericht Halle entschied das Gericht mit Urteil  zugunsten der DVAG.

Im damals vorliegenden Fall forderte die DVAG von einem ehemaligen Vermögensberater Provisionen zurück. Die Parteien hatten einen Aufhebungsvertrag geschlossen, welcher unter anderem beinhaltete, dass alle Ansprüche neben dem Provisionskonto zugunsten des Vermögensberaters ausgeschlossen seien. Zudem war festgehalten, welchen Saldo das Konto zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses enthielt.

Das Vertragskonto wurde zur Zeit der Beschäftigung unter einer Kontokorrentabrede geführt, Einzelansprüche waren damit ausgeschlossen.

Auf eine Abrechnung, die die DVAG dem ehemaligen Mitarbeiter etwa ein Jahr nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zusandte, erhob dieser Widerspruch. Die Abrechnung wies einen negativen Saldo aus. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen und die DVAG hatte daraufhin zunächst außergerichtlich die ausstehende Zahlung angemahnt.

Das Gericht sprach der DVAG den Rückforderungsanspruch zu. Dieser sei im Handelsvertretervertrag vereinbart gewesen und die Aufrechterhaltung des Provisionskontos sei im Aufhebungsvertrag vereinbart gewesen.

Der ehemalige Vermögensberater hatte zunächst bestritten, dass Haftzeiten für unterschiedliche Verträge vereinbart waren. Dies wurde vom Gericht mit der Begründung zurückgewiesen, dass aus dem Handelsvertretervertrag hervorging, dass es solche Haftzeiten gebe und diese auf Anfrage bekannt gegeben worden wären. Zudem wären sie aus den Anlagen zum Vertrag ersichtlich gewesen.

Auf Nichtwissen könne der Handelsvertreter sich hier nicht beziehen, insbesondere aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit bei der DVAG und auch wegen des gegen die Abrechnung erhobenen Widerspruchs, welcher zeigt, dass er durchaus mit der Vorgehensweise der DVAG vertraut war.

Zudem hatte die DVAG die unterzeichneten Vereinbarungen vorgelegt.

Eine Abrechnung auf der Grundlage des §92 Abs. 4 HGB sei zudem zulässig, da die Norm nach dem Grundgedanken auf selbstständige Handelsvertreter, welche Versicherungen vermitteln, anzuwenden sei. Ein solcher Handelsvertreter sei genauso schutzwürdig, wie der unmittelbar für die Versicherung tätige Handelsvertreter.

Demgemäß seien die nur als Vorschuss gezahlten Provisionen zurückzuzahlen, wenn die Verträge innerhalb der Haftungszeit storniert worden wären.

In diesen Fällen musste die DVAG individuell und substantiiert für jeden einzelnen Vertrag vortragen, ob und inwieweit eine Nachbearbeitung stattgefunden hat. Diese Nachbearbeitung sei eine Pflicht der DVAG.

Das Gericht bewertete die Ausführungen der DVAG hierzu als nachvollziehbar und hinreichend. Die vorgelegten Unterlagen enthielten Ausführungen dazu „wie, warum und wann diese Verträge notleidend wurden und ob und in welchem Umfang sich dies auf die dem Beklagten (dem ehemaligen Vermögensberater) zustehende Provision ausgewirkt hat“. Zudem war ausgeführt, welche Zuvielzahlung dieser erhalten hatte.

Diese Auflistung beurteilte das Gericht als vollständige geordnete Zusammenstellung, die nachprüfbar ist. Sie ließ erkennen, dass es teilweise zu mehreren Anschreiben, Hausbesuchen, Vertragsabänderungen und teils auch zu Vertragsrettung kam.

Das Gericht machte deutlich, dass der Handelsvertreter die Vorgänge, bei denen er dies bestritt ausführlich hätte darlegen und beweisen müssen. Dies war nach Ansicht des Gerichts nicht hinreichend geschehen.

Das Vorbringen des Handelsvertreters, dass in einigen Fällen keine Nachbearbeitung erfolgt war, bestritt das Gericht nicht. Jedoch bewertete sie diese Fälle als nicht nachbearbeitungserforderlich. Insbesondere war es hier um einen Vertrag des Handelsvertreters selbst gegangen. Er hatte aufgrund eines Zahlungsrückstands hier ein Anschreiben gerichtet auf die Fortführung erhalten. Darauf hatte er mit einer Kündigung reagiert. In einem solchen Fall sei keine weitere Nachbearbeitung erforderlich.

Der Einwand, dass in einigen Fällen die Nachbearbeitung durch die Versicherung und nicht durch die DVAG durchgeführt wurde, wurde entkräftet. Es sei entscheidend, dass die Verträge nachbearbeitet wurden, eine doppelte Nachbearbeitung sei nicht angezeigt gewesen.

Bezüglich der Kontokorrentabrede, welche vom Handelsvertreter bestritten wurde, jedenfalls insoweit, dass sie spätestens ab dem Aufhebungsvertrag nicht mehr gelten könnte, erklärte das Gericht, dass diese weiterhin gelte. Jedenfalls sei im Aufhebungsvertrag inzident bei der Vereinbarung über die Fortführung des Provisionskontos diese Abrede aufrechterhalten worden.

Ein vom Handelsvertreter geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht gem. §273 BGB im Hinblick auf einen Buchauszug wurde abgelehnt.

Hier sei maßgeblich, dass ein Aufhebungsvertrag vorliegt und das Provisionskonto noch weiter abzurechnen war.

Im Aufhebungsvertrag waren weitergehende Ansprüche des Handelsvertreters ausgeschlossen worden. Daher könne maximal aus dem Aufhebungsvertrag abgeleitet werden, dass ein Anspruch auf die Unterlagen bestehe, die für die Nachvollziehung der Fortführung des Provisionskontos erforderlich seien.

Diese hätte die DVAG vorgelegt.

Vorschüsse zurückzuzahlen

Am 03.06.2011 verurteilte das Landgericht Halle einen Vermögensberater zur Rückzahlung von Provisionsvorschüssen.

Das Gericht begründete dies wie folgt:

Der Klägerin steht gegen der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung zu. Zunächst meinte das Gericht, dass die Anwendung des § 92 Abs. 4 HGB zulässig sei. Dies gelte auch für selbstständige Handelsvertreter, die Versicherungen vermitteln.

Im Übrigen habe die Klägerin für jeden der Stornoberechnung unterlegten notleidend gewordenen Vertrag im Einzelnen durch Vorlage des individuellen Schriftverkehrs substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, dass sie den Anforderung an die notwendige Nachbearbeitung des einzelnen Vertrages hinreichend nachgekommen ist. Sie hat im Rahmen der Abrechnung, die hier aufgrund der Beendigung der Tätigkeit auf die notleidend gewordenen Verträge ausgerichtet war, im Einzelnen dargelegt, wie, warum und wann diese Verträge notleidend wurden und ob und in welchem Umfang sich dies auf die dem Beklagten zustehende Provision ausgewirkt hat und in welchem Umfang die Beklagte mithin eine Zuvielzahlung erhalten hat.

Das bloße Bestreiten der Schritte der im Einzelnen dezidiert vorgetragene Nachbearbeitung sei nicht erheblich, so das Gericht, da die Klägerin die konkrete Nachbearbeitung zu jedenfalls im Einzelnen dargelegt habe.

Urteil Landgericht Halle Aktenzeichen 4 O 437/10.

OLG Naumburg : Vermögensberater muss nicht Schadenersatz leisten

Am 17.02.2005 wies das Oberlandesgericht Naumburg eine Klage eines Strukturvertriebs ab. Der Vertrieb  verlangte Schadenersatz, Unterlassung und Auskunft wegen behaupteter nachvertraglicher Wettbewerbsverletzungen eines Vermögensberaters – aus einem Aufhebungsvertrag.

Der Vertrieb war bereits in der ersten Instanz vor dem Landgericht Halle gescheitert. Teilweise war die Klage unzulässig und teilweise unbegründet.

Unzulässig war sie deshalb, weil die Klageanträge nicht hinreichend bestimmt waren. Bei einem Unterlassensantrag müsse die Verletzungshandlung, deren künftige Begehung verboten werden soll, so genau bezeichnet werden, dass sich der Beklagte erschöpfend verteidigen und die erforderliche Klarheit für die Zwangsvollstreckung geschaffen werden können. Dies sei vorliegend ohne namentliche Nennung der Partnergesellschaften der Klägerin nicht möglich.

Außerdem war die Klage unbegründet, da die im Aufhebungsvertrag der Parteien geschlossene nachvertragliche Wettbewerbsabrede gemäß § 138 BGB sittenwidrig und demzufolge unwirksam sei. Die Bewegungsfreiheit des Vermögensberaters sei in der Vermögensberatungsbranche unangemessen eingeschränkt.

Hintergrund war übrigens nicht die Prüfung eines Vermögensberatervertrages, sondern eines Aufhebungsvertrages. „Die Klausel in dem Aufhebungsvertrag verstößt nach Auffassung des Oberlandesgericht gegen §§ 138, 242 BGB. Vertragliche Wettbewerbsverbote müssen an Artikel 12 Abs. 1 GG gemessen werden. Es bestehen bereits Bedenken gegen die zeitliche Dauer des Wettbewerbsverbotes. Dies soll lebenslang gelten.“ (Übrigens finden wir das noch heute oft in den Aufhebungsverträgen wieder!).

„Dies stellt bereits allein eine unangemessene Beschränkung des Beklagten in seiner Berufsfreiheit dar.“

„Das Wettbewerbsverbot ist nicht zeitlich befristet, sondern auch sachlich und unbegrenzt, da es bundesweit alle Formen von Finanzdienstleistungen erfasst. Für die Sittenwidrigkeit des Wettbewerbsverbotes spricht weiter, dass der Beklagte gezwungen ist, sich immer wieder über die aktuellen Partnergesellschaften der Klägerin informieren zu müssen, da sich deren Bestand ändern kann.“

Der Vertrieb hatte eingewandt, dass der Beklagte aus vertraglichen Gründen nur das zu beachten habe, was er aus wettbewerbsrechtlichen Gründen eh zu beachten hatte. Dem folgt das Oberlandesgericht nicht. Schließlich gibt es keinen Anspruch auf den Fortbestand eines einmal begründeten Vertragsverhältnisses. Der Kundenkreis ist kein geschütztes Rechtsgut. Das Abwerben von Kunden gehört zum Wesen des Wettbewerbs. Auch kann sich der Vertrieb nicht auf die Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft berufen. Diese sind nämlich nicht bindend.

Auch aus § 90 HGB ergibt sich nicht, dass die Klausel wirksam ist. Schließlich würde danach ein vertrags- oder wettbewerbswidriges Verhalten nur dann nicht vorliegen, wenn ein ausgeschiedener Vertreter Kundenadressen verwertet, die in seinem Gedächtnis geblieben sind, oder sich solcher Anschriften von Kunden nutzbar macht, die keinen dauerhaften geschäftlichen Kontakt zu dem bisher vertretenen Unternehmen aufgenommen haben.