Landgericht Stralsund

Fristlose Kündigung unwirksam

Am 10.11.2014 entschied das Landgericht Stralsund klageabweisend über eine Kündigung und Schadenersatzforderung der Deutschen Vermögensberatung AG DVAG gegen einen entlassenen Handelsvertreter.

Der beklagte Handelsvertreter, der mehrere Jahre für die klagende Deutschen Vermögensberatung AG DVAG tätig war, wurde aufgrund einer vermeintlichen Konkurrenztätigkeit fristlos gekündigt. Die Klägerin forderte den Beklagten klageweise auf, die durch die fristlose Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses erwachsenen Schäden zu ersetzen. Dieses Begehren wurde durch das Gericht abgelehnt. Das Gericht erklärte die klägerseitig ausgesprochene fristlose Kündigung des Beklagten für unwirksam. Grundsätzlich ist eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 89 a Abs. 1 HGB wegen Konkurrenztätigkeiten möglich. Der Kündigungsberechtigte ist jedoch gemäß § 314 Abs. 3 BGB verpflichtet, die Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntniserlangung des Kündigungsgrunds zu erklären. Hierfür wird in der Rechtsprechung allgemein ein Zeitraum von weniger als 2 Monaten angesehen. Diese Frist wurde von der Klägerin überschritten, die sich auf vermeintliche Konkurrenztätigkeiten stützt, die zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung bereits mindestens 18 Monate zurückliegen. Die mithin unwirksame fristlose Kündigung ist gemäß § 140 BGB als ordentliche Kündigung zum nächsten Termin umzudeuten, da aus dem Schriftverkehr der Klägerin und Beklagten der Wunsch einer Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses deutlich hervorgeht und der Beklagte weiterhin von einer Beendigung mit ordnungsgemäßer Kündigungsfrist ausging. Die Schadensersatzklage wurde somit abgewiesen. Die Klägerin wurde im Rahmen einer Widerklage verurteilt, dem Beklagten eine Softwarepauschale über 1.000,00 € zurückzuzahlen.

Gegen dieses Urteil wurde Berufung eingelegt. Anschließend gab das Oberlandesgericht die Angelegenheit wieder zurück an das Landgericht, das dann erneut über die Anträge zu entscheiden hatte. Am 25.8.2022 wurde per Versäumnisurteil die Schadensersatzklage abgewiesen, und die Klägerin zur Zahlung eines Betrags von 1000 € und zur Erteilung eines Buchauszugs verurteilt.

Rechtsfragen auf dem Prüfstand

Gestern ging es vor dem Landgericht Stralsund u.a. um die Hintergründe des Versorgungswerkes, das für viele Vermögensberater der DVAG unterhalten wird.

Es beinhaltet – je nach dem – Absicherungen gegen Berufsunfähigkeit, Rentenansprüche u.s.w. Mit diesen Anlagen wollte ein Vermögensberater Verbindlichkeiten ausgleichen, was von der DVAG bei ihm bis gestern abgelehnt wurde.

Die Hintergründe des Versorgungswerkes kamen auf den gerichtlichen Tisch. In Kürze werde ich mit dem Thema näher widmen.

LG Stralsund: Fristlose Kündigung kam zu spät

Am 30.10.2014 entschied das Landgericht Stralsund, dass die Klage eines Vertriebes abgewiesen wird. Gleichzeitig wurde der Vertrieb verurteilt, einen Buchauszug zu erteilen.

Der Vertrieb hatte dagegen zwischenzeitig Berufung eingelegt.

Der Tenor hinsichtlich des Buchauszuges entspricht dem des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main von gestern.

Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten Ansprüche aus einem fristlos gekündigten Handelsvertretervertrages geltend. Seit 1991 hatte die Parteien einen so genannten Vermögensberatervertrag geschlossen.

Ohne Angaben von Gründen kündigte die Klägerin fristlos. Vorgeworfen wurde, dass er einem Kunden eine fremde Krankenversicherung vermittelt habe.

Dies hatte der Vermittler jedoch bestritten.

Nun verlangte der Vertrieb die Feststellung, dass die fristlose Kündigung wirksam ist, der Beklagte Schadenersatz zu leisten habe und Auskunft darüber, welche weiteren Geschäfte er für fremde Firmen vermittelt habe.

Das Gericht entschied, dass die fristlose Kündigung unwirksam war. Sie sei verspätet erfolgt.

„Zwar ist die zwei Wochen Frist des § 626 Abs. 2 BGB auf den Handelsvertreter als selbständigen Gewerbetreibenden nicht anwendbar (BGH NJW 82, 2433, 87,57), auch nicht für den Ein-Firmen-Vertreter im Sinne des § 92 a Abs. 1 HGB, um den es sich bei dem Kläger handelt (hierzu Beschluss der Kammer vom 05.12.2012). Allerdings muss der Kündigungsberechtigte innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat, § 314 Abs. 3 BGB. Dies hat die Klägerin nicht getan. Als angemessene Aufklärung – und Überlegungsfrist wird in der Rechtsprechung ein Zeitraum von weniger als zwei Monaten angesehen (BGB BB 83, 1630; 92, 3361; Hopt in Baumbach/Haupt HGB, 36. Auflage, § 89 a Randziffer 30 mit weiteren Nachweisen). Diese Frist hat die Klägerin überschritten. Sie hat mit Schreiben vom 01.12.2012 den bestehenden Vermögensberatervertrag fristlos gekündigt und sich dabei auf wichtige Gründe bezogen, die jedoch im Kündigungsschreiben keine weitere Konkretisierung finden. Vorausgegangen war der Kündigung ein Schreiben der Klägerin vom 17.01.2012, in dem dem Beklagten vorgeworfen wurde, dem Kunden … eine Krankenversicherung bei … vermittelt zu haben. Diesen Vorwurf hat der Beklagte bereits vorprozessual von sich gewiesen. Nach Vortrag der Klägerin sei der Beklagte bereits Mitte 2010 diejenige Vermittlungstätigkeit vorgenommen haben, auf die sie ihre fristlose Kündigung nunmehr stützt. Zwischen derjenigen Vermittlungstätigkeit, die gemäß § 89 Abs. 1 HGB einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung darstellen kann, da gemäß Ziffer 5 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages jegliche Konkurrenztätigkeit untersagt ist und dem Ausspruch der fristlosen Kündigung am 01.02.2012 liegen mindestens 18 Monate, weshalb von einer angemessenen Frist, also einem angemessenen Zeitraum zwischen Vorfall und Kündigung, nicht mehr gesprochen werden kann.“