OLG Nürnberg

Oberlandesgericht : Schadenersatz ja, Vertragsstrafe nein

Am 29.06.2011 entschied das Oberlandesgericht Nürnberg in einem Rechtsstreit eines Vertriebes gegen zwei Handelsvertreter, dass deren fristlose Kündigungen unwirksam sind, und die Handelsvertreter darüber Auskunft zu erteilen haben, welche Verträge sie nach der Kündigung für Konkurrenten vermittelt haben und darüber hinaus Schadenersatz an den Vertrieb zu zahlen sein.
Die Höhe des Schadenersatzes hängt noch von der Auskunft und einem Nachverfahren ab.
Mit der Geltendmachung einer Vertragsstrafe in Höhe von 12.142,99 € nebst Zinsen war das Unternehmen jedoch gescheitert.
Hintergrund ist, dass ein strukturhöherer Handelsvertreter und Geschäftsstellenleiter des Unternehmens eine Beleidigung ausgesprochen haben soll. Dieser soll dem Beklagten dann die Zusammenarbeit aufgekündigt und ihn des Büros verwiesen haben. Wegen dieses Vertrauensverlustes wurde fristlos gekündigt.
Zunächst hatte das Landgericht Ansbach am 06.09.2010 die Klage des Unternehmens komplett abgewiesen. Schließlich, so das Landgericht Ansbach, stände dem Handelsvertreter ein Recht zur fristlosen Kündigung zu. Die Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses eines Handelsvertreters zu seinem Vorgesetzten stelle einen wichtigen Kündigungsgrund dar. Auch die Vertragsstrafe ist bereits vor dem Landgericht Ansbach gescheitert. Sie sei wegen Verstoßes gegen das Transparenzverbot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 B GB unwirksam.
Das Oberlandesgericht Nürnberg war nunmehr – entgegen der Auffassung des Landgerichts – der Auffassung, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam war. Der „Vorgesetzte“ habe sich zwar ungebührlich verhalten, eine Beleidigung konnte jedoch nicht festgestellt werden. Auch der Verweis aus dem Büro rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung nicht.
Das Oberlandesgericht Nürnberg hält dem Handelsvertreter vor, er hätte zunächst versuchen müssen, mit dem Organisationsberater oder Vorgesetzten zu sprechen.
Außerdem habe sich der Handelsvertreter vertragsuntreu verhalten, weil er eine Nebentätigkeit inne hatte und die aufgrund des Vermögensberatervertrages hätte anmelden müssen.
Offenlassen wollte das Oberlandesgericht Nürnberg den Umstand, ob der „Vorgesetzte“ tatsächlich ein Vorgesetzter des Vertriebes sei.
Das Oberlandesgericht Nürnberg teilt die Auffassung des Landgerichts Ansbach, dass dem Unternehmen  kein Anspruch auf Vertragsstrafe zustehe. Bei der Vertragsstrafenregelung handele es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung, die gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoße.
Dazu das Oberlandesgericht Nürnberg:
„Die konkrete Ausgestaltung der Vertragsstrafe … benachteiligt den Beklagten …, weil sie nicht klar und verständlich gefasst ist … Die vorliegende Vertragsstrafenregelung sieht für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe von 25.000,00 € vor, die jedoch der Höhe nach auf einen Betrag beschränkt ist, der den sechsmonatigen Provisionsbezügen des ……beraters – errechnet nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Verstoß – entspricht.
… die Klägerin selbst beruft sich im vorliegenden Verfahren gegenüber Zahlungsansprüchen des Beklagten aus Provisionsanforderungen darauf, dass diese noch nicht fällig seien, weil insoweit noch mit Ausfällen (Stornierungen) zu rechnen und ein Stornohaftungskonto noch nicht auszugleichen sei. Nachdem offensichtlich eine exakte Berechnung der durchschnittlichen Provisionsbezüge auch für die Klägerin selbst (noch) nicht möglich ist, verstößt die vorliegende Vertragsstrafenregelung gegen das Transparenzgebot de § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB“

OLG hatte für einfallsreiches Ehepaar kein Verständnis

Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied am 23.03.2011, dass eine Beratung zu einer Wohnungsfinanzierung grotesk sein kann und massiv gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden verstößt.

Hintergrund:

Der Ehemann einer Finanzierungsberaterin betreibt eine Liegenschaftsgesellschaft.

Die Beraterin wurde angesprochen, weil ein junges Paar mit zwei Kindern ein Haus erwerben wollte.

Die Beraterin erklärte, dass es für eine Finanzierung besser sei und man dem Stand gegenüber der zu finanzierenden Bank verbessern würde, wenn zuvor eine Eigentumswohnung gekauft würde. Diese hatte die Beraterin dann auch sofort zur Hand – zu einem Preis von 129.000,00 €.

Die Beraterin konnte dann noch Renovierungsarbeiten für ca. 10.000,00 € in der Wohnung akquirieren.

Das Ehepaar hatte dann den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten. Man geriet in eine finanzielle Schieflage. Das inzwischen ebenfalls erworbene Reihenhaus konnte noch finanziert werden, die Wohnung konnte jedoch nicht genügend Miete abwerfen, so dass man danach vors Gericht zog.

Vor dem Landgericht hatte das Ehepaar noch Schiffbruch erlitten, vor dem Oberlandesgericht Nürnberg war es dann anders.

Das Oberlandesgericht bewertete dies als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, sprach im Urteil von „nur als grotesk“ und dass keine seriös arbeitende Bank in Kenntnis der wahren Verhältnisse der Kläger diesen gleichzeitigen Ankauf zweier Objekte finanziert hätte. Die damit einhergehende Existenzgefährdung der Kläger sei ihr völlig gleichgültig gewesen. Ihr und ihrem Ehemann, mit dem sie arbeitsteilig die Ersteigerung und den sofortigen Weiterverkauf der Eigentumswohnung betrieben habe, sei es ausschließlich um Gewinnmaximierung gegangen.

Es musste etwa 140.000,00 € als Schadenersatz geleistet werden.

Oberlandesgericht Nürnberg Urteil vom 23.03.2011 Aktenzeichen 2 U 417/10