19
Seit Jahren wird bis hin zum Europäischen Parlament darüber gestritten, ob im Rahmen der Finanzdienstleistungen Provisionen komplett verboten werden sollen.
England hat hier bereits eine Vorreiterrolle eingenommen und die Abgabe von Provisionen an Versicherungsvermittler vollständig untersagt.
In der EU will man sich dem wohl nicht anschließen.
Neuerdings wird über Grenzen bei der Provisionszahlung diskutiert. Diese Grenzen nennt man auch Provisionsdeckel.
Die Diskussion hat dabei skurrile Formen angenommen.
Normalerweise setzen sich Berufsverbände für die Interessen der Berufsträger ein. Der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler plädiert für einen Provisionsdeckel und löst dabei unter den Versicherungsmaklern eine Welle der Kritik aus.
Der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) setzt sich für einen Provisionsdeckel in Höhe von 2,5 % bei Abschlussvergütungen für die Vermittlung von Versicherungsanlagen ein. Dies jedenfalls hatte der Präsident des BDVM Thomas Billerbeck, im Rahmen einer Verbandfachtagung am 04. Juni 2024 angekündigt.
Angeblich habe man laut einer Mitgliederumfrage 54,4 % der Mitglieder des Verbandes hinter sich. Bei der Umfrage sollen 160 Teilnehmer mitgemacht haben.
Dass sich eine Interessenvereinigung für eine Gehaltskürzung einsetzt, dürfte sicher mehr als ungewöhnlch sein.
22
Am 18. April hat das Bundesfinanzministerium den offiziellen Referentenentwurf zu einem gesetzlichen Provisionsdeckel für Lebensversicherungen und Restschuldversicherungen an Verbände verschickt. Bis zum 6.5. darf Stellung genommen werden. Fest steht: Das Finanzministerium hat der Branche ein ziemlich faules Ei ins Osternest gelegt.
Das Finanzministerium spricht von Evaluation des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG). Damit ist wohl die Untersuchung der geplanten Gesetzesregelung (Wunschregelung dürfte der passendere Begriff sein) gemeint. Selbst Wikipedia tut sich schwer, den Begriff der Evaluation zu erklären.
Jedenfalls soll mit dem LVRG die Abschluss- und Vertriebskosten und Vermittlervergütungen insgesamt reduziert werden. Die Senkung der Abschlusskosten (Herabsetzung des Höchstzillmersatzes von 4 Prozent auf 2,5 Prozent) soll nicht den gewünschten Erfolg erzielt haben. So soll eine weitere Regelung her. Das völlige Verbot von Provisionen für Lebensversicherungen soll nicht in Frage kommen.
Stattdessen schlägt das Finanzministerium eine Lösung vor, die kaum nachvollziehbar ist. Hier geht es zum Entwurf, in dem es heißt:
„Zur Deckelung der Abschlussprovisionen bei Lebensversicherungsverträgen ist ein Provisionsdeckel vorgesehen, der allerdings in seiner Funktion die Besonderheiten des Markts adäquat berücksichtigt. Daher sollen die Versicherungsunternehmen die Möglichkeit haben, Abschlussprovisionen über einen bestimmten Prozentsatz der Bruttobeitragssumme hinaus zu gewähren, wenn qualitative Merkmale vorliegen (z. B. geringe Stornoquote, geringe Anzahl der Beschwerden, hochwertige und umfassende Beratung), die eine flexibel ansteigende Abschlussprovision bis zu einem bestimmten Höchstbetrag der Bruttobeitragssumme erlaubt.„
Die Unternehmen sollen also in Zukunft einen gewissen Spielraum, wie hoch die Provision sein darf. Kommt man zu der Erkenntnis, die Stornoquote im eigenen Haus sei doch ganz gut, gibt es hohe Provisionen, bis zu 4 % der Brutobeitragssumme.
Auch die nächste Regelung ist sehr unklar und deshalb kaum verständlich:
„ Weiter darf eine sonstige Vergütung des Versicherungsvermittlers für über den Vermittlungserfolg hinausgehende Leistungen (z. B. Bestandspflege / Bestandsverwaltung inkl. Prämieneinzug) nicht höher sein als der Betrag, den ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter unter Berücksichtigung der Belange der Versicherten mit einem nicht verbundenen Unternehmen vereinbaren würde und muss auch im Übrigen die Belange der Versicherten angemessen berücksichtigen („arm’s-length-Prinzip“). “
Auch dies öffnet Tür und Tor für die Vertriebe, die ohnehin ihre eigenen Regeln machen. Die seriösen Unternehmen, die sich brav an die gesetzlichen Wünsche halten, werden eventuell die Provisionen kürzen. Die Vertriebe, die sich schon immer für die besten gehalten haben, dürfen weiterhin frei jonglieren.