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Das Haftungsdach ist stark einsturzgefährdet.
Normalerweise benötigen Versicherungsvermittler, also entweder Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler, eine Zulassung bei der IHK gemäß § 34 d Abs. 1 Gewerbeordnung.
Keiner Zulassung bedarf jedoch ein Vermittler, wenn er unter einem sogenannten „Haftungsdach“ arbeitet. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Vermittler Angestellter oder Handelsvertreter ist.
Das Haftungsdach öffnet allerdings Tür und Tor für allerlei Mogeleien, von denen auf dem Markt in großem Umfang Gebrauch gemacht wird.
Im Gesetz heißt es so einfach:
Nach § 34 d Abs. 7 GewO bedürfen gebundene Versicherungsvermittler keiner Erlaubnis. Ausschließlichkeitsvertreter/Gebundene Versicherungsvermittler üben ihre Tätigkeit ausschließlich im Auftrag eines oder, wenn die Versicherungsprodukte nicht in Konkurrenz stehen, mehrerer Versicherungsunternehmen aus.
Wer nach dieser Vorschrift keiner Erlaubnis bedarf, muss eine solche auch nicht bei der IHK beantragen. Er muss auch dort nicht beantragen, dass er von der Erlaubnis befreit wird.
Der Vermittler gemäß Abs. 7 muss sich allerdings – wie der Vermittler nach Abs. 1 – im Vermittlerregister eintragen lassen. Damit sind auch schon fast alle Gemeinsamkeiten gesagt.
Wer denkt, dass ein gebundener Versicherungsvermittler, der nach Abs. 7 tätig ist, nur für ein Versicherungsunternehmen tätig sein darf, der irrt.
Schließlich kann der gebundene Versichererungsvermittler nach Abs. 7 auch für verschiedene Versicherungen tätig werden, solange deren Produkte nicht in Konkurrenz zueinanderstehen. So kann also auch der gebundene Vermittler unter dieser Voraussetzung für mehrere Versicherungen tätig sein.
Die IHK prüft das nicht. Sie ist nicht zuständig, weil dort eine entsprechende Beantragung nicht erfolgen muss und mithin auch kein Genehmigungsverfahren vorliegt. Während sich der Vermittler gemäß Abs. 1 durch die Prüfungen quälen muss, wird der Vermittler gemäß Abs. 7 einfach so tätig.
Der eingetragene Vermittler (nach Abs 1 GeWO) muss gemäß Abs. 5 die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen, in geordneten Vermögensverhältnissen leben, sich einer Sachkundeprüfung unterziehen und eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen.
All dies muss er gegenüber der IHK nachweisen.
Der nicht eingetragene Vermittler muss nur behaupten, er falle unter das Haftungsdach. Das Haftungsdach bietet im Rahmen der Tätigkeit im Idealfall eine entsprechende Haftpflichtversicherung dafür, wenn der Vermittler falsch oder schlecht berät und dadurch ein Schaden steht. Einen Nachweis darüber muss er gegenüber der IHK allerdings nicht erbringen. Geprüft wird das nicht.
Soweit die IHK weder prüft, ob das Haftungsdach tatsächlich besteht und ob die vermittelten Versicherungen nicht zueinander in Konkurrenz stehen, bleiben Tür und Tor für sämtliche rechtsmissbräuchlichen Handhabungen geöffnet. Hier ist dringend eine gesetzliche Änderung erforderlich.
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Dass der Versicherungsvertreter klingelt, gehört immer mehr der Vergangenheit an. Hier ein paar diskussionswürdige Fakten:
Das DIHK-Vermittlerregister verzeichnet 600 gebundene Vermittler weniger. 19000 Vermittler gingen im Jahr 2018 verloren.
Mehr als die Hälfte der Vermittler ist älter als 50 Jahre alt.
Fast ein Drittel der Vermittler soll weniger als 50.000 € Gewinn im Jahr haben.
Es gibt aber auch andere Tendenzen: Steigende Zulassungszahlen gibt es bei den 34i und 34 f – Vermittlern.
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Verfehlungen können dazu führen, dass eine Gewerbezulassung entzogen wird. Versicherungsvermittler- und makler sind besonderen Vorschriften unterworfen. Wer beruflich auf die Zulassung angewiesen ist, erfährt oft im Falle des Entzugs den wirtschaftlichen Bankrott. Es gibt aber Mittel und Wege, um sich zu retten. Sogar legale….
Kürzlich machte eine Entscheidung des Saarländischen Verfassungsgerichtshofes die Runde, wonach ein Geständnis vor dem Gericht, man habe Strafbarkeiten begangen, im Strafrecht auch „auch Deal genannt“, automatisch dazu geführt hat, dass eine Zulassung entzogen wurde. Dies wurde von den Gerichten als richtig erachtet.
Versicherungsvermittler (§ 34 d GewO), Versicherungsberater (§ 34 d GewO), Finanzanlagenvermittler (§ 34 f GewO), Honorar-Finanzanlageberater (§ 34 h GewO) und Immobiliardarlehensvermittler (§ 34 i GewO) benötigen eine gewerberechtliche Erlaubnis der zuständigen Behörde.
Für die Erlaubniserteilung, Rücknahme und Widerruf der Erlaubnis sind die Industrie- und Handelskammern (IHKs) zuständig. Eine Erlaubnis bekommt nur, wenn die persönliche Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse, eine Berufshaftpflichtversicherung und die entsprechende Sachkunde nachgewiesen wurden.
Die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 34 d Satz 1 Nummer 1 GewO besitzt in der Regel nicht, wer … wegen eines Verbrechens oder wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Betruges, Untreue, Geldwäsche, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wuchers … verurteilt worden ist. Ungeordnete Vermögensverhältnisse im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 liegen in der Regel vor, wenn über das Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden …… ist.
Wenn besondere Umstände dazu führen, dass man eine gewerbliche Zulassung gar nicht erst bekommen darf, müssen solche Umstände auch dazu führen, dass die gewerbliche Zulassung wieder entzogen wird. „Bei der Beurteilung, ob eine Zulassung erteilt wird oder eine Zulassung entzogen wird, werden gleiche Maßstäbe angesetzt“ berichtete kürzlich eine Juristin einer Industrie-und Handelskammer gegenüber Rechtsanwalt Kai Behrens.
Kurzum: Bei Verstößen gegen die o.g. Vermögensdelikte ist vorgesehen, dass eine Zulassung nicht erteilt werden darf. Umgekehrt muss eine bereits erteilte Zulassung im Fall eines Verstoßes entzogen werden.
Staatsanwaltschaften sind übrigens verpflichtet, bei größeren Verstößen der Industrie- und Handelskammer Bescheid zu geben. Dies ist geregelt über die Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra). Bei kleineren Delikten erfolgt übrigens eine solche Mitteilung jedoch nicht, unabhängig davon, ob ein Verstoß gegen einen der Straftatbestände vorliegt, die üblicherweise eine Entziehung auslösen würden. Wer also ein paar Tagessätze wegen einer „falschen Unterschrift“ bekommt, hat oft nichts zu befürchten. Die IHK erfährt es oft nicht.
Grund ist wohl, dass nach 39 der MiStra ein gewisser Emessensspielraum besteht und viele § 34 d GewO nicht kennen.
Ein Strafgericht könnte übrigens auch selbst ein Berufsverbot aussprechen, was bei Kleindelikten in der Regel jedoch nicht passiert.
Auch eine Verschuldung kann dazu führen, dass die Zulassung entzogen wird. Wer in ungeordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, wer also von Zwangsvollstreckungen bedroht ist, ist von dem Entzug betroffen. Das Insolvenzverfahren sieht in der regel den Entzug vor.
Einige IHK sollen – folgt man Gerüchten – die Zulassung nicht entziehen, wenn jemand ein Insolvenzverfahren bzw. eine Restschuldbefreiung durchläuft.
Manch trickreicher Vermittler kommt auf die kühne Idee, im Rahmen eines „geänderten Geschäftsmodells“ dem Tätigkeitsverbot vorzubeugen. Hier gibt es verschiedene Geschäftsmodelle, die jedoch nicht alle zum Erfolg führen. Nicht legal wäre es, die verträge über eine andere Person einzureichen. Dennoch wird dies auch heute noch häufig gemacht.
Besser ist die Idee, über eine dritte Person ein Unternehmen gründen zu lassen, diese dann auch im Vermittlerregister eintragen zu lassen. Der Vermittler arbeitet in dem Fall als angestellte Person weiter, er ist derjenige der Gesellschaft, der nach außen hin tätig werden darf. Ein solches Modell wurde schon teilweise erfolgreich verwirklicht. Es kann jedoch nur dann zum Erfolg führen, wenn die richtige Unternehmensform gewählt wird und auch sonst die richtigen Schritte eingeleitet werden.
Vor voreiligen Schritten ist hier zu warnen. Vor allem sollte anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden.
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Die Zahl der im Vermittlerregister eingtragenen Personen ist gesunken. So teilt es heute das Versicherungsjournal mit.
Als ich kürzlich für einen Mandanten bei einer IHK anrief, erfuhr ich Folgendes:
„Grundsätzlich darf eine Person nicht doppelt im Vermittlerregister eingetragen sein.
Es ist jedoch zulässig, dass sowohl eine GmbH als auch der Inhaber der GmbH persönlich mit abweichenden Zulassungen eingetragen ist. Dies geht sowohl für den Makler, die Ausschließlichkeit und den Mehrfachagenten.
Es muss jedoch unbedingt eine klare Trennung erfolgen.
Handelsvertreter einer GmbH werden registriert, deren Arbeitnehmer nicht.“
Und dann verriet man mir den Trick, wie man trotzdem eine Doppelzulassung erhalten kann, ohne dass die IHK das merkt. Dies sollte ich jedoch als gutes Geheimnis für mich behalten….