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Ausgleichsanspruch auch für die Struktur
Auch wer im Strukturvertrieb überwiegend betreuende Tätigkeiten ausgeführt hat, kann einen Anspruch auf den Ausgleich gem. § 89 b HGB haben. Der Ausgleichsanspruch ist u.U. auch für die auf- und ausgebaute Struktur zu zahlen.
Ein Handelsvertreter kann zur Erledigung seiner Vermittlungsaufgaben Untervertreter beauftragen. Im Sprachgebrauch gibt es echte Untervertreter, die mit dem Handelsvertreter in einem direkten Vertragsverhältnis stehen und unechte Untervertreter, die nur in einem Vertragsverhältnis mit dem Unternehmer stehen. Im typischen Strukturvertrieb, z.B. bei der DVAG, handelt es sich um unechte Untervertreter. Mitarbeiter in der Struktur binden sich vertraglich, ebenso wie der Handelsvertreter mit der Leitungsfunktion, mit dem Unternehmen.
Der Bundesgerichtshof urteilte in einem Urteil am 23.11.2011 unter dem Aktenzeichen VIII ZR 203/10, dass einem ehemaligen Vermögensberater der DVAG grundsätzlich ein Ausgleich auch für den Aufbau seiner Struktur zustehen kann.
Auf Seite 13 der Entscheidung heißt es:
Die soeben aufgezeigte Problematik der Aufteilung in vermittelnde unter verwaltende Vergütungsanteile stellt sich auch im Bereich der sogenannten Superprovisionen, durch die der Aufbau einer Vertriebsorganisation durch beispielsweise Einstellung, Einarbeitung und Betreuung von Untervertretung honoriert wird. Auch diese Superprovisionen können ausgleichspflichtig sein, soweit die Tätigkeit des Generalvertreters, Bezirksstellenleiters oder -wie hier- Generaldirektionsleiters Voraussetzung für das Arbeiten der ihm unterstellten Vertreter und daher mit ursächlich für die von diesen vermittelten Ausschlüssen ist …
Eine solche Mitursächlichkeit setzt -entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts- nicht zwingend voraus, dass der Generalvertreter die ihm unterstellten Vertreter auch tatsächlich betreut. Vielmehr kann je nach den Umständen des Einzelfalles schon die Mitursächlichkeit der Einstellung und Einarbeitung der Untervertreter ausreichen.
Etwas differenzierter sah es einmal eine Entscheidung des Oberlandesgericht München mit Urteil vom 10.07.2009 unter dem Aktenzeichen 7 U 4522/08. Wenn man nach den sogenannten Grundsätzen Leben abrechnet, soll es nach dieser Entscheidung keinen Ausgleichsanspruch für von unechten Untervertretern vermittelten Lebensversicherungsverträge geben. Gegenstand dieser Entscheidung war ein Auskunftsanspruch, um den Ausgleichsanspruch zu berechnen. Das Oberlandesgericht München argumentierte, dass sich diese Einschränkung nur aus den sogenannten Grundsätzen ergibt. Bei einer anderen Berechnung würde es danach aber wohl keine Einschränkung geben.
Viele Vertriebe wenden ein, dass eine Provision nicht ausgleichsfähig wäre, weil diese als Entgelt für eine Leistung, nämlich der Verwaltung von Verträgen, gezahlt würde. In der Entscheidung des Oberlandesgericht München wurde auch darüber diskutiert, wann es sich um sogenannten Verwaltungsprovisionen handeln könnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 01.06.2005 (VIII ZR 335/04, RN 31), trifft die Darlegungs- und Beweislast dann den Unternehmer für eine Verwaltungsprovision, wenn nach der vertraglichen Provisionsregelung die Zweckbestimmung der zu zahlenden Provision nicht zweifelsfrei festzustellen ist.
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„Grundsätze“ zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs
1958 Vereinbarung der Grundsätze zwischen GDV und Verbänden BVK und VGA
Grundsätze zur Berechnung des AA:
- Sach
- Leben (dynamisch)
- Kranken (privat)
- Bauspar
- Finanzdienstleistung
Berechnung des AA nach Grundsätzen Sach:
Faktor 1=
Versicherungsbestand nach Durchschnitt der letzten 5 Jahre mit Abzug übertragener Bestände:
bis 10 Jahre zu 100%
10-15 Jahre zu 66 ⅔%
15-20 Jahre zu 33 ⅓%
ab 20 Jahre volle Zurechnung des übertragenen Bestandes, beim übertragenen Kraft-Bestand volle Zurechnung bereits an dem 10. Jahr.
Problem „Bruttodifferenzmethode“
Berechnung des AA nach Grundsätze Sach:
Faktor 2=
Provisionssatz je Branche
Nicht zu berücksichtigen sind „Abschlussprovisionen“ (erstjährige Provisionen abzüglich Inkassoprovisionen), ausgenommen die Abschlussprovisionen für Versicherungen mit gleichbleibenden laufenden Provisionen.
Faktor 3 = Branchenfaktor:
50% für :
Sach-, Haftpflicht-, Unfall- und Rechtsschutz
35% für:
Industrie-Feuer-, Maschinen, Groß-BU
25% für:
Kraftverkehr-, Transport-, Verkehrsservice
Faktor 4=
Tätigkeitsfaktor Sach-incl. Ind./BU:
bis einschl. 4. Jahr = 1
vom beginnenden 5. bis zu 9 Jahren = 2
vom beginnenden 10. bis zu 14 Jahren = 3
vom beginnenden 15. bis zu 19 Jahren = 4 ½
ab beginnendem 20. Jahr = 6
Tätigkeitsfaktor Kraft/Transport:
bis einschl. 5. Jahr = 1
vom beginnenden 6. bis zu 10 Jahren = 1 ½
ab 11. Jahr = 2
- Rechenbeispiel:
Alle bestände zugewachsen, über 20 Jahre Tätigkeit:
KFZ-Bestand 200.000 x 10% x 25% x 2 = 10.000,00 €
Sach-Bestand 200.000 x 12% x 50% x 6 = 72.000,00 €
RS-Bestand 20.000 x 10% x 50% x 6 = 6.000,00 €
Industrie/BU 40.000 x 10 % x 35 % x 6 = 8.400,00 €
Ausgleichsanspruch insgesamt: 96.400,00 €
- Rechenbeispiel:
Alle Bestände noch nicht zugewachsen, 8 Jahre Tätigkeit:
100% Zubau in allen Branchen, gleicher Gesamtbestand wie in Rechenbeispiel 1, = 50% übertragener Bestand, gleiche Folgeprovision
KFZ-Bestand 100.000 x 10% x 25% x 1,5 = 3.750,00 €
Sach-Bestand 100.000 x 12% x 50% x 2 = 12.000,00 €
RS-Bestand 10.000 x 10% x 50% x 2 = 1.000,00 €
Industrie/BU 20.000 x 10 % x 35 % x 2 = 1.400,00 €
Ausgleichsanspruch insgesamt: 18.150,00 €
- Rechenbeispiel:
Bestände z.T. zugewachsen, 16 Jahre Tätigkeit:
100% Zubau in allen Branchen, gleiche FP
KFZ-Bestand 200.000 x 10% x 25% x 2 = 10.000,00 €
Sach-Bestand 1670.000 x 12% x 50% x 4,5 = 45.090,00 €
RS-Bestand 16.700 x 10% x 50% x 4,5 = 3.758,00 €
Industrie/BU 33.300 x 10 % x 35 % x 4,5 = 5.245,00 €
Ausgleichsanspruch insgesamt: 64.093,00 €
„Grundsätze“ dynamische Lebensversicherungen:
Grundsätze gelten nur für die dynamische Lebensversicherung aufgrund einer vom Vertreter bewirkten Vereinbarung mit Anspruch aus Provision aus den Erhöhungen.
Berechnung (HV ab dem 20. Jahr):
VS dyn. LV x Prov. Satz LV x 0,08 x TJF (1, 1,25, 1,5) = Ausgleich
8.000.000 x 25 ‰ x 0,08 x 1,5 = 24.000,00 € Ausgleich
TJF bis 9 Jahre = 1 (16`), 10.-19.J = 1,25 (20`), ab 20.J. 1,5 (24`)
„Grundsätze“ Krankenversicherung
Bei der Berechnung des AA in der Krankenversicherung werden nicht die Folge- oder Betreuungsprovisionen, sondern nur die tatsächlich gezahlten Abschlussprovisionen der letzten 5 Jahre zugrunde gelegt.
Faktor 1 ist die durchschnittliche AP-Provision der letzten 5 Jahre, also die Gesamtproduktion in MB x Provisionssatz
Faktor 2 der Ausgleichsfaktor für Bestandszusammensetzung 0,2
Faktor 3 Mitursächlichkeitsfacktor 0,4
Faktor 4 Treue: 3 J./0,7; 6 J./1; 9 J/1,6; 12 J./2,5; 15 J./3,5; ab 16 J./4
Berechnungsbeispiel:
Durchschnittliche Gesamtprovision Krankenversicherung pro Jahr 12.000,00 € MB (1.000,00 MB pro Monat) mit 5 MB AP und über 16 Jahre Tätigkeit:
Berechnung:
12.000,00 € x 5 MB x 0,2 x 0,4 x 4 = 19.200,00 €
„Grundsätze“ im Bausparbereich:
Die Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs im Bausparbereich ist vereinbart zwischen:
- dem Verband der privaten Bausparkassen
- der Bundesgeschäftsstelle der Landesbausparkasse
- dem Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute
Berechnung des Ausgleichswerts:
- Bemessungsgrundlage und Ausgangswert ist die durchschnittliche Jahresprovision der letzten 4 Jahre abzüglich vereinbarter Verwaltungsprovision und Einarbeitungs-, bzw. Garantieprovisionen.
- Das ausgleichspflichtige Folgegeschäft wird mit einem Mittelsatz von 20,25% pauschal festgelegt.
Berechnung des Ausgleichswerts:
- Multiplikator nach TKJ aus Billigkeitsgesichtspunkten:
Tätigkeitsdauer:
1 Jahr 0,20 6 Jahre 1,60
2 Jahre 0,40 7 Jahre 1,90
3 Jahre 0,70 8 Jahre 2,20
4 Jahre 1,00 10 Jahre 3,00
5 Jahre 1,30 12 Jahre 4,00
Zusätzlicher Treuebonus nach 15 Jahren 10,125%.
Ab 19 Jahre verdoppelt sich der Treuebonus auf 20,25%.
Berechnung des Ausgleichswerts im Bausparbereich:
Durchschnittliche Jahresprovision der letzten 4 Jahre: 50.000,00 €
- Tätigkeitsdauer 10 Jahre: 50.000,00 € x 20,25% x 3,00 = 30.375,00 €
- Tätigkeitsdauer 20 Jahre: 50.000,00 € x 4,00 + 20,25% (Treuebonus) = 50.625,00 €
Ausgleichsanspruch im Finanzdienstleitungsbereich:
Die Grundsätze zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs im Finanzdienstleistungsbereich sind vereinbart zwischen:
- dem Verband der privaten Bausparkassen und
- dem Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute
(weder die Versicherungsunternehmen noch die öffentlichen Bausparkassen sind bisher dieser Vereinbarung beigetreten?)
Berechnung des Ausgleichswerts:
- Ausgangswert ist die durchschnittliche Jahresprovision der letzten 4 Jahre
- Das ausgleichspflichtige Folgegeschäft wird mit 10% pauschal festgelegt
- Die Bausparmultiplikatoren gelten auch für die Finanzdienstleistung
- Der Bauspartreuebonus gilt auch für die Finanzdienstleistung
Berechnung des Ausgleichswerts:
- 000,00 € durchschnittliche Jahresprovision, Tätigkeitsdauer 5 Jahre,
10.000,00 € x 10% x 1,30 = 1.300,00 €
- 000,00 € durchschnittliche Jahresprovision, Tätigkeitsdauer 25 Jahre,
10.000,00 € x 10% x 4,00 + 20,25% = 6.025,00 €
03
Viele Handelsvertreter erhalten eine Bestandserhaltungsprovision, teilweise auch Bestandsprovision oder Bestandspflegeprovision genannt.
Wie das Wort es schon besagt, soll hier eine Provision gezahlt werden, wenn der Bestand der Verträge erhalten bleibt.
Teilweise wird diese Bestandspflegeprovision pauschal gezahlt, teilweise in Abhängigkeit zu bereits vermittelten und eingereichten Geschäften.
Ein in der Versicherungswirtschaft neu diskutiertes neues Vergütungsmodell sieht vor, dass eine Bestandsprovision nur dann ausgezahlt werden soll, wenn der Versicherungsvertreter auch eine festgesetzte Neuproduktion erreicht. Auch hier gibt es verschiedene Ansätze.
Die Bestandspflegeprovision ist gesetzlich nicht geregelt. In § 87 Abs. 1 HGB steht: „Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunde für Geschäfte der gleichen Art geworben hat“. Provisionen gibt es danach nur für abgeschlossene Geschäfte. Es ist also eine reine Erfolgsprovision bzw. Abschlussprovision.
Eine Bestandserhaltungsprovision nennt § 87 HGB nicht. Der Anspruch darauf ergibt sich aus dem Agenturvertrag. Wenn der Handelsvertreter verpflichtet ist, die Bestände des Versicherers zu pflegen und zu betreuen, so stellt dies eine Tätigkeit dar, die nicht auf den Abschluss eines Neuvertrages gerichtet ist. Es wird dadurch eine weitere selbstständige Hauptpflicht begründet. Ansprüche des Versicherungsvertreters könnten demnach gem. § 675 BGB aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag bestehen. Ein Werkvertrag wäre es dann, wenn der Versicherungsvertreter für einen bestimmten Erfolg einstehen müsste, z.B. dass ein bestimmter Prozentsatz im Bestand bleibt. Wenn es ein Dienstvertrag wäre, müsste er sich allenfalls um die Bestandserhaltung bemühen. Für die Bemühung würde ihm dann eine entsprechende Provision zustehen. Damit lässt sich auch ein gesetzlicher Vergütungsanspruch für die Bestandspflege herleiten.
Die vertraglichen Regelungen zur Bestandspflege sind mitunter missverständlich. Wenn ein Bestand nicht übertragen wurde, der Versicherungsvertreter also ausschließlich selbst vermittelte Verträge „im Bestand pflegt“, so könnte auch dies als Erfolgsprovision gewertet werden. So sieht es beispielsweise der Vermögensberatervertrag vor, der zwischen dem jeweiligen Vermögensberater und der DVAG zustande kommt. Dort heißt es u.a. unter Ziffer IV, dass „für vermittelte Verträge werden als Gegenleistung dieser Vermittlungstätigkeit Abschlussprovisionen gewährt. Alle ratierlich gezahlten Provisionen werden grundsätzlich für die ersten 12 Monate ab Abschluss des Vertrages über das vermittelte Produkt als Abschlussprovisionen gezahlt. Ratierliche Provisionen ab dem 13. Monat werden grundsätzlich als Folgeprovisionen…. gezahlt….“. Dort spricht man also von Folgeprovisionen. Voraussetzung für diese Provision ist, dass der Vertrag noch im Bestand ist. Daneben gibt es noch freiwillige Sonderprovisionen. Von einer Bestandserhaltungsprovision spricht der Vermögensberatervertrag nicht.
In früheren Versionen des Vermögensberatervertrages hieß es einmal, dass die Kundenpflege Voraussetzung für die Folgeprovision sei. Dies wurde in früheren Verträgen der DVAG Kundenbetreuungsprovision genannt.
Auch dies zeigt: Es gibt vielzählige Variationen.
Fraglich ist auch, ob diese Bestandsprovisionen bei der Berechnung eines Ausgleichsanspruchs berücksichtigt werden. Dazu ist das Wesen der Bestandspflegeprovision zu erforschen.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat mit Schreiben vom 14.09.1993 darauf hingewiesen, dass es sich bei der Bestandspflegeprovision oder Bestandsbetreuungsprovision um Begriffe handelt, welche unter den Begriff Folgeprovision fallen und insbesondere in der Schadensversicherung auch einen Teil der Abschlussprovision beinhaltet. Kurzum: Bestandspflege- bzw. Bestandsbetreuungsprovisionen sind ausschließlich Folgeprovisionen. Sie folgen aus abgeschlossenen Geschäften gem. § 87 Abs. 1 HGB. Eine anderweitige Bezeichnung der Folgeprovision habe nach Auffassung des GDV im Übrigen keine Auswirkung auf den Ausgleichsanspruch, wenn man diesen nach den Grundsätzen zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs berechnet.
Zudem hat der GDV mit Schreiben vom 05.04.1994 noch einmal darauf hingewiesen, dass die vom 2. Jahr ab gezahlte Provision in der Schadensversicherung, ungeachtet ihrer Bezeichnung in den Agenturverträgen, ein Teilvermittlungsentgelt enthält. Dies gelte insbesondere für gleichbleibende Provisionen, wenn diese bei einjährigen Versicherungsveträgen mit Verlängerungsklausel gezahlt werden. Dabei handelt es sich in der Praxis um Verträge mit unbestimmter Dauer. Hier wird gerade der Vermittlungserfolg mit einer gleichbleibenden Provision vergütet. Jegliche Folgeprovision soll nach den Grundsätzen zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs nicht abgezogen werden. Zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs sind nach dem Wortlaut der Grundsätze nicht hinzuzuziehen: „Abschlussprovisionen (erstjährige Provisionen abzüglich der Inkassoprovisionen, ausgenommen die Abschlussprovisionen für Versicherungen mit gleichbleibenden laufenden Provisionen)“. Dies bedeutet, dass bei Heranziehung der Grundsätze eine Bestandspflegeprovision in der Regel mit einbezogen wird. Sie ist eine Folgeprovision.
Im Übrigen könnte eine anders zu verstehende vertragliche Regelung gegen § 89 b) Abs. 4 HGB verstoßen. Danach darf der Anspruch auf den Ausgleich vertraglich nicht im Voraus ausgeschlossen werden. Nach einer BGH-Entscheidung vom 14.7.2016 ist bereits eine Vereinbarung unwirksam, durch die der Anspruch im Ergebnis teilweise eingeschränkt wird. Unwirksam sind also nicht nur Totalausschlüsse.
Die ERGO hatte übrigens die Zahlung einer Verwaltungsprovision, die so im vertrag bezeichnet wurde, bei der Berechnung der Grundsätze in die Billigkeit mit einfließen lassen.
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.12.2013 hat sich zwar mit dem Thema beschäftigt, jedoch keine Klärung gebracht.
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Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs (§ 89 b HGB) im
Finanzdienstleistungsbereich
Da das HGB keine Bestimmung über die konkrete Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs enthält, haben der Verband der Privaten Bausparkassen e. V., 53129 Bonn und der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK), 53115 Bonn,
in dem Bemühen um gegenseitige Verständigung und ausgehend von vorwiegend wirtschaftlichen Erwägungen die nachfolgenden Grundsätze erarbeitet, um die Höhe des nach Auffassung der beteiligten Kreise angemessenen Ausgleichs global zu errechnen.
Sie empfehlen ihren Mitgliedern, Ausgleichsansprüche auf dieser Grundlage abzuwickeln.
- Ausgleichsanspruch
- Bemessungsgrundlage
Ausgangswert für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs ist die durchschnittliche Jahresprovision der letzten vier Jahre aus dem Finanzdienstleistungsgeschäft abzüglich etwa vereinbarter Verwaltungsprovisionen und abzüglich etwa nicht verdienter Einarbeitungsprovisionen bzw. Garantieprovisionen – bei kürzerer Tätigkeit der Durchschnitt aus diesem Zeitraum.
Als Verwaltungsprovision gelten Vergütungen, die Vertreter für das Neugeschäft von Vermittlern erhalten, die dem Vertreter organisatorisch nicht zugeordnet sind oder zu deren Vermittlungen er akquisitorisch nicht beiträgt.
- Ausgleichspflichtiges Folgegeschäft
Um überaus schwierige und zeitraubende Ermittlungen zu vermeiden, wird der Anteil des ausgleichspflichtigen Folgegeschäfts mit einem Mittelsatz von 10 % des Ausgleichswertes nach Ziffer I. 1. pauschal festgelegt.
Das Verfahren gilt auch für Teilvertragsbeendigungen (Bezirks- oder Bestandsverkleinerungen), wobei die spätere Berücksichtigung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung unberührt bleibt.
- Multiplikatoren
Um den Gesichtspunkt der Billigkeit (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB) Rechnung zu tragen, ist der nach Ziffer I. errechnete Ausgleichswert entsprechend der Dauer der hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit des Vertreters für das Bausparunternehmen nach folgender Staffel zu multiplizieren:
Tätigkeitsdauer Multiplikator
ab 1 Jahr 0,20
ab 2 Jahren 0,40
ab 3 Jahren 0,70
ab 4 Jahren 1,00
ab 5 Jahren 1,30
ab 6 Jahren 1,60
ab 7 Jahren 1,90
ab 8 Jahren 2,20
ab 9 Jahren 2,50
ab 10 Jahren 3,00
ab 12 Jahren 4,00
III. Treuebonus
Ab einer Dauer des hauptberuflichen Handelsvertreterverhältnisses von 15 Jahren erhält der Vertreter bei seinem Ausscheiden neben dem Ausgleichsanspruch einen Treuebonus. Dieser beträgt 10,125 % der gemäß Ziffer I. 1 ermittelten Bemessungsgrundlage und verdoppelt sich auf 20,25 % ab einem hauptberuflichen Handelsvertreterverhältnis von 19 Jahren bei derselben Bausparkasse.
- Anspruchsberechtigte Erben
Beim Tod des Vertreters steht der Ausgleichsanspruch und ein eventueller Treuebonus den berechtigten Erben zu.
- Fälligkeit
Der sich aus diesen Grundsätzen ergebende Ausgleichsanspruch und ein eventueller Treuebonus wird innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsbeendigung, frühestens zwei Monate nach Geltendmachung, fällig.
- Berücksichtigung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung
Da nach der bestehenden Rechtslage ein Ausgleichsanspruch aus Billigkeitsgründen (§ 89 b Abs. 1 Ziffer 3 HGB) insoweit nicht entsteht, wie der Vertreter Leistungen aus einer durch Beiträge des Bausparunternehmens aufgebauten Alters- und Hinterbliebenenversorgung erhalten oder zu erwarten hat, ist vom Gesamtbetrag des nach Ziffer I. und Ziffer II. errechneten Ausgleichsanspruchs zuzüglich eines eventuell nach Ziffer III. errechneten Treuebonus bei einer Rentenversicherung der kapitalisierte Barwert der Rente des Anspruchsberechtigten und bei einer Kapitalversorgung deren Kapitalwert abzuziehen.
VII. Gutachterstelle
Sind in einem Einzelfall bei einem Bausparunternehmen oder einem Vertreter besondere Umstände gegeben, die nach Auffassung eines der Betroffenen eine andere Regelung zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs oder Treuebonus gerechtfertigt erscheinen lassen, so kann jede der Parteien zur Herbeiführung einer der Umstände des Einzelfalls gerecht werdenden Regelung die Gutachterstelle, die aus Vertretern des Verbandes der Privaten Bausparkassen und des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute paritätisch zusammengesetzt ist, in Anspruch nehmen.
Die Gutachterstelle wird nur tätig, wenn beide Parteien ihrer Inanspruchnahme zustimmen. Ihr Votum muss einstimmig erfolgen.
Der BVK verpflichtet sich, während der Geltungsdauer dieser Grundsätze Forderungen seiner Mitglieder gegen eine private Bausparkasse, die über diese Grundsätze hinausgehen oder die sich gegen diese Grundsätze richten, nicht mit aktivem Rechtsschutz und Kostenbeteiligung zu unterstützen.
VIII. Ausspannung von Finanzdienstleistungsverträgen
Da bei der Befriedigung des Ausgleichsanspruchs und eines eventuellen Treuebonus davon ausgegangen wird, dass der wirtschaftliche Vorteil des ausgeglichenen Geschäftes der Bausparkasse verbleibt, wird vorausgesetzt, dass der Vertreter keine Bemühungen anstellt oder unterstützt, die zu einer Schmälerung dieses Geschäftes führen, für das er einen Ausgleich erhalten hat.
- Geltungsdauer
Diese Grundsätze treten am 1.10.1996 in Kraft. Sie gelten für alle ab diesem Tage entstehenden Ansprüche sowie für schwebende, noch nicht endgültig abgeschlossene Fälle. Diese Grundsätze können durch jeden der beteiligten Verbände mit Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr zum Schluss eines Kalenderjahres durch eingeschriebenen Brief an den anderen Verband gekündigt werden. Die erstmalige Kündigung ist jedoch nicht vor Ablauf von zwei Jahren seit Inkrafttreten der Grundsätze möglich.