OLG Naumburg : Vermögensberater muss nicht Schadenersatz leisten

Am 17.02.2005 wies das Oberlandesgericht Naumburg eine Klage eines Strukturvertriebs ab. Der Vertrieb  verlangte Schadenersatz, Unterlassung und Auskunft wegen behaupteter nachvertraglicher Wettbewerbsverletzungen eines Vermögensberaters – aus einem Aufhebungsvertrag.

Der Vertrieb war bereits in der ersten Instanz vor dem Landgericht Halle gescheitert. Teilweise war die Klage unzulässig und teilweise unbegründet.

Unzulässig war sie deshalb, weil die Klageanträge nicht hinreichend bestimmt waren. Bei einem Unterlassensantrag müsse die Verletzungshandlung, deren künftige Begehung verboten werden soll, so genau bezeichnet werden, dass sich der Beklagte erschöpfend verteidigen und die erforderliche Klarheit für die Zwangsvollstreckung geschaffen werden können. Dies sei vorliegend ohne namentliche Nennung der Partnergesellschaften der Klägerin nicht möglich.

Außerdem war die Klage unbegründet, da die im Aufhebungsvertrag der Parteien geschlossene nachvertragliche Wettbewerbsabrede gemäß § 138 BGB sittenwidrig und demzufolge unwirksam sei. Die Bewegungsfreiheit des Vermögensberaters sei in der Vermögensberatungsbranche unangemessen eingeschränkt.

Hintergrund war übrigens nicht die Prüfung eines Vermögensberatervertrages, sondern eines Aufhebungsvertrages. „Die Klausel in dem Aufhebungsvertrag verstößt nach Auffassung des Oberlandesgericht gegen §§ 138, 242 BGB. Vertragliche Wettbewerbsverbote müssen an Artikel 12 Abs. 1 GG gemessen werden. Es bestehen bereits Bedenken gegen die zeitliche Dauer des Wettbewerbsverbotes. Dies soll lebenslang gelten.“ (Übrigens finden wir das noch heute oft in den Aufhebungsverträgen wieder!).

„Dies stellt bereits allein eine unangemessene Beschränkung des Beklagten in seiner Berufsfreiheit dar.“

„Das Wettbewerbsverbot ist nicht zeitlich befristet, sondern auch sachlich und unbegrenzt, da es bundesweit alle Formen von Finanzdienstleistungen erfasst. Für die Sittenwidrigkeit des Wettbewerbsverbotes spricht weiter, dass der Beklagte gezwungen ist, sich immer wieder über die aktuellen Partnergesellschaften der Klägerin informieren zu müssen, da sich deren Bestand ändern kann.“

Der Vertrieb hatte eingewandt, dass der Beklagte aus vertraglichen Gründen nur das zu beachten habe, was er aus wettbewerbsrechtlichen Gründen eh zu beachten hatte. Dem folgt das Oberlandesgericht nicht. Schließlich gibt es keinen Anspruch auf den Fortbestand eines einmal begründeten Vertragsverhältnisses. Der Kundenkreis ist kein geschütztes Rechtsgut. Das Abwerben von Kunden gehört zum Wesen des Wettbewerbs. Auch kann sich der Vertrieb nicht auf die Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft berufen. Diese sind nämlich nicht bindend.

Auch aus § 90 HGB ergibt sich nicht, dass die Klausel wirksam ist. Schließlich würde danach ein vertrags- oder wettbewerbswidriges Verhalten nur dann nicht vorliegen, wenn ein ausgeschiedener Vertreter Kundenadressen verwertet, die in seinem Gedächtnis geblieben sind, oder sich solcher Anschriften von Kunden nutzbar macht, die keinen dauerhaften geschäftlichen Kontakt zu dem bisher vertretenen Unternehmen aufgenommen haben.