OLG Celle: Arbeitsgericht bei vollberuflichem Handelsvertreter zuständig

Unter bestimmten Umständen werden Streitigkeiten mit Handelsvertretern vor dem Arbeitsgericht ausgetragen. Dies richtet sich nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG.

Handelsvertreter gemäß § 84 Abs. 1 HGB gelten nach § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG nur dann als Arbeitnehmer, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1000 € an Vergütung einschließlich Provisionen bezogen haben (BGH Beschluss vom 16.10.2014, Az: VII ZB 16/14).

Zu diesem Personenkreis gehören Handelsvertreter, die vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden dürfen (§ 92a Abs. 1 S. 1 Alt. 1 HGB; sogenannte Einfirmenvertreter kraft Vertrages), und Handelsvertreter, denen dies nach Art und Umfang der verlangten Tätigkeit nicht möglich ist ( § 92a Abs. 1 S. 1 Alt. 2 HGB, sogenannte Einfirmenvertreter kraft Weisung).

Einfirmenvertreter kraft Vertrages ist ein Handelsvertreter, wenn ihm vertraglich untersagt ist, für weitere Unternehmer tätig zu werden. Wird einem Handelsvertreter auferlegt, hauptberuflich für den Unternehmer tätig zu werden, mit dem er den Handelsvertretervertrag geschlossen hat, so ist er als Einfirmenvertreter kraft Vertrages einzustufen. Die hauptberufliche Tätigkeit genügt also bereits zur Einstufung.

Dabei kommt es dann nicht mehr darauf an, ob ihm eine nebenberufliche Tätigkeit gestattet ist. Nach der sogenannten typisierenden Betrachtung ist ein Handelsvertreter einem Angestellten ähnlich angenähert, der hauptberuflich tätig ist, auch wenn ihm eine nebenberufliche Tätigkeit gestattet ist. Schließlich ist er verpflichtet, wie ein hauptberuflich Angestellter, hauptberuflich für den Unternehmer tätig zu werden.

Das Oberlandesgericht Celle hatte am 26.06.2020 unter dem Aktenzeichen 11 W 20/20 dazu eine interessante und richtungsweisende Entscheidung getroffen (hier geht es zum bisher unveröffentlichtem Beschluss des OLG Celle vom 26.6.2020 unter dem Az. 11 W 20/20).

Auch hier ging es um einen Vertriebspartnervertrag, in dem der Handelsvertreter im Hauptberuf gemäß § 84 HGB tätig ist und im Bereich der Versicherungsvermittlung exklusiv für die Gesellschaft tätig wird. Die Ausübung einer anderweitigen Nebentätigkeit wäre nach diesem Vertragsverhältnis ausdrücklich gestattet.

Das Oberlandesgericht hielt dies aber für unerheblich. Das Oberlandesgericht meinte zwar, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein bloßes vereinbartes Konkurrenzverbot für die Annahme eines vertraglichen Tätigkeitsverbotes nicht ausreichen würde. Dafür kommt es jedoch auf die Formulierung „im Hauptberuf“ an.

Weitere Voraussetzung ist, dass der Handelsvertreter während der letzten Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1000 € bezogen hat. Das Landgericht hat in der Vorinstanz dazu keine Feststellungen getroffen. Dies war dem OLG auch egal, da das OLG allein auf die Behauptung der Beklagten (der Handelsvertreterin) abgestellt hatte, wonach diese behauptet hatte, in den letzten sechs Monaten weniger als 1000 € monatlich verdient zu haben.

Bisher unveröffentlichter Beschluss OLG Celle  11 W 20/20

 11 W 20/20

7 O 40/20 Landgericht Verden

B e s c h l u s s

In der Beschwerdesache

F. AG …,

Klägerin und Beschwerdeführerin,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte …,

gegen

L. E., …,

Beklagte und Beschwerdegegnerin,

Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt …,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Ober-landesgericht … als Einzelrichter am 26. Juni 2020 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 7. Zivil-kammer – Einzelrichterin – des Landgerichts Verden vom 9. Juni 2020 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.434,31 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. 

Gründe:

Die nach §§ 17 a Abs. 4 Satz 2 GVG, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg. Für den vorliegenden Rechtsstreit ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet.

I.

Soweit die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt, kann dahinstehen, ob dem Landgericht ein derartiger Vorwurf zu machen ist. Ein (etwaiger) Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs hat in zivilrechtlichen (Hauptsache)Verfahren lediglich zur Rechts-folge, dass die hiervon betroffene Partei im Berufungsverfahren neuen tatsächlichen Vortrag halten darf (§ 531 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO). Nicht aber hat – wie es offenbar die Vorstellung der Klägerin ist – ein (etwaiger) Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs per se zur Rechtsfolge, dass die angefochtene Entscheidung allein deshalb aufzuheben ist. Demgemäß entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass ein Rechtsmittelführer, der die Verletzung einer gerichtlichen Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO geltend macht, darlegen muss, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere was er hierauf im Einzelnen vorgetragen hätte und wie er weiter vorgegangen wäre (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 15. Februar 2018 – I ZR 243/16, juris Rn. 13). Diese Problematik stellt sich in – wie vorliegend – Beschwerdeverfahren allerdings von vornherein nicht, da die Beschwerde gem. § 571 Abs. 2 ZPO auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden kann.

II.

Vorliegend ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG eröffnet.

1. Nach § 13 GVG gehören vor die ordentlichen Gerichte alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder aufgrund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG sind die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig für näher bezeichnete bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeit-gebern. Handelsvertreter i. S. d. § 84 Abs. 1 HGB gelten nach § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG nur dann als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92 a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 € aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen bezogen haben (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2014 – VII ZB 16/14, juris Rn. 15). Zu dem genannten Personenkreis gehören Handelsvertreter, die vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden dürfen (§ 92 a Abs. 1 Satz 1 1. Alt. HGB; sogenannte Einfirmenvertreter kraft Vertrags), und Handelsvertreter, denen dies nach Art und Umfang der verlangten Tätigkeit nicht möglich ist (§ 92 a Abs. 1 Satz 1 2. Alt. HGB; sogenannte Einfirmenvertreter kraft Weisung). Als Einfirmenvertreter kraft Vertrags ist ein Handelsvertreter insbesondere dann einzustufen, wenn ihm vertraglich untersagt ist, für weitere Unternehmer tätig zu werden (BGH, a. a. O., Rn. 16). Wird einem Handelsvertreter auferlegt, hauptberuflich für den Unternehmer tätig zu werden, mit dem er den Handelsvertretervertrag geschlossen hat, so ist er nach Sinn und Zweck des § 92 a Abs. 1 Satz 1 HGB als Einfirmenvertreter kraft Vertrags einzustufen. Ein solcher Handelsvertreter ist zwar nicht völlig von diesem Unternehmer abhängig, wenn ihm eine nebenberufliche Tätigkeit gestattet ist. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung ist ein solcher Handelsvertreter jedoch einem Angestellten ähnlich angenähert wie ein Handels-vertreter, dem vertraglich vollständig untersagt ist, für weitere Unternehmer tätig zu werden. Denn er ist – ähnlich wie ein hauptberuflich Angestellter – verpflichtet, hauptberuflich für den Unternehmer tätig zu werden, mit dem er den Handelsvertretervertrag geschlossen hat. Er kann die sich aus einer etwaigen nebenberuflichen Tätigkeit ergebenden Chancen nicht in gleicher Weise nutzen, wie ein nicht in den Anwendungsbereich des § 92 a Abs. 1 Satz 1 HGB fallender Mehrfirmen-vertreter (BGH, a. a. O., Rn. 18).

2. Gemessen hieran gilt Folgendes:

a) In § 3 Nr. 1 erster Absatz des Vertriebspartnervertrages vom

19./21. Oktober 2016 ist vereinbart, dass der Vertriebspartner, mithin die Beklagte, selbständiger Handelsvertreter im Hauptberuf gem. §§ 84 ff. des HGB ist und im Bereich der Versicherungsvermittlung exklusiv für die Gesellschaft tätig wird (Hervorhebung durch den Senat). Der Umstand, dass der Beklagten in § 11 Nr. 1 zweiter Absatz des Vertrages die Ausübung einer anderweitigen Nebentätigkeit gestattet worden ist, ist nach Maßgabe der vorstehend dargestellten höchstrichterlichen Grundsätze unerheblich. Ebenso fehl geht die Argumentation der Klägerin mit den Regelungen in § 11 Nr. 1 erster Absatz des Vertrages. Zwar ist es als solches natürlich richtig, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein bloßes vereinbartes Konkurrenzverbot für die Annahme eines vertraglichen Tätigkeitsverbotes i. S. d. § 92 a Abs. 1 Satz 1 1. Alt. HGB gerade nicht ausreicht (vgl. z. B. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2013 – VII ZB 45/12, juris Rn. 21; BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2009 – VIII ZB 45/08, juris Rn. 23). Insoweit kann dahinstehen, ob die Regelungen in § 11 Nr. 1 erster Absatz des Vertrages bei isolierter Betrachtung ein (bloßes) Konkurrenzverbot in dem vorgenannten Sinn darstellen würden. Denn jedenfalls verbietet sich eine rein isolierte Betrachtung von § 11 Nr. 1 erster Absatz des Vertrages. Vielmehr muss dieser im Zusammenhang mit § 3 Nr. 1 erster Absatz des Vertrages gelesen werden. In jener Regelung ist aber nun einmal – wie ausgeführt – hinsichtlich des Bereiches, der in § 11 Nr. 1 erster Absatz genannt wird, ausdrücklich ausgeführt, dass die Be-klagte insoweit „im Hauptberuf“ tätig wird.

b) Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung allerdings keine Feststellung dazu getroffen, ob die Beklagte während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durschnitt monatlich nicht mehr als 1.000,00 € aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provisionen und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen hat (§ 5 Abs. 5 Satz 1 ArbGG). Einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückweisung der Sache im Hinblick darauf bedurfte allerdings nicht. Denn anders als dem Bundesgerichtshof als Rechtsbeschwerdeinstanz ist dem Senat als Beschwerdeinstanz eine Feststellung von Tatsachen möglich. Hiernach ist festzustellen, dass die Beklagte auf Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 03. April 2020 (Bl. 81 d. A.) vorgetragen hat, dass sie in den letzten sechs Monaten des Vertragsverhältnisses im Schnitt weniger als 1.000,00 € monatlich verdient habe. Dieses tatsächliche Vorbringen der Beklagten ist unstreitig geblieben (vgl. Seite 2, unteres Drittel des Schriftsatzes der Klägerin vom 7. Mai 2020, Bl. 104 d. A.)

III.

  1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
  • Dem Beschwerdewert hat der Senat den vollen Hauptsachewert zugrunde gelegt (vgl. dazu Kurpat in Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 14. Aufl., Rn. 4781).
  •  Anlass für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde i. S. v. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO besteht nicht.

Beweislast bei der Frage der Rechtswegzuständigkeit

Das Arbeitsgericht ist auch bei Handelsvertretern teilweise zuständig. Dafür darf ein Handelsvertreter in den letzten 6 Monaten des Vertrages nicht mehr als 1000 € Provisionen im Durchschnitt monatlich verdient haben. Wie aber sind Provisionsvorschüsse zu bewerten?

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes mit Beschluss von 21.10.2015 unter dem Aktenzeichen VII ZB 8/15 sind Feststellungen zur während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Monatsdurchschnitt bezogenen Vergütung zu treffen.

Bei dieser Entscheidung des BGH ging es um eine Versicherungsvertreterin. Der BGH führt dazu aus: „Sollte die Summe der der Versicherungsvertreterin in den letzten sechs Monaten des Vertragsverhältnisses gezahlten Provisionsvorschüsse, die nachträglich durch unbedingt entstandene Provisionsansprüche gedeckt werden, den Betrag von 6.000 € übersteigen, so wird er sich gegebenenfalls mit den nach vorgenommenen Stornierungen zu befassen haben. (…) Sind in den letzten sechs Monaten vor Beendigung des Vertragsverhältnisses entstandene Provisionsansprüche oder in diesem Zeitraum bezahlte Provisionsvorschüsse, die nachträglich durch unbedingt entstandene Provisionsansprüche gedeckt werden, nachträglich wieder entfallen, so können die darauf geleisteten Zahlungen nicht mehr als Vergütung im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG angesehen werden.

Der Kläger hat nach Auffassung des BGH für die Begründung der Rechtswegzuständigkeit maßgebenden Tatsachen zu beweisen, sofern der Beklagte diese bestreitet (BGH Beschluss vom 27.10.2009 – VIII ZB 42/08).

Axa muss Stornorückstellung auszahlen

Das Amtsgericht Elmshorn verurteilte am 30.05.2024 die AXA Krankenversicherung AG zur Auszahlung einer Stornorückstellung. Vorausgegangen war ein Versäumnisurteil gegen die AXA, dass mit diesem Urteil nunmehr bestätigt wurde.

Vertraglich war vereinbart, dass der Handelsvertreter Provisionen zurückzahlen muss, wenn der Kunde Beiträge nicht leistet. Zur entsprechenden Absicherung dieser Rückzahlungsansprüche wurde ein Stornoreservekonto gebildet, auf das 10 % der bevorschussten Provisionszahlungen gutgeschrieben wurden.

Am 18.01.2018 errechnete die AXA hier ein Guthaben.

Diese Abrechnung erweise sich nach der Auffassung des Gerichts als abstraktes Schuldanerkenntnis entsprechend des Urteils des BGH vom 07.02.1990 unter dem Az.: IV ZR 314/88.

Im Zeitpunkt der Abrechnung war der Anspruch noch nicht fällig. Der Sicherungszweck ist jedoch nunmehr weggefallen. Unstreitig hat es ein Diskontrisiko nicht mehr gegeben.

Der Zahlungsanspruch ist auch nicht erloschen. Entsprechendes hat die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte auch nicht ausreichend vorgetragen, so das Gericht.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Höhe des Ausgleichsanspruchs darf geschätzt werden

Am 25.06.2010 entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf, dass die Berechnung des Ausgleichsanspruches gemäß § 89 b HGB grundsätzlich im Wege einer Prognose vorgenommen werden kann. Es sind die Provisionen zu berücksichtigen, die der Handelsvertreter mit den von ihm geworbenen (Stamm-) Kunden im letzten Vertragsjahr erzielt hat, über die zu erwartenden Verlust nach Vertragsende über einen bestimmten Zeitraum vorgenommen werden.

§ 89 b Abs. 1 HGB wurde kürzlich geändert. Der Europäische Gerichtshof verlangte, dass die Begrenzung des Ausgleichsanspruches auf die vertraglichen Provisionsverluste nicht zulässig sei. Dies berücksichtigt der Deutsche Gesetzgeber in der nunmehr geänderten Fassung des § 89 b Abs. 1 HGB, wonach als Voraussetzung für einen Ausgleichsanspruch der nachvertragliche Unternehmensvorteil unverändert bestehen bleibt.

In den Fällen, in denen der Handelsvertreter früher keinen Ausgleich erhielt (z.B. wenn er nur eine Einmal-Provision erhalten hatte) sind nunmehr Ausgleichsansprüche nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn der Unternehmer oft über Jahre hinweg von dem Abschluss solcher Verträge erhebliche Vorteile erzielt. Hier besteht Hoffnung, dass solche Ausgleichsansprüche in Zukunft zur Auszahlung kommen.

Zu bedenken ist jedoch, dass der BGH am 29.03.1990 entschieden hatte, dass gemäß § 287 ZPO eine tatrichterliche Schätzung vorgenommen werden darf, als dass die dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses verbleibenden Vorteile aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, der Höhe nach identisch sind mit den Provisionsverlusten, den der Handelsvertreter in Folge der Beendigung des Vertragsverhältnisses erleidet. Sollte der BGH diese Rechtsprechung aufrechterhalten und weiterhin diese Berechnung als Grundlage heranziehen, könnte dies dazu führen, dass trotz der geänderten Gesetzeslage im Ergebnis keine neuen Entscheidungen zu erwarten sind.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 25.06.2010 – Aktenzeichen I – 16 U 191/09
BGH-Urteil vom 29.03.1990 – Aktenzeichen I ZR 2/98 – in WM 1990, 1496