Kein Rechtsschutz für Handelsvertreter?

Handelsvertretern, auch denen, die den Versicherungskonzernen großen Umsatz bescheren, erhalten für Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterbereich keinen Rechtsschutz. Egal, ob es um Provisionen, Kündigungen, Abmahnungen oder Ausgleichsansprüche geht, gibt es immer wieder die Ablehnung von Rechtschutzversicherern.

Hoffnung keimte auf, weil es jetzt eine etwa 30 Jahre alte Police bei der Deurag mit dem Zusatz KombiRS für Handelsvertreter gab. Doch auch hier kam eine Ablehnung mit dem Verweis auf die ARB.

Rechtsschutzversicherungen für Handelsvertreter werden allerdings teilweise über Berufsverbände angeboten.

Handelsvertreter muss sich auch nach der Kündigung bis zum Ende des Vertrages bemühen

Der Handelsvertertervertrag wurde gekündigt. Die Motivation des Vermögensberaters soll danach auf Null gesunken sein.

Nun entschied das Oberlandesgericht Köln am 22.09.2023 unter dem Az 19 U 150/22, dass ein Handelsvertreter sich bis zum Ende des Handelsvertretervertrages zu bemühen hat, eben auch in der Kündigungsphase. Bemüht er sich nicht, macht er sich ggf. schadenersatzpflichtig. Dies gilt auch, wenn der Handelsvertreter nur nebenberuflich tätig war.

Das Oberlandesgericht begründete dies in etwa so:

Bemüht sich ein Handelsvertreter nach der Vertragskündigung nur unzureichend um neue Geschäftsabschlüsse, so haftet er wegen Verletzung seiner Pflicht aus § 86 I 1 HGB auf Schadensersatz.

Im zugrundeliegenden Sachverhalt hatte ein im Nebenberuf tätiger Handelsvertreter seinen Vertretervertrag mit seinem Geschäftsherrn, der OVB Vermögensberatung, gekündigt. Bereits unmittelbar nach der Kündigung weigerte er sich aus Sicht der Klägerin, weiterhin zur Absatzförderung der Produkte seines ehemaligen Auftraggebers beizutragen. Dies führte zum Rechtsstreit.

Das klagende Finanzdienstleistungsunternehmen meinte, dass der Umsatz des Handelsvertreters nach seiner Kündigung vom 01.08.2020 erheblich eingebrochen sei, was auf eine unzureichende Ausübung seiner Pflichten zurückzuführen sei.

Das OLG Köln entschied zugunsten des Unternehmens und sprach dem Unternehmen einen Schadensersatzanspruch gegen den ehemaligen Handelsvertreter zu. Dem Handelsvertreter obliege zwar keine Abschlusspflicht, sondern nur eine Bemühenspflicht. Den signifikanten Umsatzeinbruch im Vergleich zu den Vorjahren hatte das Gericht aber als Verletzung dieser Pflichten angesehen.

Der Handelsvertreter hätte demnach im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast konkrete Umstände vorbringen müssen, die den Umsatzrückgang erklären. Ein Verweis auf die Corona-Pandemie würde nicht ausreichen.

Auch die Vermittlung um Schulungen und die Rettung notleidender Verträge wollte das Gericht nicht genügen lassen. Vorgehalten wurde dem Handelsvertreter, dass er nur 13 Kundenbesuche getätigt habe.

Die Bemühenspflicht des Handelsvertreters ende nicht automatisch mit der Kündigung, meint das OLG Köln. Vielmehr gelte die Absatzförderungspflicht auch in der Zeit zwischen Kündigungserklärung und Wirksamwerden der Kündigung, d.h. in der Schwebezeit zwischen erklärter Kündigung und Vertragsende, fort. Das gilt für Handelsvertreter gemäß § 86 I 1 HGB

Die Höhe des Schadensersatzanspruchs konnte jedoch nicht allein auf Grundlage der Umsatzdifferenz zwischen den Vergleichszeiträumen der Vorjahre und der Zeit nach der Kündigung geschätzt werden. Das OLG berücksichtigte eine Schwankungsbreite von 30% bei der Schadensschätzung, da bei Feststellung einer Pflichtverletzung nicht jede Abweichung beim Vermittlungserfolg zwangsläufig einen Schaden des Unternehmens darstelle.

Das Urteil des OLG Köln unterstreicht, dass ein Handelsvertreter „bis zum bitteren Ende“ tätig bleiben muss. Es ist zu empfehlen, die einzelnen Tätigkeiten zu dokumentieren, so dass man belegen kann, dass man sich bemüht hat.

2025

Der Handelsvertreterblog wünscht allen Lesern ein provisionsreiches 2025 bei bester Zufriedenheit und Gesundheit!

Weihnachten 2024

Der Handelsvertreterblog wünscht allen Lesern frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Das Jahr 24 hatte fast jede Gelegenheit genutzt, um uns die Stimmung zu verderben. Krieg in Europa, politische und wirtschaftliche Verstimmungen und zuletzt noch ein Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt.

Und am Ende des Jahres nahm ein Prozess Fahrt auf, den es eigentlich gar nicht geben sollte. Michael Schumacher, der überhaupt nicht mehr in den Fokus rücken wollte, wurde Thema in einem Strafprozess, in dem die Angeklagten wegen Erpressung angeklagt sind.

Private Daten sollte die Familie Schumacher zu einem horrenden Preis als „Provision“ bezahlen, um deren Veröffentlichung zu verhindern. Dies ist gemeinhin als Erpressung zu werten. Als Erpressung soll man das nach den Worten eines Strafverteidigers jedoch nicht verstanden haben.

Schumacher, der viele Jahre für die DVAG warb, sollte nach Verständnis eines Angeklagten Provision zahlen. Juristische Verfahren und die Ideen einiger Anwälte sorgen manchmal für Stirnenrunzeln.

In diesem Sinne gibt es denn auch eine anwaltliche Empfehung über die Feiertage. Als Ergänzung zum Buch von Rechtsanwalt Karsten Dusse gibt es auf Netflix (wer es hat) die filmische Fortführung von „achtsam morden“. Wer sich das angetan hat, hat nicht nur eine hervorragende Ablenkung. Man erfährt auch, zu welch absurden Gedanken Anwälte fähig sind, ohne dabei jedoch den Humor nicht zu verlieren. Achtsam gedacht ist so jede Erpressung eigentlich nur ein Angebot auf Abschluss eines Provisionsvertrages, juristisch gesehen ist das eine Straftat.

Der Buchauszug und das Zurückbehaltungsrecht 2

Ein Handelsvertreter hat einen Anspruch auf einen Buchauszug (§ 87 c HGB).

Es fragt sich jetzt, ob der Handelsvertreter dem Unternehmer gegenüber vertragliche oder gesetzliche Pflichten verweigern darf, weil der Handelsvertreter einen Buchauszug nicht erhält. Dann würde sich der Handelsvertreter auf sein Zurückbehaltungsrecht berufen können.

Der Handelsvertreter könnte in dem Fall einer Rückforderung eines Vertriebes widersprechen, wenn dieser z.B. Provisionsvorschüsse zurückverlangt.

Das Landgericht Halle hatte dies 2011 verneint. Der Handelsvertreter musste auch ohne Buchauszug zahlen.

Wenn das Vorenthalten des Buchauszuges ein Zurückbehaltungsrecht darstellen soll, bedarf es wohl weiterer Gründe.

Tröstlich ist aber, dass dem Unternehmer/Vertrieb die volle Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass die Stornierung nicht eingetretten ist und nicht von ihm zu vertreten ist (OLG Karlsruhe 13.9.2017, 15U 7/17). Diese Entscheidung betraf einen Vermögensberater, der von der DVAG die Auszahlung seines Rückstellungskontos verlangte.

Der Argumentation, dass die Rückzahlung eines Provisionsvorschusses verweigert wird, weil kein Buchauszug vorliegt, bedarf es dann nicht mehr. Denn mehr als eine lückenlose Aufklärung hätte der Handelsvertreter mit dem Buchauszug auch nicht in Erfahrung bringen können.