Dezember 2008

Studie von Evers und Jung zu Finanzdienstleistungen

Was tun zu Weihnachten? Fernsehen oder Bücher lesen? Nein! Unsere Empfehlung, auch wenn es abschreckend klingt: Die von dem Verbraucherministerium in Auftrag gegebene Studie von Evers/Jung zu der Qualität von Finanzdienstleistungen in Deutschland .

Ein Muss für den kritischen Finanzdienstleister, gut geschrieben und – wie ich finde- auch verständlich.

Die Studie zeigt auf, dass es hier in Deutschland pro 100 Einwohnern 0,61 Vermittler gibt, in Holland und in Großbritannien 0,27 bzw. nur 0,2. Hier vermitteln also viel mehr Personen als bei den nach der Studie für vorbildlich erachteten europäischen Nachbarn. Hier gibt es eine sehr große Personalfluktuation und geschätzte 400.000 bis 500.000 sog. gebundene Vermittler (z.B. AWD, DVAG usw).

Die Studie kritisiert die schlechte Beratung und die unzureichenden rechtlichen Rahmenbedingungen. 50-80 % der Langzeitanlagen werden hier frühzeitig gekündigt, die Vermittler richten jährliche Schäden von 20-30 Mio € an. Die Verbraucher haben dagegen einen völlig unzureichenden finanziellen Bildungsstand. Sie seien den Vermittlern ausgeliefert und hören diesen aufs Wort.

Es gebe kaum hinreichende und wirksame gesetzliche Regelungen, die die Verbraucher (und auch die Vermittler?) schützen. Die EU-Vermittlerrichtlinie sei schwach und biete unverständliche Ausnahmen. Selbst handwerkliche Berufe oder der Beruf der Schuldnerberatung seien gesetzlich besser und wirksamer verankert.

Die EU-Vermittlerrichtlinie sei nur ein erster fälliger Schritt und regele nunmehr -endlich- die Zulassung. Eine von mehreren Ausnahmen der Richtlinie sei aber der gebundene Vermittler, wegen der großen Anzahl gebundener Vermittler jedoch nicht die praktische Ausnahme, sondern der Regelfall bei den Finanzberatern (Anzahl geschätzt 400.000), gesetzlich aber als Ausnahme behandelt. Nach § 34 d IV GewO umgehen diese Berater die hohen gesetzlichen Zulassungshürden, nur weil sie „gebunden“ sind.

Die Studie sieht Holland und Großbritannien als vorbildlich an. Hier gebe es klare gesetzliche Regelungen und eine klare gesetzliche einheitliche Aufsicht. Sonderprivilegien, z.B. für gebundene Vermittler, gebe es nicht.

Anm. der Redaktion: Vielleicht ist das auch der Grund, warum dort umstrittene Strukturvertriebe wie AWD und DVAG nicht haben Fuß fassen können. Sie haben die hohen gesetzlichen Zulassungsregelungen in Großbritannien und Holland wohl nicht erfüllen können?

Die Studie regt auch an, die Honoraberatung vermehrt zu verankern, um das undurchsichtige Provisionssystem aufzuheben. Außerdem soll die Aufsicht gestärkt werden und die Beratung muss gesetzlich besser geschützt werden.

Wir wünschen den Lesern der Studie, daraus gute Anregungen mitzunehmen, vielleicht diese mit neuen oder bewährten Absichten in das Jahr 2009 mitzunehmen.

Jedenfalls wünschen wir allen Lesern dieses Blogs ein paar besinnliche, frohe und vor allem erholsame Feiertage!

Das Wissen hinter den Kulissen …

… verspricht das Weblog www.versicherungskritiker.de.

Noch hatte ich nicht die Zeit, die Inhalte zu analysieren, aber jedenfalls die Rubrik „Skurriles“ macht Laune. Über die Perspektive und die Beweggründe der drei Autoren lässt sich auf die Schnelle nichts erkennen, anscheinend ist die Website nicht kommerziell, was wir ausdrücklich begrüßen.

Abzüge in der B-Note gibt es allerdings für die Bezeichnung gewisser Strukturvertriebe als „Finanzmakler“. Zwar haben die jeweiligen Vertriebsorganisationen eine Maklerlizenz (damit sie an die Firmen der Finanzindustrie herantreten können), die einzelnen Handelsvertreter sind jedoch nichts anderes als Handelsvertreter – auch wenn sie sich 1000 mal „Makler“ nennen. Das Wort „Maklervertrieb“ ist ein Widerspruch in sich, denn ein echter Makler „vertreibt“ nichts, sondern erhält seine Provision direkt vom Kunden als Gegenleistung für seine Recherchedienste. Davon wird man bei Finanzstrukturvertrieben nicht ernsthaft sprechen wollen.

Druck auf AWD in Österreich hält an

Wie bereits von uns berichtet, ist so profunde Beratung des Finanzvertriebs AWD in Österreich in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses und der Politik gerückt.

In der Alpenrepublik gibt es einen „Konsumentenschutzminister„, der nun gegen den AWD klagen lässt. Während das Unternehmen (wie alle Finanzvertriebe) reflexartig die Missstände als „Einzelfälle schwarzer Schafe“ zu bagatellisieren versucht, spricht man in Wien nach inzwischen 3.000 Beschwerden gegen den AWD von „systematischen Mängeln„. Ein Krisengespräch mit einem Verein für Konsumenteninformation (VKI) wurden abgebrochen.

Während Österreicher Medien so ausgiebig über den Immobilienskandal so nachhaltig berichten, dass ihm Kollumnisten Wiedererkennungswert zubilligen, scheint der Fall in Deutschland nicht einmal bekannt zu sein. stattdessen werden Hurra-Parolen als Nachricht verbreitet. Die einzige Meldung eines deutschen Mediums ist denn ausgerechnet nur die Wiedergabe eines PR-Textes, mit dem man zum Gegenangriff übergeht. Einfach nur Desinteresse der deutschen Medien, oder ein Produkt der Kontaktpflege des Bela Anda?

Buchauszug

Am 12.11.2008 entschied das Arbeitsgericht Frankfurt am Main, dass ein Strukturvertrieb verpflichtet ist, einen Buchauszug zu erstellen.

Der Einwand, man habe bereits monatlich umfassende Abrechnungen erteilt und daraus ergebe sich alles, greift nach der Entscheidung nicht.

Die Abrechnungen sind als Ersatz für einen Buchauszug ungenügend. Diesem läßt sich eben nicht entnehmen, wann und aus welchem Grund ein von dem Vermögensberater vermittelter Vertrag rückgängig gemacht worden ist. Das Datum der Stornierung ist von Bedeutung, weil bei einer nach der Bezahlung der Prämie erfolgten Stornierung der nach § 92 Abs. 4 HGB unbedingt entstandene Provisionsanspruch nur noch unter engen Voraussetzungen entfallen kann. Der Grund der Stornierung ist ihm mitzuteilen, weil daraus ersichtlich ist, ob ein Vertretenmüssen des Unternehmers und damit ein Provisionsanspruch nach § 87 a Abs. 3 HGB überhaupt in Betracht kommt.

Allerdings, so sagte das Arbeitsgericht auch, würden Ansprüche auf einen solchen Buchauszug nach zwei Jahren verjähren. Ältere Buchauszüge könnten nicht gefordert werden.
Es wäre auch egal, ob der Unternehmer überhaupt in der Lage ist, alle Informationen zur Verfügung zu stellen. Dafür müsse nach Ansicht des Gerichts das Unternehmen einstehen.
Gleichfalls entschied das Arbeitsgericht, dass eine von dem Vertrieb fristlos ausgesprochene Kündigung unwirksam ist, weil zuvor nicht abgemahnt wurde.
Selbst eine Eintragung beim AVAD, dass der Vermögensberater noch während der Vertragslaufzeit bei einem Konkurrenzunternehmen arbeiten würde, rechtfertigt eine solche fristlose Kündigung nicht. Jedenfalls hätte auch dann zunächst abgemahnt werden müssen.
Das Urteil wurde nicht rechtskräftig und endete in der 2. Instanz mit einem Vergleich.

AWD entdeckt das Internet

Auch der Finanzvertrieb AWD hat nun die Blogosphäre entdeckt. Genau eine Woche nach uns(!), nämlich am 27.Juni 2008, begannen „Mitarbeiter“ des AWD zu bloggen, und zwar im awd-karriereblog.de. (Wir vermuten mal stark, dass es sich bei den „Mitarbeitern“ (Synonym für Angestellte) um „selbständige Handelsvertreter“ handelt …)

Im Beitrag „Bildung aus der BILD“ vom 10.August 2008 ärgert sich Bloggerin Lydia Schöneberger über den (zugegebenermaßen lapidaren) Spruch

“Anders, als man vom Namen her vermuten könnte, befasst sich der “Allgemeine Wirtschaftsdienst” nicht mit Gastronomie, sondern mit Klinkenputzen im Finanzbereich”.

Dieses (leider nicht verlinkte) Statement fanden die AWD-Blogger wohl bei Finanzparasiten.de, deren Website im Google-Ranking auf Platz 2 direkt nach dem Firmenauftritt gelistet wird. So heißt es bei den AWD-Bloggern:

Geistreiche Äußerungen wie diese sind noch zu vernachlässigen: “Anders, als man vom Namen her vermuten könnte, befasst sich der “Allgemeine Wirtschaftsdienst” nicht mit Gastronomie, sondern mit Klinkenputzen im Finanzbereich”. Anders sieht es bei verbalen Ergüssen aus, die nicht einmal mehr Halbwahrheiten, einzig völlige Unkenntnis dokumentieren. Pauschalste Aussagen sind vorherrschend und reihen sich damit nahtlos in die Riegen “alle Polen klauen, alle Deutschen essen Sauerkraut, alle Blonden sind doof, alle Opel-Fahrer sind……….” ein – die jeder intelligente Mensch nur ablehnen kann.

(…) Nach fünf Jahren im Unternehmen weiß ich, wie der Hase läuft. Dass nicht nur “ausgebildet”, sondern AUSGEBILDET wird, dass Seminare nicht kostenpflichtig sind, meistens noch nicht einmal die Verpflegung, (…)

Huch?! Seminare beim AWD sind nicht kostenpflichtig? Im selben Blog lesen wir am unter Hohe Kosten als Finanzberater bei AWD??? vom 31.Oktober 2008:

Es gibt natürlich auch immer wieder Angebote für weitere Seminare oder Trainings – diese suchen sich meine Berater gemeinsam mit mir aus – die Kosten trägt der selbständige selbst – jedoch gibt es auch hier Ausnahmen.

Ja, wie denn nun?

Zumindest beziehen wir unser Wissen nicht aus der BILD, sondern unsere Bildung geht anscheinend konform mit der des AWD-Karriere-Blogs … 😉

Weiter schreibt Frau Schöneberger:

Ich kann den Menschen, die meinen, ihr fundiertes Wissen und ihre überaus große Kenntnis des AWD zum Besten geben zu müssen nur anbieten, mich eine Woche zu begleiten. Danach dürfen sie ein Urteil fällen.

Nichts gegen solide Recherche, aber wie Finanzstrukturvertriebe von innen aussehen, das wissen vor allem ehemalige Strukkis – und natürlich wir als deren Anwälte. Das Angebot der AWD-Bloggerin Lydia Schöneberger, sie eine Woche lang zu begleiten, übt daher auf uns (insoweit …) keine allzu große Anziehungskraft aus. Wir bieten ihr allerdings an, sie vor Gericht zu begleiten, falls sie sich mal beruflich verändern möchte … In diesem Bereich stammt unsere Bildung nämlich aus erster Hand.

Was die AWD-Blogger nicht schreiben: Es handelt sich bei der AWD-Seite von finanzparasiten.de um die Einleitung zu einer Linksammlung auf Artikel namhafter Publikationen, wie Spiegel, Focus, Stern, Süddeutsche, Capital, Finanztest, Manager Magazin … Die BILD-Zeitung ist als Quelle offensichtlich nicht dabei. Die schreibt nämlich eher so etwas.

AWD bekommt in Österreich Gegenwind

Finanzparasiten.de konnte diese Woche einen ungewöhnlichen Anstieg der Zugriffszahlen verzeichnen. Grund düfte die aktuelle Medienpräsenz des Finanzvertriebs AWD sein. Wie von uns berichtet hatte „Plusminus“ die Beratungsqualität der Hannoveraner „Finanzexperten“ thematisiert.

Hoch her geht es derzeit in der AWD-Kolonie Österreich zu, wo die Politik den AWD als Thema entdeckt hat. So will der Grüne Peter Pilz dem Pyramidensystem den Boden entziehen und fordert gar ein Verbot. Von „Fußtruppen“ und „AWD-Keilern“ ist in der Alpenrepublik die Rede. Der AWD wehrt sich natürlich gegen diesen „Populismus“ und preist seine angeblichen Beratungsstandards. Wie bekannt wurde, ist Pilz selbst ein AWD-Beratungsopfer.

Wir meinen: Eigentlich könnten die Vermögensberater gar nicht oft genug Politiker beraten … 😛

Passend zum Thema hat ein Österreicher Gericht gerade einen Haftungsfall zulasten des AWD entschieden.

AWD-Eminenz Carsten Maschmeyer scheint dies nicht aus der Ruhe zu bringen: Gerade ließ er sich als edler Spender feiern, indem er aus seiner Privatschatulle eine Million für die BILD-Aktion „Ein Herz für Kinder“ springen (und die Stars für sich tanzen) ließ. Ob die AWD-Strukkis, von denen viele branchentypisch selbst finanziell schlecht aufgestellt sind, davon auch so begeistert sind?

Fernsehbericht Plusminus vom 9.12.2008

Warum viele Worte schreiben?

Die Strukturvertriebe bekommen ein neues mediales Interesse.

Plusminus strahlte am 9.12.2008 eine Sendung aus, der wohl nichts hinzuzufügen ist.

http://mediathek.daserste.de/daserste/servlet/content/1187336?pageId=487872&moduleId=432744&categoryId=&goto=1&show=