Von da an ging es bergab

Erfahrungen in einem Strukturvertrieb

Der Name des Vertriebes wurde aus „redaktionellen“ Gründen gelöscht.

„Kurz nach meinem Schulabschluss mit zarten 19 Jahren begann ich in einer Metallurgie-Firma zu arbeiten. Nach zwei Monaten sah ich aber, dass mir das im Büro rumsitzen leider nicht so liegt und deshalb war ich neugierig auf was neues. Zufällig läutete eines Tages das Telefon und ein mir Unbekannter war am
Telefon der aufgrund einer Empfehlung meiner Schule sich an mich mit einem Jobangebot wendet. Mir schmeichelte das natürlich, da es wohl nicht alltäglich ist, dass die ehemalige Schulleitung Schüler an Firmen empfiehlt. Das es sich eigentlich ganz anders verhalten hat, sollte ich erst viel später rausfinden.

Ich vereinbarte also ein Vorstellungsgespräch und wurde für Freitag Abend eingeladen. Ich fuhr also hin und war voller Erwartung was denn da auf mich zukommt. Dass ich dorthin gefahren bin bereue ich heute noch jeden Tag. Tja, wie es sicher viele von euch kennen, war ich bei einem „Infoabend“, wurde durch das viele Geld gelockt und unterschrieb schließlich alles nötige. Gewerbeanmeldung inklusive. Über die Risiken und dass ich quasi als Selbständiger persönlich dafür hafte was die nächste Zeit geschieht, wurde ich nicht informiert. Es ging so einige Monate dahin, bis ich meinen kompletten Verwandten- und Freundeskreis abgegrast hatte. Dann wars nämlich Schluss mit lustig. Empfehlungsmarketing hat leider nicht so gezogen, da in meiner Umgebung so ziemlich alle schon selbst mit der …. Erfahrungen gemacht hatten und keine davon positiv war. Kurzum – etwa 1,5 Jahre später hab ich dann die Notbremse gezogen. Denn ich hatte quasi Null Einkommen durch die …. (eventuell 300-400€ im Monat wenns hoch kam), aber Ausgaben in Höhe von knapp 1000€, da ich ja mit Privatauto zu den Kunden bzw. potentiellen Kunden fahren musste. In der Ausbildung der …. lernt man ein paar praktische Dinge. Z.b. dass man bei seiner Hausbank ohne Probleme einen Kontorahmen bekommt, der maximal 3 Nettomonatseinkommen beträgt, also etwa 3.000€. Damit hab ich mir mal meinen ersten Polster geschaffen um weiter für die …. arbeiten zu können. Als das dann ausgereizt war, wurde ich ja Gott sei Dank darauf hingewiesen, dass man bei der Wirtschaftskammer einen „Existenzgründerkredit“ beantragen kann. Gut auch den hab ich beantragt und selbstverständlich auch bekommen. Banken vergaben damals gern Kredite an Leute ohne KSV-Eintrag und mit vermeintlich sicherem Einkommen. Klugerweise habe ich aber nur 5.000€ der möglichen 15.000€ in Anspruch genommen. Gut, dieses Geld war nach einigen Monaten auch weg.

Da bei der … gelehrt wird, dass man auf großem Fuß leben soll. Das heißt Hugo Boss Anzüge, ein ansehnliches Auto und Handy gehören natürlich zu nem erfolgreichen Berater dazu. Selbstverständlich müssen neue potentielle Mitarbeiter deiner eigenen Struktur auch motiviert werden, weshalb du öfter mit ihnen weggehst und dabei nicht geizig sein darfst. Also geht natürlich alles auf deine Rechnung, was schon mal 200€ für nen Abend ausmachen kann.

Nachdem ich alle Kreditmöglichkeiten ausgereizt hatte musste meine Kreditkarte dran glauben. Tja der 7.500€ -Rahmen war auch recht schnell erschöpft und die Rechnungen stappelten sich. Was hab ich getan? Leider was ziemlich dummes. Ich ging zur nächsten Bank und beantragte ein Konto inkl. Kreditkarte. Dieses wurde mir auch (fahrlässigerweise) ohne Vorlage irgendwelcher Gehaltsunterlagen genehmigt. Tja und mit dieser Kreditkarte habe ich dann Geld behoben um die Kreditraten zu bedienen und meinen Hausbanker etwas zu beruhigen warum denn kein Geld reinkommt. Bis auch diese Bank relativ schnell stinkig wurde, als nach einem Monat kein Einkommen reinkam aber die Kreditkarte schon mit knapp 7.000 belastet war.

Gerettet hat mich dann mein Vater, da er mir als Bürge einen Barkredit über 40.000€ unterschrieben hat, womit ich auf einen Schlag alle Schulden zurückzahlen konnte.

Naja das war meine zweite Chance neu anzufangen, doch die Hirnwäsche der …. sitzt tief. Die Einstellung „das Geld kommt schon irgendwie rein“ blieb mir erhalten und so rutschte ich nach einem Jahr (trotz Hauptberuf) wieder ab. War gerne viel fort mit Freunden und mimte den erfolgreichen Ex-Finanzdienstleister
der ja soviel Geld damit verdient hat und leistete mir teure Dinge. Dass ich Miete vl. auch zahlen sollte, habe ich dezent ignoriert, da „ja das Geld eh irgendwie reinkommt“. Naja nach gut einem Jahr hatte ich wieder mit Kontorahmen, Handyrechnungen, usw. knapp 10.000€ Schulden angehäuft. Ich zog die Notbremse und kündigte die Wohnung und ging als Kellner auf Saison, da ich mir keine Miete leisten konnte und das die einzige Möglichkeit war, wieder irgendwie auf die Beine zu kommen. War dann über ein Jahr auf Saison an verschiedensten Arbeitsplätzen und habe es geschafft meinen Kontorahmen von knapp 4.000€ wieder auf Null zu bringen. Da ich aber ein Jahr irgend wo in der Weltgeschichte rumgereist bin, habe ich natürlich keine Post mehr bekommen. Inkassobüroschreiben habe ich schon immer ignoriert und so wunderte es mich nicht, dass irgendwann die Polizei an meinem Arbeitsplatz auf der Matte stand und mir mitteilte, dass ich wegen Betrug und ähnlichen Dingen angeklagt bin.

Nunja, das ist der heutige Stand. Ich habe keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern die für mich meinen 40.000€ Kredit bedienen und habe weitere 10.000-15.000€ Schulden und mehrere Verfahren wegen diversen Finanzdelikten anhängig. Wieviele Exekutionen beim Gericht anhängig und noch nicht bewilligt sind weiß ich gar nicht.

Und das alles weil ich damals meiner ….-Führungskraft nacheiferte und mit aller Gewalt versucht hatte erfolgreich zu sein in einer Firma in der nur sehr wenige und zwar auf Kosten anderer erfolgreich sind.

Fazit: Schwer verschuldet, kurz vor dem Privatkonkurs und einer Vorstrafe (oder schlimmeres), 95% meiner Freunde verloren, keinen Kontakt zu meinen Eltern, und eine ungewisse Zukunft.“