Alles kann, nichts muss – Warum eine Gerichtsstandsvereinbarung nicht immer verbindlich ist

Das Oberlandesgericht Dresden hatte sich am 19.01.2011 damit auseinanderzusetzen, welches Gericht in einem Rechtstreit eines Vertriebes mit seinem Handelsvertreter zuständig ist.

Der Vertreib verwendete eine Klausel „Gerichtsstand ist Frankfurt am Main“.

Die Frage war nun, ob damit gemeint war, dass alle möglichen Rechtstreitigkeiten auch in Frankfurt am Main hätten stattfinden müssen.

Das Landgericht Dresden sah dies jedoch anders. Diese Klausel enthalte kein über die Bildung eines Satzes hinaus notwendiges Wort, aus dem sich hinweise auf die Ausschließlichkeit oder Zusätzlichkeit?? Des Gerichtsstandes ergeben würden.

„Soweit die Auslegung daneben auf den Sinn und Zweck der Vereinbarung gestützt wurde, hat das Erstgericht unzutreffend auf eine lediglich abstrakt dargelegten typischen Zweck von Gerichtstandsklauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen großer Firmen abgestellt. Die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof bei der Auslegung gebotene konkrete Betrachtung der Interessenlage führt zu einem anderen Ergebnis. Denn die Parteien haben in dem Vertragsverhältnis die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zugrunde gelegt. Da die Klägerin als Verwenderin diese aufgestellt hat, um ihre Interessen zu sichern, ist die Gerichtstandsvereinbarung in erster Linie aus ihrer Interessenslage heraus auszulegen (BGHZ 59, 116).“

Danach hatte das Oberlandesgericht Dresden die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an das Landgericht Chemnitz zurückgegeben. Deshalb kann das Gericht über die Rechtsstreitigkeit entscheiden, bei dem die Klage eingereicht wurde.

Urteil des Oberlandesgericht Dresden vom 19.01.2011 Aktenzeichen 1 U 1389/10