Haftung bei Falschberatung eines Fonds durch Verschweigen einer Provision

Am 25.02.2010 entschied das Landgericht München I, dass der AWD (Heute Swiss Life Select) einen Schaden zu zahlen hätte, ein Kunde von der Beteiligung an der Falk Beteiligungsgesellschaft 76 GmbH & Co. KG von allen Verpflichtungen freizustellen ist, zudem aus allen Verpflichtungen aus einem Darlehen bei der Landesbank Baden Württemberg.

Was war geschehen?

Ein Kunde hatte die Beklagte wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch genommen.

Der Kunde hatte sich mit einem Nennbetrag von 30.000 € an der Falk Beteiligungsgesellschaft 76 GmbH & Co. KG beteiligt. Dabei handelte es sich um einen geschlossenen Immobilienfonds.

Die Beteiligung wurde durch Eigenmittel finanziert. Die restliche Anlage wurde über ein Finanzierungsdarlehen bei der Landesbank Baden Württemberg über 25.500 € erbracht.

Der Anteilserwerb erfolgte über einen selbstständigen Handelsvertreter, der für die Beklagte tätig war.

Der Kläger war schon mit mehreren anderen Versicherungen langjährig Kunde bei der Beklagten. Der Falk-Fonds 76 wurde von dem Mitarbeiter nach einer sogenannten Finanzstrategie empfohlen.

Streitig war zwischen den Parteien, ob die Beklagte eine Vertriebsprovision von 15. % des Zeichnungskapitals erhalten hatte.

Das Gericht meinte, dass in der Klagepartei ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zustehe. Schließlich sei zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen.

„Kapitalanleger ziehen einen Anlageberater hinzu, wenn sie selbst keine ausreichende wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge haben. Sie erwarten dann nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondre deren fachkundige Bewertung und Beurteilung und häufig auch eine auf ihr persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung. In einem solchen Vertragsverhältnis hat der Berater regelmäßig weitergehende Pflichten gegenüber den betreuten Kapitalanleger. Als unabhängiger, individueller Beistand, den persönlichen Vertrauen entgegengebracht wird, muss er besonders differenziert und fundiert beraten“, führte das Gericht aus.

Ferner meinte das Gericht, dass die Beklagte ihre Pflichten aus den Anlageberatungsvertrags mit der Klagepartei verletzt habe, weil sie die ihr zustehenden Innenprovision nicht offenbart hatte. Das Gericht ging davon aus, dass tatsächlich eine Provision von 15 % geflossen sei.

Ein Anlageberater, der Fondsanteile empfiehlt, müsse aber ungefragt darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe er Rückvergütungen aus Ausgabeauflegen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhalte, so das Gericht weiter. „Bei der Offenlegung von Rückvergütungen geht es um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für den Kunden geschaffen ist. Deshalb ist es geboten, dem Kunden über etwaige Rückvergütungen aufzuklären und zwar unabhängig von der Rückvergütungshöhe. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Berater Aktienfonds oder Medienfonds vertreibt. Der aufklärungspflichtige Interessenskonflikt ist in beiden Fällen gleich…. Diese Ausführungen sind aber nicht auf den Anwendungsbereich des WpHG beschränkt. In § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG ist lediglich der auch zivilrechtlich allgemein anerkannte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenskonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels  normiert worden (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.01.2009 – XI ZR 510/07).“

„Das überhaupt Vertriebskosten anfallen und Vertriebsprovisionen bezahlt werden, dürfte zwar jedem Anlageinteressenten nach der allgemeinen Lebenserfahrung klar sein. Ausschlaggebend für seine Beurteilung, ob und in wie weit Interessenskonflikte bei seinem Berater vorliegen, ist jedoch erst die konkrete Bezifferung der gerade dorthin fließenden Vergütungen. Stehen mehrere Anlagemöglichkeiten im Raum, kann der Anleger auch nur so ersehen, ob der Berater ihm diejenige empfiehlt, welche die höchste Provision einbringt.“

„Für die Pflicht zur Aufklärung über Rückvergütungen entscheidend ist demnach, ob die Vertriebsstelle dem Anleger als beratende Instanz gegenübertritt und damit sein Vertrauen auf sachgerechte Art in Anspruch nimmt (dann Ja) oder lediglich ein Finanzprodukt vermittelt (dann Nein). Für die Unterscheidung zwischen Beratung und Vermittlung ist die höchst richterliche Rechtsprechung maßgeblich. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob das Vertriebsunternehmen eine Bank ist oder nicht. Die These, nur eine Bank führe Anlageberatung durch, während der freie Vertrieb Kapitalanlagen bloß vermittele, entbehrt jeglicher Tatsachengrundlage.“

Auch das pauschale Argument, bei einem freuen Anlageberater wisse der Kunde immer, dass dieser von Kickbacks lebe, während eine Bank aus Kundensicht solche Provisionen nicht bedürfe, geht fehl.

Die nachgewiesene Pflichtverletzung war nach der Auffassung des Gerichts auch kausal für den Beitritt der Klagepartei zum Falk-Fonds 76.

Ein Aufklärungsmangel begründet die widerlegliche Vermutung, dass der Kunde bei ordnungsgemäßer Aufklärung von der Beteiligung abgesehen hätte, der Schaden somit nicht eingetreten wäre (BGHZ, 61, 118).

Urteil vom 25.02.2010 Landgericht München I, Aktenzeichen 22 O 1374/09.