BGH: Kassensystem in Tankstelle darf nur eingeschränkt mit Pauschale belegt werden

Der Bundesgerichtshof entschied am 17.11.2016 unter dem Aktenzeichen VII ZR 6/16, dass ein Kassensystem für einen Tankstellenbetreiber kostenlos zu Verfügung zu stellen ist, soweit Preisdaten damit übermittelt werden. Es handelt sich dort um erforderliche Unterlagen im Sinne des §86a Abs. 1 HGB.

Insofern blieb der BGH seiner Rechtsprechung, die auch in Hinblick sog. Sofwarepauschalen bekannt ist, treu.

Ganz kostenfrei ist die Anmietung des Kassensystems nach dem BGH-Urteil jedoch nicht. Der BGH meinte, dass der Umfang der Kostenfreiheit durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu ermitteln ist. Schließlich diene das Kassensystem auch anderen Zwecken, u.a. der Steuererklärung.

Der Kläger hatte mit einem Tankstellenagenturvertrag eine Tankstelle betrieben. Neben dem Verkauf von Kraftstoffen und Schmierstoffen wurde auf eigene Rechnung ein sogenanntes Shop-Geschäft betrieben.

Man  hatte vereinbart, dass eine monatliche Kassenpacht von 281,21 € zzgl. Mehrwertsteuer zu bezahlen ist.

Bestandteil des aus Hardware- und Softwarekomponenten bestehenden Kassensystems waren unter anderem eine Tankstellenkasse und ein Büro-Arbeitsplatz. Auf den Hardware-Komponenten befindet sich eine vorher aufgespielte Software, die die Erstellung von Tagesabrechnungen, Umsatzsteuererklärungen und betriebswirtschaftlichen Auswertungen ermöglicht. Auf das Kassensystem konnte die Beklagte per Datenfernübertragung zugreifen. Dadurch konnten die Preise am Preismast und an den Zapfsäulen aus der Ferne gesteuert werden.

Der BGH meinte dazu, dass das Kassensystem nur teilweise einer Unterlage im Sinne des §86a Abs.1 HGB darstelle. Es fehle an dem erforderlichen inhaltlichen Bezug zum Produkt. Der Begriff der Unterlage sei nach der Auffassung des BGH weit zu fassen. Alles, was dem Handelsvertreter zur Ausübung seiner Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit diene, falle darunter.

Es müsse aber ein sehr enger Bezug zu den vertriebenen Produkten bestehen.

Der BGH hob eine Entscheidung des Berufungsgerichtes teilweise auf und verwies die Angelegenheit dorthin zurück, damit dort differenziert nach den Vorgaben des BGH entschieden wreden kann. Das Oberlandesgericht hatte noch eine hälftige Rückzahlungspflicht gesehen. Dies schien dem BGH zu hoch, obwohl im Kern der BGH dem OLG Recht gab. Man müsse nur genauer berechnen und dürfe nicht einfach die Hälfte des Preises ansetzen.

Der BGH führte aus, dass nach §86a Abs. 1 HGB der Unternehmer dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen hat. Die Aufzählung sei nur beispielhaft. Diese erforderlichen Unterlagen müssen dann kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wurden dem Tankstellenbetreiber zur Ausübung der Tätigkeit als Handelsvertreter die erforderlichen Unterlagen im Sinne von §86a Abs. 1 HGB zur Verfügung gestellt.

Schließlich sei der Handelsvertreter für die Vermittlung und den Abschluss, der den Gegenstand des Handelsvertreterverhältnisses bildenden Kaufverträge betreffend der Agentur waren, insbesondere Kraftstoffkaufverträge, auf eine Übermittlung der Preise seitens der Beklagten angewiesen. Ohne zeitnahe Übermittlung können Preise nicht gestaltet werden. Auch die Werbung geschieht nur mittels Preisangaben.

Der BGH erklärte deshalb die Vergütungsvereinbarung für unwirksam, soweit mit der vereinbarten Kassenpacht die vorstehend erörterte Teilfunktion des Kassensystems abgegolten wird.

Ob die gesamte Der Umfang der Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung hänge davon ab, inwieweit das System der Übermittlung der Preisdaten gedient hat. Insofern könnte sich das Unternehmen, welches den Tankstellenbetreiber als Handelsvertreter beschäftigt und Revision eingelgt hatte, ein Eigentor geschossen haben, wenn nämlich im Ergebnis herauskommt, dass der gesamte Vertrag über die Kassen-EDV-Pauschale unwirksam ist.

Entscheidung Bundesgerichtshof vom 17.11.2016 unter dem Aktenzeichen VII ZR 6/16