Kracher-Urteil! Vertrieb muss nach BGH-Urteil Umdeckungen offenlegen

Das Urteil ist ein Kracher. BGH gibt Handelsvertretern erweitertes Auskunftsrecht über Umdeckungen!

Der Hintergrund:

Immer wieder gibt es Streit darüber, ob Provisionsvorschüsse zurückgezahlt werden müssen. Rechtlich stellt sich dabei die Frage, wer Stornierungen zu vertreten hat, wenn ein Handelsvertreter aus dem Unternehmen ausscheidet.

Gem. § 87a Abs. 3 S. 2 HGB bleiben Provisionsansprüche erhalten, wenn der Unternehmer Stornierungen zu vertreten hat. Kümmert sich der Unternehmer nicht darum, die Verträge zu retten, hat er keinen Anspruch darauf, Provisionsvorschüsse zurückzuverlangen. Das Unternehmen hat die Wahl, die Nachbearbeitung stornogefährdeter Verträge entweder selbst im Hause durch Bestandsnachfolger oder aber durch den ausgeschiedenen Handelsvertreter vornehmen zu lassen.

Und immer wieder tauchen in diesem Zusammenhang die gegenseitgien Vorwürfe auf, der ausgeschiedene Handelsvertreter habe die Verträge umgedeckt, bzw. andersherum, der Bestandsnachfolger habe im Unternehmen die Verträge umgedeckt, um selbst neue Provisionen zu erlangen.

Vertriebe, wie zum Beispiel die DVAG, setzen für die Nachbearbeitung eigene Bestandsnachfolger ein. Die OVB dagegen zum Beispiel erwartet von dem ausgeschiedenen Vermögensberater, dass er die Nachbearbeitung vornehmen soll.

Unabhängig davon steht immer der gegenseitige Vorwurf im Raum, dass die Verträge aus eigenem Provisionsinteresse umgedeckt wurden und es deshalb zur Stornierung des ursprünglichen Vertrages gekommen ist. Oftmals werden Bestandsnachfolger in dem gerichtlichen Rechtsstreit um Provisionen als Zeugen herangezogen. Diese berichten mitunter davon, dass man sich doch um die Kunden bemüht habe und diese nicht habe davon abbringen können, den Vertrag zu stornieren.

Darüber, dass der Kunde gleichermaßen einen neuen Vertrag bei dem Nachfolger abgeschlossen hat, berichtet dieser natürlich nicht.

Das aktuelle Urteil:

Der BGH hat in einer fast schon sensationellen Entscheidung den Vertrieb dazu verurteilt, dem Versicherungsvertreter Auskunft darüber zu erteilen, welche ursprünglich von ihm an den Versicherer vermittelte Verträge nach der Beendigung des Versicherungsvertretervertrages in der Stornohaftungszeit durch die Kunden gekündigt oder in der Beitragszahlung eingeschränkt worden sind, bei denen der jeweilige Kunde im Anschluss an die Kündigung oder Beitragseinschränkung einen Ersatz- oder Ergänzungsvertrag über das gleiche versicherte Risiko oder Produkt bei den Gesellschaften der Versicherungsgruppe des Versicherers abgeschlossen hat (BGH Urteil vom 24.07.2025 Az:: VII ZR 176/24).

Dieser Anspruch geht über den Anspruch auf den Buchauszug hinaus, der sich aus § 87c Abs. 2 HGB ergibt. Der BGH leitet den Anspruch aus § 87c Abs. 3 HGB her, da dem Handelsvertreter eine Information zusteht, der den Provisionsanspruch betrifft.

Dem Handelsvertreter stehen diese Informationen neben dem Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges zu.

Dieses Urteil ist deshalb von erheblicher Bedeutung, da nunmehr der ausgeschiedene Handelsvertreter einen unmittelbaren Anspruch gegen das Unternehmen/den Vertrieb darauf hat, zu erfahren, ob es tatsächlich Umdeckungen durch den Bestandsnachfolger gegeben hat.