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Am 21.09.2012 wies das Landgericht Aschaffenburg die Klage eines Vertriebes auf Auskunft und Schadenersatz ab.
Die Parteien stritten um die Wirksamkeit fristloser und ordentlicher Kündigungen. Der Vertrieb meinte, eine fristlose Kündigung sei unwirksam und deshalb stehe ihm Unterlassungs-, Auskunfts- und Feststellungsansprüche zu sowie Schadenersatzansprüche.
Die Klägerin ist ein Finanzdienstleistungsunternehmen. Der Beklagte hatte das Vertragsverhältnis ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt, etwa einen Monat später dann fristlos.
Die Klägerin meinte, die fristlose Kündigung sei unwirksam, der Beklagte habe rechtswidrig seine Tätigkeit vorab eingestellt und habe ab diesem Zeitpunkt für ein Konkurrenzunternehmen gearbeitet.
Der Handelsvertreter wies daraufhin, dass die ordentliche Kündigungsfrist viel zu lang sei (12 Monate). Im Übrigen sei unklar, welcher der Kündigungsfristen im Vertrag gelte. Schließlich hänge eine Kündigungsfrist von der Dauer des Vertragsverhältnisses ab, eine andere von dem Grad der Strukturierung.
Die fristlose Kündigung sei erfolgt, weil der Beklagte seine vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen könne, weil es ihm verwehrt wurde, entsprechende Einnahmen zu erzielen.
Da mittlerweile das Vertragsverhältnis ohnehin abgelaufen war, kam es auf das von der Klägerin begehrte Unterlassen prozessual nicht mehr an.
Das Gericht erkannte außerdem an, dass die fristlose Kündigung wirksam war. Aus wichtigem Grund konnte das Vertragsverhältnis gemäß § 89 a HGB gekündigt werden.
Dabei stellte das Gericht nicht einmal darauf ab, dass die Provisionsvorschüsse von 80 % auf 50 % reduziert wurden.
Vielmehr kam es dem Gericht darauf an, wie sich die Klägerin im Anschluss an die ordentliche Kündigung verhielt. Die nämlich nach Ausspruch der Kündigung vorgenommenen Einschränkungen und Behinderungen waren für den Beklagten nicht mehr hinnehmbar.
Unstreitig hatte die Klägerin nach Zugang der ordentlichen Kündigung den individuellen Zugang zum firmeninternen Intranet gesperrt, und der Beklagte wurde darauf verwiesen, sich Zugang zum Intranet und seinen persönlichen Kundenbereich in den Büroräumen des Regionaldirektionsleiters zu den üblichen Geschäftszeiten zu verschaffen.
Damit wurde der Handelsvertreter faktisch zum Arbeitnehmer gemacht. Er hat erhebliche Einkommenseinbußen zu erleiden. Ort und Zeit seiner Tätigkeit führten zu einer persönlichen Abhängigkeit. Hieraus folgt zwangsläufig, dass der Beklagte als Handelsvertreter entgegen dem Leitbild eines Handelsvertreters im Sinne des § 84 HGB gleichsam wider Willen für ein Jahr zum Arbeitnehmer degradiert wird, ohne dass der Beklagte im Gegenzuge diese Rechte eines Arbeitnehmers (z.B. Beteiligung des Unternehmers/Arbeitgebers ein etwaigen Sozialversicherungsbeiträgen, Kündigungsschutz, Anwendung des Arbeitszeitgesetzes u.s.w.) erhalten würde.
Das Gericht rügte auch, dass die Klägerin dem Beklagten die Befürchtung des Datendiebstahls äußerte. Die Befürchtung von Datendiebstahl von kündigenden Handelsvertretern rechtfertigt es jedenfalls nicht, die vorgenannten Maßnahmen zu ergreifen.
Das Gericht hielt auch eine vorzuschaltende Abmahnung der Klägerin für entbehrlich.
Urteil des Landgerichts Aschaffenburg Aktenzeichen 32 O 328/10
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§ 87a Abs. 3 HGB lässt den Provisionsanspruch bestehen, wenn der Unternehmer das zustande gekommene Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen ist, es sei denn, der Unternehmer hat die Nichtausführung nicht zu vertreten.
Beispiele für vom Unternehmer zu vertretende Umstände (bei Warenvertretern):
Verspätete Lieferung, BGH v. 11.07.1960, BB 1960, 957;
Schlechtlieferung und Retouren, BGH v. 11.10.1990, DB 1990, 2592;
Kunde wünscht Stornierung: BGH 11.10.1990, DB 1990, 2592
Oder aber – im Finanzdienstleistungsbereich – : Der Unternehmer kommt seinen Stornobekämpfungspflichten nicht nach.
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Mit einer interessanten Frage darf sich jetzt ein Amtsgericht beschäftigen.
Ein Makler hatte Provisionen von einem Finanzdienstleister erhalten. Dies ist sicher nichts Besonderes. Hier war es aber so, dass es keinen schrifltichen Vertrag gab.
Nun kam es zu Vertragsstornierungen.
Der Finanzdienstleister will nunmehr einen Teil der Provisionen zurück, weil er meint, er habe nur Vorschüsse geleistet.
Die Rückzahlungsverpflichtung würde sich dann aus dem Gesetz ergeben. Das HGB fasst sich dazu kurz:
§87 Abs.1 HGB
Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Ein Anspruch auf Provision besteht für ihn nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.
§ 87 a Abs. 1 HGB
Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Eine abweichende Vereinbarung kann getroffen werden, jedoch hat der Handelsvertreter mit der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer Anspruch auf einen angemessenen Vorschuß, der spätestens am letzten Tag des folgenden Monats fällig ist. Unabhängig von einer Vereinbarung hat jedoch der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat.
Abs. 2
Steht fest, daß der Dritte nicht leistet, so entfällt der Anspruch auf Provision; bereits empfangene Beträge sind zurückzugewähren.
Abs. 3
Der Handelsvertreter hat auch dann einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, daß der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Der Anspruch entfällt im Falle der Nichtausführung, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind.
Es stellt sich also die Frage, wann ein Versicherungsgeschäft als ausgeführt gilt, wenn der Versicherungsnehmer über einen gewissen Zeitraum eingezahlt hat und später der Vertrag storniert wurde.
Und wer legt – mangels vertraglicher Absprachen – den Zeitraum fest, über den eingezahlt werden muss, damit ein Geschäft als (teilweise) ausgeführt gilt.
Dazu bald mehr.
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29
Den Helmut-Schmidt-Journalistenpreis für kritischen Wirtschafts- und Verbraucherjournalismus 2012 hat Klaus Stern für seine Dokumentation „Versicherungsvertreter – Die erstaunliche Karriere des Mehmet Göker“ gewonnen.
Dafür die allerherzlichsten Glückwünsche !
Über den Film wurde in diesem Blog viel geschrieben. Er zeigt den kometenhaften Aufstieg und ebenso schnellen Fall des Herrn Göker, der die MEG erfand und mit dem Verkauf von Krankenversicherungen ganz nach oben wollte.
Viele Versicherer setzten große Stücke auf Göker, gewährten ihm hohe Vorschüsse und laufen nun dem lieben Geld der insolventen Meg hinterher. Gegen Göker soll es gar einen Haftbefehl geben.
Der Journalisten-Preis wird übrigens von der ING-DiBa AG gestiftet.
Die Pressemeldung von „Die Bank und Du“ spricht über den Film von Gier und Größenwahn.
In der Mediathek der ARD ist der Film leider nicht mehr zu finden.
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Banken müssen ihre Provisionen nun doch nicht an die Kunden weitergeben. Dies soll der Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments entschieden haben.
So jedenfalls will es laut Versicherungsjournal Berichterstatter Markus Ferber von der CSU verstanden haben. Angeblich soll „ein und gegen ein oder oder ein oder gegen ein und“ eingesetzt worden sein.
Vielleicht erfahren wir bald Genaueres.
Interessant ist nur, dass man im Eurpäischen Parlament freimütig über die Provisionsweitergabe diskutiert, während hier einige immer noch an dem prähistorischen Gesetz über das Verbot der Provisionsweitergabe festhalten möchten.
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Der Tagesspiegel schreibt über die Richlinie wie folgt (Zitat):
„Banken könnten künftig gezwungen werden, die Provisionen, die sie für den Verkauf von Finanzprodukten bekommen, an ihre Kunden weiterzureichen. Das sieht eine Richtlinie aus Brüssel vor, über die der Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments berät. „Das wäre das Ende der durch Provisionen manipulierten Beratung“, sagte der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold dem Tagesspiegel. Auch der CSU-Abgeordnete Markus Ferber sagte: „Die Produkte sollen für den Kunden da sein und nicht für den Vertrieb.“ Ferber, im Parlament der zuständige Berichterstatter, hofft, dass auf diese Weise Produkte entstehen, die den Anlegern auch tatsächlich einen Mehrwert bieten.Dass das bisher nicht immer der Fall ist, belegen Studien. Demnach beläuft sich der Schaden, der deutschen Anlegern durch Falschberatung der Banken entsteht, auf 20 bis 30 Milliarden Euro im Jahr. Die Banken und Sparkassen sehen die neuen Pläne aus Brüssel hingegen sehr kritisch“.
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Immer wieder gerät die Branche in Verruf. Die wilden Sexparties der damaligen Hamburg-Mannheimer haben der Sache nur noch einen besonderen Stempel aufgesetzt.
Provisionen, dubiose Strukturverbindungen, Incentivereisen.
Viele haben Zweifel, ob diese Geschäftsideen eine gute Beratung fördern. Stattdessen hört man immer wieder von überschuldeten Beratern, Vermittler, die aus finanzieller Not heraus falsch beraten müssen. Und man hört von Kunden, denen unsinnige Produkte angedreht wurden.
Und es gibt regelmäßig Fälle, bei denen die Kunden gar um ihre komplette Einlage geprellt wurden. Vermitller gaben die Einlagen kurzerhand für eigene Zwecke aus.
Der letzte Fall, der mir bekannt wurde, spielte sich im hessischen Raum ab. Statt die veruntreuten Gelder zurückzuzahlen, wählte der Vermittler den Freitod.
Die einen werden behaupten, dass sich auch diese Auswüchse mit der Honorarberatung nicht sicher ausräumen lassen. Die anderen werden sagen, dass solche Auswüchse systembedingt sind deshalb zwangsläufig auftreten.
Und dieses System steht vor einer Veränderung. Der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments entscheidet nämlich noch heute darüber, ob Berater verpflichtet werden müssen, die Provisionen an den Kunden weiterzugeben.
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