MLP

Buchauszug als Holschuld nachhaltig?

Jeder Handelsvertreter hat gemäß § 87 c Abs. 2 HGB einen Anspruch auf einen Buchauszug. Der Buchauszug dient der Kontrolle, ob die Provisionsabrechnungen in Ordnung sind. Da er sich auf sämtliche vermittelten Geschäfte bezieht, ist er zumeist sehr umfangreich.

Gerade in Zeiten, in denen sehr viel über Nachhaltigkeit und Umweltschutz gesprochen wird, könnte man auf den Gedanken kommen, dass der Buchauszug per Stick oder per E-Mail übersendet wird. Leider liegt dieser nachhaltige Gedanke fern der vertrieblichen Realität.

Gemäß § 87 c Abs. 2 HGB kann der Buchauszug “ verlangt“ werden. Dort steht erst mal nichts von Zusendung. Das BGB unterscheidet grundsätzlich zwischen Hol-, Schick- und Bringschuld. Gemäß § 269 BGB hat die Leistung an den Ort zu erfolgen, an welchen der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte, wenn nichts anderes bestimmt ist. Dies ist die sogenannte Holschuld. Wenn im Handelsvertretervertrag eine entsprechende Regelung nicht vorhanden ist, ist der Buchauszug nach diesem Verständnis abzuholen.

So entschied auch das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Beschluss vom 45. März 2008 unter dem Aktenzeichen I-16 W 77/07.

Die wenigsten Vertriebe senden den Buchauszug zu. In der Regel lässt man den Buchauszug sogar vorher noch einmal ausdrucken, sodass die Abholung nur in Papierform möglich ist.

In dieser Form stellen beispielsweise die großen Vertriebe DVAG, MLP und OVB die Buchauszüge zur Abholung bereit. Zu beachten ist, dass der Handelsvertreter zumeist persönlich den Buchauszug abholen muss. Die OVB begründet dies zum Beispiel mit dem Datenschutz.

Die Ergo dagegen hatte den Buchauszug sogar übersandt. Der Handelsvertreter musste also nicht weit reisen, um den Buchauszug abzuholen. Im Zeitalter des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit wäre es wünschenswert, wenn der ein oder andere Vertrieb seine Strategie überdeckt.

MLP in der Kritik

Spiegel Wirtschaft schreibt darüber, dass Finanzberater von MLP Studenten umgarnen.

Mehr davon hier.

DVAG gibt Vorstandsbezüge nicht an

Eine kleine Welle der Kritik rollt im Moment auf die DVAG zu.

Nachdem die Süddeutsche Zeitung zunächst berichtete, folgten fondsprofessionell.de, versicherungsmonitor.de und versicherungsbote.de.

Danach weisen die Wirtschaftsprüfer Elmar Hell und Bertram Doublier von der KPMG darauf hin, dass die DVAG die Vorstandsgehälter nicht preisgebe, wozu sie verpflichtet sei.

Gem § 314 Absatz 1 Nr. 6 Buchstabe a) HGB sind im Konzernanhang für die Mitglieder des Geschäftsführungsorgans, eines Aufsichtsrats, eines Beirats oder einer ähnlichen Einrichtung des Mutterunternehmens jeweils für jede Personengruppe die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Mutterunternehmen und den Tochterunternehmen im Geschäftsjahr gewährten Gesamtbezüge anzugeben. Aus dieser Vorschrift ergibt sich also die Pflicht zur Angabe der Gesamtbezüge, nicht der einzelnen Bezüge der Vorstände.

Die Konkurrenz MLP und OVB gebe die Einkünfte an, so die Süddeutsche. So soll MLP-Konzernchef Uwe Schroeder-Wildberg im Jahre 2018 gesamt 1,32 Millionen Euro erhalten haben, OVB-Vertriebschef Mario Freis soll 746 000 Euro erhalten haben.

Die Süddeutsche schreibt auch, dass die DVAG von einer Ausnahmeregelung nach § 286 Abs.4 HGB Gebrauch machen will. In § 286 Abs 4 HGB steht: Bei Gesellschaften, die keine börsennotierten Aktiengesellschaften sind, können die in § 285 Nr. 9 Buchstabe a und b verlangten Angaben über die Gesamtbezüge der dort bezeichneten Personen unterbleiben, wenn sich anhand dieser Angaben die Bezüge eines Mitglieds dieser Organe feststellen lassen.

Dass sich „anhand dieser Angaben die Bezüge eines Mitglieds dieser Organe feststellen lassen“ würde, bezweifelt die Süddeutsche.

BGH: Vermittlung eines Tarifwechsels provisionspflichtig

Eine Versicherungsmaklerin schloss mit dem Kunden eine „Dienstleistungsvereinbarung“, nach der der Kunde im Falle eines Tarifwechsels eine Vergütung zahlen soll. Die Höhe beträgt das Neunfache dessen, was der Kunde monatlich spart.

Die Vermittlerin „vermittelte“ einen Tarifwechsel innerhalb derselben Krankenversicherung. Die Kundin verweigerte die Zahlung. dann wurde geklagt. Die Kundin meinte, ein Tarifwechsel könne keine Provisionen auslösen.

Der BGH meinte in einem Urteil vom 28.06.2018 unter dem Az. I ZR 77/17, die Kundin habe zu zahlen. Schließlich habe man einen Versicherungsmaklervertrag geschlossen. Der Tarifwechsel komme durch einen Änderungsvertrag zustande. Zunächst stelle der Versicherungsnehmer einen Tarifwechselantrag, den der Versicherer wegen des Kontrahierungszwangs annehmen müsse. Damit liegt nach Auffassung des BGH ein neuer Vertrag vor, der entsprechend der Vereinbarung das Honorar auslöst.

Der Bund der Versicherten e.V. (BdV) gab daraufhin ein Verfahren auf, das er gegen die MLP Finanzdienstleistung AG führte, zurückgenommen. So schreibt es ASScompact.

Hintergrund der Klage des BdV war die Tarifwechselberatung, die MLP als ausschließliche Beratung außerhalb der Vermittlung anbietet. Der BdV klagte , weil man der Meinung war, dass Versicherungsmakler eine Tarifwechselberatung nur als Nebenleistung zur Versicherungsvermittlung anbieten dürfen und kein gesondertes Honorar vereinbart werden dürfe. Das Landgericht Heidelberg und auch das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden bereits gegen den BdV.

Was gibt es Neues?

Eigentlich nicht neu ist die Meldung, dass der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute mit Check24 streitet. Neu ist allerdings der Vorwurf des BVK, dass Check24 gegen das Provisionsabgabeverbot verstoßen soll.

Neu und für viele überraschend ist der freundliche Hinweis in bild.de auf das Sachbuch mit dem Titel „Die miesen Tricks der Vermögensberater“.

Den Begriff Vermögensberater assoziiert der eine oder andere mit der DVAG, obgleich das Buch „Undercover in der Finanzindustrie“ einen konkreten Vertrieb ausdrücklich nicht nennt. Das Buch prangert übergreifend Beratungsfehler an.  geldfrau.de will wissen, dass Malte Krüger „als “Kommunikationsexperte” unter falschem Namen bei der “Nummer eins der Finanzdienstleister” anheuert“, und nicht bei der OVB, Siss Life oder MLP.

„Undercover in der Finanzindustrie“ ist bereits seit April 2018 auf dem Markt und hier über amazon erwerbbar. Im Handelsvertreterblog wurde auf das Buch bereits aufmerksam gemacht.

„Bis kaum mehr da ist“

Er ist die Antwort der Finanzbranche auf Günter Wallraff. So jedenfalls umschreibt es der Fokus und meint damit Malte Krüger.

Malte Krüger hat jetzt zusammen mit Alexander Schmidt, und ach ja Günter Wallraff, ein Buch geschrieben und sich Strukturvertriebe vorgenommen. Es heißt „Undercover in der Finanzindustrie“. Ein Stipendium der Günter-Wallraff-Stiftung trug dazu bei, dass einiges in Finanzvertrieben enthüllt worden sein soll. Im Fokusbericht, welcher eine Leseprobe enthält, tauchen zwar die Namen von DVAG und Ergo Plus auf. Im Buch ist dagegen wohl zumeist nur vom Vermögensberater und der Firma die Rede. Zu den großen Strukturvertrieben gehören neben den in der Leseprobe im Fokus genannten auch die OVB, Swiss Life Select, MLP und andere.

Focus schreibt über das Buch und das Wirken von Vermittlern und Vermögensberatern und  in der Überschrift „Bis kaum mehr da ist“.

DasInvestment hat Malte Krüger über die Hintergründe zu seinem Buch befragt.

Und hier kann man es bestellen. Amazon lässt eine Leseprobe zu. Pfingsten wird so nicht langweilig.

Artensterben und Geistermakler

Lediglich die DVAG durfte sich jüngst über einen großen Zuwachs von Vermittlern freuen. Schließlich konnte sie einige Außendienstler der Generali in diesem Jahr für sich gewinnen.

Allgemein gehen aber die Vermittlerzahlen zurück. Im Versicherungsvermittlerregister der IHK waren Anfang 2017 etwa 228.000 Vermittler registriert, Anfang 2018 waren es nur noch etwa 220.000. Versicherungsvermittler sind Versicherungsvertreter und -Makler (und eine kleine Gruppe Versicherungsberater).

Bisher hatte man angenommen, dass die sinkenden Zahlen überwiegend auf die Versicherungsvertreter zurückzuführen sind, insbesondere und auch auf die sog. Ausschließlichkeitsvertreter.

 Oliver Pradetto meint in Cash.online, dass auch die Zahl der Makler stark abnimmt. Er schreibt: “ Im Ergebnis führt das dazu, dass die Zahl der 46.000 Makler zwar stabil bleibt, aber nicht die Unternehmen die sich hinter dieser Zahl verbergen. In Wirklichkeit geben jedes Jahr mehr als 5.000 Betriebe auf.“

Die Zahl würde bei genauer Betrachtung zwar dazu führen, dass die Art Versicherungsmakler spätestens in 10 Jahren ausgestorben wäre, dennoch gibt der Beitrag nicht nur Anlass zum Nachzählen, sondern auch zum Nachdenken.

Herr Pradetto schreibt dann noch von „Geistmaklern“. Den Geistermakler entlarvt man daran, dass er eigentlich gar nicht da ist und nichts mehr tut, aber Provisionen bekommt.

Nur eins dürfte in dem Bericht nicht stimmen. „Von den 46.000 Maklern sind mindestens 15.000 Mitarbeiter von Vertrieben wie DVAG, MLP oder Swiss Life Select.“ Vermögensberater der DVAG sind keine Makler, Herr Pradetto.

OLG Karlsruhe: DVAG muss Guthaben aus Rückstellungskonto auszahlen

Am 13.09.2017 entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe unter dem Aktenzeichen 15 U 7/17, dass eine Provisionsabrechnung ein abstraktes Schuldanerkenntnis darstelle und dass den Unternehmer besondere Darlegungspflichten treffen, wenn er die Stornoreserve verrechnet. Die DVAG hatte nach Ende des Vermögensberatervertrages Provisionsansprüche gegeneine Vermögensberaterin geltend gemacht. Diese hatte mit der Klage die Auszahlung der Stornoreserve verlangt.

Gegenstand war ein Vermögensberatervertrag aus dem Jahr 2007. Die Provisionsabrechnung aus dem Jahr 2011 wies ein Guthaben von fast 12.000,00 € auf dem Provisionsrückstellungskonto auf. Der Vermögensberatervertrag ging zum 31.12.2012 zu Ende.

 

Vorverfahren

Am 18.05.2012 hatte das Provisionsrückstellungkonto ein Saldo von knapp 5.000,00 € und ein leichtes Guthaben auf dem Diskontkonto. Der Differenzbetrag wurde schon früher von der DVAG eingeklagt. Es gab also bereits ein abgeschlossenes Vorverfahren. Dieses endete in einem Berufungsurteil. Das Landgericht Mosbach hatte bereits mit Urteil vom 04.11.2015 unter dem Aktenzeichen 5 S 9/15 in der Berufung den Anspruch der DVAG rechtskräftig abgewiesen.

Das Verfahren ging weiter.

 

Klage der DVAG

Am 18.05.2016 betrug das Sollsaldo der Provisionsabrechnung 11.420,20 €. Nachdem der vor dem Landgericht Mosbach abgewiesene Betrag in Abzug gebracht wurde, wurde der Differenzbetrag abermals eingeklagt. Die ehemalige Vermögensberaterin verlangte im Rahmen der Widerklage den Guthabenbetrag gem. Abrechnung vom 20.09.2011 in Höhe von knapp 12.000,00 €.

Die DVAG wies darauf hin, sie habe in allen Fällen Stornogefahrenabwehrmaßnahmen ergriffen, durch Erinnerungs-, Mahn- und Kündigungsverfahren. Auch seien eigene Nachbearbeitungsverfahren durchgeführt worden. Die DVAG stellte sich auf den Standpunkt, die Ex-Vermögensberaterin sei nicht berechtigt, isoliert aus der Provisionsabrechnung einen Guthabenbetrag zu verlangen, da dieser in der Folgezeit durch Verrechnungen abgeschmolzen sei.

Vor dem Landgericht Mosbach hatte in dem jüngsten Verfahren sowohl die Klage als auch die Widerklage keinen Erfolg. Beide Seiten legten Berufung ein.

Das Oberlandesgericht kam zu dem Ergebnis, dass zu Recht die Klage auf Rückzahlung der Provisionsvorschüsse abgewiesen wurde. Fordert der Unternehmer die Rückzahlung vermeintlich unberechtigter geleisteter Provisionen oder Vorschüsse, trägt dieser die Beweislast, muss also für jeden einzelnen Rückforderungsanspruch dessen konkrete Gründe darlegen und ggf. beweisen (BAG, Urteil vom 21.01.2015, X AZR 84/14 und Urteil des Bundesgerichtshof vom 28.06.2012,  Aktenzeichen VII ZR 130/11).

Dazu könne das Versicherungsunternehmen entweder eigene Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen oder dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung Gelegenheit dazu geben.

Das Oberlandesgericht wies darauf hin, dass der Unternehmer für jeden Einzelfall die Gründe der Vertragsbeendigung, Zeitpunkt und Art der Mahnung sowie der Unterrichtung des Versicherungsvertreters über die Stornogefahr darzulegen habe und die Höhe der rückzuzahlenden Abschlussprovisionen zu errechnen habe. Die Beweislastverteilung zu Ungunsten der DVAG ergäbe sich daraus, dass bei wirtschaftlicher Sicht der Unternehmer der Fordernde ist.

Obgleich die DVAG darauf hinwies, dass sie sämtliche Abrechnungen vorgelegt habe, wurde ihr Anspruch zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht meint, dass die DVAG ihrer Darlegungslast damit nicht genüge. Regelmäßig gehöre dazu auch die „konkrete Darlegung und Beweisführung, dass und mit welchem Inhalt eine ausreichende Nachbearbeitung durchgeführt worden ist, jedoch erfolglos geblieben ist, oder eine Nachbearbeitung ausnahmsweise entbehrlich gewesen ist, und zwar für jeden einzelnen rückabzuwickelnden Versicherungsvertrag (vgl. Bundesgerichtshof Urteil vom 28.06.2012)“.

Die DVAG habe nur allgemein ihre Vorgehensweise dargestellt, jedoch nichts dazu vorgetragen, was in jedem Fall der Rückforderung von ihr an Nachbearbeitungsmaßnahmen durchgeführt wurde bzw. aus welchen Gründen solche unterblieben sind.

Der allgemeine Hinweis auf eine Stornogefahrmitteilung reiche nicht aus. Auch die bloße Versendung einer Stornogefahrmitteilung an den Nachfolger des ausgeschiedenen Versicherungsvertreters für die Darlegung einer ausreichenden Maßnahme reiche ebenfalls nicht aus (Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28.06.2012, Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 11.06.2015, Aktenzeichen 4 U 15/13).

Schließlich habe der Bestandsnachfolger ein eigenes Provisionsinteresse, nicht gerichtet auf die Erhaltung der Verträge seines Vorgängers.

Da die DVAG dieser Darlegungspflicht nicht nachgekommen ist, wurde ihre Klage abgewiesen.

 

Widerklage der Vermögensberaterin

Das Oberlandesgericht Karlsruhe verurteilte die DVAG zur Zahlung der knapp 12.000,00 €.

Es hatte darauf hingewiesen, dass es unstreitig sei, dass der maximale Haftungszeitraum von 60 Monaten gelte und abgelaufen sei.

Zwar handelt es sich bei der Klage auf Auszahlung des Stornoreserveguthabens ebenfalls um eine Provisionsklage, für die dieselben Darlegungs- und Beweislastgrundsätze gelten. Auch hier müsste für jeden vermittelten Vertrag vorgetragen und bewiesen werden, dass der Anspruch besteht. Es stehe jedoch auf Grund der Provisionsabrechnung vom 20.09.2011 fest, dass das Provisionsrückstellungskonto ein Guthaben ausweise. Insofern hat die Provisionsabrechnung den Charakter eines abstrakten Schuldanerkenntnisses, bezogen auf den jeweiligen Abrechnungszeitraum (Bundesgerichtshof Urteil vom 07.02.1990, Aktenzeichen IV ZR 314/88).

Die Ex-Vermögensberaterin muss sich nicht darauf vertrösten lassen, dass dieses Guthaben in einem Kontokorrent wieder verrechnet wurde.

Die DVAG könne sich nämlich nicht auf die Grundsätze des Kontokorrents im Sinne des § 355 HGB berufen, da eine solche Abrede zwischen den Parteien gar nicht getroffen wurde. Ein handelsrechtliches Kontokorrent setzt nämlich eine Vereinbarung der Parteien über die Inrechnungstellung, Verrechnung und Saldofeststellung voraus, wobei eine tatsächliche Verrechnung der beiderseitigen Ansprüche von Zeit zu Zeit nicht genüge. Außerdem müssten sich die Parteien auf Kontokorrentperioden, d.h. regelmäßige Zeitabschnitte zur Saldierung der aufgenommenen Posten, geeinigt haben. Beides liegt nicht vor.

In dem Vermögensberatervertrag der Parteien fehlt es an derartigen Vereinbarungen zur Saldofeststellung und zu Kontokorrentperioden (vgl. Oberlandesgericht München, Urteil vom 07.06.2017, Aktenzeichen 7 U 1889/16).

Selbst wenn jedoch das Provisionsrückstellungskonto als Kontokorrentkonto geführt worden wäre, wäre im Zweifel mit der Kündigung des Vermögensberatervertrages auch das Kontokorrentverhältnis gekündigt worden. Davon ist das Gericht ausgegangen, weil unstreitig die DVAG die damalige Vermögensberaterin sofort nach der Kündigung von ihrem Onlinesystem getrennt und Auszahlungen unterbunden hat.

 

Schlussbetrachtung

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat das Recht nicht neu erfunden, sondern bekannte Rechtsgrundsätze konsequent angewandt. Dies sind in erster Linie die Rechtsprechung zur Darlegung- und Beweislast des BGH, wenn Provisionsvorschüsse zurückverlangt werden.

Nicht neu, aber bemerkenswert, ist die Entscheidung, dass eine Provsionsabrechnung ein Anerkenntnis darstelle. Dies hatte das Landgericht Frankfurt u.a. am 13.06.2006 entschieden.

Dass eine Abrechnungen durch neue Abrechnungen ersetzt werden kann und damit die ursprüngliche Abrechnung seine Anerkenntnisfunktion verlieren kann, ist jedoch ebenso zu bedenken.

In einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt war genau dies der Grund für die Abweisung einer Klage einer Vermögensberaterin, die ebenso ein altes Saldo geltend machte.

Das OLG Karlsruhe hatte jedoch einen Rechtsgedanken, der dieser Entscheidung seine pikante Note verliehen hat. Es hat entschieden, dass mit Ende des Handelsvertretervertrages die Abrede über das Kontokorrent zu Ende wäre und man eine Provisionsabrechnung eben nicht mehr so leicht durch neue ersetzen könne.

Insofern könnte diese Entscheidung Auswirkung auf viele Handelsvertreterverhältnisse haben, sodass auch andere Vertriebe wie OVB, Swiss Life Select, MLP u.s.s davon betroffen sein dürften.

Fast allen geht es besser

Beinahe alle Finanzvertriebe verzeichneten 2016 einen Umsatzzuwachs. Dies hat jetzt cash.online in der neuen Rangliste veröffentlicht.

Die DVAG, der mit Abstand größter Vertrieb, hat in Bezug auf die prozentuale Entwicklung allerdings nicht die Nase vorn. Scala Holding erzielte gar ein Plus von 45,9 %.

Von den „Großen“ legten einige immerhin im zweistelligen Bereich zu, z.B. MLP AG und Swiss Life Deutschland. Um die 10 % Zuwachs lagen Dr. Klein und Co AG und die Telis Finanz AG. Bescheidener fiel der pozentuale Zuwachs bei der DVAG und der OVB von etwa 4 bzw. 3 Prozent aus.

Maschmeyer

Carsten Maschmeyer kehrt bekanntlich auf die Bühne der Finanzdienstleistung zurück. Hier ein paar Eckdaten laut Wikipedia:

Geboren wurde Carsten Maschmeyer 1959.

Während des Studiums areitete er im Vertrieb der OVB Vermögensberatung AG.

1987 stieg er aus der OVB aus und kaufte sich mit 900.000,00 DM beim Konkurrenten AWD ein. AWD verkaufte neben den üblichen Versicherungen und Geldanlagen auch riskantere Produkte, wie z.B. geschlossene Fonds.

1998 finanzierte Maschmeyer eine Wahlkampagne der SPD mit dem Slogan: „Der nächste Kanzler muss ein Niedersachse sein“. Gerhard Schröder war von 1998 bis 2005 Bundeskanzler.

Der AWD wurde von einigen Anlegern verklagt und geriet damit in den Fokus der Presse.

Im Jahr 2007 wurde der AWD dann an den Versicherer SwissLife verkauft. Familie Maschmeyer veräußerte seinen 30- prozentigen Anteil an Swiss Life. Carsten Maschmeyer scheidet aus dem AWD im Jahr 2009 aus dem Vorstand  aus.

Im August 2008 verkaufte Maschmeyer der Swiss Life ein Aktienpaket von 26,75 Prozent Anteil an der AWD-Konkurrentin MLP AG.

Im Jahr 2010 gründete er zusammen mit Bert Rürup die Maschmeyer-Rürop AG. Bert Rürup ist SPD-Mitglied, referierte häufig als Referent bei Versicherungen und Finanzdienstleistern und hatte von 2002 bis 2003 den Vorsitz der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Alterseinkommen inne. Nach ihm wurde die Rürup-Rente benannt.

Im Jahr 2011 gibt Maschmeyer seinen Posten als Verwaltungsrat beim AWD auf.

Im selben Jahr geriet Maschmeyer abermals in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, weil er dem damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff ein Quartier in seiner Ferienanlage auf Mallorca kurz nach dessen Wahl anbot.

Im Jahr 2012 veröffentlichte Maschmeyer das Buch „Selfmade-Erfolgreich leben“.

Maschmeyer ist darüber hinaus mit einer vielfach unternehmerisch aktiv.

Im Jahr 2015 wurden Klagen gegen den AWD auf Falschberatung vom Bundesgerichtshof abgewiesen. Der Bundesgerichtshof lehnte die Klagen ab mit der Begründung, die Ansprüche seien verjährt.

Im Januar 2016 tritt Carsten Maschmeyer in der Höhle der Löwen als Investor auf. Im Februar 2016 stellt er sein Buch „Die Millionärsformel“ vor.

Raus aus der Ausschließlichkeit?

Viele Ausschließlichkeitsvertreter, Versicherungsvertreter, gebundene Vermittler und so weiter stellen sich jetzt die Frage: Wie soll es weiter gehen? Soll ich ausscheiden? Gibt es einen Weg aus der Ausschließlichkeit? Was wird dann mit den Kunden? Wie lang sind die Kündigungsfristen?

Soll ich den Ausstieg aus der Ausschließlichkeit wagen?

Spielt man mit dem Gedanken des Ausstiegs, ist folgende Vorgehensweise empfehlenswert:

1. Welche Kündigungsfristen habe ich?

Die Kündigungsfristen sind in den einzelnen Handelsvertreterverträgen sehr unterschiedlich geregelt. In vielen Verträgen gehen sie weit über das gesetzliche Maß hinaus. Dies sollte man zunächst berücksichtigen. Das HGB, an dem sich viele Verträge orientieren, sieht eine Frist von längstens 6 Monaten vor.

2. Wie verhalte ich mich während der Kündigungsfrist?

Wenn man sich für die Kündigung entschieden hat, sollte man den Ausstieg gut vorbereiten. Man sollte Unterlagen gut sortieren und Informationen sammeln.

Schließlich muss man berücksichtigen, dass nach Vertragsende der Zugang zu den jeweiligen Intranet-Systemen der Vertriebe geschlossen wird. Die Informationsquellen sind dann zu. Es ist nicht statthaft, wenn ein Betrieb während der Kündigungsphase die Provisionen nicht mehr auszahlt, diese nur noch auf das Stornoreservekonto verbucht oder nur noch Bestandsprovisionen auszahlt.

Es ist auch nicht statthaft, das Intranet abzustellen. Sollte dies passieren, reicht oftmals ein Mahnschreiben, dass dies wieder hergestellt wird.

Von dem Recht, den Handelsvertreter freizustellen, darf ein Vertrieb nur dann Gebrauch machen, wenn dies vertraglich vereinbart ist. Ansonsten besteht die Möglichkeit – nach Abmahnung – der fristlosen Kündigung, wenn man freigestellt wird.

Vor einer fristlosen Kündigung sollte aber anwaltlicher Rat eingeholt werden.

3. Wie soll ich mich gegenüber den Kunden verhalten?

Natürlich kann man Kunden über das Vertragsende informieren. Dabei sollte man jedoch darauf achten, bei den Äußerungen über den Vertrieb die Regeln des Wettbewerbes einzuhalten. Noch ist man bis zum Vertragsende als Handelsvertreter dem Vertrieb gegenüber verpflichtet.

4. Darf ich meine Kunden schon vor Ende des Vertrages auf eine neue Tätigkeit im Wettbewerb, z.B. für eine neue Tätigkeit als Makler, hinweisen?

Grundsätzlich ja und nein. Abwerben darf man nicht, solange man noch in dem alten Vertragsverhältnis steht. Über die berufliche Zukunft zu sprechen, kann jedoch mormalerweise nicht verboten werden.

Solange man Handelsvertreter ist, ist man noch an den Vertrieb gebunden. In dieser Zeit ist eine Abwerbung nicht erlaubt.

5. Was ist mit den Kunden nach Vertragsende?

Es besteht ein freier Markt. Es ist ohne weiteres zulässig, Kunden abzuwerben. Auch wenn der Kundenstamm einen erheblichen Wert für den Versicherer oder den Vertrieb darstellt, so besteht nach herrschender Rechtsprechung für den Vertrieb kein Bestandschutz. Auch das zielgerichtete und planmäßige Abwerben von Kunden gehört zum freien Wettbewerb.

Bedenkenlos kann man den Kunden auch ein vorformuliertes Kündigungsschreiben zur Unterschrift vorlegen oder ein Kündigungsschreiben vordiktieren. Dieses fällt unter das Stichwort der Kündigungshilfe. Der Bundesgerichtshof hat dies z.B. mit Urteil vom 28.01.1993 unter dem Aktenzeichen I ZR 294/90 für zulässig erklärt.

Während der Vertragslaufzeit des „alten Vertrages“ darf man aber nicht abwerben (BGH I ZR 303/01).

6. Darf ich die Kunden systematisch anschreiben und dabei Übersichten über die Kundenadressen verwerten?

Zunächst muss man berücksichtigen, wer die Übersichten angefertigt hat. Wurden diese vom Vertrieb angefertigt, hat möglicherweise der Vertrieb einen Anspruch darauf, diese Daten als „Vertriebseigentum“ anzusehen. Eventuell hat er dann sogar einen Anspruch darauf, dass die Verwendung seiner Daten unterlassen wird.

Mit Urteil vom 28.01.1993 unter dem Aktenzeichen I ZR 294/90 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass jeder Vermittler die Kundenadressen verwerten darf, die in seinem Gedächtnis geblieben sind.

Dazu der Bundesgerichtshof:

Es entspricht vielmehr den Grundsätzen des Leistungswettbewerbs und widerspricht nicht der Berufsauffassung eines ordentlichen Kaufmanns, wenn ein ausgeschiedener Handelsvertreter in Konkurrenz zu dem früher von ihm vertretenen Unternehmen auch bezüglich dessen Kunden tritt. Es steh einem Handelsvertreter nach Beendigung des Vertreterverhältnisses grundsätzlich frei, dem Unternehmer für den er bis dahin tätig gewesen ist, auch in dem Bereich Konkurrenz zu machen, in dem er ihn vertreten hat ….

Ein Vertrags- oder wettbewerbswidriges Verhalten liegt daher nicht vor, wenn ein ausgeschiedener Vertreter Kundenadressen verwertet, die in seinem Gedächtnis geblieben sind, oder sich solche Anschriften von Kunden nutzbar macht, die keinen dauerhaften geschäftlichen Kontakt zu dem bisher vertretenen Unternehmen aufgenommen haben.“

 

 Wie groß ein Gedächtnis sein darf, verriet der Bundesgerichtshof nicht.