Allgemein

In Münster begann Prozess um Anlagebetrug

Ein Mann aus Saerbeck bei Münster steht vor Gericht. Ihm wird Betrug gem. § 263 StGB in 39 Fällen vorgeworfen. Der Prozess findet vor dem Landgericht Münster statt.

Der Mann soll das Geld seiner Anleger falsch investiert haben. Dabei hat er mehr als drei Millionen Euro verloren.

Der Angeklagte absolvierte eine Ausbildung als Bankkaufmann bei der Sparkasse und war dann als Vermögensverwalter und in der Wertpapierabteilung tätig. Schon viele Jahre zuvor, angefangen in 2009, hatte er mit Geld aus seinem Bekanntenkreis spekuliert und dabei Verluste gemacht. Um das verlorene Geld wiederzubekommen, setzte er immer wieder auf riskante Anlagen. Jedoch er verlor er dadurch nur noch mehr Geld.

Vor Gericht sagt der Mann, er habe immer gehofft, das Geld der Anleger zurückzuholen. Er gibt zu, Fehler gemacht zu haben und zeigt Reue. Sogar Lotto habe er gespielt, um das verlorene Geld wiederzubekommen.

Im Jahr 2021, als all das Geld verloren war, ging er zu einer Anwaltskanzlei und zeigt sich selbst an. Damit begann das Strafverfahren.

Der Prozess läuft noch weiter.

Im Falle der Verurteilung handelt es sich um Straftaten gem. §§ 263, 266 StGB,

WN

Vorsicht bei der Zustellung einer Kündigung

Die Zustellung von Dokumenten und Schreiben, insbesondere aber auch von Abmahnungen und Kündigungen, wirft seit vielen Jahren viele Fragen auf.

Immer wieder geht es darum, dass eine Antwort danach gesucht wird, wie man sicher zustellen kann, sodass dies auch von Gerichten akzeptiert wird.

Auch die Rechtsprechung steht hier immer wieder vor neuen Herausforderungen, da sich die technischen Möglichkeiten einer Zustellung immer wieder anpassen.

Eine solche Anpassung

Auch eine die gesetzlichen Regelungen passen sich – leider nur sehr zeitversetzt – an.

Die strenge Form des § 126 BGB verlangt beispielsweise, dass Urkunden, wie zum Beispiel Kündigungen, handschriftlich unterzeichnet werden müssen. Der neuere § 126a BGB sieht dagegen vor, dass die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch eine elektronische Form ersetzt werden kann. Dies setzt eine qualifizierte elektronische Signatur voraus.

Auch die Post hat sich den neuen digitalen Anforderungen angepasst. Sie bietet nunmehr ein digitales Einwurfeinschreiben an.

Ein Arbeitgeber, dessen Arbeitnehmer ein Abfalldienstleister, dessen Arbeitnehmer zwischen 2020 und 2023 mindestens dreißigmal krank war, sollte zu einem betrieblichen Eingliederungmanagement (beM) eingeladen werden. Für die Zusendung bediente sich der Arbeitgeber diesem neuen Einwurfeinschreiben.

Der Arbeitnehmer erschien nicht. Daraufhin wurde die Kündigung ausgesprochen.

Laut einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamburg mit Urteil vom 14.07.2025 unter dem Aktenzeichen 4 SLa 26/24 konnte der Arbeitgeber nicht beweisen, dass er zur betrieblichen Eingliederung eingeladen hatte. Das neue digitale Einwurfeinschreiben genügt für einen solchen Anscheinsbeweis nicht.

Deshalb war die Kündigung, die wohl unstreitig dem Arbeitnehmer zuging, unwirksam. Ohne betriebliche Eingliederung hätte der Arbeitgeber nicht kündigen dürfen.

Die einzige sichere Form, dass Schreiben zugehen, ist das Einschreiben mit Rückschein. Dort bekommt der Absender einen Beleg, dass das Dokument ausgeliefert wurde. Aktuell (Oktober 2025) kostet dies 5,80€.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat kürzlich die Übersendung einer Kündigung eines Vermögenberatervertrages per E-Mail (die E-Mail kam von der Atlas Vertriebsservice GmbH) für wirksam erklärt. In dem Fall reagierte der gekündigte Vermögensberater per E-Mail sofort, sodass dadurch der Zugang der E-Mail an ihn nachgewiesen war. Sodass der Zugang der Kündigung feststand.

Etwas anderes wäre es gewesen, wenn der Vermögensberater behauptet hätte, die E-Mail mit der Kündigung nicht erhalten zu haben. In dem Fall, wie in dem Fall vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg, hätte dann der Zugang nicht nachgewiesen werden können.

Zusammenfassend kann nur empfohlen werden, um die wirksame Zustellung zu erreichen, ein Einschreiben mit Rückschein zu versenden oder aber mittels eines Boten die Zustellung sicherzustellen.

Landgericht Frankfurt bestätigt fristlose Kündigung der DVAG

Eine fristlose Kündigung der DVAG wurde kürzlich vom Landgericht Frankfurt bestätigt.

Ein Vermögensberater klagte gegen die DVAG auf Feststellung, dass eine fristlose Kündigung unwirksam sei und verlor.

Die DVAG setzt für ihre Tätigkeiten Handelsvertreter ein. Diese müssen eine gewisse „Zuverlässigkeit“ aufweisen.

Gemäß Vermögensberatervertrag verpflichten sich die Vermögensberater, sämtliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Beruf zu unterlassen, welche diesem oder dem Ansehen der DVAG schaden.

Der Berater befand sich im Jahre 2020 für mehrere Wochen in Untersuchungshaft. Danach wurde er wegen Beihilfe zum unerlaubtem Handeltreiben mit einem Betäubungsmittel (Marihuana) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Diese Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, so dass der Berater weiterarbeiten konnte.

Die DVAG reichte am 04.10.2022 die fristlose Kündigung ein. Der Kläger hatte keine Gelegenheit hierzu Stellung zu nehmen und wurde nicht abgemahnt.

Der Berater rügte vor Gericht den langen Zeitablauf und den Umstand, dass in der Struktur die U-Haft bekannt gewesen sei. Außerdem sei das Ansehen der DVAG nicht geschädigt worden, weil man das Strafverfahren über fast 2 Jahre nicht bemerkt habe.

Der Kläger habe außerdem sämtliche gewerbliche Zulassungen behalten. Von Seiten der IHK soll an seiner Zuverlässigkeit auch weiterhin kein Zweifel bestehen.

Die DVAG wandte u.a. ein, der Vorfall sei jedoch geeignet gewesen, das Ansehen der Beklagten zu gefährden und man habe erst kurz vor der fristlosen Kündigung von dem Vorfall erfahren.

Das Landgericht Frankfurt entschied, das Vertragsverhältnis könne ohne Berücksichtigung der Frist fristlos beendet werden, da ein wichtiger Grund bestehe. Dies sei regelmäßig unter den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden. Durch die Straftat des Klägers soll das Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter zerstört worden sein. Somit liege ein wichtiger Grund vor.

Bis kurz vor der Kündigung habe niemand von der Untersuchungshaft des Beraters gewusst haben.

Darauf, dass in der Struktur die U Haft bekannt gewesen seil soll, komme es nicht an. Das Gericht befasste sich mit den unterschiedlichen Karrierestufen und einer fehlenden Weisungsbefugnis von Vermögensberatern gegenüber untergeordneten Handelsvertretern. Die Kenntnis in der Struktur sei der DVAG deshalb nicht zuzurechnen.

Das Gericht war außerdem nicht einmal davon überzeugt, dass der Berater die Struktur oder für die DVAG tätigen Personen aktiv über seine Straftat aufgeklärt hat. Dies war nach einer Beweisaufnahme nach Ansicht des Gerichts nicht ersichtlich.

Somit hat die unterlassene Aufklärung den Vertrauensverlust aufgrund der Verurteilung sogar noch verstärkt. Der Kläger soll nach der Entscheidung des Gerichts gegen interne Richtlinien verstoßen haben. Es sei eine schwere Vertragsverletzung zu erkennen.

Zusammenfassend hat also der Berater nach Ansicht des Landgerichts Frankfurt das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und der DVAG dermaßen verletzt, dass die fristlose Kündigung ihrerseits berechtigt war.

Wieviele Arbeitnehmer hat die DVAG

18.000 Vermögensberater sollen laut Unternehmensbericht 2023 bei der DVAG tätig gewesen sein. Die DVAG hat nach dem Bericht in diesem Jahr 2,3 Milliarden Euro Umsatzerlöse erzielt haben.

Vermögensberater sind bekanntlich als Handelsvertreter tätig.

In der von der DVAG veröffentlichten Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung tauchen Löhne und Gehälter in Höhe von 93.536.299,10 € auf. Diese dürfte kaum die Vermögensberater betreffen, da diese als freie Handelsvertreter keine Löhne bzw. Gehälter erhalten.

Wie viel angestellte Mitarbeiter die DVAG hat, ist hier nicht bekannt. Bekannt ist nur, dass einige Mitarbeiter, die in Frankfurt für die DVAG tätig sind, tatsächlich bei der Atlas Dienstleistungen für Vermögensberatungs GmbH angestellt sind.

Wie viele Mitarbeiter bei der Atlas und wie viele Mitarbeiter bei der DVAG angestellt tätig sind, erschließt sich aus dem Geschäftsbericht nicht. Auf der Website der Atlas werden „800 Miarbeitende“ genannt sowie 18000 Vermögensberater. Zumindest bei den Vermögensberatern dürfte es sich um die bei der DVAG handeln.

Ebenso ist nicht bekannt, warum diese Zahlen nicht veröffentlicht werden.

Interessant ist jedoch, dass nun angeblich eine Betriebsratswahl stattfinden soll. Ob die Betriebsratswahlen sich nun auf die DVAG beziehen oder auf die Atlas Dienstleistungen für Vermögensberatung GmbH, ist ebenfalls nicht bekannt. Die Atlas schaffte es zwar zu den „top employern“, die Bewertungen auf kununu geben aber teilweise ein schlechtes Licht ab.

Googelt man „DVAG Betriebsrat“, tauchen zunächst einmal Nachrichten auf, die die DVAG nicht unbedingt in das beste Licht rücken. Über Angestellte oder gar einen Betriebsrat erfährt man im „google“ unter diesen Stichpunkten nichts.

Auch über die Vorstandsbezüge erfährt man im Geschäftsbericht nichts. Am 17. Juli 2019 hatte sich die Süddeutsche Zeitung einmal darüber beschwert, dass die DVAG ihre Vorstandsbezüge nicht mitteilen würde, während die Konkurrenten OVB und MLP die Gehälter bekannt geben würden.

Wüstenrot verliert gegen Handelsvertreter vor dem LG Stuttgart

Am 27.05.2025 weist das Landgericht Stuttgart eine fristlose Kündigung der Wüstenrot Bausparkasse AG als unbegründet zurück.

Ein Handelsvertreter hatte bei der Wüstenrot die Position eines Bezirksdirektors inne. Er war insbesondere für Coaching-Maßnahmen verantwortlich, jedoch auch dafür, selbst Verträge zu vermitteln.

Dann erkrankte der Handelsvertreter. Nachdem er versuchte, beruflich wieder etwas zu machen, kündigt die Bausparkasse fristlos, hilfsweise fristgemäß.

Sie fühlte sich getäuscht.

Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Handelsvertreter sogar berufsunfähig war.

Dann meinte die Württembergische, es stände ihr wegen der Berufsunfähigkeit das Recht zur fristlosen Kündigung zu.

Das Landgericht sah in dem Verhalten des Handelsvertreters keine Täuschung. Da der Vertrieb in der Zwischenzeit sogar vorübergehend einen Ersatz einstellen könnte, sah es das Landgericht auch nicht als unzumutbar an, die normale Kündigungsfrist abzuwarten.

Das Landgericht meinte, der Handelsvertreter habe über seine Erkrankung nicht getäuscht. Er habe auch nicht getäuscht, wenn er mitgeteilt habe, dass er bereit sei, seine Arbeitskraft nach Genesung wieder zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen hatte der Handelsvertreter belegen können, dass er wirklich erkrankt war. Eine Täuschung kam deshalb nach Ansicht des Gerichts nicht in Betracht.

Auch die Erkrankung selbst stellt keinen Kündigungsgrund dar. Grundsätzlich könne zwar der Unternehmer aufgrund einer unverschuldeten Unmöglichkeit der Erfüllung wesentlicher Vertragspflichten durch den Handelsvertreter, zum Beispiel wegen einer unerwarteten Krankheit von unabsehbarer Dauer, oder einer Berufsunfähigkeit zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung berechtigt sein. Auch hier muss jedoch eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalles stattfinden. Solche ergeben sich jedoch auch nicht daraus, dass der Handelsvertreter eine Kündigungsfrist von 6 Monaten hatte. Dieses, so das Gericht, sei dann hinzunehmen.

Im Übrigen hatte das Unternehmen bereits Ersatz eingestellt. Wirtschaftlich war damit das Ausscheiden des Handelsvertreters wegen seiner Erkrankung aufgefangen.

Es wurde festgestellt, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist und die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

OLG Köln: Zuschüsse müssen nicht zurückgezahlt werden

Am 23.09.2024 wies das Oberlandesgericht Köln einen Anspruch einer Versicherung gegen einen Handelsvertreter zurück, der Zuschüsse zurückzahlen sollte.

Vorweg zum besseren Verständnis: Hier ging es um Zuschüsse, nicht um Provisionsvorschüsse, um die häufig vor Gericht gestritten wird.

In dem Handelsvertretervertrag war geregelt, dass der Handelsvertreter der Versicherung 44.000 € im Falle der Kündigung zurückzahlen sollte. Der Handelsvertreter hatte den Vertrag aus wichtigen gründen fristlos gekündigt und wurde anschließend verklagt.

Das Oberlandesgericht sah in dieser Rückzahlungsklausel einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 307 BGB. Die Klausel hätte dem Handelsvertreter auch dann zur Rückzahlung verpflichtet, wenn die Kündigung auf ein pflichtwidriges Verhalten der Versicherung zurückzuführen gewesen wäre. Es fehlte mithin eine Differenzierung in der Klausel danach, wer das Vertragsende zu verantworten hätte.

Bereits das Landgericht Köln hatte unter dem Aktenzeichen 2-O 273/22 die Klage der Versicherung abgewiesen.

Da die Klausel unwirksam war, kommt es auch nicht einmal mehr darauf an, ob die fristlose Kündigung des Handelsvertreters zurecht ausgesprochen wurde.

Zudem meinte das Oberlandesgericht, dass die Klausel auch gegen das Verbot der Kündigungserschwernis gemäß § 89a Abs. 1 S. 2 verstoße.

OLG Frankfurt: Coronamittelverkäufer ist Handelsvertreter

Corona beschäftigt auch heute noch die Gerichte.

So ist mit Urteil vom 8.7.2025 vom Oberlandesgericht Frankfurt ein Vertriebspartner eines Herstellers von Corona-Schnelltests als Handelsvertreter angesehen worden.

Der ursprüngliche Vertrag hieß nicht Handelsvertretervertrag, sondern Kooperationsvertrag.

Der Vertriebler machte im Wege einer Stufenklage unter anderem Ansprüche auf Provisionszahlung, Handelsvertreterausgleich und Erteilung eines Buchauszuges geltend. Man stritt um Provisionen wegen eines Großauftrages des VW Konzerns aus dem Jahre 2021.

Das Landgericht Marburg wies zunächst die Klage ab, weil angeblich kein Handelsvertretervertrag vorliegen würde.

Das Oberlandesgericht Frankfurt sah dies anders. Das OLG stellte klar, dass ein Handelsvertretervertrag auch dann vorliegt, wenn der Vertrag als „Kooperationsvertrag“ bezeichnet wurde – entscheidend sei die tatsächliche Ausgestaltung. Die Klägerin sei schließlich „ständig damit betraut“ gewesen, Geschäfte zu vermitteln und teilweise auch abzuschließen (§ 84 HGB).

Dabei stellte das Oberlandesgericht auf folgende Merkmale ab:

  • Eingliederung in die Vertriebsstruktur,
  • Abschlussvollmacht,
  • ein Pflichtenprogramm im Vertrag,
  • und die Möglichkeit zur Einschaltung von Unterhandelsvertretern

Diese Merkmale würden hier vorliegen. Das Oberlandesgericht stellte mithin nicht auf die formale Vertragsbeziehung ab, sondern auf die gelebte Realität. Regelmäßig handelt es sich um einen Handelsvertreter, wenn eine entsprechende Eingliederung in die Absatzorganisation vorliegt, dieser einer ständigen Tätigkeitspflicht unterliegt, eher zum Abschluss von Verträgen bevollmächtigt ist, eine gewisse Weisungsbindung vorliegt und die Vergütung sich an Provisionen orientiert.

Allerdings wurde ein Provisionsanspruch für das VW- Geschäft verneint, weil dies nicht mit der Beklagten, sondern mit einem anderen Unternehmen abgeschlossen wurde.

Das Gericht verurteilte die Beklagte allerdings zur Erteilung eines Buchauszugs für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen provisionspflichtigen Geschäfte.

Urteil des OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 08.07.2025 – 14 U 193/23

Die DVAG und der Ausgleichsanspruch

Vermögensberater, die Ihre Tätigkeit bei der Deutschen Vermögensberatung DVAG beenden, haben zuweilen einen Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB.

Um diesen darzustellen, sind teilweise sehr komplexe Berechnungen notwendig.

Etwas einfacher ist dies mit den sogenannten „Grundsätzen zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs„, über die hier in diesem Blog schon oft berichtet wurde.

Der Bundesgerichtshof durfte grundsätzlich zwei Mal zu der Frage Stellung nehmen, ob und wie ein Vermögensberater Ausgleichsansprüche geltend machen kann.

In beiden Fällen hatte ein Vermögensberater nach den sogenannten Grundsätzen den Ausgleichsanspruch berechnet, obgleich der Vermögensberatervertrag eine solche Berechnung gar nicht vorgesehen hat.

Am 23.11.2011 entschied der Bundesgerichtshof unter dem Aktenzeichen VIII ZR 203/10, dass auch dann, wenn der Vermögensberatervertrag es nicht ausdrücklich regelt, eine Berechnung des Ausgleichsanspruchs über die sogenannten Grundsätze stattfinden kann. Diese Entscheidung stellte sich bereits als erhebliche Vereinfachung dar.

Derselbe Vermögensberater, der diese Entscheidung zu Gunsten seiner Kollegen durchsetzen konnte, musste dann jedoch noch ein weiteres Mal wegen des Ausgleichsanspruchs beim Bundesgerichtshof vorstellig werden. In diesem weiteren Verfahren hatte dann der Bundesgerichtshof darüber zu entscheiden, ob das Versorgungswerk, dass ab einem bestimmten Ermittlungserfolg für Vermögensberater eingerichtet wird, auf die Höhe des Ausgleichsanspruchs angerechnet wird. Die DVAG hatte den Wert des Versorgungswerkes von der Ausgleichszahlung in Abzug bringen wollen.

Am 18.05.2014 unter dem Aktenzeichen VII ZR 282/12 bejahte der Bundesgerichtshof, dass ein solcher Abzug im Wege einer einzelfallbezogenen Billigkeitsabwägung gemäß § 89 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 HGB. Der Bundesgerichtshof sah es mithin als erlaubt an, den Wert des Versorgungswerkes von der Höhe des auszuzahlenden Ausgleichsanspruches in Abzug zu bringen.

Der BGH führte dies in der mündlichen Verhandlung lapidar aus, dass man auch die Nachteile der Grundsätze (die eine Anrechnung eines Versorgungswerks bejahen) in Kauf nehmen muss, wenn man die Vorteile (vereinfachte Abrechnung) in Anspruch nehmen will.

Dies ist dann auch heute noch gelebte Praxis im Hause der DVAG.

Ein weiterer Vermögensberater versuchte noch, gegen die Entscheidung des BGH anzugehen und den BGH zu einer anderen Entscheidung zu bewegen.

Der Bundesgerichtshof wies jedoch mit Beschluss vom 16.04.2025 eine darauf gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof zurück. Der Vermögensberater musste auch hier akzeptieren, dass sich der Ausgleichsanspruch um den Wert des Versorgungswerkes reduziert.

BGH zur Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes bei Streitigkeiten mit einem Handesvertreter

Das Arbeitsgericht ist bei Streitigkeiten mit Handelsvertretern manchmal zuständig. Dafür darf ein Handelsvertreter in den letzten 6 Monaten des Vertrages nicht mehr als 1000 € Provisionen im Durchschnitt monatlich verdient haben.

Zu diesem Thema wurde hier im Blog ausführlich berichtet.

Wer muss jedoch darlegen und beweisen, dass die Provisionsgrenze nicht überschritten wurde?

Die gezahlten Provsionen sind auch häufig Gegenstand der Klage, so dass man dann von doppelrelevanten Tatsachen spricht.

Der BGH entschied am 27.10. 2009 unter dem Aktenzeichen VIII ZB 42/ 08:

a)

bei der Prüfung der Rechtswegzuständigkeit nach § 17 a GVG dürfen die zuständigkeitsbegründenden Tatsachen dann keines Beweises, wenn sie gleichzeitig notwendige Tatbestandsmerkmale des Anspruchs selbst sind (doppelrelevante Tatsachen). Dann ist für die Zuständigkeitsfrage die Richtigkeit des Klagevortrages zu unterstellen.

b)

handelt es sich nicht um doppelrelevante Tatsachen, so ist er nicht allein der Sachvortrag der klagenden Partei Grundlage der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs. Vielmehr hat der Kläger die für die Begründung der Rechtswegzuständigkeit maßgeblichen Tatsachen zu beweisen, sofern der Beklagte diese bestreitet.

MLP verliert

Das Landgericht Berlin hat kürzlich eine Klage der MLP auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen zurückgewiesen.

Es hatte zu Grunde gelegt, dass MLP als Maklerin tätig war, während der Beklagte Handelsvertreter war.

Ein Saldo nach Vertragsende machte sie mit der Klage geltend.

Das Gericht konnte jedoch die Höhe der Klage nicht nachvollziehen. Es meinte, der Klägerin stände kein vertraglicher oder gesetzlicher Anspruch auf Ausgleich des von ihr errechneten negativen Saldos in Höhe der Klageforderung zu.

Schließlich hätte sie für jeden einzelnen Rückforderungsanspruch dessen konkrete Gründe darlegen, was auch die textliche Erläuterung der Provisionsabrechnungen, soweit deren Inhalt nicht selbsterklärend ist, erfordert. Denn anderenfalls kann die sachliche und rechnerische Richtigkeit der erhobenen Forderung durch das Gericht nicht überprüft werden (vgl. OLG Hamm NJW-RR 2004 1266f.; OLG Brandenburg Beck Rücksprache 2009, 142615 Tz. 28, Landgericht Bonn Beck Rücksprache 2018, 44885 Tz. 34). 

Das Gericht meinte, dass die eingereichten Unterlagen nicht selbsterklärend seien. Insbesondere würden sie nicht erkennen lassen, welcher Provisionsbetrag tatsächlich auf den einzelnen Vertrag an den Beklagten wann ursprünglich werden sein sollte.

Dann setzte sich das Gericht noch mit den Kürzeln auf der Provisionsabrechnung auseinander. Es meinte, dass Provisionszahlungen nur mittelbar hergeleitet werden könnten und dass dies den Anforderungen an einen substantiierten Vortrag nicht genügen würde.

Auch die Nachbearbeitung sei nicht hinreichend vorgetragen. Insofern nahm das Gericht Bezug auf § 87a Abs. 3 S. 2 HGB. MLP sei nach Ansicht des Gerichts in vollem Umfang darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung des notleidenden Versicherungsvertrages vorgenommen wurde. Der Vortrag dazu sei jedoch nach Ansicht des Landgerichts zu allgemein geblieben. Die Angabe eines persönlichen Gespräches würde dazu nicht genügen. Es reicht auch nicht aus, das Ergebnis der Nachbearbeitungsbemühungen darzustellen (vgl. Oberlandesgericht Karlsruhe ZVertriebsR 2017, 377, 380f.).

Dem Vortrag der Klägerin sei nicht zu entnehmen, wie der jeweilige Bestandsnachfolger einen jeweiligen Kunden einwirkte.

Vor diesem Hintergrund wurde die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Muster und Antrag für die Bucheinsicht und den Buchauszug

Jeder Handelsvertreter hat gem. § 87 c HGB einen Anspruch auf einen Buchauszug.

Dieser sollte bei einem Warenvertreter folgende Angaben enthalten:

1. Name und Anschrift des Kunden, Kundennummer;
2. Datum der Bestellung, der Auftragserteilung;
3. Umfang der Bestellung, des erteilten Auftrags;
4. Datum der Auftragsbestätigung;
5. Datum der Lieferung, auch Teillieferungen;
6. Umfang der Lieferung, der Teillieferungen;
7. Datum der Rechnungen;
8. Rechnungsbeträge;
9. Daten der Zahlungen der Kunden;
10. Höhe der Zahlungsbeträge;
11.Angabe der Stornierung, Annullierung, Retouren – mit Angabe der konkreten Gründe hierfür.

Für den Fall, dass ein Buchauszug verweigert wird oder unvollständig erteilt wird, hat der Handelsvertreter einen Anspruch auf Bucheinsicht. So sieht der Tenor/ Klagemuster einer typischen Bucheinsicht aus:

Es wird beantragt, die Beklagte zu verurteilen

dem Kläger Einsicht in die Geschäftsbücher, Vertragsunterlagen, den einschlägigen Schriftwechsel und sonstige Unterlagen zu gewähren, in denen die Geschäftsabschlüsse der Beklagten mit den Versicherungsnehmern niedergelegt sind und die zur Feststellung der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des vorgelegten Buchauszuges notwendig sind.

So wurde dies in einer Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf ausgeurteilt.